Entscheidungsdatum: 02.09.2015
1. Auf die Revision des Angeklagten R. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 27. August 2014, soweit es ihn betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten R. und die Revisionen der Angeklagten H. und S. werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Die Angeklagten H. und S. haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen Betruges (in zwei tateinheitlich begangenen Fällen) zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt; die Angeklagten S. und H. hat es - jeweils unter Strafaussetzung zur Bewährung - wegen Untreue in Tateinheit mit Bankrott zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr (S. ) bzw. wegen einer hierzu begangenen Anstiftung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten (H. ) verurteilt. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten R. hat zum Strafausspruch Erfolg. Im Übrigen sind sein Rechtsmittel und die Revisionen der Angeklagten H. und S. unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen schloss der Angeklagte R. am 3. Mai 2011 mit dem Angeklagten H. und dem freigesprochenen Mitangeklagten L. als den beiden Gesellschaftern der E. GmbH einen notariellen Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrag. Er trat als vermögender Investor auf und gab vor, für den Erwerb ihrer Geschäftsanteile 100.000 Euro an H. , der zu 25 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt und ihr alleiniger Geschäftsführer war, und 300.000 Euro an den Mehrheitsgesellschafter L. zu zahlen. Tatsächlich hatte er nicht vor, die vereinbarten und jeweils in zwei Tranchen zu zahlenden Kaufpreisbeträge für die Anteile an dem Unternehmen zu entrichten, zu dessen Geschäftsfeld vorwiegend die Organisation von Abiturfeiern und der Vertrieb von Abiturreisen gehörten. Da bis Juli 2011 erhebliche Geldeingänge aufgrund von Vorauszahlungen der Schüler wegen anstehender Abiturfeiern auf dem Geschäftskonto der E. GmbH zu erwarten waren, wollte der Angeklagte R. hierauf Zugriff erlangen und deswegen schnellstmöglich Alleingesellschafter werden. Die auf dem Geschäftskonto eingehenden Gelder wollte er für eigene Zwecke verwenden.
Da nach dem Kaufvertrag die erste Tranche des Kaufpreises schon unmittelbar nach der Beurkundung fällig war und er den bei den Verkäufern H. und L. erzeugten Eindruck seiner Zahlungswilligkeit aufrechterhalten wollte, übergab er im Anschluss an den Beurkundungstermin dem als neuen Geschäftsführer der E. GmbH bestellten Angeklagten S. im Beisein des Angeklagten H. ein Papier mit der wahrheitswidrigen Behauptung, dieses könne zur Bezahlung des Kaufpreises verwendet werden. Dabei gab der Angeklagte R. vor, bei dem von ihm als „Money Pay Order" bezeichneten Papier, das einen Betrag von 996.810 US-Dollar auswies, handele es sich um die Sonderform eines garantierten Bankschecks einer US-amerikanischen Bank, der als Bargeldsubstitut diene und bei einer deutschen Bank eingelöst werden könne. Er erteilte dem Angeklagten S. den Auftrag, den „Scheck" auf dem Geschäftskonto der E. GmbH einzureichen und nach einer Gutschrift die Kaufpreiszahlung durch Überweisung auf das Notaranderkonto zu veranlassen; der noch verbleibende Restbetrag aus der Gutschrift solle der Gesellschaft als Darlehen bzw. für Investitionen zur Verfügung gestellt werden. Der Angeklagte R. ging davon aus, dass einige Zeit verstreichen würde, bis H. und L. von der fehlenden Einlösbarkeit des Papiers erfahren würden.
Der Angeklagte H. hielt es zumindest für möglich, dass sich die Einlösung des „Schecks" verzögern könne. Deshalb bestimmte er den Angeklagten S. noch am selben Tag dazu, die erste Kaufpreistranche in Höhe von 360.000 Euro vom Geschäftskonto der E. GmbH auf das Notaranderkonto zu überweisen, noch bevor das Papier der Bank zur Einlösung vorgelegt wurde. Auf diese Weise wollte der Angeklagte H. möglichst schnell über seinen Anteil an dem Kaufpreis verfügen können, den der Notar nach Gutschrift auf dem Anderkonto auszukehren verpflichtet war. Der Angeklagte S. beauftragte die Bank daraufhin mit einer entsprechenden Überweisung, in deren Folge die E. GmbH zahlungsunfähig wurde.
Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten R. beim Erwerb der Geschäftsanteile der E. GmbH als Eingehungsbetrug zum Nachteil der Mitangeklagten H. und L. gewertet. Es hat eine „schadensgleiche konkrete Vermögensgefährdung“ darin gesehen, dass L. und H. als Gegenleistung für ihre Verpflichtung zur Veräußerung und Übertragung ihrer Geschäftsanteile jeweils nur einen mangels Erfüllungsbereitschaft wertlosen Zahlungsanspruch gegen den Angeklagten R. erlangten. Unter Verweis auf das Senatsurteil vom 20. März 2013 (5 StR 344/12, BGHSt 58, 205) hat das Landgericht einen objektiven Wert der Geschäftsanteile, der von der mit der Kaufpreisabrede durch die Vertragsparteien vorgenommenen Bewertung abweicht, für die Schadensberechnung als unbeachtlich angesehen und ist von einem Schaden von 400.000 Euro ausgegangen.
2. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten R. begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht den Schuldumfang der Betrugstat nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift u.a. ausgeführt:
„Den Urteilsgründen ist nicht (eindeutig) zu entnehmen, dass der Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile „auf der Grundlage übereinstimmender, von Willens- und Wissensmängeln nicht beeinflusster Vorstellungen der Vertragsparteien über Art und Güte des Vertragsgegenstandes“ vereinbart wurde (vgl. BGHSt 58, 205, 210). Der Mitangeklagte S. hat zwar verschiedene Unterlagen zur Prüfung der wirtschaftlichen Situation der E. GmbH erhalten (UA S. 21, 50); diese seien aber - seiner Einlassung zufolge - nicht vollständig gewesen. Er habe daher dem Angeklagten R. im Hinblick hierauf seine Bedenken zum Ausdruck gebracht und vom Kauf abgeraten, da er den Kaufpreis für zu hoch gehalten habe. Er habe sich gewundert, dass R. so viel Geld habe aufwenden wollen, ohne das Unternehmen vollständig geprüft zu haben (UA S. 50). Nach dem Notartermin habe er dann erkannt, dass die Firma den bezahlten Preis nicht wert gewesen sei (UA S. 53). Der Beschwerdeführer hat angegeben, über den Kaufpreis sei nicht verhandelt worden. Er sei davon ausgegangen, dass die vom Mitangeklagten L. mitgeteilten Zahlen stimmen würden (UA S. 37).
Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf den vom Landgericht festgestellten Tatplan (UA S. 24, 94 f.) auf eine wirtschaftliche Ausgewogenheit auch kein Augenmerk legen musste (vgl. auch Albrecht, NStZ 2014, 17, 19).
Im Hinblick auf die Feststellungen zu vorhandenen Krisenanzeichen ist zudem auch ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung (vgl. BGHSt 58, 205, 210) nicht sicher auszuschließen. Dass der Marktwert der GmbH-Anteile mindestens bei 400.000 Euro lag, hat die Strafkammer nicht festgestellt.
Im Ergebnis ist daher nicht auszuschließen, dass das Landgericht die Gewinnerzielungsabsicht der Verkäufer (strafrechtlich) geschützt hat."
Dem folgt der Senat. Dabei bedarf es angesichts der vom Generalbundesanwalt angeführten Besonderheiten des vorliegenden Falles noch keiner Entscheidung, ob an der in dem - einen außergewöhnlichen Sachverhalt betreffenden - Urteil vom 20. März 2013 (5 StR 344/12, BGHSt 58, 205, 210) vertretenen Auffassung festzuhalten ist, wonach bei einem vom Empfänger einer Sachleistung durch Täuschung über seine Zahlungsbereitschaft begangenen Eingehungsbetrug, der von den Parteien - auf der Grundlage übereinstimmender, von Willens- und Wissensmängeln nicht beeinflusster Vorstellungen über Art und Güte des Vertragsgegenstandes - bestimmte Wert grundsätzlich auch die Basis der Schadensfeststellung zu sein habe (vgl. mit beachtlichen Argumenten kritisch Albrecht, NStZ 2014, 17, 19 f.; Dannecker, NZWiSt 2015, 173, 177 f.; Sinn, ZJS 2013, 625, 627 f.; Kölbel in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Aufl., 5. Teil, 1. Kapitel Rn. 123; siehe auch BGH, Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, BGHSt 60, 1, 10 ff. Rn. 32 f., 37).
3. Angesichts der Feststellungen zur wirtschaftlichen Situation der am Markt eingeführten Gesellschaft (UA S. 15 ff.) schließt der Senat aus, dass im vorliegenden Fall überhaupt kein Schaden entstanden ist. Eine von der Revision mit teilweise urteilsfremdem Vortrag angeführte Überschuldung der GmbH bei Abschluss des notariellen Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrags hätte - worauf zu Recht schon der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift hingewiesen hat - nicht zur Folge, dass für die GmbH kein Unternehmenswert mehr anzusetzen wäre.
Ist somit allein die Bestimmung des Schadensumfangs fehlerhaft, führt dies lediglich zur Aufhebung des Strafausspruchs. Insoweit ist ein Beruhen der Strafe auf dem Rechtsfehler nicht gänzlich auszuschließen, weil das Landgericht die angenommene Schadenshöhe ausdrücklich bei der Strafzumessung straferschwerend berücksichtigt hat (UA S. 125).
Sander Schneider König
Berger Bellay