Entscheidungsdatum: 18.09.2013
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 16. November 2012 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
– Von Rechts wegen –
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „vorsätzlichen Inverkehr-bringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in 946 Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem Inverkehrbringen von bedenklichen Arzneimitteln in Tateinheit mit vorsätzlichem Handeltreiben mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen“, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und – unter Gewährung von Zahlungserleichterungen – den Verfall von Wertersatz in Höhe von 55.314,90 € angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte, zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist in der Hauptverhandlung ausdrücklich auf den Verfallsausspruch beschränkt worden. Sie wird vom Generalbundesanwalt nicht vertreten und bleibt erfolglos.
Die getroffene Verfallsentscheidung hält rechtlicher Prüfung stand. Das Landgericht hat das vom Angeklagten durch seine Taten Erlangte (§ 73a StGB) mit 240.795,50 € zutreffend festgestellt. Auch die Härtevorschrift des § 73c StGB hat es rechtsfehlerfrei angewendet.
Insbesondere seine Prüfung, inwieweit der Wert des Erlangten im Vermögen des Angeklagten noch vorhanden ist (§ 73c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB), ist nicht zu beanstanden. Hierbei durfte das Landgericht geleistete Steuerzahlungen in Höhe von 47.738,51 € (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 – 5 StR 14/11, NStZ 2012, 267, 268) sowie 38.357,94 € wegen in dieser Höhe zugunsten des Staates erklärten Verzichts des Angeklagten auf Vermögenswerte abziehen.
Die Revision wendet sich vor allem dagegen, dass das Landgericht den Wert eines dem Angeklagten gehörenden Grundstücks auf null Euro geschätzt hat. Ein Rechtsfehler ist dem Landgericht aber dabei ebenfalls nicht unterlaufen. Zutreffend hat es sich auf den auch im Rahmen des § 73c StGB anwendbaren § 73b StGB gestützt (vgl. W. Schmidt in LK, 12. Aufl., § 73b Rn. 7; Joecks in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 73b Rn. 6); diese Vorschrift modifiziert die gerichtliche Amtsaufklärungspflicht, um das Verfahren zu beschleunigen. Im Interesse der Prozessökonomie durfte das Landgericht das ihm vorliegende Wertgutachten aus dem Jahr 2007 heranziehen und brauchte – mit Blick auf den erforderlichen Zeitaufwand und die entstehenden Kosten – keinen weiteren Sachverständigen zu beauftragen. Es hat zudem nachvollziehbar begründet, warum es seiner Schätzung den im genannten Gutachten bezifferten, zukünftige Entwicklungen einbeziehenden Beleihungswert zugrunde gelegt hat und nicht den stichtagsbezogenen Marktwert. Das Gutachten stellte mithin eine hinreichend sichere, auch eine Benachteiligung des Angeklagten (§ 301 StPO) ausschließende Schätzungsgrundlage dar. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang eigene Berechnungen anstellt, stützt sie sich teilweise auf urteilsfremde Quellen. Eine Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO), nach der das Landgericht von weiteren Beweismitteln hätte Gebrauch machen müssen, ist nicht erhoben.
Schließlich hat das Landgericht das ihm durch § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Hierbei durfte es einerseits das Resozialisierungsinteresse des Angeklagten nach dessen Haftentlassung (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002 – 4 StR 233/02, BGHSt 48, 40, 41) und andererseits berücksichtigen, ob und inwieweit das durch die Taten Erlangte infolge von Luxusausgaben nicht mehr vorhanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2008 – 4 StR 153/08, NStZ-RR 2009, 234, 235).
Sander Schneider Dölp
Berger Bellay