Entscheidungsdatum: 30.07.2012
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für eine noch zu erhebende Nichtzulassungsbeschwerde, über den der Senat zu befinden hat (vgl. Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 1 ER 210.83 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 133 S. 28 m.w.N.), ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 und § 121 Abs. 1 ZPO).
Die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bietet nur dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn der angefochtene Beschluss von einer Entscheidung der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der angefochtene Beschluss beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dass die Beschwerde in diesem Sinn Aussicht auf Erfolg bietet, muss innerhalb der für die Begründung der Beschwerde geltenden Frist so weit dargelegt werden, wie dies ohne anwaltlichen Beistand möglich und zumutbar ist. Erforderlich ist, dass sich aus der Begründung des Prozesskostenhilfeantrags das Vorliegen eines Zulassungsgrundes in groben Zügen erkennen lässt (vgl. Beschlüsse vom 1. September 1994 - BVerwG 11 PKH 4.94 - Buchholz 436.36 § 17 BAföG Nr. 16 S. 3 und vom 8. September 2008 - BVerwG 3 PKH 3.08 - juris Rn. 3, jeweils m.w.N.). Der Kläger meint, der Verwaltungsgerichtshof habe gegen Verfahrensrecht verstoßen (1.) und die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (2.). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dies der Fall sein könnte.
1. Weder dem Vorbringen des Klägers noch den dem Senat vorliegenden Verfahrensakten ist auch nur ansatzweise zu entnehmen, dass dem Verwaltungsgerichtshof ein Verfahrensfehler unterlaufen ist.
a) Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung nicht fristgerecht vorgelegt wurde. Nach § 124a Abs. 3 Satz 1 VwGO ist die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Daran fehlte es hier.
aa) Zutreffend geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, die von dem Kläger persönlich eingereichten Schriftsätze könnten nicht als ordnungsgemäße Berufungsbegründung ausgelegt werden, da dieser nicht postulationsfähig sei. Nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO hat sich ein Verfahrensbeteiligter vor dem Oberverwaltungsgericht grundsätzlich - und so auch hier - durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen. Dem Vertretungszwang unterliegen sämtliche Prozesshandlungen vor den von ihm erfassten Gerichten, also auch die bei dem Berufungsgericht einzureichende Begründung der Berufung.
bb) Den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung wurde nicht durch den Schriftsatz von Rechtsanwalt B. vom 23. September 2011 genügt, da sich dieser in der Genehmigung eines nicht bezeichneten Schreibens des Klägers und der Erklärung erschöpft, sich dessen Inhalt zu eigen zu machen. Darin liegt eine Umgehung des Gebots, sich von einem Bevollmächtigten vertreten zu lassen.
Der Vertretungszwang überantwortet dem Bevollmächtigten die eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs. Dem trägt er in der Regel nur dann Rechnung, wenn er die Rechtsmittelbegründungsschrift selbst verfasst. Daher genügt es den Anforderungen des Vertretungszwangs nicht, wenn der Rechtsanwalt sich Ausführungen der Partei oder eines Dritten lediglich zu eigen macht (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 6. September 1965 - BVerwG 6 C 57.63 - BVerwGE 22, 38 <39f.>, vom 13. Juli 1989 - BVerwG 4 B 140.88 - Buchholz 406.11 § 236 BauGB Nr. 1 und vom 29. November 2010 - BVerwG 6 B 59.10 - Buchholz 310 § 154 VwGO Nr. 15 S. 2, jeweils m.w.N.). Die Grundsätze, nach denen eine fehlerhafte Prozesshandlung durch nachträgliche Genehmigung geheilt werden kann (vg. z.B. Urteil vom 13. April 1978 - BVerwG 2 C 5.74 - Buchholz 237.2 § 79 LBG Berlin Nr. 2 S. 7, zur nachträglichen Genehmigung der Klageerhebung trotz Prozessunfähigkeit), sind hier entgegen der Auffassung des Klägers nicht einschlägig. Dem Vertretungszwang wird - wie aufgezeigt - nicht dadurch Genüge getan, dass sich ein Rechtsanwalt für die Begründung eines Rechtsmittels Ausführungen einer nicht postulationsfähigen Person zu eigen macht und in diesem Sinn "genehmigt".
cc) Der Kläger muss sich das Versäumnis von Rechtsanwalt B. gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO als eigenes Verschulden zurechnen lassen. Umstände, die der Annahme des Berufungsgerichts, an einer gültigen Bevollmächtigung des Rechtsanwalts bestünden jedenfalls für den Zeitraum bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist des § 124a Abs. 3 Satz 1 VwGO keine Zweifel, entgegenstehen könnten, sind von dem Kläger nicht ansatzweise aufgezeigt. Auch im Übrigen fehlen dafür jegliche Anhaltspunkte.
Mit Vollmacht vom 14. Mai 2010 hat der Kläger Rechtsanwalt B. zur gerichtlichen Vertretung "wegen Veröffentlichung LAG-Beschluss in Internet u.s.w." bevollmächtigt. Diese Vollmacht, an deren Wirksamkeit keine Zweifel bestehen, erstreckte sich auch auf das Berufungsverfahren. Sie war gemäß § 173 VwGO i.V.m.§ 87 Abs. 1 ZPO für das Berufungsgericht solange maßgeblich, bis ihm gegenüber die Kündigung des Vollmachtsvertrags und die Bestellung eines neuen Bevollmächtigten angezeigt wird (vgl. Urteil vom 26. Januar 1978 - BVerwG 3 C 83.76 - BVerwGE 55, 193 = Buchholz 303 § 87 ZPO Nr. 1; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 67 Rn. 76). Da dem Verwaltungsgerichtshof eine solche Anzeige nicht unterbreitet wurde, war von der Bevollmächtigung des Rechtsanwalts B. auszugehen, ohne dass es darauf ankam, ob im Innenverhältnis - wie der Kläger meint - das Mandatsverhältnis gekündigt war. Schon deshalb war der Verwaltungsgerichtshof nicht gehalten, der Frage einer Mandatskündigung in Ausübung seiner Sachaufklärungspflicht nachzugehen. Der vom Kläger insoweit beanstandete Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO liegt nicht vor.
Davon abgesehen bestehen aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist der Vollmachtsvertrag zwischen dem Kläger und Rechtsanwalt B. gekündigt war.
b) Der angefochtene Beschluss ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO wegen Versäumens der Berufungsbegründungsfrist versagt wird.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet schon deshalb aus, weil eine ordnungsgemäße Berufungsbegründungsschrift nicht innerhalb eines Monats nach der am 19. Dezember 2011 erfolgten Zustellung des Beschlusses über die Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts vom 2. November 2011 eingereicht worden ist. Dies wäre aber nach § 60 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 1 Halbs. 2 VwGO geboten gewesen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Lauf der vorgenannten Frist nicht nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 241 Abs. 1 oder § 244 Abs. 1 ZPO unterbrochen worden.
Gemäß § 173 VwGO i.V.m.§ 241 Abs. 1 ZPO wird das Verfahren u.a. für den Fall, dass eine Partei die Prozessfähigkeit verliert oder die Vertretungsbefugnis ihres gesetzlichen Vertreters aufhört, ohne dass die Partei prozessfähig geworden ist, unterbrochen, bis der gesetzliche Vertreter oder der neue gesetzliche Vertreter von seiner Bestellung dem Gericht Anzeige macht oder der Gegner seine Absicht, das Verfahren fortzusetzen, dem Gericht angezeigt und das Gericht diese Anzeige von Amts wegen zugestellt hat. Darauf kann die Annahme einer Unterbrechung der hier in Rede stehenden Frist schon deshalb nicht gestützt werden, weil sich aus dem Vorbringen des Klägers ergibt, dass die Vertretungsbefugnis seines vormaligen Betreuers erst nach Ablauf dieser Frist geendet hat. So hat er mit Schriftsatz vom 28. Januar 2012 dem Verwaltungsgerichtshof mitgeteilt, dass in "absehbarer Zeit ein Betreuerwechsel" erfolge. Auf den nach den Darlegungen des Klägers am 18. Januar 2012 gestellten Antrag des ehemaligen Betreuers, ihn von der Betreuung zu entbinden, kommt es insoweit nicht an.
Eine Unterbrechung der Frist ist auch nicht nach § 173 VwGO i.V.m. § 244 Abs. 1 ZPO eingetreten. Danach tritt u.a. für den Fall, dass in Anwaltsprozessen der Anwalt einer Partei unfähig wird, die Vertretung der Partei fortzuführen, eine Unterbrechung des Verfahrens ein, bis der bestellte neue Anwalt seine Bestellung dem Gericht angezeigt und das Gericht die Anzeige dem Gegner von Amts wegen zugestellt hat. Der Anwalt muss rechtlich gehindert sein, die Vertretung wahrzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 1976 - IX ZR 28/73 - BGHZ 66, 59 <60f.>). Anhaltspunkte für eine solche Unfähigkeit von Rechtsanwalt Benz, im hier maßgeblichen Zeitraum die Vertretung fortzuführen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Selbst wenn der Vollmachtsvertrag gekündigt gewesen wäre, wovon der Kläger ausgeht, hätte dies eine Unfähigkeit im Sinne des § 244 Abs. 1 ZPO nicht bewirkt (vgl. Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl. 2012, § 244 Rn. 11). Auch in diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof seine Pflicht zur Sachaufklärung im Sinne des § 86 Abs. 1 VwGO nicht verletzt.
Die Voraussetzungen einer Aussetzung des Verfahrens nach § 173 VwGO i.V.m. § 246 Abs. 1 Halbs. 2 i.V.m. Halbs. 1 ZPO lagen entgegen der Auffassung des Klägers nicht vor. Dies folgt schon daraus, dass die Aussetzung nur auf Antrag erfolgt und ein solcher hier nicht gestellt wurde.
c) Dem Verwaltungsgerichtshof sind auch im Übrigen offensichtlich keine Verfahrensfehler unterlaufen.
2. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung haben könnte. Da das Berufungsgericht seine Entscheidung tragend auf die Unzulässigkeit der Berufung des Klägers gestützt hat, müsste sich eine Rechtsfrage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung in diesem Zusammenhang stellen. Dies wird von dem Kläger nicht geltend gemacht. Auch fehlt insoweit jeglicher Anhaltspunkt.
Soweit der Kläger der Auffassung ist, die Berufung hätte Erfolg haben müssen, weil das erstinstanzliche Urteil gegen Verfassungsrecht verstoße, wendet er sich in der Sache gegen die Erwägung in dem angefochtenen Beschluss, die Berufung wäre auch nicht begründet gewesen. Darauf kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht bezogen werden, weil die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs nicht auf diesen Ausführungen beruht.