Entscheidungsdatum: 17.06.2010
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 28. Januar 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision. Diese hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen versuchte der Angeklagte am 28. Dezember 2008 gegen 9.00 Uhr im Eingangsbereich eines U-Bahnhofs, den 70 Jahre alten Geschädigten unter Verwendung eines 50 cm langen Holzknüppels zur Herausgabe von Geld zu nötigen. Die etwa drei Stunden nach Tatbegehung durchgeführte Blutentnahme beim Angeklagten hat eine Blutalkoholkonzentration von 1,95 ‰ ergeben, weshalb die insoweit sachverständig beratene Strafkammer eine Blutalkoholkonzentration von 2,7 ‰ bei Tatbegehung festgestellt hat.
2. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuldspruch keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Jedoch hat der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand.
a) Im Rahmen der Strafzumessung ist das Landgericht nicht vom Regelstrafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB (Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren) ausgegangen, sondern hat einen minder schweren Fall im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB (Strafrahmen Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren) bejaht, weil unter anderem der Angeklagte im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) handelte und es lediglich beim Versuch (§ 23 StGB) geblieben ist. Dabei ist übersehen worden, dass eine doppelte Milderung des Strafrahmens nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB und §§ 23, 49 Abs. 1 StGB (sechs Monate bis acht Jahre und fünf Monate) für den Angeklagten günstiger gewesen wäre. Dies hätte hier der Erörterung bedurft.
b) Insbesondere ist zu beanstanden, dass das Landgericht nicht erkennbar geprüft hat, ob eine Maßregel nach § 64 StGB anzuordnen war. Nach den Feststellungen drängte sich eine solche Prüfung auf.
Danach konsumiert der jetzt 27 Jahre alte Angeklagte seit seinem 19. Lebensjahr immer wieder Alkohol. „Um die Tatzeit herum“ war der Angeklagte nicht ausschließbar „mindestens zweimal wöchentlich volltrunken, wobei es in Folge dessen auch immer wieder zu Filmrissen bei ihm“ kam. Eine Alkoholabhängigkeit hat die Strafkammer „mangels entsprechenden Suchtdrucks“ verneint. Diese Ausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht seiner Wertung einen unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt hat. Ein Abhängigkeitssyndrom ist nicht zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Hangs (vgl. BGHR StGB § 64 Hang 2 und § 64 Abs. 1 Hang 5). Denn hierunter fällt nicht nur eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit, sondern es genügt eine eingewurzelte, aufgrund psychischer Disposition bestehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, ohne dass diese den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss (BGH, Beschlüsse vom 18. August 1998 – 5 StR 363/98 –, vom 18. Juli 2007 – 5 StR 279/07 – und vom 9. November 2009 – 5 StR 421/09). Dass eine solche Neigung – wie sie bei dem zugrunde gelegten Alkoholmissbrauch des Angeklagten nahe liegt – zur Anordnung der Maßregel des § 64 StGB ausreichen kann, hat das Landgericht nicht ersichtlich bedacht. Auch ergibt sich aus den bisherigen Feststellungen nicht, dass eine stationäre Therapie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 64 Satz 2 StGB) oder andere Voraussetzungen der Maßregelanordnung offensichtlich nicht vorliegen.
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