Entscheidungsdatum: 25.05.2016
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 2. Juli 2015 wird verworfen.
1. Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil der Antragsteller nicht in einer den Begründungsanforderungen gerecht werdenden Weise aufzeigt, dass die Rechtsbeschwerde wegen einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen ist.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der nach § 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG entsprechend anwendbaren § 92a Satz 2 und § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Die Rechtsfrage muss klärungsfähig sein, was der Fall ist, wenn sie in der Rechtsbeschwerdeinstanz beantwortet werden kann.
Nach § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Nr. 1 ArbGG ist in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit darzulegen. Dieses Darlegungserfordernis setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann. Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt. Es bedarf auch der substantiierten Auseinandersetzung mit den Gründen bereits ergangener einschlägiger Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Soweit sich die Vorinstanz mit der Frage beschäftigt hat, gehört zu der erforderlichen Durchdringung des Prozessstoffes die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte, die im Einzelfall für die erstrebte Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtlich Bedeutung haben können. In der Begründung ist auch substantiiert aufzuzeigen, aus welchen Gründen der der aufgeworfenen Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegenden Rechtsauffassung zu folgen ist (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Juli 2014 - 5 PB 1.14 - juris Rn. 4 und vom 3. März 2016 - 5 PB 31.15 - juris Rn. 3). Gemessen daran erweist sich die Beschwerde als unzulässig.
a) Der Antragsteller möchte die Frage geklärt wissen (Beschwerdebegründung S. 7):
"Sind Personen, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsgesetz wahrgenommen haben, soweit § 10 Abs. 2 SächsPersVG nicht einschlägig ist, verpflichtet, über ihnen dabei bekannt gewordene(n) Angelegenheiten und Tatsachen in einem behördlichen Disziplinarverfahren Stillschweigen(d) zu bewahren?"
Die Beschwerde trägt den Darlegungsanforderungen insoweit deshalb nicht Rechnung, weil sie sich mit den im Zusammenhang mit dieser Frage von dem Oberverwaltungsgericht angestellten entscheidungstragenden Erwägungen nicht erschöpfend auseinandersetzt. Die Vorinstanz hat angenommen, die Frage, ob die Vorsitzende des Antragstellers in einem Disziplinarverfahren wegen ihrer personalvertretungsrechtlichen Schweigepflicht aus § 10 SächsPersVG an einer Zeugenaussage gehindert sei, sei in einem Verfahren nach § 25 Abs. 2 SächsDG durch das dazu berufene Disziplinargericht zu klären und nicht in einem personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht die Erwägungen aus seinem im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in dieser Sache ergangenen Beschluss vom 14. November 2014 (- PL 9 B 68/14 -) wiedergegeben. Dort wird im Wesentlichen ausgeführt (BA Rn. 16): Entscheidend sei, dass der Beteiligte nach § 25 Abs. 2 Satz 1 SächsDG die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts um die Vernehmung der Vorsitzenden des Antragstellers ersucht habe. Deshalb sei allein in diesem Verfahren über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Zeugenaussage und damit auch über die hier in Rede stehende Frage der Reichweite des § 10 SächsPersVG zu befinden. Für eine parallele Zuständigkeit der Gerichte im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren sei kein Raum. Wörtlich heißt es weiter: "Abgesehen davon, dass nämlich hierfür auf Grund der mit dem Ersuchen eingetretenen Zuständigkeit der Disziplinargerichte kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht, würde die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen auftreten, die durch eine Zuständigkeitskonzentration bei den Disziplinargerichten vermieden werden soll."
Das Oberverwaltungsgericht hat an diesen Erwägungen ausdrücklich festgehalten. Deshalb ist es auch für das vorliegende Verfahren davon ausgegangen, dass die hier interessierende Frage im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren zum einen mangels Rechtsschutzbedürfnis und zum anderen im Interesse der Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen nicht geklärt werden kann. Mithin hat die Vorinstanz aus zwei selbstständig tragenden Gründen ("Abgesehen davon ..") ihre Prüfungsbefugnis verneint. Daran ändert nichts, dass in der angefochtenen Entscheidung nach der Wiedergabe der Erwägungen aus dem Beschluss vom 14. November 2014 und dem Hinweis, dass an diesen festgehalten werde, mit Blick auf den Abschluss des Verfahrens nach § 25 Abs. 2 SächsDG vor den Disziplinargerichten nur der Gesichtspunkt der Vermeidung divergierender Entscheidungen angesprochen wird.
Begründet die Vorinstanz ihre Entscheidung mit mehreren selbstständig tragenden Erwägungen, kann die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder der Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 2016 - 5 PB 23.15 - juris Rn. 13 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Der Antragsteller setzt sich nicht mit dem Gesichtspunkt des fehlenden Rechtsschutzinteresses wegen des Ersuchens nach § 25 Abs. 2 Satz 1 SächsDG auseinander. Er beschränkt sich im Zusammenhang mit der hier in Rede stehenden Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung auf die vom Oberverwaltungsgericht auch erörterte Gefahr divergierender Entscheidungen.
b) Soweit der Antragsteller die Frage aufwirft (Beschwerdebegründung S. 7),
"Steht ihnen aus § 10 SächsPersVG ein Zeugnisverweigerungsrecht in behördlichen Disziplinarverfahren zu?",
trägt er aus den vorstehenden Gründen den Darlegungsanforderungen ebenfalls nicht hinreichend Rechnung.
c) Schließlich ist die Rechtsbeschwerde auch nicht zur Beantwortung der Frage zuzulassen (Beschwerdebegründung S. 9):
"Ergeben sich aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit Verpflichtungen des Dienststellenleiters im behördlichen Disziplinarverfahren, insbesondere die Pflicht, vor einer Einvernahme eines Mitglieds des Personalrats zu Angelegenheiten und Tatsachen, die ihm im Sinne des § 10 Abs. 1 SächsPersVG bekannt geworden sind, ohne dass ein Fall des § 10 Abs. 2 SächsPersVG vorliegt, der Gestalt, dass zunächst alle anderen Erkenntnisquellen, insbesondere in den nach Aktenlage befassten Teilen der Dienststelle ausgeschöpft werden müssen?"
Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält keine ausreichende Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Reichweite des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit und genügt deshalb nicht den Darlegungsanforderungen.
Nach § 2 Abs. 1 SächsPersVG arbeiten Dienststelle und Personalvertretungen unter Beachtung der Gesetze und Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohle der Beschäftigten und zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben zusammen. Die Grundsätze zu Inhalt und Grenzen des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Es handelt sich um den die Dienststellenverfassung beherrschenden Grundsatz, der nicht nur bei der Auslegung der im Personalvertretungsrecht konkret normierten Verhaltensvorschriften und Beteiligungsbefugnisse zu beachten ist. Er enthält ein allgemeines Verhaltensgebot für den Dienststellenleiter wie für den Personalrat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. Mai 1986 - 6 P 23.83 - Buchholz 238.32 § 47 BlnPersVG Nr. 1 S. 2, vom 9. März 1990 - 6 P 15.88 - BVerwGE 85, 36 <40>, vom 12. November 2002 - 6 P 2.02 - Buchholz 251.4 § 100 HmbPersVG Nr. 2 S. 2 f. und vom 8. August 2012 - 6 PB 8.12 - Buchholz 251.2 § 2 BlnPersVG Nr. 1 Rn. 4). Das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit bestimmt, wie die Beteiligung, die in den Beteiligungstatbeständen der Personalvertretungsgesetze festgelegt ist, von beiden Seiten durchzuführen ist und wie die allgemeinen Aufgaben im Sinne der jeweiligen Bestimmung der Personalvertretungsgesetze wahrzunehmen sind (so BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 1978 - 6 P 2.78 - BVerwGE 57, 151 <156 f.> m.w.N.). Dies weist zumindest sehr deutlich in die Richtung, dass sich das Gebot auf den Bereich des personalvertretungsrechtlichen Tätigwerdens von Dienststellenleiter und Personalvertretung beschränkt und dies in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist (vgl. Berg, in: Altvater/Baden/Berg/Kröll/Noll/Seulen, BPersVG, 9. Aufl. 2016, § 2 Rn. 9 und Fischer/Goeres/Gronimus, GKÖD, Band V, Stand Februar 2013, K § 2 Rn. 4). Deshalb spricht jedenfalls ganz Überwiegendes dafür, dass auch geklärt ist, dass es "im behördlichen Disziplinarverfahren" keine Geltung beansprucht. Angesichts des besonderen Gewichts des dahingehenden Hinweises in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wäre der Antragsteller gehalten gewesen, Gründe von zumindest gleichem Gewicht vorzutragen, die für seine gegenteilige Auffassung sprechen. Daran fehlt es. Dem Hinweis auf § 8 SächsPersVG kommt ein solches Gewicht nicht zu.
2. Da die Beschwerde aus den vorstehenden Gründen unzulässig ist, kommt es auf den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumens der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht an. Hätte der Antrag Erfolg, änderte dies nichts an der Unzulässigkeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Oktober 1989 - 2 B 75.89 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 165, S. 24).