Entscheidungsdatum: 06.11.2013
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Dezember 2012 im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen.
– Von Rechts wegen –
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall 1) und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Fall 2) unter Einbeziehung zweier Einzelstrafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und eine Einziehungsanordnung aufrechterhalten. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft im Wesentlichen, dass eine Bande im Sinne von § 30a Abs. 1 BtMG verneint worden ist und dass das Landgericht im Fall 2 bei der Wirkstofffeststellung eine nicht geringe Menge im Sinne der § 30a Abs. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht angenommen hat. Das vom Generalbundesanwalt in der Hauptverhandlung nur noch teilweise vertretene Rechtsmittel führt lediglich zur Schuldspruchänderung im Fall 2.
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
a) Der Angeklagte vereinbarte spätestens im Herbst 2008 mit „unbekannten holländischen Personen“ (UA S. 9), eine Cannabisaufzuchtanlage in einem Nebengelass auf seinem Grundstück in Werneuchen zu installieren. „Die Holländer“ sagten zu, dass sie sich um das gesamte Material, den Aufbau und die Stromversorgung „kümmern“ würden. Der Angeklagte müsste dafür die Aufzucht der Pflanzen übernehmen und sollte hierfür pro Ernte 2.000 € erhalten. „Die Holländer“ sollten ihrerseits den Verkauf der Betäubungsmittel organisieren. Im Dezember 2008 installierten die „unbekannten holländischen Personen“ die Anlage nebst überbrückter Stromversorgung und lieferten 250 Cannabissetzlinge, die der Angeklagte nach vorheriger Einweisung aufzog. Etwa acht Wochen später ernteten „die Holländer“ die Blüten der Pflanzen, die insgesamt sieben Kilogramm wogen und mindestens einen Wirkstoffgehalt von 210 Gramm THC aufwiesen, und verkauften sie an unbekannte Personen weiter. Der Angeklagte erhielt bei der Anlieferung der Cannabissetzlinge für die zweite Aufzucht 2.000 € ausgehändigt (Fall 1).
b) Im Februar 2009 erhielt der Angeklagte von unbekannten Personen 252 Cannabissetzlinge, die er absprachegemäß zur Aufzucht einpflanzte. Anlässlich einer Durchsuchung der Räumlichkeiten wurden die Pflanzen am 25. Februar 2009 – eine Woche nach deren Anpflanzung – sichergestellt. Die Jungpflanzen wogen 92,14 Gramm und wiesen einen Wirkstoffgehalt von 1,01 Gramm THC auf (Fall 2).
c) Die Strafkammer hat das Vorliegen der Voraussetzungen des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 BtMG) verneint, weil zuverlässige Feststellungen zur Anzahl der unbekannten holländischen Personen und zu deren dauerhafter Einbindung in die verabredeten Rauschgiftgeschäfte nicht getroffen werden könnten. Sicher sei aufgrund der Angaben des Angeklagten nur, dass mindestens eine unbekannte holländische Person zunächst Verhandlungspartner und dann Mittäter des Angeklagten gewesen sei. Ob weitere Personen, die bei der Errichtung der Cannabisaufzuchtanlage tätig gewesen seien, dauerhaft in die Rauschgiftgeschäfte eingebunden gewesen oder nur für eben diese Tätigkeiten herangezogen worden seien, lasse sich nicht feststellen.
d) Im Fall 2 komme eine Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) nicht in Betracht, weil hierfür die Aufzucht der Cannabispflanzen bis in das Stadium, in dem sie bereits eine nicht geringe Menge THC enthalten, erforderlich gewesen wäre.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat lediglich hinsichtlich des Schuldspruchs zu Fall 2 Erfolg.
a) Die – im Einklang mit der Anklage stehende – Nichtannahme einer Bande im Sinne von § 30 Abs. 1 Nr. 1, § 30a Abs. 1 BtMG durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden. Feststellungen dazu, dass der Angeklagte sich mit mindestens zwei „Holländern“ dauerhaft zu einer Bande zusammengeschlossen hat, um die anzubauenden Cannabissetzlinge als Marihuana gewinnbringend weiter zu verkaufen, vermochte das Landgericht nicht zu treffen. Trotz geständiger Einlassung des Angeklagten konnte daher nicht geklärt werden, dass neben dem holländischen Vertragspartner des Angeklagten weitere individualisierbare Personen eingebunden waren. Diese Würdigung durch das Landgericht lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
b) Zu Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft hingegen, dass das Landgericht im Fall 2 bei der Bewertung der Wirkstoffmenge auf den Wirkstoffgehalt der noch nicht ausgereiften Cannabispflanzen abgestellt hat. Bei einem – wie vorliegend – auf spätere Veräußerung abzielenden Anbau von Cannabispflanzen ist für die Abgrenzung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) vom Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) die Menge maßgeblich, die mit der bereits begonnenen Aufzucht der Pflanzen letztlich erzielt und gewinnbringend veräußert werden soll (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 407/12, BGHSt 58, 99).
Angesichts der Feststellungen zur fast identischen Zahl der Setzlinge wie im ersten Fall und zum dort nach Aufzucht erzielten Ertrag kann der Senat zum Schuldspruch – entsprechend bereits der Anklage – durchentscheiden. Der Einzelstrafausspruch von sechs Monaten Freiheitsstrafe und folglich auch der Gesamtstrafausspruch können bestehen bleiben: Nach der Sicherstellung der gesamten noch unfertigen Aufzucht der weichen Droge kommt allein die Annahme eines minder schweren Falles (§ 29a Abs. 2 BtMG) in Betracht. Eine höhere als die zugemessene Strafe muss angesichts des beträchtlichen zeitlichen Abstands zur Tatbegehung und der ungeachtet früher Geständigkeit des Angeklagten langen Verfahrensdauer und des Verfahrensablaufs ausscheiden. Der letztgenannte Umstand drängt zu einem sofortigen rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, nachdem der Angeklagte die den beiden einbezogenen Einzelfreiheitsstrafen (für Taten von Oktober 2010 bis Februar 2011) zugrunde liegende Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten zu zwei Dritteln verbüßt hat, so dass die Restfreiheitsstrafe seit dem 8. Oktober 2012 zur Bewährung ausgesetzt werden konnte.
Basdorf Schneider Dölp
Berger Bellay