Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 26.01.2011


BVerwG 26.01.2011 - 5 C 3/10

Entschädigung für den Verlust eines Erbbaurechts an einem Trümmergrundstück; Bemessungsgrundlage der Entschädigung


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsdatum:
26.01.2011
Aktenzeichen:
5 C 3/10
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend VG Leipzig, 27. Januar 2009, Az: 1 K 551/06, Urteil
Zitierte Gesetze
§ 1 Abs 1 ErbbauV
§ 12 Abs 1 ErbbauV

Leitsätze

1. Erbbaurechte gehören zum Grundvermögen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 EntschG.

2. Ob ein Grundstück im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 EntschG bebaut oder unbebaut ist, richtet sich nach der tatsächlichen Nutzung im Zeitpunkt der Schädigung.

3. Bei Erbbaurechten an Trümmergrundstücken bestimmt sich die Bemessungsgrundlage der Entschädigung nach dem für unbebaute Grundstücke geltenden Vervielfältiger des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EntschG und beträgt das Zwangzigfache des vor der Schädigung zuletzt festgestellten Einheitswertes.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt als Rechtsnachfolgerin Entschädigung für den Verlust eines Erbbaurechts an einem Trümmergrundstück.

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Der Rechtsvorgänger der Klägerin erwarb 1942 ein Erbbaurecht an dem in L. gelegenen, 1925 mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück, welches beginnend mit dem 1. Juli 1924 auf die Dauer von 70 Jahren bestellt wurde. Anfang Dezember 1943 wurde das auf dem Grundstück befindliche Einfamilienhaus durch eine Fliegerbombe zerstört.

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Mit Bescheid vom 22. April 1952 stellte das Finanzamt den Einheitswert für das Erbbaurecht zum 1. Januar 1952 auf 3 480 DM fest.

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Nachdem der Rechtsvorgänger der Klägerin im Jahr 1950 das Gebiet der ehemaligen DDR verlassen hatte, wurde das Erbbaurecht mit Wirkung vom 18. Juli 1952 beschlagnahmt und in Volkseigentum überführt. Im Jahre 1972 wurde das Erbbaurecht von einem Dritten redlich erworben.

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Mit bestandskräftigem Teilbescheid vom 17. September 1997 lehnte die Beklagte die Rückübertragung des Erbbaurechts an den Rechtsvorgänger der Klägerin ab. Zugleich stellte sie fest, dass ihm wegen des Verlustes dieses Vermögenswertes dem Grunde nach ein Anspruch auf Entschädigung zustehe.

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Mit Bescheid vom 1. November 2007 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Bemessungsgrundlage der Entschädigung auf 924,32 DM fest. Die Bemessungsgrundlage der Entschädigung für Erbbaurechte bestimme sich grundsätzlich nach der für Grundvermögen einschließlich Gebäudeeigentum geltenden Vorschrift des § 3 EntschG. Das Erbbaurecht beziehe sich auf ein Einfamilienhaus und unterfalle daher der Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EntschG, sodass das Siebenfache des vor der Schädigung zum 1. Januar 1952 zuletzt festgestellten Einheitswertes in Höhe von 3 480 DM anzusetzen sei. Von dem so ermittelten Betrag in Höhe von 24 360 DM seien gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EntschG Sicherungshypotheken in Höhe von insgesamt 19 680,03 DM sowie ein jährlicher Erbbauzins in Höhe von 3 755,65 DM als Verbindlichkeiten nach § 3 Abs. 4 EntschG abzuziehen. Lastenausgleichszahlungen gemäß § 8 EntschG seien entsprechend der Mitteilung des Ausgleichsamtes vom 31. Juli 2007 nicht zu berücksichtigen. Der sich danach als Bemessungsgrundlage ergebende Betrag liege unter 1 000 DM, sodass gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 2 EntschG keine Entschädigung zu gewähren sei. Der hiergegen von der Klägerin erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2008 zurückgewiesen.

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Das Verwaltungsgericht hat der Klage unter Aufhebung der Bescheide vom 1. November 2007 und 29. August 2008 zum Teil stattgegeben. Es hat die Beklagte verpflichtet, die Bemessungsgrundlage auf 12 483,91 DM festzusetzen, die weitergehende Klage auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 29 654,93 € aber abgewiesen. Hinsichtlich der Bestimmung der Bemessungsgrundlage ist das Verwaltungsgericht der Rechtsauffassung der Beklagten gefolgt und hat das Erbbaurecht den sonstigen bebauten Grundstücken im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EntschG zugeordnet. Als abzugsfähige Verbindlichkeiten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 4 EntschG seien - was die Beklagte in der mündlichen Verhandlung akzeptiert habe - aber nur eine Sicherungshypothek in Höhe von 7 055,91 DM sowie der Erbbauzins in Höhe von 3 755,65 DM anzuerkennen. Eine abschließende Entscheidung über die Höhe der Entschädigung könne nicht getroffen werden, da nicht ersichtlich sei, ob und in welcher Höhe ein Rückforderungsbetrag nach dem Lastenausgleichsgesetz bestehe. Auf die Mitteilung des Ausgleichsamtes vom 31. Juli 2007, wonach kein Rückforderungsbetrag bestehe, könne nicht zurückgegriffen werden, da ihr die fehlerhaft berechnete Bemessungsgrundlage in Höhe von 924,32 DM zugrunde gelegen habe.

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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 3 EntschG. Das Erbbaurecht an dem Trümmergrundstück sei wie ein solches an einem unbebauten Grundstück nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EntschG zu behandeln und der Einheitswert von 3 480 DM dementsprechend mit dem Faktor 20 zu multiplizieren. Darüber hinaus beruft sie sich auf die Mitteilung des Ausgleichsamtes vom 31. Juli 2007, wonach ein Rückforderungsbetrag wegen gezahlten Lastenausgleichs nicht abzuziehen sei.

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Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin hat in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang Erfolg. Die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts, das sich auf ein Einfamilienhaus beziehende Erbbaurecht unterfalle ungeachtet der Zerstörung des auf dem Grundstück früher vorhandenen Gebäudes der Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EntschG, steht mit Bundesrecht nicht in Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Bemessungsgrundlage der Entschädigung für das streitgegenständliche Erbbaurecht bestimmt sich vielmehr nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EntschG. Dagegen hat das Verwaltungsgericht die Beklagte mit Rücksicht auf eine fehlende bestandskräftige Entscheidung der Ausgleichsverwaltung im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 EntschG zu Recht nicht zur Zahlung einer Entschädigung in der geltend gemachten Höhe verpflichtet.

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1. Zwischen den Beteiligten steht zutreffend nicht im Streit, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 EntschG erfüllt sind und der Klägerin damit - dem Grunde nach - ein Anspruch auf Entschädigung für das entzogene Erbbaurecht zusteht. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatrichterlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts war der Rechtsvorgänger der Klägerin zwar wegen der entschädigungslosen Enteignung des ihm zustehenden Erbbaurechts am 17. Juli 1952 Berechtigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG, konnte aber gleichwohl eine Rückübertragung des Erbbaurechts nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VermG nicht verlangen, weil dieses in der Folgezeit in redlicher Weise im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG von einem Dritten erworben worden ist.

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2. Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 EntschG nach der Bemessungsgrundlage, die für Erbbaurechte unmittelbar in § 3 EntschG geregelt ist (2.1). Der gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 EntschG auf den vor der Schädigung zuletzt festgestellten Einheitswert anzuwendende Vervielfältiger richtet sich nach der tatsächlichen Nutzung des Grundstücks im Zeitpunkt der Schädigung (2.2). Ein unbebautes Grundstück im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EntschG ist auch dann gegeben, wenn das aufgrund eines Erbbaurechts errichtete oder unterhaltene Gebäude - wie im Falle eines Trümmergrundstücks - dauerhaft nicht mehr benutzbar ist (2.3). In Anwendung des aufgezeigten rechtlichen Maßstabes ist als Bemessungsgrundlage der Entschädigung für das streitgegenständliche Erbbaurecht gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EntschG ein Betrag in Höhe von 69 600 DM zugrunde zu legen (2.4).

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2.1 Die Vorschrift des § 3 EntschG ist auf Erbbaurechte unmittelbar anwendbar, da der in § 3 Abs. 1 Satz 1 EntschG verwandte Begriff des Grundvermögens auch das Erbbaurecht umfasst. Der Begriff des Grundvermögens ist ein steuerrechtlicher Begriff mit einem gesetzlich eindeutig definierten Inhalt. Zum Grundvermögen im Sinne des steuerlichen Bewertungsrechts gehört kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung auch das Erbbaurecht (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 1 und 3 und § 50 Abs. 2 Reichsbewertungsgesetz vom 16. Oktober 1934 in der Fassung des Bewertungsgesetzes der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. September 1970 - RBewG/BewG DDR - sowie § 68 Abs. 1 Nr. 1 Bewertungsgesetz vom 9. November 1992 - BewG -). Es besteht kein Anhaltspunkt, dass der Begriff des Grundvermögens in § 3 Abs. 1 Satz 1 EntschG in einem abweichenden engeren Sinne zu verstehen ist. Systematische Gesichtspunkte und der Gesetzeszweck stützen vielmehr das aus dem Wortlaut gewonnene Auslegungsergebnis.

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Das Entschädigungsgesetz greift in mehrfacher Hinsicht auf das steuerliche Bewertungsrecht, dessen Begrifflichkeiten und Regelungen zurück. Neben dem Begriff des Grundvermögens verwendet es die dem steuerlichen Bewertungsrecht zuzuordnenden Begriffe des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (vgl. § 3 EntschG) und der Bemessungsgrundlage (vgl. § 1 Abs. 4 Nr. 2 und Nr. 4a, § 2 Abs. 1, § 2a Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4, 5, 5a, 6 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 EntschG). Mit dem Abstellen auf den Einheitswert (vgl. § 3 Abs. 1 bis 3, § 4 Abs. 1, 2 und 2a und § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EntschG) nimmt es zudem auf eine steuerrechtliche Bemessungsgrundlage Bezug. Die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 EntschG bei bebauten Grundstücken im Einzelnen zu unterscheidenden Grundstücksarten knüpfen überdies an der Differenzierung des Bewertungsrechts an (vgl. § 52 Abs. 1 RBewG/BewG DDR i.V.m. § 32 Abs. 1 Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz vom 2. Februar 1935 sowie § 75 Abs. 1 BewG). Außerdem verweist das Entschädigungsgesetz ausdrücklich auf das Reichsbewertungsgesetz vom 16. Oktober 1934 in der Fassung des Bewertungsgesetzes der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. September 1970 (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 5, § 5 Abs. 4 und 5 EntschG).

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Für ein das Erbbaurecht einschließendes Verständnis des Begriffs des Grundvermögens spricht maßgeblich auch der Sinn und Zweck des Entschädigungsgesetzes. Dieses soll in Ergänzung des Vermögensgesetzes die Entschädigung für die vom Vermögensgesetz erfassten Vermögenswerte regeln, die durch in § 1 VermG näher bezeichnete staatliche Enteignungs- oder enteignungsgleiche Maßnahmen in Volkseigentum überführt oder an Dritte veräußert wurden und deren Rückgabe nach dem Vermögensgesetz ausgeschlossen ist oder hinsichtlich deren der Berechtigte Entschädigung gewählt hat (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 EntschG). Mit Rücksicht darauf, dass keine sachliche Beschränkung auf einzelne Vermögenswerte vorgenommen wird, sind im Entschädigungsgesetz für alle Vermögenswerte im Sinne des Vermögensgesetzes die Grundlagen der Entschädigung zu bestimmen. Zu diesen Vermögenswerten gehört nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 VermG auch das Erbbaurecht als dingliches Recht an einem Grundstück.

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2.2 Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EntschG ist Bemessungsgrundlage der Entschädigung für Erbbaurechte ein nach Grundstücksarten differenziertes Vielfaches des vor der Schädigung zuletzt festgestellten Einheitswertes. Die Einordnung in die Grundstücksart richtet sich nach der tatsächlichen Nutzung des Grundstücks im Zeitpunkt der Schädigung (vgl. zur Maßgeblichkeit des Schädigungszeitpunktes: Urteil vom 10. April 2008 - BVerwG 5 C 20.07 - BVerwGE 131, 110 = Buchholz 428.41 § 3 EntschG Nr. 7 jeweils Rn. 16).

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Maßstab für die Bemessungsgrundlage der Entschädigung ist der fiktive Verkehrswert des geschädigten Vermögenswertes zum 3. Oktober 1990 (vgl. BTDrucks 12/7588 S. 32, 35 und 37). Dieser wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung des geschädigten Vermögenswertes am besagten Stichtag am wahrscheinlichsten zu erzielen gewesen wäre. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers entspricht der zum 3. Oktober 1990 angenommene Verkehrswert des Grundvermögens einschließlich Gebäudeeigentums nicht dem vor der Schädigung zuletzt festgestellten Einheitswert, sondern liegt deutlich über diesem (vgl. a.a.O. S. 37). Andernfalls hätte es der in § 3 Abs. 1 Satz 1 EntschG angeordneten Vervielfältigung des Einheitswertes nicht bedurft. Ausgangspunkt der nach Grundstücksarten differenzierten Vervielfältiger ist die Überlegung, dass Art und Maß der Grundstücksnutzung einen ihrer Beschaffenheit entsprechenden unterschiedlichen Einfluss auf die Preisbildung und damit den Verkehrswert haben können. Das gilt gleichermaßen für den Verkehrswert von Grundstücken wie von Erbbaurechten. Für das Erbbaurecht folgt dies daraus, dass das Bauwerk als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts (§ 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 Erbbaurechtsgesetz - ErbbauRG -) für dessen Dauer im Eigentum des Erbbauberechtigten steht und demzufolge der für das - vorhandene - Bauwerk anzusetzende Wert sich im Preis für das Erbbaurecht widerspiegelt. Die für die einzelnen Vermögensobjekte festgelegten Vervielfältiger drücken in pauschalierender Weise unter Berücksichtigung des typischen Erhaltungszustands die Wertsteigerungen aus, die die Objekte nach Schätzungen von Steuerfachleuten infolge des Wegfalls der deutschen Teilung am 3. Oktober 1990 erfahren haben (BVerfG, Urteil vom 22. November 2000 - 1 BvR 2307/94 u.a. - BVerfGE 102, 254 <308 f.>).

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Für die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 EntschG aufgeführten Grundstücksarten kommt es allein auf die tatsächliche Grundstücksnutzung im Schädigungszeitpunkt an (BVerfG a.a.O. S. 308). Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein Nutzungs- bzw. Baurecht bestanden hat, ist ohne Bedeutung. Daher ist beim Erbbaurecht der Rückgriff auf den gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EntschG für unbebaute Grundstücke geltenden Vervielfältiger nicht schon allein deshalb ausgeschlossen, weil es sich beim Erbbaurecht definitionsgemäß um das Recht handelt, auf oder unter der Erdoberfläche eines Grundstücks ein Bauwerk zu haben (§ 1 Abs. 1 ErbbauRG). Das Abstellen auf die tatsächliche Grundstücksnutzung entspricht dem Zweck des Entschädigungsgesetzes, den durch staatliche Unrechtsmaßnahmen erlittenen Vermögensverlust durch eine sich am Verkehrswert zum 3. Oktober 1990 orientierte Entschädigung wiedergutzumachen. Zu diesem Stichtag wäre im gewöhnlichen Geschäftsverkehr - soweit hier von Interesse - bei der Veräußerung eines Erbbaurechts ohne Zweifel ein höherer Kaufpreis zu erzielen gewesen, wenn sich zu diesem Zeitpunkt auf dem belasteten Grundstück ein dem Erbbaurecht entsprechendes benutzbares Gebäude befunden hätte als wenn es unbebaut gewesen wäre. Denn im Falle der Bebauung ist neben dem Bodenwert auch der Gebäudewert zu berücksichtigen und durch den Preis abzubilden.

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2.3 Unbebaute Grundstücke im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EntschG sind Grundstücke, auf denen sich keine benutzbaren Gebäude befinden. Dem steht gleich, wenn - wie im Fall eines Trümmergrundstücks - in einem auf dem Grundstück befindlichen Gebäude infolge der Zerstörung oder des Zerfalls auf die Dauer kein benutzbarer Raum mehr vorhanden ist (vgl. Legaldefinition des § 72 Abs. 1 und 3 BewG; s.a.: VG Leipzig, Urteil vom 23. September 2004 - 3 K 1240/03 - juris Rn. 35; VG Dessau, Urteil vom 2. November 2004 - 3 A 70/04 - juris Rn. 20 sowie Christoffel, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Stand: November 2009, § 3 EntschG Rn. 54; Weskamm, in: Kimme, Offene Vermögensfragen, Bd. III, Stand: Juni 2009, § 3 EntschG Rn. 44; vgl. auch Schriftenreihe des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, Heft 9, Stand: Oktober 2008, Anlage IV.46 sowie Heft 14 ).

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2.4 Bei Anwendung des vorstehend dargestellten Maßstabes bestimmt sich die Bemessungsgrundlage des in Rede stehenden Erbbaurechts nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EntschG und beträgt das Zwanzigfache des vor Schädigung mit Bescheid vom 22. April 1952 zuletzt festgestellten Einheitswertes in Höhe von 3 480 DM. Das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück war im Zeitpunkt der Schädigung tatsächlich unbebaut. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatrichterlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts war das auf diesem Grundstück errichtete Einfamilienhaus im Krieg durch eine Fliegerbombe zerstört und bis zur Beschlagnahmung des Erbbaurechts im Jahre 1952 nicht neu errichtet worden. Über die Höhe des nach Maßgabe des Art. 19 des Einigungsvertrages für das Erbbaurecht mit 3 480 DM wirksam festgesetzten Einheitswertes besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

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Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus dem Einheitswertbescheid vom 22. April 1952. Dabei kann hier offenbleiben, ob und inwieweit die für die Entscheidung über die Gewährung einer Entschädigung zuständigen Behörden an Angaben zur Nutzungsart im Einheitswertbescheid gebunden sind. Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen und Wertungen des Verwaltungsgerichts wurden im Bescheid vom 22. April 1952 in der für Angaben zur "Art" des Grundstücks vorgesehenen Spalte zwar "bebautes Grundstück", "Einfamilienhaus" sowie "Neubau" angekreuzt. Allerdings wurden vom Bodenwert ausdrücklich 10 v.H. für die "Enttrümmerung" abgezogen und so der Charakter des Grundstücks als Trümmergrundstück dokumentiert. In Übereinstimmung damit wurde bei der Festsetzung des Einheitswertes für das Erbbaurecht gerade kein Gebäudewert, sondern nur der Bodenwert berücksichtigt. Auf diese Weise wurde der Sache nach ein Einheitswert für ein unbebautes Grundstück festgesetzt, was mit der tatsächlichen Grundstücksnutzung im Schädigungszeitpunkt übereinstimmte. Aus diesem Grund ist hier auch nicht zu klären, wie - auch in den nicht schon von § 3 Abs. 3 EntschG erfassten Fällen - zu verfahren ist, wenn die tatsächliche Grundstücksnutzung im Schädigungszeitpunkt nicht (mehr) der Grundstücksnutzung entspricht, die der steuerlichen Bewertung zugrunde lag.

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3. Die Bemessungsgrundlage, die danach 69 600 DM beträgt, vermindert sich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 EntschG auf 34 636,53 DM.

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Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht mehr im Streit, dass die von der Bemessungsgrundlage nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EntschG abzuziehenden langfristigen Verbindlichkeiten nach § 3 Abs. 4 EntschG mit einem Betrag von insgesamt 10 811,56 DM anzusetzen sind. Von dem danach verbleibenden Betrag in Höhe von 58 788,44 DM sind des Weiteren gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EntschG die progressiv gestaffelten Kürzungsbeträge nach § 7 EntschG in Höhe von insgesamt 24 151,91 DM abzuziehen.

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Nach § 7 Abs. 1 EntschG ist die Entschädigung schrittweise um bestimmte Prozentsätze zu kürzen, wenn die Summe aus Bemessungsgrundlage und Abzügen nach § 3 Abs. 4 EntschG - wie hier - den Betrag von 10 000 DM übersteigt. Die Kürzungsbeträge sind progressiv gestaffelt. Bis zu einer Summe von 10 000 DM ist die Entschädigung nicht zu kürzen. Für den 10 000 DM übersteigenden bis 20 000 DM reichenden Betrag ist die Entschädigung um 30 v.H. (hier: 3 000 DM) zu reduzieren. Der 20 000 DM übersteigende bis 30 000 DM reichende Betrag unterliegt einer Kürzung in Höhe von 40 v.H. (hier: 4 000 DM). Für den 30 000 DM übersteigenden bis 40 000 DM reichenden Betrag beträgt die Kürzung 50 v.H. (hier: 5 000 DM). Der 40 000 DM übersteigende bis 50 000 DM reichende Betrag ist um 60 v.H. (hier: 6 000 DM) und der 50 000 DM übersteigende bis 100 000 DM reichende Betrag (hier: 8 788,44 DM) um 70 v.H. (hier: 6 151,91 DM) zu verringern.

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4. Die Beklagte war nicht zur Zahlung eines bestimmten Entschädigungsbetrages zu verurteilen. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es hierfür an einer (verwertbaren) bestandskräftigen Entscheidung der Ausgleichsverwaltung im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 EntschG fehlte.

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Die Beklagte wird für die abschließende Entscheidung über die Höhe der Entschädigung die Entscheidung der Ausgleichsverwaltung einzuholen haben, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe unter Zugrundelegung der im Tenor festgesetzten Bemessungsgrundlage nach den Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes ein Rückforderungsbetrag festzusetzen ist. Nach Bestandskraft der Festsetzung wird sie diesen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 EntschG von der im Tenor festgestellten Bemessungsgrundlage abzuziehen haben. Sollte die Differenz wenigstens 1 000 DM betragen (vgl. § 1 Abs. 4 Nr. 2 EntschG), wird sie den Betrag gemäß § 2 Abs. 2 EntschG abzurunden und in Euro umzurechnen haben. Schließlich wird sie die festzusetzende Entschädigung nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 Satz 5 und 6 EntschG zu verzinsen haben (vgl. Urteil vom 10. April 2008 a.a.O. jeweils Rn. 30).