Entscheidungsdatum: 27.08.2014
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 25. September 2013 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch, soweit der Angeklagte im Tatkomplex II.A (Tauchreisen) wegen Untreue in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in drei Fällen verurteilt worden ist;
b) im Gesamtstrafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (Tatkomplex II.A), wegen Untreue in zehn Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine hiergegen mit einer Verfahrensbeanstandung und der Sachrüge geführte Revision erzielt - entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts - den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Entgegen den Ausführungen der Revision ist das angefochtene Urteil nunmehr wirksam zugestellt worden, so dass die Revisionsbegründungsfrist in Lauf gesetzt wurde (§ 345 Abs. 1 StPO). Die noch vorhandenen Abweichungen der zugestellten Urteilsausfertigung von dem Urteilsoriginal betreffen lediglich „kleine Fehler", die den Sinngehalt der fraglichen Urteilspassagen nicht berühren und die deshalb der Wirksamkeit der Urteilszustellung nicht entgegenstehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. März 2004 - 2 StR 44/04, StraFo 2004, 238, und vom 30. März 1994 - 3 StR 33/94, Urteil vom 27. Oktober 1977 - 4 StR 326/77, NJW 1978, 60). Soweit der Beschwerdeführer aus dem Anbringen der handschriftlichen Korrekturen auf dem Urteilsoriginal ableiten will, dass das Urteil nicht rechtzeitig zu den Akten gebracht worden sei (§ 275 Abs. 1, § 338 Nr. 7 StPO), ist ein Verfahrensverstoß nicht belegt.
2. Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, soweit der Angeklagte im Tatkomplex II.A wegen Untreue in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr verurteilt wurde.
a) Nach den Urteilsfeststellungen entschied der Angeklagte als Abteilungsleiter der Gleisbauabteilung der Firma K. (nachfolgend: Fa. K. ) eigenständig darüber, von welchem Lieferanten und zu welchen Konditionen die Fa. K. die Materialien zur Ausführung von Gleisbauaufträgen der Deutschen Bundesbahn bezog. Einer dieser Lieferanten war die V. (nachfolgend: V. ), deren Niederlassungsleiter in Berlin dem Angeklagten im Jahr 2000 das Angebot unterbreitete, für ihn eine sogenannte schwarze Kasse zu bilden. Dies lehnte der Angeklagte zunächst ab; in der Folgezeit entwickelte sich jedoch eine Praxis, dass auf „Zuruf" des Angeklagten die V. die Ausgangsrechnungen „erhöhte", ohne die entsprechenden Leistungen erbracht zu haben (UA S. 4). Die überschießenden Beträge wurden auf einem Konto der V. „geparkt"; der Angeklagte konnte Gelder zur freien Verwendung nach Einreichung von Scheinrechnungen durch Mitarbeiter der V. abrufen (UA S. 4, 16). Im Gegenzug bestellte der Angeklagte in Fällen, bei denen Bahnschienen kurzfristig zu liefern waren, zu den üblichen Preisen mit Aufschlägen ausschließlich bei der V. , deren Mitarbeitern er gegebenenfalls mitteilte - falls er Vergleichsangebote anderer Firmen eingeholt hatte -, dass günstigere Anbieter vorhanden seien, so dass die V. ihre Preisgestaltung diesem Umstand anpassen konnte.
Die vom Angeklagten getätigten Mittelabrufe vom Konto der V. dienten zunächst dazu, geschäftliche Angelegenheiten der Fa. K. zu finanzieren. Im Zeitraum 2006 bis 2008 veranlasste der Angeklagte die Abbuchung von drei Beträgen in Höhe von 12.180 Euro, 18.000 Euro und 25.287,50 Euro zur Begleichung der Kosten seiner privat veranstalteten Tauchreisen.
b) Der rechtliche Ansatz des Landgerichts, die Untreuehandlungen des Angeklagten in den Mittelabrufen zur Tilgung privater Verbindlichkeiten als verwirklicht anzusehen, ist unzutreffend. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für den Tatbestand der Untreue (§ 266 StGB) sind vorliegend vielmehr bereits die vom Angeklagten zum Nachteil der Fa. K. durch „Zuruf" bewirkten Rechnungsstellungen seitens der V. , die jeweils wegen tatsächlich nicht erbrachter Leistungen überschießende Geldabflüsse zur Folge hatten, mit denen die schwarze Kasse gespeist wurden. Mit den Geldabflüssen sind die jeweiligen Beträge der Fa. K. endgültig entzogen worden (vgl. BGH, Urteile vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 336 ff., und vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 282 ff.), so dass ein späteres Abrufen etwaiger Geldbeträge vom verdeckten Konto zur Verwirklichung des Untreuetatbestandes rechtlich irrelevant ist.
c) Weil das Landgericht zu den überhöhten Rechnungen der V. und den dadurch zum Nachteil der Fa. K. bewirkten Geldabflüssen keine Feststellungen getroffen hat, unterliegt das Urteil hinsichtlich dieses Tatkomplexes insgesamt der Aufhebung. Das gilt auch für die jeweils tateinheitlich zur Untreue abgeurteilte, an sich rechtsfehlerfrei festgestellte Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 1 StGB). Diese liegt freilich bereits in den im Zusammenhang mit der Bildung und dem Einspeisen der schwarzen Kassen getroffenen Unrechtsvereinbarungen und nicht etwa erst in den Abbuchungen für private Zwecke.
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Tatkomplex II.A zieht die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafausspruchs nach sich. Gegebenenfalls bietet sich mit Blick auf die nunmehr rechtskräftig verhängten Einsatz- und Einzelstrafen eine Verfahrensweise nach § 154 Abs. 2 StPO an, die jedenfalls keinen erheblichen Einfluss auf die neu zu bildende Gesamtstrafe haben dürfte.
Basdorf Sander Schneider
Dölp Bellay