Entscheidungsdatum: 06.11.2018
I
Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass ihm im Falle der Frau C. ein Mitbestimmungsrecht zusteht im Rahmen des auf § 41 Satz 3 SGB VI gestützten Hinausschiebens des Beendigungszeitpunktes des Arbeitsverhältnisses über die Regelaltersgrenze hinaus.
Frau C. war beim Land Baden-Württemberg als Sekretärin an einer Universität angestellt. Mit Erreichen der abschlagsfreien Regelaltersgrenze hätte ihr Arbeitsverhältnis gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. a) TV-L am 31. Oktober 2014 geendet.
Unter Berufung auf § 41 Satz 3 SGB VI beantragte Frau C. die Verlängerung ihres Arbeitsvertrages bis zum 31. Oktober 2016. Nachdem der Antragsteller seine Zustimmung zu der beantragten Verlängerung verweigert hatte, leitete die Universität das Stufenverfahren ein. Das damit befasste Ministerium des Landes vertrat die Auffassung, dass ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nur im Falle eines entsprechenden Antrags des Beschäftigten bestehe, der hier nicht vorliege. Daraufhin vereinbarte die Universität mit Frau C. Ende September 2014 ohne Zustimmung des Antragstellers das Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes des Arbeitsvertrages bis zum 31. Oktober 2016, mit dessen Ablauf das Arbeitsverhältnis endete.
Der Antragsteller hat am 4. November 2014 das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet. Das Verwaltungsgericht hat den als abstrakten Feststellungsantrag aufgefassten Antrag als unbegründet abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach der am 10. November 2016 erfolgten Anhörung deshalb zurückgewiesen, weil der abstrakte Feststellungsantrag unbegründet sei.
Hiergegen hat der Antragsteller die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der er sein Feststellungsbegehren weiterverfolgt. Der Beteiligte verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass näher bezeichnete Bedenken gegen die Auslegung des Antrags als abstrakter Feststellungsantrag sowie an der Zulässigkeit eines konkreten Feststellungsantrags bestünden. Der Antragsteller hat hierzu mit Schriftsatz vom 14. Juli (gemeint: August) 2018 Stellung genommen.
II
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs erweist sich aus anderen als den zum Nichtbestehen eines Mitbestimmungsrechts genannten Gründen im Ergebnis als richtig (§ 92 Abs. 2 LPVG BW, § 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 563 Abs. 3 ZPO). Der als konkreter Feststellungsantrag auszulegende Antrag ist unzulässig.
Der Antrag ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen als konkreter Feststellungsantrag auszulegen. Der im verwaltungsgerichtlichen Beschlussverfahren zu stellende Antrag ist eine Prozesserklärung. Prozessuale Willenserklärungen sind vom Rechtsbeschwerdegericht - ebenso wie vom Revisionsgericht - ohne Bindung an eine Auslegung durch die Vorinstanz eigenständig auszulegen. Bei der Auslegung von Prozesserklärungen sind die für die Auslegung von Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) anzuwenden. So ist nicht allein der Wortlaut maßgeblich. Entscheidend ist vielmehr der erklärte Wille, wie er auch aus den Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgehen kann. Der maßgebende objektive Erklärungswert bestimmt sich danach, wie der Empfänger nach den Umständen die Erklärung verstehen muss. Für die Auslegung eines Klageantrags ist auch dessen Begründung heranzuziehen. Dementsprechend ist die Auslegung eines im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren gestellten Antrags von dessen Wortlaut ausgehend am Anlass des Streits der Beteiligten und an dem zu seiner Begründung Vorgetragenen auszurichten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Februar 2015 - 5 P 1.14 - Buchholz 250 § 25 BPersVG Nr. 18 Rn. 9 und vom 29. Mai 2018 - 5 P 6.16 - IÖD 2018, 200 <202>).
Dies gilt auch, wenn zu klären ist, ob der Antragsteller nach Erledigung der Hauptsache von einem konkreten zu einem abstrakten Feststellungsbegehren übergegangen ist oder etwa von vornherein für den Fall der Hauptsacheerledigung (zumindest hilfsweise) einen abstrakten Feststellungsantrag gestellt hat. Hat sich ein konkretes Feststellungsbegehren erledigt, kann der Antragsteller einen vom konkreten Fall losgelösten abstrakten Feststellungsantrag zu den Rechtsfragen stellen, die hinter dem anlassgebenden Vorgang stehen, dem konkreten Vorgang zugrunde liegen oder durch den konkreten Anlass als entscheidungserheblich aufgeworfen werden. Der abstrakte Feststellungsantrag muss sich auf künftige Sachverhalte beziehen, die in ihren Grundzügen dem Sachverhalt des anlassgebenden konkreten Vorgangs entsprechen und im Wesentlichen dieselben Rechtsfragen aufwerfen. Es können nur solche Rechtsfragen einer Klärung zugeführt werden, die sich an dem konkreten Vorgang ausrichten, durch ihn ausgelöst und auch begrenzt werden. Ein solcher allgemeiner Feststellungsantrag muss spätestens in der letzten Tatsacheninstanz gestellt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - 5 P 9.15 - BVerwGE 157, 117 Rn. 12). Das Erfordernis eines in der Tatsacheninstanz gestellten Antrags schließt eine nachträgliche - präzisierende - Auslegung des in der Tatsacheninstanz gestellten Antrags nicht aus. Eine derartige Auslegung muss sich jedoch darauf beschränken, den eigentlichen Antragsinhalt anhand des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten zu ermitteln, darf also den sich aus dem Wortlaut ergebenden Sinn nicht verkehren (BVerwG, Beschluss vom 29. Mai 2018 - 5 P 6.16 - IÖD 2018, 200 <202>).
Hiervon ausgehend hat das Beschwerdegericht den in der öffentlichen Anhörung vom 10. November 2016 gestellten und in der Sitzungsniederschrift festgehaltenen Antrag des Antragstellers zu Unrecht als abstrakten Feststellungsantrag aufgefasst.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hat der Antragsteller erstinstanzlich keinen abstrakten Feststellungsantrag zur gerichtlichen Entscheidung gestellt. Seinem unmissverständlichen Wortlaut (festzustellen, "dass der Dienststellenleiter bei dem Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts des Arbeitsvertrags von Frau A. C. über den 31.10.2014 hinaus ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats verletzt hat") zufolge handelt es sich vielmehr um einen konkreten, auf einen ganz bestimmten Fall bezogenen Feststellungsantrag, für den der Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht beansprucht. Dies ergibt sich auch aus der Antragsbegründung, die sich neben allgemeinen Ausführungen zur Rechtslage an verschiedenen Stellen konkret auf das Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes im Falle von Frau C. bezieht (Seite 4: "Bei dem nunmehr einseitig vorgenommenen Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts des Arbeitsvertrags von Frau C. handelt es sich um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 LPVG.", "Auf das Arbeitsverhältnis der Frau C. mit dem Land Baden-Württemberg findet der TV-L Anwendung.", Seite 5: "Der TV-L ist als Nachfolgeregelung zum BAT im Arbeitsverhältnis von Frau C. mit dem Land Baden-Württemberg vereinbart.", Seite 6: "Auch das 'Hinausschieben' der Altersgrenze kann nur mit dem arbeitsrechtlichen Instrumentalium [sic!] eines befristeten Arbeitsvertrages geschehen, weil aufgrund Tarifvorschrift rechtswirksam das Arbeitsverhältnis von Frau C. mit dem 31.10.2014 geendet hat."). Mit keinem Wort weist die Antragsbegründung darauf hin, dass es dem Antragsteller darum gehen könnte, die Mitbestimmungspflichtigkeit des Hinausschiebens des Beendigungszeitpunktes über die Altersgrenze hinaus nach § 41 Satz 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung vom 23. Juni 2014 (BGBl. I S. 787) auch losgelöst von dem Fall der Frau C. feststellen zu lassen. Die in der Antragsbegründung enthaltenen allgemeinen Ausführungen zur Rechtslage weisen nicht in diese Richtung. Sie geben nur die Rechtsauffassung des Antragstellers zur Begründung seines Feststellungsbegehrens wieder. Auch die Interessenlage des Antragstellers während des erstinstanzlichen Verfahrens gibt keinen Anhaltspunkt für die Annahme, die fragliche Feststellung werde losgelöst von dem Fall der Frau C. begehrt. Denn zu diesem Zeitpunkt war Frau C. noch beschäftigt und das Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes ihres Arbeitsvertrages hätte unter Umständen rückabgewickelt oder mit Wirkung für die Zukunft beendet werden können. Außerdem hätte - soweit erforderlich - die Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens nachgeholt werden können. Ein anderes Bild ergibt sich auch nicht, wenn der Senat den Vortrag des Antragstellers im Schriftsatz vom 14. Juli (gemeint: August) 2018 zugrunde legt: Nach Erinnerung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers habe der Vorsitzende erster Instanz gefragt, ob es dem Antragsteller auch um die "dahinterstehende" abstrakte Rechtsfrage gehe, was bejaht worden sei. Denn obwohl der Antragsteller sogar sein Interesse an einer abstrakten Klärung der inmitten stehenden Rechtsfrage bekundet haben will, hat er davon abgesehen, die sich hieraus ergebenden prozessualen Konsequenzen zu ziehen und einen entsprechenden Antrag (kumulativ oder hilfsweise) zu formulieren, was im Rahmen der Anhörung unschwer möglich gewesen wäre. Es ist grundsätzlich Sache des Antragstellers, mit seinem Antrag den Gegenstand der gerichtlichen Nachprüfung festzulegen. Insbesondere obliegt es ihm, den Antrag zu ändern, wenn dieser nicht seinem Verfahrensziel entsprechen sollte (vgl. Spinner, in: Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 9. Aufl. 2017, § 81 Rn. 30).
Auch in der Beschwerdeinstanz hat der Antragsteller entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ausschließlich einen konkreten Feststellungsantrag zur Entscheidung des Gerichts gestellt. Darauf weist bereits der eindeutige Wortlaut des in der Anhörung vor dem Beschwerdegericht gestellten Antrags hin, wonach beantragt worden ist festzustellen, dass die "Verlängerung des unbefristeten Arbeitsvertrags von Frau C." mitbestimmungspflichtig sei. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung vom 26. November 2015 stützen diese Einschätzung. Sie nehmen auf den konkreten Fall von Frau C. Bezug (Seite 2: "ob der weitere Beteiligte ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers im Zusammenhang mit dem Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts des Arbeitsvertrages einer Beschäftigten, Frau A. C., verletzt hat", Seite 9: "dass der Dienststellenleiter bei dem Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts des Arbeitsvertrages von Frau A. C. über den 31.10.2014 hinaus ein Mitbestimmungsrecht des Personalrates verletzt" [habe]). Hingegen enthalten sie keinerlei Ausführungen, die die Annahme rechtfertigen, der Antragsteller sei an einer Klärung einer abstrakten Rechtsfrage losgelöst vom Fall der Frau C. interessiert gewesen. Seine allgemeinen Ausführungen zur Rechtslage weisen aus den bereits dargestellten Gründen nicht in diese Richtung. Bei dieser Sachlage rechtfertigt allein die durch das endgültige Ausscheiden von Frau C. etwa zwei Wochen vor der Anhörung möglicherweise eingetretene Änderung der Interessenlage des Antragstellers (eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft war eben so wenig noch möglich wie eine Nachholung der Mitbestimmung) es nicht, den Antrag über seinen Wortlaut und seine Begründung hinaus als abstrakten Feststellungsantrag aufzufassen. Der Antragsteller hat in seinem Schriftsatz vom 14. Juli (gemeint: August) 2018, mit dem er auf die seitens des Berichterstatters aufgeführten Bedenken gegen die Auslegung seines Antrags durch die Vorinstanzen reagiert hat, bereits nicht dargelegt, dass er in der Anhörung vor dem Beschwerdegericht etwa in Anbetracht des Ausscheidens von Frau C. sein Interesse an der Klärung einer vom anlassgebenden Fall losgelösten abstrakten Rechtsfrage geäußert hätte. Seine diesbezüglichen Angaben beschränken sich vielmehr auf eine Darstellung der rechtlichen Bewertungen des Beschwerdegerichts. Der in dessen Beschluss auf Seite 7 wiedergegebene Vortrag des Antragstellers, ihm seien seit dem verwaltungsgerichtlichen Beschluss vom 10. August 2015 von der universitären Personalabteilung kaum Informationen mehr darüber übermittelt worden, ob solche Weiterbeschäftigungsanträge gestellt bzw. genehmigt worden seien, er halte diese Praxis im Hinblick auf seine personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsrechte für rechtswidrig, streitet nicht dafür, seinen Antrag als abstrakten Feststellungsantrag einzustufen. Denn die als fortgesetzte Verletzung von Mitbestimmungsrechten durch den Beteiligten bewertete Geltendmachung einer fortwährenden Vorenthaltung von Informationen beschreibt lediglich eine tatsächliche Situation und die hieraus von dem Antragsteller gezogenen rechtlichen Schlüsse. Ohne entsprechende Anhaltspunkte in dem formulierten Antrag bzw. seiner Begründung ist dieser Umstand allein aber nicht geeignet, den gestellten Antrag über seinen Wortlaut hinaus zu interpretieren. Die Auslegung des Antrags hat zu ermitteln, was der Antragsteller erklärtermaßen gewollt hat, nicht, was er sinnvollerweise hätte beantragen können.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der vom Antragsteller (vorsorglich) geltend gemachten Verletzung der Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO (richtig: § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Das Beschwerdegericht hatte schon keinen Anlass zu einem solchen Hinweis, weil es selbst - wenn auch fehlerhaft - den formulierten Antrag als abstrakten Feststellungsantrag aufgefasst hat.
Der konkrete Feststellungsantrag ist unzulässig. Für diesen Antrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, weil sich die Hauptsache spätestens mit dem endgültigen Ausscheiden von Frau C. zum 31. Oktober 2016 erledigt hat. Nach diesem Zeitpunkt kann das Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes weder beendet noch kann das Mitbestimmungsverfahren nachgeholt werden.