Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 23.02.2010


BVerwG 23.02.2010 - 5 C 13/09

Vorausleistung der Ausbildungsförderung; Antrag, der nach Ende des Bewilligungszeitraumes gestellt wurde; Ausschlussfrist des § 36 Abs. 1 Halbs. 2 BAföG; sozialrechtlicher Herstellungsanspruch


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsdatum:
23.02.2010
Aktenzeichen:
5 C 13/09
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 24. September 2008, Az: 12 BV 07.1939, Urteilvorgehend VG Ansbach, 19. April 2007, Az: AN 2 K 04.1246, Urteil
Zitierte Gesetze
§ 27 SGB 10

Leitsätze

§ 36 Abs. 1 Halbs. 2 BAföG enthält eine materielle Ausschlussfrist. Ob sich der Auszubildende bei deren Versäumung ausnahmsweise auf die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs berufen kann, bleibt offen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung vorläufig gewährter Ausbildungsförderung und begehrt in diesem Rahmen die Berücksichtigung von Vorausleistungen nach Ende des Bewilligungszeitraums.

2

Die Klägerin besuchte ab August 1998 die Fachoberschule H. Hierfür beantragte sie am 31. August 1998 für den Zeitraum von August 1998 bis Juni 1999 und am 29. Juli 1999 für den Zeitraum von Juli 1999 bis Juni 2000 Ausbildungsförderung. Für beide Bewilligungszeiträume stellte sie jeweils Aktualisierungsanträge nach § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG bezüglich des Einkommens ihrer Mutter. Hierbei erklärte sie unter anderem, ihr sei bekannt, dass Ausbildungsförderung auf der Grundlage der aktuellen Einkommensverhältnisse unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet werde und dass sie nach Stellung dieses Antrages auf Aktualisierung die Anrechnung des Einkommens aus dem vorletzten Kalenderjahr nicht mehr verlangen könne.

3

Mit Bescheid vom 26. August 1999 bewilligte der Beklagte der Klägerin Ausbildungsförderung für August 1998 sowie für den Zeitraum von September 1998 bis Juni 1999 in Höhe von monatlich 165,66 €. Mit weiterem Bescheid vom 24. Februar 2000 erkannte er der Klägerin für die Zeit von Juli 1999 bis Juni 2000 Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 204,01 € zu. In beiden Bewilligungszeiträumen rechnete der Beklagte jeweils Einkommen der Klägerin und der Mutter an. Beide Bescheide ergingen unter Hinweis auf § 24 Abs. 3 BAföG unter dem Vorbehalt der Rückforderung, weil sich das Einkommen der Mutter der Klägerin im Bewilligungszeitraum nicht abschließend feststellen lasse. Die Klägerin wurde gebeten, Nachweise vorzulegen, sobald das Einkommen der Mutter in den Kalenderjahren 1998/99 bzw. 1999/2000 feststehe. Hierauf war die Klägerin bereits im Formblattantrag hingewiesen worden.

4

Nachdem der Beklagte die vorgenannten Unterlagen erhalten hatte, hob er mit drei Bescheiden vom 15. August 2003 die unter Vorbehalt ergangenen Bewilligungsbescheide auf und lehnte nunmehr für August 1998 sowie für den Zeitraum von September 1998 bis Juni 1999 Ausbildungsförderung vollständig ab, während er für den Zeitraum von Juli 1999 bis Juni 2000 die Höhe der monatlichen Ausbildungsförderung auf 32,13 € herabsetzte. Gleichzeitig forderte er von der Klägerin überzahlte Ausbildungsförderung in Höhe von 3 884,82 € zurück.

5

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Gewährung von Vorausleistungen für die genannten Bewilligungszeiträume. Zur Begründung trug sie vor, sie habe keine Kenntnis von den Steuerbescheiden ihrer Mutter gehabt, welche diese bei dem Studentenwerk vorgelegt habe. Sie habe erst durch den Rückforderungsbescheid vom 15. August 2003 erfahren, dass das Einkommen ihrer Mutter höher ausgefallen sei, als ursprünglich von dieser angegeben. Sie müsse deshalb gegen den Rückforderungsbescheid noch die sogenannte Vorausleistungseinrede erheben können. Da es das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich § 24 Abs. 3 BAföG auch entgegen dem Wortlaut des Gesetzes für zulässig gehalten habe, dass nach dem Ende des Bewilligungszeitraumes ein Aktualisierungsantrag gestellt werden könne, sei auch eine entsprechende verfassungskonforme Auslegung des § 36 Abs. 1 BAföG geboten, weil sonst die Lücke zwischen dem bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsrecht und dem Ausbildungsförderungsrecht nicht geschlossen werden könne. Nach § 1613 BGB könne sie von ihrer Mutter nämlich nicht mehr rückwirkend Unterhalt verlangen, während bei einer Vorausleistung mit gesetzlichem Anspruchsübergang das Förderungsamt durchaus auch für die Vergangenheit Zugriffsmöglichkeiten gegen die Eltern habe. Die Glaubhaftmachung durch den Auszubildenden, dass die Eltern den angerechneten Unterhaltsbetrag nicht leisteten, könne auch rückwirkend erfolgen. Sie, die Klägerin, sei im Übrigen nie darüber informiert worden, dass sie im Falle eines Aktualisierungsantrages dann, wenn sich bei der endgültigen Berechnung ein höheres Einkommen ihrer Mutter und damit eine Rückforderung ergebe, noch einen Vorausleistungsantrag stellen könne bzw. diesen vorsorglich bis zum Ende des Bewilligungszeitraumes sogar stellen müsse. Der Beklagte sei aufgrund seiner Beratungspflicht gehalten gewesen, sie auf die naheliegende Gestaltungsmöglichkeit eines vorsorglichen Vorausleistungsantrages hinzuweisen, was aber nicht geschehen sei. Dementsprechend sei sie im Zweifel im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als ob sie rechtzeitig vor Ende des Bewilligungszeitraumes den Vorausleistungsantrag gestellt hätte. Die verfassungskonforme Auslegung des geänderten § 36 Abs. 1 BAföG müsse ebenfalls zu dem Ergebnis führen, dass die Vorausleistungseinrede zu berücksichtigen sei.

6

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2004 wurde der Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurückgewiesen, der Rückforderung stehe die Einrede der Vorausleistung nicht entgegen. Gemäß § 36 Abs. 1 Halbs. 2 BAföG dürften nach Ende des Bewilligungszeitraumes gestellte Vorausleistungsanträge nicht mehr berücksichtigt werden.

7

Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 19. April 2007 abgewiesen. Die Zurückweisung des nachträglichen Vorausleistungsantrages bzw. der diesbezüglichen Einrede sei nicht zu beanstanden. Dies ergebe sich aus der Regelung des § 36 Abs. 1 Halbs. 2 BAföG, die auch verfassungsgemäß sei.

8

Mit Urteil vom 24. September 2008 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Der erst nach Ablauf der beiden Bewilligungszeiträume gestellte Vorausleistungsantrag sei ebenso wie die hierauf gestützte Vorausleistungseinrede gem. § 36 Abs. 1 Halbs. 2 BAföG nicht zu berücksichtigen. Die von der Klägerin geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken und ihre auf die Kommentarliteratur gestützten rechtspolitischen Erwägungen griffen nicht durch. Ihre Hinweise auf die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 36 BAföG seien im Kern durch die Neufassung der Bestimmung überholt. Der Wille des Gesetzgebers komme in der amtlichen Begründung zu § 36 BAföG hinreichend zum Ausdruck. Für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht bestehe keine Veranlassung, auch wenn der Auszubildende den Unterhalt, den seine Eltern etwa wegen § 24 Abs. 2 oder Abs. 3 BAföG nicht geleistet hätten, nach § 1613 BGB nachträglich nicht mehr erstreiten könne. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber diese Fälle bei der Ergänzung des § 36 Abs. 1 BAföG um einen Halbsatz 2 nicht im Blick gehabt und deshalb eine auszufüllende Gesetzeslücke belassen habe. Der Auszubildende müsse gegebenenfalls vorsorglich innerhalb der Antragsfrist den Vorausleistungsantrag stellen, um gegen die Erstattung die Vorausleistungseinrede erheben zu können. Auf die Risiken der möglichen Erstattungspflicht im Falle eines Aktualisierungsantrages sei die Klägerin ausweislich der Akten ausreichend hingewiesen worden. Entgegen ihrer Auffassung bestünden auch aus Art. 3 GG keine durchgreifenden Bedenken gegen die Neufassung des § 36 Abs. 1 BAföG. Etwaige Defizite der unterhaltsrechtlichen Regelung des § 1613 BGB seien nicht im Bundesausbildungsförderungsrecht auszugleichen. Die Klägerin sei auch nicht unzumutbar gehindert worden, ihre Ausbildung aufzunehmen, zu absolvieren und abzuschließen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist des § 36 Abs. 1 BAföG komme schon wegen § 27 Abs. 5 SGB X nicht in Betracht. Ebensowenig könne sich die Klägerin auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen, denn dem Beklagten sei jedenfalls eine Verletzung seiner Beratungspflicht nicht vorzuhalten. Die Behörde müsse nicht allgemein den Eltern oder hier der Mutter der Klägerin in diesem Verfahrensstadium unterstellen, dass sie ihrer Unterhaltsverpflichtung nicht nachkämen. Soweit die Klägerin auf das "schlechte Verhältnis" zu ihrer Mutter habe hinweisen lassen, hätte gerade darin Anlass für sie liegen müssen, den Vorausleistungsantrag zusammen mit dem Aktualisierungsantrag zu stellen.

9

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Anfechtungsbegehren weiter. Sie rügt insbesondere eine Verletzung des § 36 Abs. 1 Halbs. 2 BAföG sowie des Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 und 3 GG und den Grundsätzen über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.

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Der Beklagte und der Vertreter des Bundesinteresses bei dem Bundesverwaltungsgericht verteidigen das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) entschieden, dass die angefochtenen Bescheide, durch welche der Beklagte die Gewährung von Ausbildungsförderung für die streitbefangenen Bewilligungszeiträume ganz abgelehnt bzw. in der Höhe herabgesetzt und die vorbehaltlich bewilligte Ausbildungsförderung in der streitigen Höhe zurückgefordert hat, rechtmäßig sind.

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Der von der Beklagten geltend gemachte Rückforderungsanspruch findet seine Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG. Denn der Klägerin stand die ihr nach § 24 Abs. 3 BAföG unter dem Vorbehalt der Rückforderung gewährte Ausbildungsförderung wegen des anzurechnenden Einkommens ihrer Mutter (§ 24 Abs. 1 und 3 BAföG) sowohl im ersten (8/1998 bis 6/1999) als auch im zweiten Bewilligungszeitraum (7/1999 bis 6/2000) nur in der in den Bescheiden vom 15. August 2003 festgesetzten Höhe zu. Die Klägerin kann sich dagegen weder mit Erfolg darauf berufen, dass ihr Antrag auf Gewährung von Vorausleistungen zumindest in verfassungskonformer Anwendung des § 36 Abs. 1 Halbs. 2 BAföG als rechtzeitig zu betrachten sei und der Rückforderung des Beklagten die sog. Vorausleistungseinrede entgegenstehe (1), noch kann sie (hilfsweise) verlangen, so gestellt zu werden, als hätte sie Vorausleistungen vor Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraums beantragt (2).

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1. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht angenommen, dass der von der Klägerin mit der Erhebung des Widerspruchs gestellte Antrag auf Gewährung von Vorausleistungen nach § 36 Abs. 1 Halbs. 2 BAföG nicht mehr berücksichtigt werden durfte, weil der Bewilligungszeitraum zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits abgelaufen war. Der Senat hat in seinem Urteil vom heutigen Tage in dem Verfahren BVerwG 5 C 2.09 (zur Veröffentlichung vorgesehen) entschieden, dass ein nach dem Ende des Bewilligungszeitraums gestellter Antrag auf Vorausleistungen nach der Neufassung des § 36 Abs. 1 Halbs. 2 BAföG durch das 17. BAföGÄndG vom 24. Juli 1995 (BGBl I S. 976) in Fällen einer abschließenden Entscheidung nach § 24 Abs. 2 oder 3 BAföG keine Berücksichtigung mehr findet. Auch unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen den Ausschluss von erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums gestellten Vorausleistungsbegehren gegenüber der Rückforderung unter Vorbehalt gewährter Leistungen, so dass eine verfassungskonforme Auslegung des § 36 Abs. 1 Halbs. 2 BAföG (n.F.) insoweit nicht geboten ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Senats, die gleichermaßen im vorliegenden Verfahren gelten, wird Bezug genommen.

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2. Die Klägerin kann auch nicht im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (2.1) oder unter Berufung auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (2.2) verlangen, so gestellt zu werden, als hätte sie innerhalb der Frist des § 36 Abs. 1 Halbs. 2 BAföG Vorausleistungen beantragt.

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2.1 Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, dass hier eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) nicht in Betracht kommt, weil die Frist des § 36 Abs. 1 Halbs. 2 BAföG eine materielle Ausschlussfrist darstellt, die eine Wiedereinsetzung ausschließt (§ 27 Abs. 5 SGB X). Die Zulassung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand würde die vom Gesetzgeber als ausnahmslos statuierte materielle Begrenzung, einen Vorausleistungsantrag nur im laufenden Bewilligungszeitraum stellen zu können, der Sache nach aushöhlen.

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2.2 Die Klägerin kann sich auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen. Dem steht jedenfalls entgegen, dass - wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend entschieden hat - dem Beklagten ein hier allein in Betracht zu ziehender Beratungs- oder Aufklärungsfehler nicht unterlaufen ist. Die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch entwickelten Grundsätze im Recht der Ausbildungsförderung anwendbar sind, bedarf daher keiner Entscheidung. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat nämlich auch und gerade zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat (vgl. etwa BSG, Urteile vom 1. April 2004 - B 7 AL 52/03 R - BSGE 92, 267, 279 und vom 31. Oktober 2007 - B 14/11b AS 63/06 R - SozR 4-1200 § 14 Nr. 10; Beschluss vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 77/08 B - juris). An einer solchen Pflichtverletzung fehlt es hier.

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a) Über das Rückforderungsrisiko im Falle der Stellung eines Aktualisierungsantrags (§ 24 Abs. 3 BAföG) hat der Beklagte die Klägerin hinreichend aufgeklärt. Er hat sie im Rahmen der vorläufigen Gewährung von Ausbildungsförderung darüber belehrt, dass eine endgültige Abrechnung erfolgen werde und es hierbei zu Rückforderungen kommen könne. Nach den für das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin bei der Antragstellung erklärt, ihr sei bekannt, dass Ausbildungsförderung auf der Grundlage der aktuellen Einkommensverhältnisse unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet werde.

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b) Eine weitergehende Belehrung der Klägerin darüber, dass sie einen "vorsorglichen Vorausleistungsantrag" hätte stellen können, war nicht geboten.

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Es ist bereits fraglich, ob ein Antrag auf Gewährung von Vorausleistungen, der nicht auf den Unterhaltsbetrag im Rahmen der vorläufigen Gewährung von Ausbildungsförderung, sondern auf einen künftig sich etwa ergebenden Unterhaltsbetrag bezogen ist, nach § 36 Abs. 1 BAföG in zulässiger Weise überhaupt "vorsorglich" gestellt werden kann. Denn ein solcher "Antrag auf Vorrat" wäre im Zeitpunkt der Antragstellung mangels einer Ausbildungsgefährdung im Sinne von § 36 Abs. 1 BAföG unbegründet und nach dem Willen des Antragstellers aktuell (noch) gar nicht zu bescheiden. Er wird nur für den hypothetischen Fall einer späteren Rückforderung von Ausbildungsförderung (und insofern bedingt) gestellt und dient allein dazu, die Chance auf nachträgliche Vorausleistungen zu wahren. Gegen die Statthaftigkeit eines solchen Antrags spricht ferner, dass er dem Zweck, den das Gesetz mit der Begrenzung der Antragstellung auf den Bewilligungszeitraum (§ 36 Abs. 1 Halbs. 2 BAföG) verfolgt (vgl. das Urteil vom heutigen Tage zum Verfahren BVerwG 5 C 2.09), zuwiderlaufen würde.

20

Die Frage der Statthaftigkeit eines "vorsorglichen" Antrags bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn jedenfalls bestand für den Beklagten hier keine Verpflichtung dazu, die Klägerin rechtlich dahin zu beraten, einen (vorsorglichen) Vorausleistungsantrag zu stellen. Er musste sie nicht allein deshalb, weil sie einen Aktualisierungsantrag gestellt hatte, auf die rechtliche Gestaltungsmöglichkeit der Inanspruchnahme von Vorausleistungen hinweisen. Zum einen trifft es entgegen der Auffassung der Revision nicht zu, dass der Auszubildende in den Fällen der Rückzahlung vorläufig gewährter Ausbildungsförderung (nach § 24 Abs. 3 BAföG) - sofern ihm die Gewährung (nachträglicher) Vorausleistungen bzw. die Berufung auf die Vorausleistungseinrede versagt bliebe - diese Kosten stets selbst zu tragen hätte, weil er nach zivilrechtlichen Regelungen (§ 1613 BGB) keinen bzw. nicht rückwirkend Unterhalt von seinen Eltern begehren könne (vgl. dazu das Urteil vom heutigen Tage zum Verfahren BVerwG 5 C 2.09). Zum anderen liegt der Zweck der Aktualisierung nach § 24 Abs. 3 BAföG darin, einer Gefährdung der Ausbildung entgegenzuwirken, die dadurch entsteht, dass die - an sich zahlungswilligen - Eltern den Anrechnungsbetrag, der sich nach ihrem Einkommen aus dem Regelberechnungszeitraum des § 24 Abs. 1 BAföG ergibt, wegen einer zwischenzeitlichen Verschlechterung der Einkommensverhältnisse im aktuellen Bewilligungszeitraum nicht (mehr) als Unterhalt leisten können. Demgegenüber dienen Vorausleistungen nach § 36 Abs. 1 BAföG dem Zweck, insbesondere im Falle fehlender Zahlungsbereitschaft der unterhaltspflichtigen Eltern eine Gefährdung der Ausbildung zu verhindern und befreien den Auszubildenden als "außerordentliche Zusatzleistungen" davon, während des Bewilligungszeitraums gegen seine Eltern vorgehen und von ihnen bestrittene Unterhaltsansprüche durchsetzen zu müssen. Ein Anlass für die Behörde, den Auszubildenden dahin zu beraten, einen Vorausleistungsantrag zu stellen, kann daher - auch im Falle eines Aktualisierungsantrags (§ 24 Abs. 3 BAföG) - nur bestehen, wenn schon bei der Beantragung von Ausbildungsförderung oder jedenfalls während des laufenden Bewilligungszeitraums erkennbar ist, dass die Eltern nicht bereit sein werden, die in der endgültigen Abrechnung (nach Auflösung des Vorbehalts) festgesetzten Anrechnungsbeträge als Unterhalt zu leisten und dadurch eine Ausbildungsgefährdung verursacht werden kann. So lag es hier jedoch nicht.

21

Nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hatte der Beklagte zu keinem Zeitpunkt vor der Einlegung des Widerspruchs der Klägerin einen hinreichenden Anhaltspunkt dafür, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Vorausleistung gegeben sein könnten (Urteilsabdruck S. 12). Er musste in diesem Verfahrensstadium auch weder allgemein den Eltern von Auszubildenden unterstellen, dass sie der Unterhaltsverpflichtung nicht nachkommen, noch hatte er im vorliegenden Fall Grund zu der Annahme, dass die unterhaltspflichtige Mutter der Klägerin nicht gewillt sein könnte, während oder nach Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraums im erforderlichen Maße Unterhalt zu leisten. Ausführungen der Klägerin, die hierauf hätten schließen lassen können, hat diese allenfalls im gerichtlichen Verfahren gemacht, indem sie - wie der Verwaltungsgerichtshof ausführt (Urteilsabdruck S. 13) - auf das "schlechte Verhältnis" zu ihrer Mutter hingewiesen habe. Für den Beklagten bestand aber jedenfalls während des Laufs der streitigen Bewilligungszeiträume kein Anlass, die Klägerin - ohne ein entsprechendes Vorbringen oder eine Nachfrage ihrerseits - über die vorsorglichen Reaktionsmöglichkeiten auch im Hinblick auf den hypothetischen Fall einer etwaigen Zahlungsunwilligkeit oder -unfähigkeit eines Elternteils aufzuklären. Vielmehr hätte es der Klägerin - wenn sie denn daran ernstliche Zweifel gehegt hätte - oblegen, sich an den Beklagten zu wenden und diesen (rechtzeitig) darauf hinzuweisen, dass ihre Mutter ihren Unterhaltsverpflichtungen voraussichtlich nicht nachkommen werde.