Entscheidungsdatum: 09.06.2017
1. Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der nach § 92 Abs. 2 LPVG BW entsprechend anwendbaren § 92a Satz 2 und § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Nach § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG ist in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit darzulegen. Dieses Darlegungserfordernis setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann. Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt. Soweit sich die Vorinstanz mit der Frage beschäftigt hat, gehört zu der erforderlichen Durchdringung des Prozessstoffes die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte, die im Einzelfall für die erstrebte Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtlich Bedeutung haben können. In der Begründung ist auch substantiiert aufzuzeigen, aus welchen Gründen der der aufgeworfenen Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegenden Rechtsauffassung zu folgen ist (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2016 - 5 PB 21.15 - juris Rn. 10 m.w.N.). Gemessen daran zeigt die Antragstellerin nicht in einer den Begründungsanforderungen gerecht werdenden Weise auf, dass die Rechtsbeschwerde wegen einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen ist.
a) Die Antragstellerin möchte die Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung beantwortet wissen,
"ob der Ausschluss der Wählbarkeit einer BfC einer unteren Dienststelle in die Stufenvertretung Hauptpersonalrat gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG verstößt".
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in der angefochtenen Entscheidung ausführlich mit dieser Frage auseinandergesetzt und im Einzelnen begründet, warum der Verlust der Wählbarkeit in eine Stufenvertretung Hauptpersonalrat durch die Bestellung zur Beauftragten für Chancengleichheit nicht gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verstößt (BA S. 15 Mitte bis S. 17 oben und S. 21 unten bis S. 33). Er hat im Ausgangspunkt angenommen, dass der Gesetzgeber mit dem Ausschluss der Wählbarkeit die abstrakte Gefahr von Interessens- oder Pflichtenkollisionen vermeiden wollte, die bei der Mitgliedschaft einer Beauftragten für Chancengleichheit in einer Personalvertretung beständen, und dass die Vermeidung solcher Kollisionen mit Blick auf die Rechtsprechung u.a. des Bundesverfassungsgerichts (Kammerbeschluss vom 17. März 1994 - 1 BvR 2069/93 u.a. - juris Rn. 7 ff.) und des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 11. August 1993 - 6 C 14.92 - BVerwGE 94, 53 < 57 ff.>) ein verfassungsrechtlich zulässiges Ziel sei, die Wählbarkeit auszuschließen. Dies wird von der Antragstellerin nicht beanstandet. Sie wendet sich hingegen gegen die Annahme der Vorinstanz, bei der Mitgliedschaft einer Beauftragten für Chancengleichheit in dem Hauptpersonalrat bestehe eine solche abstrakte Gefahr.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die abstrakte Gefahr von Interessenskonflikten oder gar Pflichtenkollisionen aus einer Gesamtschau verschiedener Gesichtspunkte abgeleitet (BA S. 30 zweiter Absatz: "An all dem oben Gesagten zeigt sich insgesamt ..."). In diese Gesamtbetrachtung hat er folgende - jeweils ausführlich begründete - Aspekte eingestellt:
- Interessens- und Pflichtenkollisionen könnten auftreten, wenn der Hauptpersonalrat bei Maßnahmen einer (örtlichen) Dienststelle im Rahmen eines Stufenverfahrens beteiligt werde.
- Diese Kollisionen könnten sich durch die sowohl der Beauftragten für Chancengleichheit als auch den Personalräten eingeräumten Initiativrechte weiter verschärfen.
- Die Konflikte im Rahmen des Stufenverfahrens würden zusätzlich dadurch Gewicht erlangen, dass die Beauftragte für Chancengleichheit in dieser Funktion über umfassende Informationsrechte hinsichtlich Angelegenheiten ihrer Dienststelle verfüge, die weiter reichen könnten als das Akteneinsichtsrecht der Personalvertretungen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse müsse sie für ihre Tätigkeit als Mitglied der Stufenvertretung gleichsam ausblenden.
- Die abstrakte Gefahr eines Konflikt bestehe auch insoweit, als der Hauptpersonalrat außerhalb von Stufenverfahren gegenüber dem Leiter der Dienststelle, bei der er gebildet sei, die Interessen der Beschäftigten wahrzunehmen habe. Hinsichtlich der Frage, ob eine Maßnahme mit Blick auf die Interessen aller Beschäftigten einer Dienststelle zustimmungsfähig sei, könne der Hauptpersonalrat zu einem anderen Ergebnis gelangen als die Beauftragte für Chancengleichheit, die die Aufgabe habe, die Chancengleichheit von Frauen in Führungspositionen zu verbessern. Sei die Beauftragte zugleich Mitglied des Hauptpersonalrats, könne ein Interessens- und "Gewissenskonflikt" bei den in Rede stehenden Fallgestaltungen nicht immer vermieden werden.
- Weitere Gefahren von Interessenskonflikten könnten sich daraus ergeben, dass der Hauptpersonalrat vor einem Beschluss in Angelegenheiten, die einzelne Beschäftigte oder Dienststellen beträfen, dem Personalrat der betroffenen Dienststelle Gelegenheit zur Äußerung geben müsse.
- Potentielle Interessenskonflikte könnten sich auch daraus ergeben, dass sich eine (örtliche) Beauftragte für Chancengleichheit bei Fragen von allgemeiner frauenpolitischer Bedeutung an das für Frauenfragen zuständige Ministerium wenden könne. Mögliche Konflikte beruhten darauf, dass die Arbeitsgemeinschaft der Vorsitzenden der Hauptpersonalräte bei den obersten Landesbehörden ebenfalls (u.a.) bestimmte grundsätzliche Fragen beraten, hierzu Vorschläge machen, Stellungnahmen abgeben und eine Erörterung mit der betroffenen obersten Dienstbehörde erreichen könne.
Da der Verwaltungsgerichtshof die Annahme einer abstrakten Gefahr von Interessenskonflikten oder gar Pflichtenkollisionen aus einer Gesamtwürdigung aller vorstehend wiedergegebenen Gesichtspunkte hergeleitet hat, war die Antragstellerin im Interesse der Wahrung des Darlegungsgebots gehalten, sich mit jeder dieser Erwägungen substantiiert auseinanderzusetzen. Dies hat sie versäumt.
Soweit sie ausführt, ein abstrakter Interessenswiderstreit sei von vornherein nicht ersichtlich, weil die Beauftragte für Chancengleichheit keine Entscheidungsbefugnis habe, ist dies mit Blick auf das Darlegungserfordernis schon deshalb zu vernachlässigen, weil der Verwaltungsgerichtshof ausführlich begründet hat, dass die abstrakte Gefahr eines Konflikts trotz der fehlenden Entscheidungsmacht bestehe.
Die Antragstellerin legt im Übrigen im Wesentlichen dar, dass es nahezu ausgeschlossen sei, dass Entscheidungen, in die die Beauftragte für Chancengleichheit einzubinden gewesen sei, den Hauptpersonalrat erreichten, die Beauftragte könne ihre Auffassung gegenüber dem Dienststellenleiter nicht durchsetzen oder dessen Maßnahmen verhindern, das ihr zustehende Beanstandungsrecht löse keine Rechte des Hauptpersonalrats aus, als Mitglied des Hauptpersonalrates trete die Beauftragte nicht dem örtlichen Dienststellenleiter gegenüber, sie verfüge über keinen besseren oder schlechteren Informationsstand als die Schwerbehindertenvertretung oder der Personalrat und die Regelungen über die Beauftragte für Chancengleichheit zeigten, dass diese der institutionelle Ausdruck eines fortwährenden Interessengegensatzes zwischen dem Dienststellenleiter und den in der Dienststelle beschäftigten Frauen sei. Es ist bereits nicht erkennbar, dass diese Erwägungen alle Gesichtspunkte berühren, die von dem Verwaltungsgerichtshof zur Annahme einer abstrakten Gefahr herangezogen werden. Jedenfalls fehlt es an einer substantiierten Auseinandersetzung mit jeder dieser Erwägungen. Im Kern stellt die Antragstellerin der von der Vorinstanz vertretenen Auffassung ihre davon abweichende Meinung gegenüber, ohne sich substantiiert mit der vielschichtigen und ins Einzelne gehenden Begründung des Verwaltungsgerichtshof auseinanderzusetzen.
b) Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht wegen der von der Antragstellerin aufgeworfenen Frage zuzulassen,
"ob der Ausschluss der Wählbarkeit einer BfC einer unteren Dienststelle in die Stufenvertretung Hauptpersonalrat gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, weil die BfC gegenüber den Leitern nachgeordneter Dienststellen und der Schwerbehindertenvertretung willkürlich ungleich behandelt wird".
Auch insoweit trägt die Beschwerde nicht den Darlegungsanforderungen ausreichend Rechnung, weil sie sich nicht mit allen vom Verwaltungsgerichtshof zur Ungleichbehandlung der Beauftragten für Chancengleichheit gegenüber den Leitern nachgeordneter Dienststellen und der Schwerbehindertenvertretung angestellten Erwägungen substantiiert auseinandersetzt.
aa) Was die Ungleichbehandlung gegenüber Leitern nachgeordneter Dienststellen angeht, hat die Vorinstanz eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes unter Hinweis auf mehrere im Einzelnen abgehandelte Unterschiede zu Stellung und Aufgabe der Beauftragten für Chancengleichheit verneint. Soweit sie darauf abgestellt hat, dass der Leiter anders als die Beauftragte keine vergleichbar auf eine Aufgabe zugeschnittene Funktion habe und er nicht über ein mit dem allgemeinen frauenpolitischen Mandat der Beauftragten vergleichbares "allgemeinpolitisches Mandat" verfüge, das es ihm ermöglichen würde, auf der Ebene der obersten Dienstbehörde und dementsprechend eines Hauptpersonalrats aufzutreten, geht die Beschwerdebegründung auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung ein. Gleiches gilt für die Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die für Dienststellenleiter geltenden Befangenheitsvorschriften die Fälle möglicher Interessenkonflikte bei Beauftragten für Chancengleichheit vielfach nicht erfassten.
Hingegen fehlt es an einer substantiierten Auseinandersetzung mit der auf das in § 21 Abs. 4 des Gesetzes zur Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg (Chancengleichheitsgesetz - ChancenG) vom 23. Februar 2016 (GBl. S. 108) geregelte Verfahren zielenden Erwägung, der Leiter einer nachgeordneten Dienststelle habe anders als die Beauftrage für Chancengleichheit "kein formalisiertes Verfahren, in dem er ohne weiteres eine Befassung der obersten Dienstbehörde (ggf. des Ministeriums) mit seinen Angelegenheiten erreichen kann". Soweit in der Begründung der Beschwerde im vorliegenden Zusammenhang auf § 21 Abs. 4 ChancenG eingegangen wird, handelt es sich nicht um eine substantiierte Auseinandersetzung mit der hier in Rede stehenden Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs.
bb) Die Antragstellerin setzt sich auch nicht substantiiert mit den Gründen auseinander, aus denen die Vorinstanz eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Mitgliedern der Schwerbehindertenvertretung verneint hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen die ungleiche Behandlung rechtfertigenden Unterschied u.a. darin gesehen, dass der Gesetzgeber für die Schwerbehindertenvertretung anders als für die Chancengleichheitsbeauftragte eigene Bezirks- und Hauptvertretungen vorgesehen habe. Darauf geht die Antragstellerin nicht ein.
c) Der Beschwerde verhilft auch nicht die Frage zum Erfolg,
"ob der Ausschluss der Wählbarkeit einer BfC einer unteren Dienststelle in die Stufenvertretung Hauptpersonalrat gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot und insbesondere gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt".
Auch insoweit erfüllt die Beschwerde nicht die Darlegungsanforderungen. Soweit sie (auch) in diesem Zusammenhang die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, es bestehe die abstrakte Gefahr von Interessens- und Pflichtenkollisionen, angreift, fehlt es - wie aufgezeigt - an einer substantiierten Auseinandersetzung mit den Erwägungen, aus denen die Vorinstanz das Bestehen einer abstrakten Gefahr angenommen hat. Den ausführlichen Darlegungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit des Wählbarkeitsausschlusses (BA S. 30 ff.) hält die Antragstellerin lediglich entgegen, dass diese in gleicher Weise auf den Dienststellenleiter, der Mitglied einer Stufenvertretung sei, übertragen werden könnten. Dies stellt keine substantiierte Auseinandersetzung dar.