Entscheidungsdatum: 15.08.2018
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. März 2017 wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Revisionsverfahrens und die hierdurch dem Angeklagten erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.
- Von Rechts wegen -
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Teilfreispruch im Übrigen wegen schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem schwerem Bandendiebstahl, unter Strafaussetzung zur Bewährung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen den Strafausspruch. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Gegenstand der Verurteilung sind durch den Angeklagten am 3./4. und am 4./5. Februar 2014 begangene Diebstähle von Kraftfahrzeugen der sogenannten „Sprinterklasse“. Der - auch einschlägig - in Polen und Deutschland massiv vorbestrafte Angeklagte war jeweils mit weiteren Bandenmitgliedern von Polen nach Deutschland eingereist und hatte jeweils ein Kraftfahrzeug der genannten Art im Wert von rund 27.000 € (Tat 1) bzw. rund 20.000 € (Tat 2) entwendet und nach Polen verbracht. Bei Tat 1 war die Entwendung zweier weiterer gleichartiger Kraftfahrzeuge gescheitert.
2. Das Landgericht hat für Tat 1 eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und für Tat 2 eine solche von einem Jahr und zehn Monaten verhängt. Bei der Gesamtstrafenbildung hat es einen Härteausgleich vorgenommen. Der Angeklagte war mit Urteil des Amtsgerichts Cottbus vom 18. November 2014 wegen etwa einen Monat nach den hier zu beurteilenden Taten begangener versuchter Hehlerei in Tatmehrheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, weswegen die Voraussetzungen für eine Gesamtstrafenbildung gegeben gewesen wären. Die Strafe sei durch den Angeklagten jedoch bereits vollständig verbüßt worden.
3. Das wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft deckt eingedenk des insoweit begrenzten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteile vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; vom 24. Oktober 2017 - 1 StR 226/17 Rn. 9, jeweils mwN) keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Vor- oder Nachteil des Angeklagten (§ 301 StPO) auf.
a) Bei der konkreten Strafbemessung hat das Landgericht zum Nachteil des Angeklagten unter anderem dessen einschlägige Vorstrafen berücksichtigt. In diesem Rahmen wird, wie die Beschwerdeführerin im Grundsatz zutreffend beanstandet, nicht ausdrücklich benannt, dass der Angeklagte wenige Monate vor den hiesigen Taten wegen mehrerer Diebstahlstaten zu einer - nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu diesem Zeitpunkt bereits rechtskräftigen - einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt war. Jedoch kann der Senat im Blick auf die eingehenden Ausführungen des Landgerichts zu den beiden in Deutschland verhängten Freiheitsstrafen unter Aufführung der Vollstreckungsdaten (UA S. 4 bis 7) in Verbindung mit den Erwägungen zur Gesamtstrafe (UA S. 31 f.) sowie dem Hinweis auf die „Tatfrequenz“ sowie die „erneute“ Bewährung im Rahmen der Aussetzungsentscheidung (UA S. 32) ausschließen, dass dem Landgericht die Tatsache der raschen Rückfälligkeit sowie des Bewährungsbruchs bei der Strafbemessung aus dem Blick geraten sein könnte. Die Einzelstrafen sind nicht unvertretbar milde.
b) Die Bildung der Gesamtstrafe ist frei von Rechtsfehlern. Zwar hat das Landgericht mit der Festsetzung einer Gesamtstrafe von zwei Jahren, die der Einsatzstrafe entspricht, die Mindeststrafe des § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB unterschritten. Es entspricht jedoch ständiger Rechtsprechung, dass eine solche Unterschreitung zulässig und sogar geboten ist, wenn nur auf diese Weise ein angemessener Härteausgleich erreicht werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 1982 - 4 StR 75/82, BGHSt 31, 102, 103 f.; Beschlüsse vom 7. November 1969 - 3 StR 213/69; vom 10. Januar 1980 - 4 StR 691/79). Nach diesen Grundsätzen ist das Landgericht vorgegangen.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg macht geltend, in Anwendung der durch den Senatsbeschluss vom 26. Januar 2010 (5 StR 478/09, NStZ 2010, 387; ebenso BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - 5 StR 343/10) entwickelten Grundsätze hätte eine fiktive Gesamtstrafe gebildet werden müssen, von der im Rahmen des Härteausgleichs nach dem sogenannten Vollstreckungsmodell die bereits verbüßte Strafe hätte abgezogen werden müssen. Der Senat hat jedoch bereits darauf hingewiesen, dass er an der den genannten Beschlüssen zugrunde liegenden Rechtsauffassung nicht festhält (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juni 2018 - 5 StR 98/18).
c) Auch die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung hält rechtlicher Überprüfung stand.
aa) Die Strafkammer hat bei der von ihr angenommenen günstigen Kriminalprognose maßgebend darauf abgestellt, dass während der Haftzeit ein Kind des Angeklagten zur Welt gekommen ist, er die Mutter des Kindes mittlerweile geheiratet hat und in deren Betrieb arbeitet. Damit hat es maßgebend den Gedanken einer nach den Taten eingetretenen Stabilisierung der Lebensverhältnisse in Verbindung mit dem Zeitablauf gewichtet, was auch für die Wertung der „besonderen Umstände“ im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB von Rang ist (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 688 mwN). Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
bb) Nach dem Gesamtzusammenhang der im angefochtenen Urteil angestellten Erwägungen ist schließlich nicht zu besorgen, dass bei der Aussetzungsentscheidung ein unzutreffender rechtlicher Maßstab zum Begriff des „Erwartens“ gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 StGB zugrunde gelegt worden ist. Gegenteiliges ergibt sich nicht aus der Erwägung des angefochtenen Urteils, es sei angesichts „der objektiv erkennbaren Änderung seiner Lebensumstände ... geboten, dem Angeklagten eine Chance für eine (erneute) Bewährung einzuräumen“ (UA S. 32). Diese Formulierung belegt nicht, dass das Landgericht sich nur von einer bloßen Hoffnung auf ein künftig straffreies Leben hat leiten lassen. Jede Strafaussetzung bietet dem Verurteilten nämlich nur die Chance der Bewährung; eine sichere Gewähr dafür, dass er sie auch nutzt, gibt es nicht (vgl. BayObLG, Urteil vom 11. Mai 1994 - 3 St RR 18/94).
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