Entscheidungsdatum: 28.11.2012
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 26. Januar 2012, soweit der Angeklagte S. im Zusammenhang mit Zahlungen von insgesamt 60.000 € an den vormaligen Mitangeklagten Se. im April und Mai 2008 freigesprochen worden ist, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Ausgenommen von der Aufhebung und aufrechterhalten bleiben die Feststellungen zur Gewährung eines Darlehens an Se. und zum mangelnden Schädigungsvorsatz des Angeklagten bei dessen Auszahlung und unterbliebener Verbuchung; insoweit wird die Revision verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die noch verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Soweit die Staatsanwaltschaft die Revision zurückgenommen hat, fallen die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten S. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last.
– Von Rechts wegen –
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Betruges und der Untreue aus tatsächlichen Gründen in drei Anklagepunkten freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft greift das Urteil nach Rücknahme der weitergehenden Revision nur noch insoweit an, als eine durch den Angeklagten im April und Mai 2008 veranlasste Zahlung von 60.000 € aus Mitteln des THW K. an den vormaligen Mitangeklagten Se. betroffen ist. Das insoweit vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg.
1. Das Landgericht hat zu dem von der Revision allein noch betroffenen Geschehen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
a) Der Angeklagte war bis zum 30. Juni 2009 Manager der Bundesligamannschaft des THW K. und als Geschäftsführer der THW H. mbH – Komplementärin der THW H. –B. GmbH & Co. KG – vertretungsbefugt. In dieser Eigenschaft gewährte er dem seinerzeitigen Trainer der Mannschaft Se. aus den Mitteln des THW K. im April und Mai 2008 in Margen von 20.000 € und 40.000 € ein Darlehen von insgesamt 60.000 €. Die Geldübergabe erfolgte in bar. Schriftlich wurde der Vorgang nicht fixiert. Die Kreditvergabe wurde in der Bilanz der KG nicht als solche verbucht. Mit der Darlehensgabe verfolgte der Angeklagte den Zweck, im Verhältnis von Verein und Trainer aufgetretene Spannungen zu beseitigen. Er rechnete sicher mit der Rückzahlung durch Se. , der in der Vergangenheit gleichfalls auf der Basis nur mündlicher Absprachen gewährte Vorschüsse und Darlehen jeweils binnen kurzer Zeit zurückbezahlt hatte. Jedenfalls von der Zahlung des Teilbetrags von 40.000 € wusste ein Gesellschafter der KG und war damit einverstanden.
Die Darlehensgabe und vom Angeklagten mit Se. geführte Gespräche erzielten letztlich nicht den erwünschten Erfolg. Insbesondere aufgrund des Verhaltens der Ehefrau des Se. entschieden die Verantwortlichen des THW K., sich von Se. zu trennen. Am 25. Juni 2008 schlossen der THW K. und Se. eine Freistellungsvereinbarung. Danach sollte Letzterer für die Restlaufzeit des Vertrages bis zum 30. Juni 2009 die bisherigen monatlichen Nettobezüge von knapp 12.000 €, vereinbarte Prämien und eine Abfindung von 120.000 € erhalten.
Die Vereinbarung wurde von einem Gesellschafter der KG sowie von dem Angeklagten und Se. unterzeichnet. Der Darlehensrückzahlungsanspruch von 60.000 € wurde im Vertrag nicht erwähnt. Der Angeklagte hatte vor der Unterzeichnung auch nicht darauf hingewiesen. Hätte der die Verhandlungen führende Gesellschafter hiervon gewusst, hätte er möglicherweise auf den Anspruch verzichtet, um die unbedingt gewünschte einvernehmliche Trennung von Se. zu erreichen.
Im Frühjahr 2009 erfuhr der verhandlungsführende Gesellschafter von dem Darlehen, woraufhin der Angeklagte und der damalige Finanzbuchhalter des THW K. zu einer Stellungnahme aufgefordert wurden. Nachdem sie dies abgelehnt hatten, beschlossen die Verantwortlichen des THW K., sich von beiden zu trennen. Zum 30. Juni 2009 schied der Angeklagte beim THW K. aus.
Am 18. November 2009 forderte der THW K. Se. zur Rückzahlung des Darlehens auf. Dem entsprach Se. nach Verrechnung offener Prämien durch Zahlung vom 1. Dezember 2009 vollständig.
b) Das Landgericht sieht wegen des Geschehens keine Straftatbestände verwirklicht. Namentlich stelle die Ausreichung des Darlehens trotz unterbliebener Dokumentation und fehlender ordnungsgemäßer Verbuchung keine Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB dar. Der Rückzahlungsanspruch, den der Angeklagte im weiteren Verlauf unwiderlegbar habe geltend machen wollen, sei im Hinblick auf das stattliche Gehalt des Se. und dessen auch in der Vergangenheit bestehende Zahlungsbereitschaft sowie vielfältige Aufrechnungsmöglichkeiten werthaltig gewesen, weswegen keine Vermögensgefährdung sowie kein hierauf bezogener Vorsatz angenommen werden könnten. Die Unterzeichnung der den Rückzahlungsanspruch nicht ausdrücklich aufgreifenden Freistellungsvereinbarung sei im Wesentlichen aus demselben Grund strafrechtlich irrelevant. Weil der Angeklagte sich nach Beruhigung der Situation um den Anspruch habe kümmern wollen, ermangele es jedenfalls eines von dessen Vorsatz umfassten Vermögensschadens. Deswegen könne offen bleiben, ob „der Unterschrift unter den Freistellungsvertrag überhaupt der Erklärungswert zukomme, dass alle weiteren Ansprüche und damit auch der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens des THW K. gegen den Angeklagten Se. erledigt“ seien (UA S. 66).
2. Die Bewertung der Ausreichung des Darlehens als straflos lässt keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten erkennen. Demgegenüber ist das Landgericht in Bezug auf die Mitwirkung des Angeklagten an der Freistellungsvereinbarung vom 25. Juni 2008 der ihm obliegenden Kognitionspflicht (§ 264 StPO) nicht in vollem Umfang gerecht geworden. Insoweit kann sich der Angeklagte nach den im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen wegen Untreue, unter Umständen in Tateinheit mit Betrug (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 5. März 2008 – 5 StR 36/08, NStZ 2008, 340 mwN), strafbar gemacht haben.
Der Generalbundesanwalt weist hierzu mit Recht darauf hin, dass die Strafkammer nicht hätte offenlassen dürfen, ob mit dem Abschluss dieses Vertrages alle gegenseitigen Ansprüche zwischen dem THW K. sowie Se. und damit auch der Darlehensrückzahlungsanspruch abgegolten wurden. In diesem Fall hätte der Angeklagte durch seine Unterschrift zum rechtlichen Untergang der ersichtlich werthaltigen Forderung beigetragen, mit der Folge eines entsprechenden Vermögensschadens auf Seiten des THW K. (vgl. etwa Fischer, StGB, 59. Aufl., § 263 Rn. 117 mwN), der durch die spätere Rückführung des Darlehensbetrages im Dezember 2009 nicht in Frage gestellt würde (vgl. LK/Tiedemann, 12. Aufl., § 263 Rn. 162 mwN).
Das angefochtene Urteil lässt den maßgebenden Umstand dabei ausdrücklich dahingestellt sein. Aufgrund dessen schließt der Senat aus, dass die Strafkammer etwa gerade wegen der ungeachtet der Freistellungsvereinbarung erfolgten Rückführung durch Se. beweiswürdigend davon ausgegangen sein könnte, die Vereinbarung habe den Rückzahlungsanspruch nicht erfasst. Eine solche Annahme liegt nicht fern, versteht sich indes auch nicht von selbst. Denn die Rückführung kann ohne rechtliche Verpflichtung im Vergleichsweg erfolgt sein. Dass der Angeklagte für diesen Fall auch noch in der Situation der Trennung von Se. in einer einen Untreuevorsatz ausschließenden Weise Anlass gehabt hätte, sich dessen Rückzahlung auch ohne rechtliche Verpflichtung sicher zu sein, ist nicht hinreichend belegt und versteht sich gleichfalls nicht von selbst. Im Blick auf die in Frage stehende Urteilspassage sieht sich der Senat gehindert, eine umfassende Abgeltungsvereinbarung nach dem Gesamtzusammenhang der sonstigen Urteilsgründe sicher auszuschließen.
3. Die Sache bedarf daher allein hinsichtlich der Freistellungsvereinbarung neuer Verhandlung und Entscheidung. Die den freigesprochenen Angeklagten ausschließlich entlastenden Feststellungen im Zusammenhang mit der Kreditgewährung, gegen deren Bewertung die Staatsanwaltschaft sich ohne Erfolg wendet, sind rechtsfehlerfrei getroffen worden. Sie haben Bestand. In diesem Punkt bleibt die Revision, auch soweit sie nicht zurückgenommen ist, ohne Erfolg.
4. Im Hinblick auf die Vielzahl der den Angeklagten im Falle einer Verurteilung trotz nicht unbeträchtlicher Darlehenssumme entlastenden Umstände (unter anderem: eher „freihändige“ Gepflogenheiten bei Ausreichung von Darlehen und Vorschüssen an Se. , etwaiger Verzicht des THW K. auf die Forderung bei Wissen um das Darlehen im Zeitpunkt des Freistellungsvertrags, Rückführung des Darlehensbetrags, Verfahrensdauer und damit auch verbundene Belastungen wegen des medialen Interesses im Zusammenhang mit dem durch Revisionsrücknahme rechtskräftig gewordenen Freispruch) wöge die Tat nicht schwer. Der Senat macht lediglich zur Vermeidung einer Verfahrensverzögerung durch einen verlängerten Instanzenzug – dem Antrag des Generalbundesanwalts und dem folgenden Hilfserwägungen der Verteidigung in der Revisionshauptverhandlung entsprechend – nicht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache gemäß § 354 Abs. 3 StPO an das Amtsgericht – Strafrichter – zurückzuverweisen. Die Anwendung der §§ 153 oder 153a StPO wird sich aufdrängen.
5. Im Urteil trifft der Senat zugleich die auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO gestützte Kostenentscheidung betreffend die einheitlich eingelegte, hinsichtlich des Freispruchs wegen eines anderen Tatvorwurfs zurückgenommene Revision der Staatsanwaltschaft (vgl. Gieg in KK-StPO, 6. Aufl., § 473 Rn. 7 mwN).
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