Entscheidungsdatum: 12.12.2012
Dem Angeklagten wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 27. Februar 2012 gewährt. Der Beschluss des Landgerichts vom 29. Mai 2012 ist damit gegenstandslos.
Auf die Revision des Angeklagten wird das genannte Urteil nach § 349 Abs. 4 StPO im Schuldspruch in den Fällen B.1.1 bis 38 sowie 40 bis 42 und B.2 der Urteilsgründe mit den Feststellungen sowie im Gesamtstrafausspruch aufgehoben; die Feststellungen zum äußeren Sachverhalt bleiben jeweils bestehen.
Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 42 Fällen und wegen Vorteilsannahme in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Die Verurteilung wegen Untreue (§ 266 StGB) hält in den Fällen B.1.1 bis 38 sowie 40 bis 42 sachlich rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht erörtert nicht, ob der Verwaltungsleiter L. gegenüber dem Angeklagten befugt und verpflichtet war, die von diesem bei der Stiftung S. K. eingereichten Bewirtungsrechnungen eigenständig auf ihre sachliche Richtigkeit zu überprüfen oder ob er insoweit dessen Anweisungen unterworfen war. Anders als im Fall B.1.39, in welchem der Angeklagte – nach vorgebrachten Bedenken des Verwaltungsleiters – die sachliche Richtigkeit der Abrechnung selbst bestätigte, sind hier die Befugnisse des Verwaltungsleiters gegenüber dem Angeklagten als Vorstand der Stiftung bei der Festsetzung oder Bestätigung von Auszahlungsanordnungen entscheidend für die Frage, ob der Angeklagte in diesen Fällen eigenhändig eine Untreuehandlung bewirkt hat. Dies wäre nur dann der Fall, wenn er bei der Festsetzung der Auszahlungsanordnung bzw. -bestätigung gegenüber dem Verwaltungsleiter anweisungsbefugt gewesen wäre. Sollte dieser hingegen aufgrund eigener Abrechnungskompetenz selbständig über die Haushaltsmittel verfügt haben können (vgl. LK-Schünemann, 12. Aufl., § 266 Rn. 128 f. mwN), hätte bezüglich der beantragten Erstattungen keine Befugnis des Angeklagten bestanden, über das Vermögen der Stiftung zu verfügen, so dass eine Verwirklichung des Missbrauchstatbestands des § 266 StGB von vornherein nicht in Betracht käme.
Auch der Treubruchtatbestand wäre dann durch die bisherigen Urteilsfeststellungen nicht belegt. Zwischen der Vermögensbetreuungspflicht und dem Handeln des Täters muss ein innerer Zusammenhang bestehen (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 50 mwN). Die Pflichtwidrigkeit der Handlung reicht zur Tatbestandserfüllung nur dann aus, wenn sie sich gerade auf den Teil der Pflichtenstellung des Täters bezieht, welcher die Vermögensbetreuungspflicht zum Gegenstand hat (Fischer aaO Rn. 60). Hieran würde es in der vorstehend beschriebenen, nach den bisherigen Urteilsfeststellungen denkbaren Konstellation fehlen, da der Angeklagte hinsichtlich der festgesetzten und ausgezahlten Erstattungsbeträge lediglich als Antragsteller ohne besondere Befugnisse und sich aus diesen ergebende Pflichten in Erscheinung getreten wäre.
In Betracht käme dann allenfalls eine Beteiligung des Angeklagten an einer etwaigen Untreuehandlung des Verwaltungsleiters als Anstifter oder mittelbarer Täter der Untreue. Insoweit hätte geprüft werden müssen, ob eine vorsätzliche Haupttat des Verwaltungsleiters vorliegt oder ob dieser gegebenenfalls im Sinne einer mittelbaren Täterschaft zur Untreue oder einer Vorspiegelung falscher Tatsachen im Sinne des § 263 StGB über die Erstattungsfähigkeit der Abrechnungen vom Angeklagten getäuscht wurde. Sofern der Verwaltungsleiter weisungsunabhängig die Abrechnungsanordnungen erlassen hätte, seitens des Angeklagten auch keine über die bloße Beantragung der Erstattung hinausgehende Einflussnahme erfolgt wäre und dieser jenen über Tatsachen zu Anlass und Ablauf der Bewirtungen nicht getäuscht hätte, schiede eine Strafbarkeit des Angeklagten in den genannten Fällen aus. Dies gilt auch für die Fälle, in denen der Angeklagte die in Rede stehenden Rechnungen sogleich mit der Kreditkarte der Stiftung beglichen hat. Ob der Angeklagte bereits hierdurch seine gegenüber der Stiftung bestehenden Pflichten verletzt hätte, kann nach den Urteilsfeststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Auf deren Grundlage vermag der Senat nämlich nicht auszuschließen, dass der Angeklagte zur Verauslagung bestimmter Beträge mit Mitteln der Stiftung auch dann befugt war, wenn diese letztlich von ihm selbst zu tragen gewesen wären. Hierfür könnte der Umstand sprechen, dass der Angeklagte offenbar regelmäßig auch nach Bezahlung mit der Kreditkarte die vermeintlich dienstlich veranlassten Bewirtungen gegenüber dem Verwaltungsleiter abgerechnet und somit nachträglich die Erstattung beantragt hat.
Die Verurteilung im Fall B.2 wegen Vorteilsannahme (§ 331 StGB) ist ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat in Zusammenhang mit einer mehrtägigen privaten Einladung des Angeklagten, des als Kurator zuständigen Ministers und zweier einflussreicher Beiratsmitglieder der Stiftung durch einen mit diversen Bauprojekten der Stiftung beauftragten Architekten nicht erörtert, ob durch die Teilnahme der Mitglieder des Kuratoriums eine konkludente Genehmigung der Annahme des Vorteils im Sinne von § 331 Abs. 3 StGB vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1961 – 5 StR 250/61, JR 1961, 507; RG JW 1934, 2469; Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 331 Rn. 52). Eine solche Genehmigung würde – falls sie durch die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse getroffen worden ist – als Rechtfertigungsgrund die Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme entfallen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1983 – 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 285). Zu prüfen wäre gegebenenfalls auch, ob der Angeklagte – als der vom Kuratorium der Stiftung durch Anstellungsvertrag bestellte Vorstand – insoweit einer Fehlvorstellung unterlegen ist, dass eine wirksame konkludente Genehmigung vorgelegen habe (vgl. BGH aaO S. 285 ff.).
Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung der Schuldsprüche in den genannten Fällen. Dies hat die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen und des Gesamtstrafausspruchs zur Folge. Die Feststellungen zum äußeren Sachverhalt sind jedoch jeweils rechtsfehlerfrei getroffen; sie können deshalb bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen zu den beanstandeten Sachverhaltslücken sind geboten; sonstige Feststellun-
gen sind möglich, soweit sie nicht den bisherigen widersprechen. Eine Verfahrensweise nach § 154 Abs. 2 StPO, die der Senat bereits erfolglos angeregt hatte, wird sich vor dem neuen Tatgericht aufdrängen.
Basdorf Raum Schaal
Dölp Bellay