Entscheidungsdatum: 29.02.2016
1. Nach Art. 23 Satz 2 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (juris: ÜberlVfRSchG) ist die Verzögerungsrüge nur dann unverzüglich zu erheben, wenn im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bei dem mit dem Verfahren befassten Gericht eine rügepflichtige Situation bereits eingetreten ist.
2. Der Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG besteht auch für die bis zur Erhebung der wirksamen Verzögerungsrüge im Sinne des § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG eingetretene unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens.
3. Eine unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens kann auch innerhalb der Frist des § 198 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 GVG für die Wiederholung der Verzögerungsrüge und der Frist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG für die Erhebung der Entschädigungsklage eintreten.
Die Beteiligten streiten um eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer.
Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits, dessen Überlänge die Klägerin rügt, war ein von der Klägerin geltend gemachter Beihilfeanspruch. Die beihilfeberechtigte Klägerin ist Oberinspektorin im Dienst des Beklagten. Im Jahr 2008 ließ sie eine Zahnimplantation vornehmen. Dafür gewährte ihr der Beklagte eine Beihilfe in Höhe von 257,83 €.
Nach erfolglosem Widerspruch erhob die Klägerin am 2. Januar 2009 Klage vor dem Verwaltungsgericht auf Zahlung einer weiteren Beihilfe in Höhe von 1 825,91 € nebst Zinsen, die sie Ende Januar 2009 auf 1 745,91 € korrigierte. Die Klage wurde dem Beklagten am 13. Januar 2009 mit einer Äußerungsfrist von sechs Wochen zugestellt. Nachdem das Verwaltungsgericht die Klageerwiderung vom 19. Februar 2009 der Klägerin am 27. Februar 2009 zur Kenntnis übersandt hatte, beantwortete das Verwaltungsgericht lediglich Sachstandsanfragen. Am 15. Juni 2011 fragte es an, ob auf mündliche Verhandlung des zur Entscheidung anstehenden Verfahrens verzichtet werde, was die Klägerin ablehnte. Daraufhin wurde das Verfahren am 2. September 2011 auf den Einzelrichter übertragen, der am selben Tag den Termin zur mündlichen Verhandlung für den 29. September 2011 bestimmte. Nach dem Verzicht der Beteiligten auf mündliche Verhandlung, wies das Verwaltungsgericht die Klage mit Urteil vom 29. September 2011 ab, das der Klägerin am 21. Oktober 2011 zugestellt wurde.
Am 21. November 2011 beantragte die Klägerin die Zulassung der Berufung. Nachdem das Oberverwaltungsgericht eine Verlängerung der Begründungsfrist abgelehnt hatte, begründete die Klägerin den Antrag einen Tag nach Ablauf der Frist und beantragte gleichzeitig Wiedereinsetzung in die Begründungfrist. Auf eine Sachstandsanfrage teilte das Oberverwaltungsgericht im Mai 2012 mit, dass eine Entscheidung über den Zulassungsantrag voraussichtlich im Herbst des Jahres ergehen werde, und erteilte außerdem am 5. Juni 2012 einen rechtlichen Hinweis zu dem Wiedereinsetzungsantrag. Nach dem Wechsel des Berichterstatters Anfang Januar 2013 teilte das Gericht der Klägerin mit Schreiben vom 20. Februar 2013 mit, man bemühe sich um eine Entscheidung innerhalb der nächsten sechs Monate. Daraufhin erhob die Klägerin am 25. Februar 2013 Verzögerungsrüge. Mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2013 wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung wegen Versäumung der Begründungsfrist als unzulässig zurückgewiesen.
Am 5. September 2013 erhob die Klägerin Klage auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in Höhe von 3 300 €. Insgesamt habe das Verfahren vier Jahre und fünf Monate gedauert, was unangemessen lang im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG gewesen sei. Die Verfahrenslänge sei überwiegend darauf zurückzuführen, dass die Gerichte die Sache nicht zügig bearbeitet hätten. Das Verwaltungsgericht habe das Verfahren über rund zwei Jahre "liegen lassen", um ältere Verfahren zu bearbeiten, das Oberverwaltungsgericht mindestens ein Jahr. Im gesamten Verfahren sei eine nicht gerechtfertigte Verzögerung von zwei Jahren und neun Monaten eingetreten. Das Verfahren habe die Klägerin als teilzeitbeschäftigte Mutter von drei Kindern sehr belastet, weil sie sich das Geld habe borgen müssen, so dass ihr mindestens die Regelentschädigung nach § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG zustehe.
Mit dem angegriffenen Urteil hat das Oberverwaltungsgericht der Klage teilweise stattgegeben und festgestellt, dass die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht unangemessen war. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht sei zwischen dem Zeitpunkt der Entscheidungsreife am 15. April 2009 und dem 15. Juni 2011 insgesamt 26 Monate nicht gefördert worden, von denen nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalles 14 Monate nicht gerechtfertigt seien. Das Verfahren von mittlerer Schwierigkeit sei für die Klägerin als teilzeitbeschäftigte Mutter von drei Kindern von mehr als durchschnittlicher, allerdings nicht wesentlicher Bedeutung gewesen. Die Klägerin habe aber durch ihr Verhalten eine relevante Verzögerung des Rechtsstreits bewirkt, weil sie die Umstände, die die mehr als durchschnittliche Bedeutung begründeten, trotz Aufforderung durch das Gericht nicht im Ausgangsverfahren vorgetragen habe, sondern erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Entschädigungsgericht. Dagegen habe die Klägerin wegen der Dauer des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Wiedergutmachungsanspruch. Bis zur Erhebung der Verzögerungsrüge könne eine Wiedergutmachung nicht gewährt werden. In dem Zeitraum zwischen der Erhebung und dem Abschluss des Berufungszulassungsverfahrens sei eine Verzögerung nicht eingetreten. Aus § 198 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 GVG folge, dass in den ersten sechs Monaten ab Erhebung der Verzögerungsrüge eine unangemessene Verfahrensdauer nur in Ausnahmefällen eintreten könne. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung, weil eine Wiedergutmachung nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalles durch Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer erreicht werden könne.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Entschädigungsbegehren weiter.
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und macht insbesondere geltend, die Klägerin habe die Verzögerungsrüge gemäß Art. 23 Satz 2 ÜGRG unverzüglich erheben müssen, weil das Verfahren bei Inkrafttreten des Gesetzes schon verzögert gewesen sei.
Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht entscheidungstragend davon ausgegangen ist, dass gemäß § 198 Abs. 3 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2525), Ansprüche auf Entschädigung oder Wiedergutmachung in anderer Weise erst ab dem Zeitpunkt der Verzögerungsrüge gewährt werden und danach eine Verzögerung innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 198 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 GVG sowie des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG nicht eintreten kann. Es beruht auch insoweit auf einer fehlerhaften Anwendung des § 198 Abs. 1 GVG, als der Klägerin weniger als 2 300 € als Entschädigung zuerkannt wurden.
1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Entschädigung ihrer immateriellen Nachteile in Höhe von 2 300 €.
Der Anspruch folgt aus § 198 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 GVG, der gemäß Art. 23 Satz 1 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302 - ÜGRG) auch für Verfahren gilt, die - wie hier - bei seinem Inkrafttreten am 3. Dezember 2011 bereits anhängig waren. Diese Regelungen sind im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbar (§ 173 Satz 2 VwGO). Danach wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Dauer des von der Klägerin in Bezug genommenen Gerichtsverfahrens (a) war unangemessen (b bis d). Dadurch hat die Klägerin einen immateriellen Nachteil erlitten, der nicht auf andere Weise wiedergutgemacht werden kann (e) und in Höhe von 2 300 € zu entschädigen ist (f).
a) Materieller Bezugsrahmen des geltend gemachten Entschädigungsanspruchs ist gemäß § 198 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Nr. 1 GVG das gesamte verwaltungsgerichtliche Verfahren im Ausgangsrechtsstreit von der Klageerhebung beim Verwaltungsgericht am 2. Januar 2009 bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 19) des die Zulassung der Berufung ablehnenden Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2013.
b) Die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht, für das eine Verzögerungsrüge nicht erforderlich war (aa), war unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG (bb).
aa) Die Erhebung einer Verzögerungsrüge gemäß § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG, die eine materiellrechtliche Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs darstellt (BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - III ZR 228/13 - NJW 2014, 2588 Rn. 14 m.w.N; BFH, Urteil vom 7. November 2013 - X K 13/12 - BFHE 243, 126 Rn. 24; BSG, Beschluss vom 27. Juni 2013 - B 10 ÜG 9/13 B - NJW 2014, 253 Rn. 27), war, wie das Oberverwaltungsgericht zu Recht annimmt, in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß Art. 23 Satz 4 ÜGRG nicht erforderlich. Danach bedarf es bei einem Verfahren, das bei Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bereits anhängig war, keiner Verzögerungsrüge, wenn die Verzögerung in einer bereits abgeschlossenen Instanz erfolgt ist. Bei Inkrafttreten dieses Gesetzes am 3. Dezember 2011 war das Ausgangsverfahren seit dem 2. Januar 2009 anhängig. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht war mit dessen Urteil vom 29. September 2011, das der Klägerin am 21. Oktober 2011 zugestellt wurde, abgeschlossen.
bb) Die Verfahrensdauer ist unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausgerichtete Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles ergibt, dass die aus konventions- und verfassungsrechtlichen Normen (Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - in der Fassung vom 22. Oktober 2010
In Übereinstimmung mit dem dargelegten rechtlichen Maßstab hat sich das Oberverwaltungsgericht bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer vor dem Verwaltungsgericht zu Recht nicht von festen Zeitvorgaben oder abstrakten Orientierungs- bzw. Anhaltswerten leiten lassen, sondern eine Einzelfallprüfung vorgenommen (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 28 ff. und - 5 C 27.12 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 2 Rn. 20 ff.; s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. August 2013 - 1 BvR 1067/12 - NJW 2013, 3630 Rn. 30). Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht war insbesondere unter Berücksichtigung der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Gesichtspunkte der Schwierigkeit des Verfahrens ((1)), seiner Bedeutung für die Klägerin ((2)) und des Verhaltens der Verfahrensbeteiligten ((3)) sowie mit Blick auf die Verfahrensführung durch das Gericht ((4)) ein Jahr und fünf Monate ungerechtfertigt verzögert.
(1) Das Oberverwaltungsgericht nimmt zutreffend an, dass das verwaltungsgerichtliche Verfahren als mittelschwer zu bewerten ist. Das Verwaltungsgericht hatte sich insbesondere mit den §§ 5 und 6 der früheren Beihilfevorschriften des Bundes, dem Fürsorgegrundsatz und der Härtefallregelung auseinanderzusetzen. Gemessen daran erweist sich das Verfahren (allenfalls) von durchschnittlicher Schwierigkeit, wofür auch die Übertragung des Verfahrens auf den Einzelrichter spricht (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 46 und vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 21).
(2) Auch die Bewertung des Oberverwaltungsgerichts, dass das Verfahren für die Klägerin "von mehr als durchschnittlicher, allerdings nicht wesentlicher Bedeutung" gewesen ist, ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Die den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, dass die Klägerin als Teilzeitbeschäftigte und Mutter von drei Kindern nicht über die finanziellen Mittel verfügte, die für die Zahnimplantation erforderlich waren, sondern sich den Betrag leihen musste, rechtfertigen es, die Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin als mehr als durchschnittlich anzusehen.
Das Oberverwaltungsgericht durfte diese Gesichtspunkte im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht berücksichtigen. Die Klägerin war mit ihrem Vorbringen zu ihren persönlichen und finanziellen Verhältnissen, die sie erst vor dem Entschädigungsgericht vorgetragen hat, nicht gemäß § 198 Abs. 3 Satz 3 und 4 GVG präkludiert. Danach muss die Verzögerungsrüge auf Umstände hinweisen, auf die es für die Verfahrensführung ankommt und die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind. Andernfalls darf sie das Entschädigungsgericht bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigen. Die Präklusionswirkung des § 198 Abs. 3 Satz 4 GVG greift nicht ein, wenn eine Verzögerungsrüge - wie hier - in der bei Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtliche Ermittlungsverfahren bereits abgeschlossenen Instanz gemäß Art. 23 Satz 4 ÜGRG nicht erforderlich war. Mit der Verpflichtung zur Erhebung einer Verzögerungsrüge entfällt auch die Hinweispflicht, die gemäß § 198 Abs. 3 Satz 3 GVG unmittelbar mit der Verzögerungsrüge verknüpft ist. Das entspricht dem Zweck der Verzögerungsrüge, der auch darin liegt, das Gericht zu einer etwa gebotenen Verfahrensbeschleunigung zu veranlassen. Diese präventive Warnfunktion wird durch die Hinweispflicht ergänzt, die dem Gericht Kenntnis von den für eine Verfahrensbeschleunigung relevanten Umständen verschaffen soll (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 17/3802 S. 21 f. und Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 GVG Rn. 210). Kann der Zweck der Verzögerungsrüge - wie bei einer bereits abgeschlossenen Instanz - nicht erfüllt werden, ist auch für die Hinweispflicht kein Raum.
(3) Dagegen ist dem Oberverwaltungsgericht nicht in der Annahme zu folgen, die Klägerin habe durch ihr Verhalten eine relevante Verzögerung des Rechtsstreits bewirkt, weil sie es unterlassen hat, das Verwaltungsgericht trotz dessen Aufforderung zur Mitteilung von Gründen, die eine bevorzugte Behandlung des Falles rechtfertigen, auf ihre wirtschaftliche Lage hinzuweisen.
Bei der Prüfung der Angemessenheit der Verfahrensdauer ist gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG zu Lasten eines Verfahrensbeteiligten grundsätzlich nur ein Verhalten zu berücksichtigen, durch das eine Verzögerung herbeigeführt wird. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die Verfahrensbeteiligten, abgesehen insbesondere von der Obliegenheit zur Erhebung der Verzögerungsrüge, grundsätzlich nicht verpflichtet sind, aktiv darauf hinzuarbeiten, dass das Gericht das Verfahren in angemessener Zeit zum Abschluss bringt. Daher kann ihnen eine Passivität bei der im Rahmen der Ermittlung der angemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens erforderlichen Prüfung, ob die Verfahrensbeteiligten durch ihr Verhalten eine Verzögerung des Rechtsstreits bewirkt haben, nicht angelastet werden. Die Verpflichtung des Gerichts, das Verfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, ergibt sich unmittelbar aus der dem Staat obliegenden Justizgewährleistungspflicht, aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes und aus Art. 6 Abs. 1 EMRK (BVerwG, Urteile vom 26. Februar 2015 - 5 C 5.14 D - NVwZ-RR 2015, 641 Rn. 37 und vom 11. Juli 2013 - 5 C 27.12 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 2 Rn. 41). Ein Unterlassen der Förderung des Verfahrens führt nur dann zu einer einem Verfahrensbeteiligten anzulastenden Verzögerung, wenn eine entsprechende Rechtspflicht bestand. Das ist hier nicht der Fall. Die Klägerin war in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht - wie aufgezeigt - nicht gemäß § 198 Abs. 3 Satz 3 GVG verpflichtet, auf Umstände hinzuweisen, die für die Verfahrensförderung relevant waren. Eine solche Verpflichtung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf das Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 18. Oktober 2010, in dem die Klägerin unter anderem um Nachricht gebeten wird, wenn Gründe vorliegen sollten, die eine bevorzugte Behandlung des Falles rechtfertigen. Denn die Klägerin war aus den oben dargelegten Gründen über die gesetzlichen Vorgaben des § 198 Abs. 3 Satz 3 GVG hinaus zu einer Förderung des Prozesses nicht verpflichtet.
(4) Aus den in dem angefochtenen Urteil zur Verfahrensführung getroffenen Feststellungen ist unter Berücksichtigung der zu den in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Gesichtspunkten angestellten Bewertungen und der gerichtlichen Gestaltungsfreiheit zu schließen, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren zwischen Mitte April 2009 und Mitte Juni 2011 für ein Jahr und vier Monate sowie zwischen Mitte Juni 2011 und Anfang September 2011 für einen Monat ohne sachlichen Rechtfertigungsgrund nicht gefördert hat.
Zum Verfahrensgang hat das Oberverwaltungsgericht neben der Chronologie des Verfahrens festgestellt, dass das Verwaltungsgericht zwischen dem 16. April 2009 und der Anfrage vom 15. Juni 2011, ob auf mündliche Verhandlung des zur Entscheidung anstehenden Verfahrens verzichtet werde, insgesamt zwei Jahre und zwei Monate keine verfahrensfördernden Handlungen vorgenommen, sondern lediglich Sachstandsanfragen beantwortet hat. Daraus ist bei wertender Betrachtung zu folgern, dass die Klage etwa sechs Wochen nach Übersendung der am 23. Februar 2009 eingegangenen Klageerwiderung "zur Kenntnis" Mitte April 2009 entscheidungsreif war. Der Sachverhalt war zu diesem Zeitpunkt in tatsächlicher Hinsicht ausreichend aufbereitet und den Beteiligten war in hinreichender Weise rechtliches Gehör gewährt worden.
Im vorliegenden Fall erscheint es angemessen, dem Verwaltungsgericht ab diesem Zeitpunkt einen (Gestaltungs-)Zeitraum von etwa 10 Monaten für seine Entscheidung zuzugestehen, wann und wie es das Verfahren im Sinne eines Hinwirkens auf eine Erledigung des Prozesses fördert. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass - auch vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich gewährten richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) - die Verfahrensgestaltung in erster Linie dem mit der Sache befassten Gericht obliegt und ihm hinsichtlich der Entscheidung, wann und wie es eine bestimmte Sache in Abstimmung mit anderen bei ihm anhängigen Sachen terminiert oder sonst fördert, ein Spielraum zusteht. Der (Gestaltungs-)Zeitraum berücksichtigt weiter, dass das Gericht vor einer verfahrensfördernden Handlung oder Entscheidung zur Sache Zeit zur rechtlichen Durchdringung benötigt, um dem rechtsstaatlichen Anliegen zu genügen, eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes vorzunehmen. Der ab Eintritt der Entscheidungsreife zugestandene Zeitraum ist im Einzelfall in Relation zu den in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benannten Kriterien zu bestimmen. Maßgeblich ist insoweit - genauso wie hinsichtlich der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG aufgeführten Umstände - wie die Gerichte im Ausgangsverfahren die Lage aus ihrer ex-ante-Sicht einschätzen durften. Hingegen ist eine Überlastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder des konkreten Ausgangsgerichts bzw. Spruchkörpers für die Bemessung des richterlichen Gestaltungsspielraums ohne Belang. Sie gehört zu den strukturellen Mängeln, die sich der Staat zurechnen lassen muss und die er zu beseitigen hat (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 28 m.w.N.).
Die Gestaltungsfreiheit des Gerichts wird in zeitlicher Hinsicht begrenzt durch den Zeitpunkt, ab dem ein (weiteres) Zuwarten auf eine verfahrensfördernde Entscheidung bzw. Handlung des Gerichts im Hinblick auf die subjektive Rechtsposition des Betroffenen auf eine angemessene Verfahrensdauer nicht mehr vertretbar ist, weil sich die (weitere) Verzögerung bei Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles als sachlich nicht mehr gerechtfertigt und damit als unverhältnismäßig darstellt. Es ist nicht mit dem Zeitpunkt gleichzusetzen, bis zu dem von einer "optimalen Verfahrensführung" des Gerichts auszugehen ist. Entschädigungsrechtlich relevant sind nur die nach Ablauf des Gestaltungszeitraums auf die Verfahrensführung des Gerichts zurückzuführenden Verzögerungen. Denn zur Begründung des Entschädigungsanspruchs reicht nicht jede Abweichung von der optimalen Verfahrensführung aus. Vielmehr setzt der Entschädigungsanspruch aus § 198 Abs. 1 GVG voraus, dass der Beteiligte durch die Länge des Gerichtsverfahrens in seinem Grund- und Menschenrecht auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit beeinträchtigt worden ist, was eine gewisse Schwere der Belastung erfordert (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 39 und - 5 C 27.12 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 2 Rn. 31 m.w.N.).
In Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe ist hier bei der Bemessung des gerichtlichen Gestaltungsspielraums zu berücksichtigen, dass das Ausgangsverfahren (allenfalls) einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad aufwies, seine Bedeutung für die Klägerin mehr als durchschnittlich, aber nicht wesentlich war und die Klägerin nicht durch ihr Verhalten zu einer Verfahrensverzögerung beigetragen hatte. Angesichts dessen war die fehlende Bearbeitung bzw. Förderung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht für die Klägerin ab Mitte Februar 2010 nicht mehr hinnehmbar. Da die nächste verfahrensfördernde Handlung am 15. Juni 2011 mit der Anfrage nach einem Verzicht auf mündliche Verhandlung vorgenommen wurde, war das Verfahren bis zu diesem Zeitpunkt 16 Monate ungerechtfertigt verzögert.
Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zum Verfahrensgang nahm das Verwaltungsgericht außerdem zwischen seiner Anfrage vom 15. Juni 2011 und der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 2. September 2011 nach dem Eingang der Rücknahme des Verzichts auf mündliche Verhandlung vom 27. Juni 2011 neun Wochen, also etwa zwei Monate keine verfahrensfördernden Handlungen vor, weil das Verfahren vorzubereiten und seine Terminierung den übrigen Verhandlungsterminen der Kammer anzupassen war. Insoweit ist es angemessen, dem Verwaltungsgericht für diesen Verfahrensabschnitt einen weiteren (Gestaltungs-)Zeitraum von fünf Wochen für seine Entscheidung einzuräumen. In Anwendung der oben dargelegten rechtlichen Maßstäbe ist insoweit bei der Bemessung des Gestaltungsspielraums zu berücksichtigen, dass das Verfahren, das für die Klägerin mehr als durchschnittliche Bedeutung besaß, zu diesem Zeitpunkt ohne Zutun der Klägerin bereits erheblich verzögert war.
War dem Verwaltungsgericht in dem Zeitraum zwischen Mitte April 2009 und Mitte Juni 2011 ein Gestaltungsspielraum von zehn Monaten und für den Zeitraum von Mitte Juni 2011 bis Anfang September 2011 von fünf Wochen einzuräumen, ergibt sich eine ungerechtfertigte Verzögerung des Verfahrens von insgesamt einem Jahr und fünf Monaten.
c) Die Dauer des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht, in dem die Klägerin rechtzeitig Verzögerungsrüge (aa) erhoben hat, war unangemessen (bb).
aa) Die Klägerin hat in dem Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht mit der am 25. Februar 2013 eingegangenen Verzögerungsrüge die materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG erfüllt. Der Vorinstanz ist nicht darin zu folgen, dass eine Wiedergutmachung für den Zeitraum vor Erhebung der Verzögerungsrüge nicht gewährt werden kann.
(1) Der Anspruch auf Entschädigung oder Wiedergutmachung ist für die Zeit vor Erhebung der Verzögerungsrüge nicht gemäß Art. 23 Satz 3 ÜGRG ausgeschlossen (vgl. dazu: BGH, Urteil vom 10. April 2014 - III ZR 335/13 - NJW 2014, 1967 Rn. 27 ff.; BFH, Urteil vom 20. August 2014 - X K 9/13 - BFHE 247, 1 Rn. 24; BSG, Urteil vom 5. Mai 2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art. 23 Nr. 4 (vorgesehen) = juris Rn. 23 ff.). Die Klägerin war nicht gemäß Art. 23 Satz 2 ÜGRG verpflichtet, die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten des Gesetzes zum Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren am 3. Dezember 2011 zu erheben. Danach gilt § 198 Abs. 3 GVG für anhängige Verfahren, die bei Inkrafttreten jenes Gesetzes schon verzögert sind, mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben werden muss. Die Obliegenheit des Art. 23 Satz 2 ÜGRG betrifft nur Verzögerungen in anhängigen Verfahren, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens bei dem mit der Sache befassten Gericht bereits eingetreten sind. Das ergibt sich neben der systematischen Unterscheidung zwischen Verzögerungen in einer bereits abgeschlossenen Instanz (Art. 23 Satz 4 ÜGRG) und schon verzögerten Verfahren (Art. 23 Satz 2 ÜGRG) sowie dem mit der Verzögerungsrüge verfolgten Zweck einer präventiven Warnung an das befasste Gericht vor allem aus der Gesetzesbegründung. Danach ist die unverzügliche Erhebung einer Verzögerungsrüge an das Gericht nur dann geboten, wenn in dem von ihm betreuten Verfahren bereits eine rügepflichtige Situation eingetreten ist. Kommt es nach Abschluss einer Instanz bei der befassten Instanz zu einer weiteren Verzögerung, bleibt es bei der allgemeinen Regelung des § 198 Abs. 3 GVG (so ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 17/3802 S. 31; ebenso Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, Art. 23 ÜGRG Rn. 5; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. August 2015 - L 37 SF 29/14 EK AS - juris Rn. 36). Da das Oberverwaltungsgericht bei Inkrafttreten des Gesetzes erst wenige Tage mit dem Verfahren befasst war, war dort eine Verzögerung, die gemäß Art. 23 Satz 2 ÜGRG unverzüglich zu rügen gewesen wäre, noch nicht eingetreten.
(2) Die Verzögerungsrüge ist gemäß § 198 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 GVG wirksam erhoben worden. Danach kann die Verzögerungsrüge erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird. Diese Besorgnis bestand spätestens, nachdem der mit Schreiben vom Mai 2012 für den Herbst in Aussicht gestellte Entscheidungstermin verstrichen war und das Oberverwaltungsgericht auf die zweite Sachstandsanfrage der Klägerin mit Schreiben vom 20. Februar 2013 mitgeteilt hatte, man bemühe sich um eine Entscheidung innerhalb der nächsten sechs Monate.
(3) Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts besteht der Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG gemäß § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG auch für den Zeitraum vor der Erhebung der Verzögerungsrüge. Dies folgt nicht nur aus dem Wortlaut des § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG ("wenn"), sondern ergibt sich zwingend auch aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Der Referentenentwurf vom 15. März 2010 (abgedruckt in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, Anhang 5, Seite 413 und 433) und dessen Begründung sind zu § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG davon ausgegangen, dass ein Entschädigungsanspruch nur in Betracht komme, "soweit" die Verzögerungsrüge rechtzeitig zu dem in § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG genannten Zeitpunkt erhoben werde und dass im Fall einer nach diesem Zeitpunkt erhobenen Rüge die Entschädigung für den davorliegenden Zeitraum ausgeschlossen sei. Der Gesetzgeber ist dem nicht gefolgt. Er hat zum einen in § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG statt des Wortes "soweit" den Begriff "wenn" gewählt. Zum anderen hat er in der Begründung des Gesetzentwurfs darauf hingewiesen, dass es grundsätzlich unschädlich sei, wenn die Rüge erst nach dem in § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG bestimmten Zeitpunkt eingelegt wird (BT-Drs. 17/3802 S. 21). Daraus ergibt sich zweifelsfrei auch, dass der vor einer wirksam bei dem mit dem Verfahren befassten Gericht erhobenen Verzögerungsrüge verstrichene Zeitraum des Verfahrens vor diesem Gericht in die Prüfung der Angemessenheit der Verfahrensdauer einzustellen ist (vgl. auch Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 GVG Rn. 194).
bb) In Anwendung des oben darlegten rechtlichen Maßstabs ist im Hinblick auf die für die Einzelfallprüfung maßgeblichen Kriterien des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG der Schwierigkeit des Verfahrens ((1)), dessen Bedeutung für die Klägerin ((2)) und deren Verhalten ((3)) angesichts der Verfahrensführung durch das Oberverwaltungsgericht bei Berücksichtigung der insoweit einzustellenden gerichtlichen Gestaltungsfreiheit davon auszugehen, dass das Berufungszulassungsverfahren sechs Monate ungerechtfertigt verzögert war ((4)). Dem stehen weder die Karenzfrist des § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG noch die Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG entgegen ((5)).
(1) Die Schwierigkeit des Berufungszulassungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht kann noch als durchschnittlich angesehen werden. Zwar war die entscheidungserhebliche Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und damit die Frage der Zulässigkeit des Antrags nicht schwierig zu entscheiden. Das Oberverwaltungsgericht hat sich in den Gründen seines Beschlusses vom 18. Juni 2013, mit dem es den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung abgelehnt hat, aber auch mit dem geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auseinandergesetzt. Es kann hier offenbleiben, ob diese Erwägungen wegen der Unzulässigkeit der Beschwerde prozessual als "nicht geschrieben" anzusehen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2015 - 5 B 36.14 - juris Rn. 6 m.w.N.). Für das Entschädigungsverfahren kommt es nur darauf an, dass das Gericht die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erörtert hat. Insoweit hängt die Schwierigkeit von der Beschaffenheit der in dem angefochtenen Urteil entschiedenen Fragen ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 21). Da der Zulassungsgrund keine Vollprüfung der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils erfordert, liegt der Schwierigkeitsgrad hier noch an der unteren Grenze des Durchschnittlichen.
(2) Für das Berufungszulassungsverfahren ist davon auszugehen, dass das Verfahren für die Klägerin keine besondere Bedeutung hatte. Die persönlichen und finanziellen Umstände, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht die besondere Bedeutung begründen, durfte das Entschädigungsgericht gemäß § 198 Abs. 3 Satz 4 GVG bei der Bewertung der Angemessenheit des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht nicht berücksichtigen, weil die Klägerin auf sie nicht gemäß § 198 Abs. 3 Satz 3 GVG in der dort gemäß § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG zu erhebenden Verzögerungsrüge hingewiesen hatte.
(3) Die Klägerin hat zu einer Verzögerung des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht nicht beigetragen. Soweit sie es in diesem Verfahren entgegen § 198 Abs. 3 Satz 3 GVG versäumt hat, auf ihre damalige wirtschaftliche Lage hinzuweisen, war dies bereits im Zusammenhang mit der Bedeutung des Verfahrens für sie in Rechnung zu stellen.
(4) Mit Blick auf die Verfahrensführung des Oberverwaltungsgerichts und bei Berücksichtigung der Schwierigkeit des Verfahrens und seiner Bedeutung für die Klägerin sowie des Umstands, dass sie zur Verzögerung nichts beigetragen hat, ergibt sich eine unangemessene Verfahrensdauer von sechs Monaten.
Aus den Feststellungen der Vorinstanz zur Chronologie des Verfahrens ist wertend zu folgern, dass dieses vor dem Oberverwaltungsgericht mit der Übersendung der Stellungnahme der Klägerin zu dem rechtlichen Hinweis des Oberverwaltungsgerichts an den Beklagten "zur Kenntnis" am 5. Juni 2012 und dem telefonisch erbetenen Fristverlängerungsantrag vom November 2011 am 27. Juni 2012 an den Beklagten ebenfalls "zur Kenntnis" entscheidungsreif war.
In dem Zeitraum vom Eingang des Zulassungsantrags am 28. November 2011 bis zur Herstellung der Entscheidungsreife ist eine ungerechtfertigte Verzögerung nicht eingetreten. Die Grenzen des gerichtlichen Gestaltungszeitraums sind nicht deshalb überschritten, weil das Oberverwaltungsgericht nach der Übersendung der Antragserwiderung des Beklagten am 9. Februar 2012 bis zu dem rechtlichen Hinweis vom 5. Juni 2012 zu dem Wiedereinsetzungsantrag vier Monate lang keine verfahrensfördernden Handlungen vorgenommen hat. Das Gericht besitzt zwar auch in dem Zeitraum vor der Entscheidungsreife keine unbeschränkte Gestaltungsfreiheit. Bei der Bestimmung des Umfangs des Gestaltungsspielraums, der dem Gericht im Hinblick auf die richterliche Unabhängigkeit und das rechtsstaatliche Gebot einer inhaltlich richtigen, an Recht und Gesetz orientierten Entscheidung im konkreten Einzelfall einzuräumen ist, ist aber zu berücksichtigen, dass ihm in der Zeit der Herstellung der Entscheidungsreife die Erkenntnisse, die für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich sind, nicht vollständig vorliegen. Vielmehr dient dieser Zeitraum gerade dazu, das Verfahren rechtlich und tatsächlich soweit aufzubereiten, dass eine Entscheidung getroffen werden kann. Demgegenüber zeichnet sich der Zeitraum ab Entscheidungsreife dadurch aus, dass einer Entscheidung des Verfahrens "an sich" nichts mehr entgegensteht. Dieser Unterschied ist bei der Ausfüllung des Entscheidungsspielraums im konkreten Einzelfall in Rechnung zu stellen. Das Oberverwaltungsgericht ist in diesem Zeitraum auch nicht untätig gewesen, sondern hat sich dem Verfahren insoweit gewidmet, als es Unstimmigkeiten zwischen dem Antrag auf Widereinsetzung in die Begründungsfrist vom 22. Dezember 2011 und dem Antrag auf Fristverlängerung vom 21. Dezember 2011 herausgearbeitet und die Klägerin mit dem rechtlichen Hinweis vom 5. Juni 2012 dazu um Stellungnahme gebeten hat.
In dem Zeitraum ab Entscheidungsreife Ende Juni 2012 bis zum Abschluss des Verfahrens durch den Beschluss vom 18. Juni 2013 ist das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht sechs Monate ohne sachlichen Rechtfertigungsgrund nicht gefördert worden. Bei der Bemessung des gerichtlichen Gestaltungsspielraums ist zu berücksichtigen, dass die Schwierigkeit des Verfahrens und dessen Bedeutung für die Klägerin als durchschnittlich zu bewerten sind und das Verfahren in der Vorinstanz bereits 17 Monate verzögert war. Gemessen daran kommt dem Umstand, dass der Berichterstatter am 3. Januar 2013 gewechselt hatte, keine maßgebliche Bedeutung zu. Der dem Gericht einzuräumende Gestaltungsspielraum ist danach mit fünf Monaten zu bemessen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 26 f.), was eine unangemessene Verzögerung des Verfahrens von etwa sechs Monaten ergibt.
(5) Dem steht nicht entgegen, dass die Wiederholung der Verzögerungsrüge frühestens nach sechs Monaten zulässig ist (§ 198 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 GVG) und die Entschädigungsklage frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden kann (§ 198 Abs. 5 Satz 1 GVG). Soweit das Oberverwaltungsgericht davon ausgeht, dass innerhalb dieser Fristen eine Verzögerung nicht eintreten kann, ist dies mit Bundesrecht nicht vereinbar. Weder Wortlaut und Gesetzessystematik noch der mit diesen Fristen verfolgte Zweck sprechen für diese Annahme. Die Karenzfrist des § 198 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 GVG dient dem Schutz des Gerichts vor "Kettenrügen" in kurzen Abständen sowie der Entlastung der Betroffenen und ihrer Anwälte (vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 21), was die Annahme einer unangemessenen Verfahrensdauer während dieser Zeit nicht hindert. Mit der Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG soll dem Gericht hinreichend Zeit gegeben werden, auf die Verzögerungsrüge zu reagieren und das Verfahren in einer angemessenen Zeit abzuschließen oder in bereits verzögerten Verfahren eine Verlängerung der Verzögerung zu vermeiden (vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 22). Auch diesen Zwecken ist nicht ansatzweise zu entnehmen, dass die Wartefrist ausschließt, in ihrem Umfang eine ungerechtfertigte Verzögerung anzunehmen.
d) Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht war bei der gebotenen Gesamtabwägung insgesamt im Umfang von einem Jahr und 11 Monaten unangemessen. Die unangemessenen Verzögerungen vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht sind zu addieren. Sie sind weder innerhalb eines Stadiums des Verfahrens noch in einzelnen Verfahrensabschnitten innerhalb einer anderen Phase des Verfahrens ausgeglichen worden (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 17 und 44 m.w.N. und vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 30).
e) Dadurch hat die Klägerin einen immateriellen Nachteil erlitten, der durch Entschädigung wiedergutzumachen ist.
Nach § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG wird ein immaterieller Nachteil vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren - wie hier - unangemessen lange gedauert hat. Diese Vermutung ist hier nicht widerlegt. Eine Entschädigung ist auch nicht nach § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG ausgeschlossen. Danach kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist. Eine Wiedergutmachung auf andere Weise ist gemäß § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Ob eine solche Feststellung ausreichend im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG ist, beurteilt sich auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 34 m.w.N.). Mit Blick auf den Umfang der Verzögerung des vom Schwierigkeitsgrad allenfalls durchschnittlich gelagerten Falles, zu der die Klägerin nicht beigetragen hat, und wegen der mehr als durchschnittlichen Bedeutung für die Klägerin, die für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zu berücksichtigen ist, ist die bloße Feststellung, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, hier nicht ausreichend.
f) Die Klägerin ist in Höhe von 2 300 € zu entschädigen.
Die Bemessung der immateriellen Nachteile richtet sich nach § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG. Danach ist der immaterielle Nachteil in der Regel in Höhe von 1 200 € für jedes Jahr der Verzögerung zu entschädigen. Für Zeiträume unter einem Jahr lässt diese Regelung eine zeitanteilige Berechnung zu. Nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen, wenn der Betrag von 1 200 € nach den Umständen des Einzelfalles unbillig ist. Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.