Entscheidungsdatum: 13.12.2012
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 12. Juli 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt wurde.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen leichtfertigen Subventionsbetruges zu einer - zur Bewährung ausgesetzten - Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts schloss der Angeklagte als Geschäftsführer der V. GmbH (im Folgenden: V.) mit der L. O. GmbH (im Folgenden: L.) einen Vertrag über die Lieferung einer Fertigungslinie für Tandemsolarprodukte zu einem Gesamtpreis in Höhe von 42 Mio. € zuzüglich Umsatzsteuer. Für die Zahlung waren Abschlagsraten nach Fertigungsstand vorgesehen. Die V. beglich die erste Rate von knapp 5 Mio. €. Weitere Zahlungen konnte sie nicht mehr leisten, da eine Finanzierung nicht beigebracht werden konnte. Für die geleistete Anzahlung beantragte der Angeklagte am 7. Mai 2009 eine Investitionszulage beim Finanzamt Plauen in Höhe von knapp 1,2 Mio. €.
Nach Schwierigkeiten mit der Begleichung der nächsten Rate trat L. mit Schreiben vom 10. Juni 2009 vom Vertrag zurück. Am 18. Juni 2009 kam es zu weiteren Verhandlungen. Hierbei beharrte L. zwar auf der Kündigung des Vertrages, war andererseits aber bereit, mit V. einen neuen Vertrag zu schließen, falls die Finanzierung doch noch gesichert werden könnte. Der Angeklagte, der bei den Verhandlungen von seinem Finanzberater unterstützt wurde, verstand nach den Feststellungen des Landgerichts das Ergebnis der Gespräche aber so, dass die Kündigung des Vertrages ausgesetzt sein sollte. Dem für die Entscheidung über die Investitionszulage zuständigen Finanzamt hatte der Angeklagte die Auflösung des Vertrages nicht mitgeteilt; zu einer Auszahlung der Investitionszulage kam es aus anderen Gründen nicht.
In diesem Verhalten hat das Landgericht einen leichtfertigen Subventionsbetrug nach § 264 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 StGB gesehen. Der Angeklagte sei leichtfertig von einer Aussetzung der Vertragskündigung ausgegangen und habe die fehlende Realisierbarkeit nicht dem Finanzamt Plauen mitgeteilt.
II.
Diese Bewertung des Landgerichts begegnet durchgreifenden Bedenken. Die Annahme eines leichtfertigen Handelns des Angeklagten ist nach den Urteilsgründen nicht belegt und beruht zudem auf einer unvollständigen Würdigung der Beweisumstände.
1. Die Leichtfertigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung eine vorsatznahe Schuldform, die eine besondere Gleichgültigkeit oder grobe Unachtsamkeit voraussetzt (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2010 - 5 StR 138/10, NStZ-RR 2010, 311; Urteil vom 17. Juli 1997 - 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 168). Bei dem leichtfertigen Subventionsbetrug nach § 264 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 StGB stellt es die Tathandlung dar, dass der Täter die Subventionsbehörde leichtfertig in Unkenntnis über subventionserhebliche Tatsachen lässt. Maßgeblich ist deshalb, dass er - nach seinen individuellen Fähigkeiten (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - 1 StR 357/05, BGHSt 50, 347, 352) - die an sich gebotene Handlung ohne weiteres hätte erkennen können. Leichtfertigkeit in diesem Zusammenhang muss in einer groben Verkennung der Umstände liegen, die eine Unterrichtung der Subventionsbehörde geboten hätten.
2. Ein Pflichtverstoß von einem derartigen Gewicht ist in den Urteilsgründen nicht dargetan. Die dem Angeklagten vorgeworfene Handlung bestand hier darin, dass er das Finanzamt Plauen von der Auflösung des Vertrages nicht in Kenntnis gesetzt hatte. Der Leichtfertigkeitsvorwurf muss sich deshalb - wovon auch das Landgericht im Ansatz zutreffend ausgegangen ist - auf seine fehlende Kenntnis von der Auflösung des Vertrages beziehen. In diesem Zusammenhang fehlen aber Gesichtspunkte, die den gesteigerten Vorwurf der Leichtfertigkeit hätten tragen können. Gerade für den zwar im Wirtschaftsleben erfahrenen, juristisch aber nicht vorgebildeten Angeklagten war die genaue Unterscheidung, ob eine Kündigung „ausgesetzt“ oder lediglich ein „Vertragsneuabschluss zugesagt“ war, nicht ohne weiteres zu durchschauen. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - aus der Sicht des Angeklagten - die wirtschaftlichen Folgen, nämlich die Fortsetzung der Fertigstellung der Produktionslinie im Falle einer Sicherung der Finanzierung nahezu identisch waren. Da ersichtlich hier beide Vertragsparteien weiterhin eine Realisierung des Gesamtprojekts erstrebten, hätte es zusätzlicher Gesichtspunkte bedurft, die das Verhalten des Angeklagten als grobe Verkennung der relevanten Umstände qualifizieren könnten.
3. Die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist zudem in zweierlei Hinsicht lückenhaft.
a) Das Landgericht hätte im Rahmen seiner Würdigung den Umstand berücksichtigen müssen, dass der Angeklagte durch einen Finanzberater unterstützt wurde, der auch an den entscheidenden Verhandlungen am 18. Juni 2009 teilgenommen hatte. Das Landgericht erwähnt den von ihm vernommenen Zeugen nur insoweit, als es seiner Darstellung „nicht glaubt“, dass die Kündigung nicht zurückgenommen worden sei. Diese Bewertung der Aussage dieses Zeugen ist aber nicht erschöpfend. Das Landgericht hätte sich vielmehr mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob der Finanzberater subjektiv - ebenso wie der Angeklagte - von einer Aussetzung der Kündigung ausging und den Angeklagten auch entsprechend beraten hatte. Dann wäre die Annahme der Leichtfertigkeit beim Angeklagten unter Umständen in Frage gestellt, falls er sich auf einen kompetenten Berater verlassen haben sollte.
b) Bei der Prüfung der Leichtfertigkeit stellt das Landgericht auch darauf ab, dass das Projekt nicht realisierbar gewesen sei. Es stützt sich dabei auf die fehlende Finanzierung. Eine solche Schlussfolgerung darf aber nicht im Zuge einer „ex-post“-Betrachtung vorgenommen werden. Der Leichtfertigkeitsvorwurf könnte insoweit allenfalls dann erhoben werden, wenn die weiteren Verhandlungen um eine Finanzierung schon von vornherein aussichtlos waren. Hiergegen spricht aber nicht nur die Aufbringung der ersten Rate, sondern auch der Umstand, dass zunächst die D. Bank - wie auch andere Banken anteilsmäßig - das Vorhaben finanzieren wollten (UA S. 6). Da entsprechende Subventionen nach dem Investitionszulagengesetz die Subvention erst ermöglichen sollen, wäre es sinnwidrig, auf eine von Anfang an gesicherte Finanzierung abzustellen.
III.
Die vorgenannten Begründungsmängel führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts. Von einer Aufrechterhaltung der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen sieht der Senat ab, weil insoweit durchgängig Wechselbeziehungen zur inneren Tatseite denkbar sind. Da aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass sich noch Feststellungen treffen lassen, die eine Verurteilung des Angeklagten rechtfertigen könnten, hat der Senat nicht selbst auf Freispruch durcherkannt. Sollte der neue Tatrichter wiederum zu einem Schuldspruch kommen, wird er im Rahmen der Strafzumessung zu bedenken haben, dass die Zulage, die überdies nicht für den Angeklagten persönlich, sondern für das von ihm geleitete Unternehmen bestimmt war, aus anderen Gründen nicht gewährt wurde, und der Angeklagte durch seine Geschäftstätigkeit für die V. sein gesamtes Vermögen verloren hat.
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RiBGH Schaal ist wegen Urlaubs |
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