Entscheidungsdatum: 23.10.2013
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts Dresden vom 28. März 2013 nach § 349 Abs. 4 StPO im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in sechs Fällen, sexuellen Missbrauchs von Kindern in 83 Fällen und Besitzes kinderpornographischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat im Umfang der Beschlussformel Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts missbrauchte der nicht vorbestrafte, bei Beginn der Taten fast 57 Jahre alte Angeklagte seine am 25. September 2008 von einer thailändischen Mutter in Thailand geborene leibliche Tochter R. sowie in einem Fall deren siebenjährige Halbschwester sexuell, wobei er das Geschehen jeweils filmte. Die Missbrauchshandlungen, die in sechs Fällen ein Eindringen mit dem Penis in die Mundhöhle oder den Scheidenvorhof des Kindes umfassten, fanden zwischen Januar 2009 und Februar 2012 jeweils bei Aufenthalten des Angeklagten in Thailand statt; sie begannen, als das Mädchen dreieinhalb Monate alt war. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten in Freital im September 2012 wurden bei ihm kinderpornographische Bild- und Videodateien aufgefunden.
2. Der Strafausspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat sich mit der Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht hinreichend auseinandergesetzt.
Die Strafkammer hat sich ohne eigene Wertung der Einschätzung der Sachverständigen angeschlossen, die Voraussetzungen für eine Anwendung der §§ 20, 21 StGB lägen nicht vor. Dabei hat sie im Urteil die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Darlegungen der Sachverständigen bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht so dargestellt, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich ist (vgl. BGH, Urteile vom 8. März 1955 – 5 StR 49/55, BGHSt 7, 238; vom 18. Dezember 1958 – 4 StR 399/58, BGHSt 12, 311; Beschluss vom 8. April 2003 – 3 StR 79/03, NStZ-RR 2003, 232 mwN). Insoweit wird lediglich die Wertung der Sachverständigen wiedergegeben, es bestünden „keinerlei Anhaltspunkte für eine sexuelle Deviation oder andere sexualpathologische Anzeichen; Pädophilie liege insoweit beim Angeklagten nicht vor“ (UA S. 31). Dies reicht angesichts des in den Taten hervorgetretenen Sexualverhaltens des Angeklagten, insbesondere des Missbrauchs eines noch im Säuglings- bzw. Kleinkindalter befindlichen Mädchens, nicht aus, um in für das Revisionsgericht nachvollziehbarer Weise eine möglicherweise schuldmindernde schwere andere seelische Abartigkeit des Angeklagten auszuschließen (vgl. zur Pädophilie: BGH, Urteil vom 6. Januar 1998 – 5 StR 582/97 – und Beschluss vom 10. Oktober 2000 – 1 StR 420/00, BGHR StGB § 21 Seelische Abartigkeit 33 und 37).
3. Die rechtsfehlerhafte Schuldfähigkeitsbeurteilung lässt den Schuldspruch unberührt, weil eine vollständige Aufhebung der Schuldfähigkeit hier ausscheidet. Trotz der eher maßvollen Strafbemessung vermag der Senat nicht auszuschließen, dass die Strafen bei Annahme verminderter Schuldfähigkeit milder ausgefallen wären. Sollten, was eher fernliegt, die Voraussetzungen einer schweren anderen seelischen Abartigkeit sicher festgestellt werden, ist das neue Tatgericht an der Verhängung einer Maßregel nach § 63 StGB nicht gehindert (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).
Basdorf Sander Schneider
Dölp König