Entscheidungsdatum: 28.11.2018
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 14. November 2017 wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Revisionsverfahrens und die hierdurch der Angeklagten erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.
- Von Rechts wegen -
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in fünf Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit mittelbarer Falschbeurkundung, sowie wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges in 71 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen unter Strafaussetzung zur Bewährung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und daneben Einziehungsentscheidungen getroffen. Mit ihrer zuungunsten der Angeklagten eingelegten und auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen den Strafausspruch. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts lernte die unbestrafte Angeklagte Ende 2015 einen nicht identifizierten, unter dem Aliasnamen „Z. “ auftretenden Mann kennen, der eine GmbH suchte, um mit der Gesellschaft durch vorgetäuschte Vermietungen von Ferienimmobilien betrügerisch Geld zu erlangen. Die Angeklagte bot ihm in Absprache mit dem Mitangeklagten M. eine von diesem erworbene und bisher ungenutzte GmbH an. Die Gesellschaft entsprach den Anforderungen des „Z. “, der der Angeklagten daraufhin einen gefälschten belgischen Reisepass mit ihrem Passbild verschaffte. Das Dokument war auf Aliaspersonalien ausgestellt, unter denen sie künftig gemeinsam mit dem Mitangeklagten M. Notar- und Banktermine wahrnehmen und für die betrügerisch einzusetzende GmbH auftreten sollte. Der Tatplan, der hierzu von „Z. “ und weiteren zu einer Bande gehörenden Mittätern entwickelt worden war und dem sich beide Angeklagte anschlossen, sah vor, über Internetseiten Angebote von Villen und anderen hochwertigen Immobilien in exklusiver Lage zur Vermietung für Urlaubsaufenthalte durch die GmbH vorzutäuschen und hierfür Vorauszahlungen zu kassieren, obwohl sie tatsächlich keine Zugriffsmöglichkeit auf die Objekte hatten.
Aufgrund des gemeinsamen Tatplans ließen die Angeklagte und der Mitangeklagte M. zunächst am 7. Januar 2016 zwecks Anmeldung zum Handelsregister notariell beurkunden, dass die Angeklagte durch eine Kapitalerhöhung neu geschaffene Gesellschaftsanteile an der GmbH übernehme und neben dem Mitangeklagten M. als weitere Geschäftsführerin bestellt werde. Die Angeklagte trat dabei unter ihren Aliaspersonalien auf und wies sich mit dem gefälschten Reisepass aus. Die beurkundeten Erklärungen, welche die Angeklagte mit einem auf ihre Alias-Personalie lautenden Namenszug unterzeichnete, wurden am 30. März 2016 in das Handelsregister eingetragen (Tat 1). Am 11. Juli 2016 ließ der Mitangeklagte M. die Angeklagte als Verfügungsberechtigte für das bestehende Geschäftskonto der GmbH bei der Volksbank eintragen, wobei sie unter ihren Alias-Personalien auftrat und zu deren Nachweis den gefälschten Reisepass vorlegte. Die für die Kontoberechtigung zu unterzeichnenden Unterlagen unterschrieb die Angeklagte mit ihrem Aliasnamen (Tat 2). Am 15. Juli 2016 ließen beide Angeklagte zwecks Anmeldung zum Handelsregister notariell beurkunden, dass der Mitangeklagte M. per Gesellschafterbeschluss, der durch die Angeklagte unter ihrem Aliasnamen gefasst wurde, als Geschäftsführer der GmbH abberufen werde. Bei der Beurkundung wies sich die Angeklagte dem Notar gegenüber mit dem gefälschten Reisepass aus und unterzeichnete die notariellen Erklärungen mit einem auf ihre Aliasnamen lautenden Namenszug. Da der Gesellschafterbeschluss zur Abberufung des Mitangeklagten M. nur durch die Angeklagte gefasst und gezeichnet worden war, wurde am 6. September 2016 ein weiterer inhaltsgleicher, nunmehr von beiden Angeklagten als Gesellschafter gefasster und gezeichneter Beschluss notariell beurkundet. Aufgrund dieses Beschlusses erfolgte am 8. September 2016 die entsprechende Eintragung in das Handelsregister, das fortan die Angeklagte unter ihrem Aliasnamen als alleinige Geschäftsführerin auswies (Tat 3). Am 19. Oktober 2016 eröffnete die Angeklagte unter ihren Alias-Personalien für die GmbH bei der Deutschen Bank ein Konto und legte zum Nachweis der Personaldaten den gefälschten Reisepass vor (Tat 4).
Zwischen dem 1. Oktober und dem 8. Dezember 2016 überwiesen 71 Geschädigte den Mietpreis für die von ihnen jeweils vermeintlich gemietete Ferienimmobilie auf Geschäftskonten der GmbH. Die Geschädigten hatten aufgrund von vorgetäuschten Ferienhausangeboten auf Internetseiten Kontakt zu Bandenmitgliedern aufgenommen, die sich regelmäßig als Mitarbeiter der von den beiden Angeklagten zur Verfügung gestellten Gesellschaft als Vermietungsunternehmen ausgaben. Nachdem für die fiktiven Mietobjekte jeweils ein Aufenthaltszeitraum zumeist im Sommer 2017 und ein Mietpreis vereinbart waren, erhielten die Geschädigten professionell gestaltete Mietvertragsformulare zugeschickt, die sie zum Teil an den Sitz der GmbH in Berlin übersandten, an deren Adresse die Angeklagte gemeinsam mit dem Mitangeklagten M. ein Büro betrieb. Die beiden Angeklagten nahmen teilweise die Vertragsunterlagen entgegen, fotografierten sie und leiteten sie an ihren Hintermann „Z. “ weiter. Dieses Bandenmitglied erteilte den Angeklagten präzise Anweisungen, welche Überweisungen und Übersendungen von Bank- und Vertragsunterlagen vorgenommen und Notar- und Banktermine wahrgenommen werden müssten. Die Geschädigten überwiesen jeweils eine Anzahlung von 50 Prozent oder den vollen Mietpreis mit einem Rabatt an die GmbH. Insgesamt gingen von den Geschädigten 139.150 Euro auf den Geschäftskonten der GmbH ein. Hiervon leisteten die Angeklagten teilweise Zahlungen an einen Suchmaschinendienstleister für Maßnahmen, welche die Auffindbarkeit der von der Bande verwendeten Internetseiten erhöhen sollten, teilweise überwiesen sie Gelder auf Konten im osteuropäischen Ausland, auf die andere Mittäter Zugriff hatten (Tat 5). Etwa 40 Prozent der von den Geschädigten überwiesenen Gelder wurde im Ermittlungsverfahren noch sichergestellt. Am 6. Dezember 2016 erschienen die Angeklagte und der Mitangeklagte M. in einer Filiale der Commerzbank, um von dem dort geführten Geschäftskonto der GmbH Geld abzuheben und der Angeklagten Kontovollmacht einzuräumen. Sie trat gegenüber der Bankangestellten wiederum unter ihren Alias-Personalien auf und legte zum Nachweis der Personaldaten den gefälschten Reisepass vor (Tat 6). Anschließend wurden sie und der Mitangeklagte M. festgenommen. Für ihr Tätigwerden hatte die Angeklagte von dem Bandenmitglied „Z. “ anfangs 1.000 Euro ausgehändigt erhalten. Außerdem hatte er ihr für die weiteren Tatbeiträge eine zusätzliche Zahlung von mindestens 2.000 Euro versprochen.
2. Das Landgericht ist bei der Strafzumessung zur Tat 5 vom Strafrahmen des § 263 Abs. 5 StGB ausgegangen. Der Strafzumessung bei den fünf als banden- und gewerbsmäßige Urkundenfälschungen gewerteten Taten 1 bis 4 und 6 hat es jeweils den Strafrahmen des § 267 Abs. 4 StGB zugrunde gelegt. Die Annahme minder schwerer Fälle hat es abgelehnt und Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten für Tat 5, von jeweils einem Jahr und einem Monat für die Taten 1 und 3, bei denen das Landgericht tateinheitlich zur Urkundenfälschung den Tatbestand der mittelbaren Falschbeurkundung (§ 271 Abs. 1 StGB) verwirklicht gesehen hat, und von jeweils einem Jahr für die Taten 2, 4 und 6 verhängt.
3. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist trotz der bedenklichen konkurrenzrechtlichen Beurteilung der Urkundenfälschungen, die das Landgericht als tatmehrheitlich begangene selbständige Taten bewertet hat (vgl. zum einheitlichen Urkundendelikt bei einem von vornherein geplanten mehrfachen Gebrauch einer gefälschten Urkunde BGH, Beschlüsse vom 7. Mai 2014 - 4 StR 95/14, wistra 2014, 349, und 24. September 2018 - 5 StR 365/18 mwN) wirksam auf den Strafausspruch beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1996 - 1 StR 149/96; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 318 Rn. 17a). Es deckt eingedenk des begrenzten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349) insoweit keinen Rechtsfehler zum Vor- oder Nachteil des Angeklagten (§ 301 StPO) auf.
a) Bei der konkreten Strafbemessung hat das Landgericht zugunsten der Angeklagten neben ihrer bisherigen Unbestraftheit insbesondere bedenken dürfen, dass sie zu einem frühen Zeitpunkt in der Hauptverhandlung ein umfassendes Geständnis abgelegt und dadurch „eigeninitiativ“ den Druck auf den Mitangeklagten erhöht hat, sich letztlich ebenfalls geständig einzulassen. Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die strafmildernde Berücksichtigung auch des verfahrensverkürzenden Aspekts der geständigen Einlassung wendet, sind ihre Ausführungen - worauf bereits der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat - urteilsfremd. Auch gegen die vom Landgericht weiter zugunsten der Angeklagten angeführten Erwägungen, dass die Tatbeiträge der Angeklagten nur einen ausführenden und keinen planenden Charakter besessen hätten und ihre Entlohnung gemessen an der Gesamtschadenssumme äußerst gering gewesen sei, ist nichts zu erinnern.
Das Landgericht hat in den Blick genommen, dass die Angeklagten Teil einer hierarchisch strukturierten und professionellen Bande aus dem Bereich der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität waren; dies hat es strafschärfend berücksichtigt (UA S. 42). Angesichts dessen begegnet es keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht den generalpräventiven Aspekt nicht ausdrücklich als wesentlichen Strafzumessungsgrund bei der Bemessung der Strafe erwähnt hat (vgl. zu den Voraussetzungen generalpräventiver Strafschärfung BGH, Urteil vom 29. Januar 1992 - 2 StR 427/91, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Generalprävention 6; Beschlüsse vom 11. April 2013 - 5 StR 113/13, und vom 7. März 2018 - 1 StR 663/17, ZWH 2018, 184 mwN).
Die Einzelstrafen lösen sich entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin noch nicht von ihrer Bestimmung, ein gerechter Schuldausgleich zu sein, und sind damit auch nicht unvertretbar milde. Insbesondere hat das Landgericht bei Ahndung des Betrugskomplexes (Tat 5) die hohe Gesamtschadenssumme von fast 140.000 Euro als strafschärfenden Umstand gesehen, dessen Gewicht jedoch dadurch relativiert wird, dass ein Ersatz von etwa 40 Prozent dieses Schadens durch die sichergestellten Gelder zu erwarten ist.
b) Zur Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe, die in ihrer Höhe ebenfalls noch innerhalb des dem Tatgericht eingeräumten Spielraumes liegt und deshalb hinzunehmen ist, zeigt die Revision keine Rechtsfehler auf. Der Senat teilt nicht die Sorge der Beschwerdeführerin, das Landgericht habe (auch) die Bemessung der Gesamtstrafe so vorgenommen, dass ihre Vollstreckung noch zur Bewährung ausgesetzt werden konnte. Weder die Formulierung der Strafzumessungsgründe des angefochtenen Urteils noch das Ausmaß des von der Angeklagten verwirklichten Unrechts geben zu der Besorgnis Anlass, das Landgericht habe durch unzulässige Vermengung von Gesichtspunkten der Strafzumessung mit solchen der Strafaussetzung zur Bewährung eine nicht mehr schuldangemessene Gesamtstrafe verhängt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 133 f. mwN). Die hierzu vom Generalbundesanwalt herangezogene Senatsentscheidung (Urteil vom 25. Oktober 2016 - 5 StR 162/16, wistra 2017, 143) betraf schon im Hinblick auf den im dortigen Fall eingetretenen weit höheren Betrugsschaden einen nicht vergleichbaren Sachverhalt.
c) Auch die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung hält rechtlicher Überprüfung stand.
Die Strafkammer hat bei der von ihr angenommenen günstigen Kriminalprognose maßgebend darauf abgestellt, dass die Angeklagte erstmals strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, sich für einen langen (über elfmonatigen) Zeitraum in Untersuchungshaft befunden und ein reuiges Geständnis abgelegt habe. Dagegen, dass das Landgericht diese Aspekte auch für die Wertung herangezogen hat, es lägen besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB vor, ist rechtlich nichts zu erinnern.
Mutzbauer |
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