Entscheidungsdatum: 15.03.2012
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 15. Juli 2011 im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte im Fall 2 der Urteilsgründe wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Verabredung des Verbrechens des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt ist.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
– Von Rechts wegen –
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ferner einen sichergestellten Geldbetrag von 940 € eingezogen. Die Revision führt lediglich zu einer Teilkorrektur des Schuldspruchs.
1. Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte in dem Nebengebäude seines Wohnhauses in W. ab Oktober 2010 eine von dem gesondert verfolgten St. finanzierte Cannabisplantage. Die hierbei gewonnenen Blütenstände sollte St. , der über Verbindungen in das Drogenmilieu verfügte (UA S. 5), gewinnbringend verkaufen und den Erlös nach Abzug der Aufwendungen mit dem Angeklagten teilen. Die Mitte Januar 2011 erfolgte und am 8. Februar 2011 sichergestellte Ernte hatte bei den zum Verkauf vorgesehenen und vom Angeklagten verpackten Cannabisblütenständen eine THC-Gesamtwirkstoffmenge von 653 g. Die übrigen Pflanzenteile (THC-Gehalt: 680 g) hatte der Angeklagte im Freien gelagert und zur Kompostierung bestimmt (UA S. 6, 9; Fall 1 der Urteilsgründe: Freiheitsstrafe ein Jahr und acht Monate).
Der Angeklagte fuhr am 8. Februar 2011 mit St. in die Niederlande und übernahm von diesem 551 Cannabissetzlinge mit einer THC-Gesamtwirkstoffmenge von 23 g. Mit den Setzlingen wollte der Angeklagte die Plantage neu bestücken. Die mit St. getroffene Abmachung hinsichtlich des weiteren Vorgehens galt auch für die neue Anpflanzung. Auf einem Rastplatz nahe Hamm erfolgte die Festnahme des Angeklagten (Fall 2 der Urteilsgründe: Freiheitsstrafe ein Jahr und acht Monate). Noch im Ermittlungsverfahren legte der Angeklagte am 8. April 2011 ein Geständnis ab und offenbarte die Mitwirkung des St. , der daraufhin in Untersuchungshaft genommen werden konnte (UA S. 8).
2. Während im Fall 1 der Urteilsgründe der Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG durch das Vorrätighalten zum gewinnbringenden Verkauf erfüllt ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 1982 – 2 StR 593/81, BGHSt 30, 359, 361; Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 464 mwN), trifft dies auf die im Fall 2 zu beurteilende Übernahme und den Transport der Cannabissetzlinge durch den Angeklagten nicht zu.
a) Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN). Die Handlungen müssen auf die Ermöglichung oder Förderung eines bestimmten Umsatzgeschäftes mit Betäubungsmitteln zielen (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 – 4 StR 208/01, BGHSt 47, 134, 136; Patzak in Körner, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 40) und dieses nicht nur vorbereiten (vgl. BGHSt 50, 252, 265 f.).
b) Hinsichtlich des in den Setzlingen enthaltenen Wirkstoffs scheidet die Annahme eines Umsatzgeschäftes aus. Der Angeklagte wollte die Setzlinge nicht verkaufen.
c) Hinsichtlich des von dem Angeklagten geplanten – indes noch nicht näher konkretisierten (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 491/10, NJW 2011, 1461 mwN) – Umsatzgeschäfts ausschließlich mit den erst am Ende des Wachstumsprozesses noch zu gewinnenden Blütenständen stellten die Übernahme und der Transport der Setzlinge fernab der Plantage noch keine Ermöglichung oder Förderung eines solchen Geschäfts dar. Es diente lediglich dessen Vorbereitung.
aa) Zur erfolgreichen Gewinnung von Blütenständen aus Cannabispflanzen sind mannigfache Vorbereitungen notwendig, die noch nicht als vollendetes oder versuchtes unerlaubtes Handeltreiben zu bewerten sind. So bedarf es geeigneter Räumlichkeiten (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 491/10, NJW 2011, 1461 mwN) sowie der Herbeischaffung und Installation der für die Plantage erforderlichen Gerätschaften (vgl. BGH, Beschluss vom 3. August 2011 – 2 StR 228/11, NStZ 2012, 343). Hinsichtlich der Übernahme der Setzlinge und deren Transport noch fernab der Plantage kann für den hier in Rede stehenden Sachverhalt nichts anderes gelten.
Maßgebliches Unterscheidungsmerkmal insofern ist, dass das später zum Verkauf zu stellende Cannabis noch nicht existiert und allenfalls in Setzlingen angelegt ist, die ihrerseits noch nicht angepflanzt wurden. Da mit den Setzlingen selbst kein Handel betrieben werden sollte, können sie hier als solche nicht den Gegenstand des Handeltreibens bilden. Sie sind vielmehr – ab dem Zeitpunkt ihrer Anpflanzung – der stoffliche Träger, aus dem sich das Rauschgift in den Blütenständen entwickelt.
Eine andere Auslegung, die einen solchen Sachverhalt als Anwendungsfall des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ansähe, würde den sowieso schon weiten Begriff des Handeltreibens nochmals weiter ausdehnen. Damit würde nicht nur die Möglichkeit einer tragfähigen Abgrenzung zu Vorbereitungshandlungen zusätzlich erschwert. Jede weitere Ausdehnung wäre auch mit dem Wortsinn der Formulierung des Gesetzes kaum mehr vereinbar und mithin im Blick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Art. 103 Abs. 2 GG in hohem Maße problematisch. Deshalb darf nicht jede Vorbereitungshandlung, bloß weil sie im Hinblick auf ein eventuell späteres Betäubungsmittelumsatzgeschäft erfolgt, schon allein deshalb in den Bereich der Tatbestandsverwirklichung „hochgestuft“ werden. Eine kriminalpolitische Notwendigkeit für eine solche ausdehnende Auslegung ist auch nicht erkennbar, weil sowohl der Besitz als auch die Einfuhr des in den Setzlingen vorhandenen Betäubungsmittels umfassend unter Strafe gestellt ist.
bb) Auch systematische Erwägungen gebieten diese Bewertung. Der vom Angeklagten beabsichtige illegale Rauschgiftumsatz setzte notwendigerweise zunächst den Anbau der Cannabispflanzen, hier sogar bis zur Ausformung von Blüten, voraus. Der auf der Konkurrenzebene verdrängte Tatbestand des unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2005 – 1 StR 476/04, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 4) entfaltet eine Begrenzungsfunktion für den Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit den erst noch anzubauenden Produkten, in dem er als Anfangsstadium den Versuch des unerlaubten Handeltreibens erst mit dem unmittelbaren Ansetzen zum Anpflanzen beginnen lässt (BGH, Beschluss vom 3. August 2011 – 2 StR 228/11, NStZ 2012, 43; Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 558). Hierzu kommt es nach dem auch hier gültigen Maßstab des § 22 StGB erst mit Heranschaffen der Setzlinge an die vorbereitete Fläche oder zu den vorbereiteten Pflanzgefäßen (vgl. BGH aaO mwN; Patzak in Körner, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 2 Rn. 74). Demnach ist ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung vorliegend noch nicht erreicht; auch im Hinblick auf den Tatbestand des Anbaus ist damit das Stadium der Vorbereitungshandlung noch nicht verlassen.
3. Auf der Grundlage der fehlerfrei getroffenen, auf dem Geständnis des Angeklagten beruhenden Feststellungen hat der Angeklagte den Tatbestand der Verabredung eines Verbrechens des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 2 StGB, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) verwirklicht (vgl. BGH, Beschluss vom 3. August 2011 – 2 StR 228/11, NStZ 2012, 43, 44). Die Absprache des Angeklagten mit dem gesondert verfolgten St. , die in der Plantage des Angeklagten zu gewinnenden Cannabisblüten durch den über Kontakte im Drogenmilieu verfügenden St. zum beiderseitigen Vorteil verkaufen zu lassen, enthält die für die erforderliche Verabredung mittäterschaftlicher Begehungsweise gebotene genügende Konkretisierung des Verbrechens. Es genügt nämlich, dass die Einzelheiten der in Aussicht genommenen Tat in ihren wesentlichen Grundzügen konkretisiert sind, ohne dass Zeit, Ort und Modalitäten in allen Einzelheiten festliegen müssen (vgl. BGH, Urteile vom 28. Juni 2007 – 3 StR 140/07, BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 7, und vom 13. November 2008 – 3 StR 403/08, NStZ 2009, 497, 498). So liegt es hier.
Der Senat kann ausschließen, dass der Angeklagte diese präsumtive Tat im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 3 StGB verhindert hat. Zwar hat er seinen Mittäter St. am 8. April 2011 dergestalt belastet, dass der bis dahin nicht unter Tatverdacht stehende Tatgenosse in Untersuchungshaft genommen werden konnte (UA S. 8). Hierin ist indes nach den fehlerfrei getroffenen Feststellungen kein freiwilliger Verzicht auf das Verbrechen zu erkennen, weil dieses nach der am 8. Februar 2011 erfolgten polizeilichen Durchsuchung und Beschlagnahme der Plantage nicht mehr ausführbar war. Die Abstandnahme beruhte demnach vorgreiflich auf äußerem Zwang. Solches steht der Anwendung des § 31 Abs. 1 Nr. 3 StGB entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1958 – 2 StR 500/58, BGHSt 12, 306, 308) und verhindert auch die Annahme, dass sich der Angeklagte freiwillig im Sinne des § 31 Abs. 2 StGB bemüht hat, die Tat zu verhindern.
4. Der Senat kann entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ausschließen, dass die wegen der unerlaubten Einfuhr festgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten bei bloßer Änderung des tateinheitlich mit ausgeurteilten Verbrechens milder ausgefallen wäre.
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König Bellay