Entscheidungsdatum: 12.05.2016
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 30. November 2015 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hatte den Angeklagten im ersten Rechtszug wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hatte der Senat dieses Urteil im Strafausspruch aufgehoben, die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen und die weitergehende Revision als offensichtlich unbegründet verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Seine Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat Erfolg.
1. Die nicht ausgeführte Verfahrensrüge ist gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unzulässig.
2. Die Revision hat jedoch mit der Sachrüge Erfolg. Die Strafzumessung im engeren Sinne weist einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
a) Ein Rechtsfehler folgt entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts in seiner Zuschrift an den Senat allerdings nicht schon daraus, dass das Landgericht wegen der Ablehnung einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gehalten gewesen wäre, bei der Strafzumessung im engeren Sinn die Tatsache der Nichtvollendung der Tat ausdrücklich strafmildernd zu berücksichtigen. Diese Tatsache ist auch im Regelstrafrahmen nicht zwingend strafmildernd zu berücksichtigen (LK-StGB/Hillenkamp, 12. Aufl., § 23 Rn. 39 f. mwN zum Streitstand). Maßgeblich für die Frage, ob ihr strafmilderndes Gewicht zukommt, sind vielmehr auch bei Anwendung des Regelstrafrahmens das konkrete Tatbild und die weiteren Umstände des Einzelfalls.
Vorliegend waren keine Umstände gegeben, derentwegen das Landgericht gehalten gewesen wäre, bei der Strafzumessung im engeren Sinn die Nichtvollendung der Tat zugunsten des Angeklagten strafmildernd zu berücksichtigen.
b) Hingegen beanstandet der Generalbundesanwalt zurecht, dass das Landgericht die Vollendungsnähe und Gefährlichkeit des Versuchs, auf die es bereits zur Ablehnung einer Strafrahmenverschiebung nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB abgestellt hat, bei der konkreten Strafzumessung erneut herangezogen hat, indem es dort die durch die Verletzungen hervorgerufene akute Lebensgefahr strafschärfend berücksichtigt hat (UA S. 24). Es verstößt gegen den Rechtsgedanken des § 46 Abs. 3 StGB, innerhalb des wegen der Erfolgsnähe nicht verschobenen Strafrahmens diese nochmals zu Lasten des Angeklagten zu gewichten (Senat, Beschlüsse vom 13. April 2010 – 5 StR 113/10, NStZ 2010, 512, und vom 19. Mai 2010 – 5 StR 132/10, StraFo 2010, 429; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 1031).
Auch wenn die verhängte Strafe angemessen erscheint, vermag der Senat nicht mit der erforderlichen Gewissheit auszuschließen, dass sich der aufgezeigte Strafzumessungsfehler zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat.
3. Die Sache bedarf daher zum Strafausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Strafausspruch werden durch den bloßen Wertungsfehler nicht berührt und können daher aufrechterhalten bleiben; ergänzende Feststellungen, die den bisherigen nicht widersprechen, sind möglich.
Sander Schneider Dölp
Bellay Feilcke