Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 10.05.2017


BVerwG 10.05.2017 - 5 PB 5/16

Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsdatum:
10.05.2017
Aktenzeichen:
5 PB 5/16
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2017:100517B5PB5.16.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 21. April 2016, Az: 6 L 7/14, Beschlussvorgehend VG Halle (Saale), 23. September 2014, Az: 10 A 9/13 HAL
Zitierte Gesetze

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.

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1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zuzulassen (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG).

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Der verfassungsrechtlich von Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist allerdings nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht den von ihm entgegengenommenen Vortrag der Beteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat. Nur wenn besondere Umstände den eindeutigen Schluss zulassen, dass es die Ausführungen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat, wird der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Im Übrigen schützt der Grundsatz des rechtlichen Gehörs die Beteiligten auch nicht davor, dass ein Gericht einzelne Tatsachen oder Erkenntnisse und bestimmtes Vorbringen von Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts bei seiner Entscheidung unberücksichtigt lässt oder sich nicht näher damit auseinandersetzt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 5. Februar 1999 - 9 B 797.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 3 und vom 25. Mai 2016 - 5 PB 21.15 - juris Rn. 7 m.w.N.). Ausgehend hiervon ist der Vortrag der Beschwerde nicht geeignet, einen Gehörsverstoß darzutun.

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a) Die allein mit Blick auf § 69 Abs. 5 Satz 1 BPersVG erhobene Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe sich in der rechtlichen Würdigung nicht mit dem Umstand auseinandergesetzt, "dass sich die Dienststelle mittels eines Vergleichs vom 12.03.2013 verpflichtete, das abgebrochene Mitbestimmungsverfahren fortzusetzen und die Fortsetzung des Mitbestimmungsverfahrens eben nicht auf einer einstweiligen Verfügung des Verwaltungsgerichts beruhte", lässt unberücksichtigt, dass das Oberverwaltungsgericht dieses Vorbringen des Antragstellers zur Kenntnis genommen hat (BA S. 6). Dass es daraus in der rechtlichen Würdigung nicht die von der Beschwerde gewünschte Schlussfolgerung gezogen und das Vorliegen einer vorläufigen Regelung im Sinne des § 69 Abs. 5 Satz 1 BPersVG bejaht hat, begründet keinen Gehörsverstoß. Insbesondere beachtet die Beschwerde nicht, dass für die Beurteilung eines Verfahrensfehlers und damit auch des geltend gemachten Gehörsverstoßes der materiell-rechtliche Ansatz des Oberverwaltungsgerichts maßgeblich ist. Dieses ist in rechtlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass sich die Bestimmung des Rechtscharakters einer Maßnahme als endgültig oder vorläufig danach beurteile, welche Regelung der Dienststellenleiter erkennbar hat treffen wollen, insbesondere ob er die Maßnahme - was gegen eine vorläufige Regelung spreche - bereits endgültig vollzogen habe (BA S. 10). In Anwendung dieses Maßstabes hat es dahin erkannt, dass die von dem Beteiligten im anlassgebenden Streitfall getroffene Maßnahme nicht vorläufig gewesen sei. Mit Rücksicht darauf bestand für das Oberverwaltungsgericht keine Veranlassung, sich mit § 69 Abs. 5 Satz 1 BPersVG noch weiter auseinanderzusetzen und dabei in seine Erwägungen einzubeziehen, dass der Beteiligte in der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2013, die nach dem Vollzug der (endgültigen) Maßnahme stattgefunden hat, auf ausdrückliche Empfehlung des Verwaltungsgerichts erklärt habe, das Mitbestimmungsverfahren fortzusetzen.

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Soweit die Beschwerde ihr diesbezügliches Vorbringen auch als Rüge der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht ("Diese Prüfung verkannte das Oberverwaltungsgericht mangels ordnungsgemäßer Sachverhaltsaufklärung.") verstanden wissen möchte, führte dies schon deshalb nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde, weil diese Rüge nicht statthaft ist. Im Verfahren wegen Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde sind nur die in § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO genannten absoluten Revisionsgründe und die Verletzung rechtlichen Gehörs der Verfahrensrüge zugänglich (§ 72 Abs. 2 Nr. 3, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG; vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. August 2015 - 5 PB 15.14 - juris Rn. 18 m.w.N.).

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b) Fehl geht auch die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe sich in der rechtlichen Würdigung nicht mit dem Umstand auseinandergesetzt, "dass der Nichtzulassungsbeschwerdeführer der Dienststelle mit Schreiben vom 13.05.2015 mitteilte, dass zwischen den Beteiligten zahlreiche Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Halle anhängig sind [...]", die von ihm im Einzelnen mit Aktenzeichen aufgelistet worden seien. Das Oberverwaltungsgericht hat auch dieses Vorbringen des Antragstellers zur Kenntnis genommen (BA S. 7). Des Weiteren hat es sich - jedenfalls im Ergebnis - auch der aus dem Vorbringen abgeleiteten Rechtsauffassung des Antragstellers angeschlossen. Dieser hat die bei dem Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren nach seiner eigenen Erklärung im Schriftsatz vom 13. Mai 2015 ("Davon zeugen zahlreiche Verfahren vor dem Verwaltungsgericht [...]") zur Begründung der für die Zulässigkeit eines abstrakten Feststellungsantrags erforderlichen Wiederholungsgefahr angeführt. Eine solche hat das Oberverwaltungsgericht in Bezug auf den zweiten ("höchsthilfsweise" gestellten) Hilfsantrag des Antragstellers für den Fall bejaht, dass dieser Hilfsantrag als anlassfallbezogener Feststellungsantrag zu verstehen sei (BA S. 11).

7

c) Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang eine Gehörsverletzung daraus herleiten möchte, dass die Berücksichtigung des Schriftsatzes des Antragstellers vom 13. Mai 2015 zwingend gewesen sei, "da durch diesen zumindest ein Anfangsverdacht für einen vorliegenden Rechtsmissbrauch begründet" worden sei, genügt ihr Vorbringen nicht den gesetzlichen Darlegungsanforderungen. Aus der pauschalen Behauptung, durch den Schriftsatz vom 13. Mai 2015 werde zumindest ein Anfangsverdacht für einen vorliegenden Rechtsmissbrauch begründet, geht nicht hervor, welchen Vortrag des Antragstellers zu einem etwaigen rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Beteiligten das Oberverwaltungsgericht nicht zur Kenntnis genommen oder erwogen haben soll, sodass unter diesem Gesichtspunkt ein Gehörsverstoß nicht schlüssig dargelegt ist. Im genannten Schriftsatz hat sich der Antragsteller ausschließlich zur Zulässigkeit der Umstellung eines konkreten auf einen abstrakten Feststellungsantrag nach Erledigung einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme und der insoweit erforderlichen Wiederholungsgefahr verhalten sowie seine bis dahin gestellten Anträge ergänzt.

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Soweit die Beschwerde ihr diesbezügliches Vorbringen erneut auch als Rüge der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht ("Diesen Umstand hätte das Oberverwaltungsgericht aufklären müssen.") verstanden wissen möchte, gehört diese - wie dargelegt - nicht zu den Verfahrensmängeln, auf welche die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde gestützt werden kann.

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2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

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Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Die Rechtsfrage muss zudem klärungsfähig sein, was der Fall ist, wenn sie in der Rechtsbeschwerdeinstanz beantwortet werden kann. Das Darlegungserfordernis des § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 ArbGG setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2014 - 5 PB 1.14 - juris Rn. 4). Daran gemessen kommt die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht in Betracht.

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Die Beschwerde hält die Frage für klärungsbedürftig,

"Liegt in der Aufrechterhaltung einer bereits vollzogenen Maßnahme nach Fortsetzung des Mitbestimmungsverfahrens eine vorläufige Regelung im Sinne von § 69 Abs. 5 BPersVG?".

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Sie legt allerdings nicht hinreichend dar, dass sich diese Rechtsfrage nach der Zulassung durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Rechtsbeschwerdeverfahren stellen würde. Mit der aufgeworfenen Frage knüpft der Antragsteller an den von ihm im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht "höchsthilfsweise" gestellten Feststellungsantrag an. Dieser ist auf die Feststellung gerichtet, dass der Beteiligte im Falle des Abbruchs und der späteren Fortsetzung eines Mitbestimmungsverfahrens verpflichtet sei, ihn - den Antragsteller - "nach § 69 Abs. 5 BPersVG zu beteiligen". Nach Satz 2 dieser Bestimmung ist das Verfahren nach § 69 Abs. 2 bis 4 BPersVG einzuleiten oder fortzusetzen. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage zielt deshalb im Kern darauf, ob ein Mitbestimmungsverfahren nach diesen Regelungen durchzuführen ist. Für die Entscheidung darüber kommt es aber nicht notwendig darauf an, ob die Beteiligung nach § 69 Abs. 2 bis 4 BPersVG aufgrund einer Qualifizierung als vorläufige Regelung im Sinne von § 69 Abs. 5 Satz 1 BPersVG oder unmittelbar nach § 69 Abs. 2 bis 4 BPersVG durchzuführen ist. Nach den für das Bundesverwaltungsgericht bindenden Feststellungen im angefochtenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist das Mitbestimmungsverfahren fortgesetzt worden. Mithin hat eine Beteiligung nach § 69 Abs. 2 bis 4 BPersVG stattgefunden. Dies ist ein wesentlicher Gesichtspunkt, hinsichtlich dessen eine substantiierte Auseinandersetzung geboten gewesen wäre. Daran fehlt es hier.

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3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.