Entscheidungsdatum: 25.03.2010
1. Die rechtskräftige Vaterschaftsanfechtung wirkt auch im Hinblick auf die jugendhilferechtliche Zuständigkeit auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes zurück (ex-tunc-Wirkung).
2. Auf einen sog. Durchgriffsanspruch nach § 89a Abs. 2 SGB VIII kann sich ein Träger der Jugendhilfe nicht berufen, der nicht selbst Pflegestellenort ist.
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Jugendhilfekosten, die er in der Zeit vom 13. Dezember 2001 bis zum 31. August 2004 für das Kind D. aufgewandt hat.
Der 1995 geborene D. lebte bei seiner Mutter in der beklagten Stadt S. Zum Zeitpunkt seiner Geburt war die Mutter mit Herrn G. verheiratet. Die Eheleute trennten sich später und die Ehe wurde geschieden. Im November 2001 musste sich die allein sorgeberechtigte Mutter einer stationären Behandlung im Krankenhaus unterziehen und gab das Kind zu ihrer ebenfalls in S. wohnenden Freundin, Frau F. Auf deren Hilfeersuchen brachte das Jugendamt der Beklagten den Jungen am 11. Dezember 2001 vorläufig zur Pflege bei ihr unter. Am 12. Dezember 2001 verstarb die Mutter. Als es daraufhin in der Pflegestelle F. Probleme gab, wurde das Kind vom Jugendamt der Beklagten am 23. Dezember 2001 bei der Familie K. im N.-Kreis untergebracht. Frau K. ist eine Halbschwester der verstorbenen Mutter. Sie hatte zusammen mit ihrem Ehemann bereits eine ältere Halbschwester des D. in Pflege. Nach einem internen Vermerk vom 3. Januar 2002 ging das Jugendamt der Beklagten davon aus, dass D. auf Dauer in der Pflegestelle K. bleiben werde. Da der als Vater des Kindes geführte Herr G. zu diesem Zeitpunkt im Zuständigkeitsbereich des Klägers wohnte, bat die Beklagte den Kläger um die Anerkennung der Kostenerstattungspflicht für den Jugendhilfefall.
Mit Beschluss vom 6. Februar 2002 übertrug das Amtsgericht die Vormundschaft für das Kind D. auf das Jugendamt des N.-Kreises. Auf dessen Antrag als Amtsvormund bewilligte der Kläger dem Kind mit Bescheid vom 26. Juni 2002 Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege, und zwar rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Antragstellung am 24. Mai 2002. Am 1. August 2002 nahm der Kläger die Zahlungen an die Pflegefamilie K. auf. Auf Anforderung der Beklagten erstattete ihr der Kläger im Oktober 2002 Kosten in Höhe von 5 709,43 €, die sie für das Kind D. in der Zeit vom 13. Dezember 2001 bis zum 31. Juli 2002 aufgewandt hatte. Die Beklagte leitete ihrerseits einen Betrag in Höhe von 1 257,47 € an den Kläger weiter. Dabei handelte es sich um eine Zahlung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die dem Kind rückwirkend zum 12. Dezember 2001 eine Halbwaisenrente bewilligt hatte.
Mit Urteil vom 22. Juli 2004 stellte das Amtsgericht M. auf die Anfechtung des Amtsvormunds hin fest, dass Herr G. nicht der Vater des Kindes D. sei. Der Kläger stellte seine Leistungen daraufhin zum 31. August 2004 ein. Zum 1. September 2004 übernahm der N.-Kreis die Jugendhilfe. Im April 2005 machte der Kläger gegenüber der Beklagten eine Forderung in Höhe von 18 750,70 € geltend. In dieser Summe war zum einen der Betrag enthalten, den er der Beklagten für die Zeit vom 13. Dezember 2001 bis zum 31. Juli 2002 erstattet hatte. Abzüglich der von der Beklagten weitergeleiteten Waisenrente begehrte der Kläger insoweit eine Rückerstattung von 4 451,96 €. Zum anderen sind in dem Gesamtbetrag die Kosten enthalten, die der Kläger im Rahmen der Gewährung von Hilfe zur Erziehung für die Zeit vom 1. Juli 2002 bis zum 31. August 2004 für das Kind aufgewandt hatte.
Nachdem die Beklagte die Erstattung ablehnte, erhob der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Klage. Mit am 11. Januar 2007 verkündeten Urteil hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 4 451,96 € nebst Zinsen zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dieser Betrag sei von der Beklagten nach § 112 SGB X zurückzuerstatten, weil ihn der Kläger zu Unrecht an sie erstattet habe. Die erfolgreiche Anfechtung habe die Vaterschaft von Herrn G. nämlich rückwirkend (ex tunc) entfallen lassen, so dass der Kläger von Anfang an nicht zuständig gewesen sei. Ein darüber hinausgehender Anspruch des Klägers auf Ersatz der Kosten für die Zeit vom 1. Juli 2002 bis zum 31. August 2004 scheide jedoch aus, weil das Kind schon vor Beginn der am 26. Juni 2002 bewilligten Hilfe zur Erziehung seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei der Pflegestelle K. begründet habe, so dass nicht die Beklagte, sondern der N.-Kreis örtlich zuständig gewesen sei. Der diesem nach § 89e SGB VIII zu Gute kommende Schutz der Einrichtungsorte könne aber keinen Erstattungsdurchgriff zugunsten des Klägers bewirken.
Mit Urteil vom 6. Juni 2008 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen, sowie derjenigen der Beklagten stattgegeben und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 112 SGB X für eine Rückerstattung lägen nicht vor. Vielmehr habe die Beklagte für den Zeitraum vom 13. Dezember 2001 bis zum 31. Juli 2002 einen Anspruch gegen den Kläger auf Erstattung der Jugendhilfeaufwendungen aus § 89b Abs. 1 SGB VIII gehabt, da sie im Rahmen einer Inobhutnahme tätig geworden sei. Die Erstattungsverpflichtung sei mit dem Tod der Mutter auf den Kläger übergegangen, weil Herr G., der bis zur Vaterschaftsanfechtung als Vater gegolten habe, seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Klägers gehabt habe, so dass dieser gemäß § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII örtlich zuständig gewesen sei. Daran habe sich durch die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung nichts geändert. Zwar bewirke das amtsgerichtliche Gestaltungsurteil, dass das Kind zivil- bzw. abstammungsrechtlich als von Geburt an vaterlos gelte. Auf die jugendhilferechtliche Zuständigkeit wirke sich die Feststellung der Nichtvaterschaft aber lediglich "ex nunc" aus.
Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Leistungsbegehren weiter. Er rügt insbesondere eine Verletzung des § 86 Abs. 1 Satz 2 und des § 89e SGB VIII.
Die Beklagte und der Vertreter des Bundesinteresses bei dem Bundesverwaltungsgericht verteidigen das angegriffene Urteil.
Die Revision des Klägers ist (teilweise) begründet, soweit das Oberverwaltungsgericht auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage insgesamt - auch hinsichtlich der Rückzahlung der vom Kläger an die Beklagte erstatteten Jugendhilfeleistungen für die Zeit von Dezember 2001 bis Juli 2002 - abgewiesen hat. Insoweit verletzt das Berufungsurteil Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO); auf die Revision des Klägers ist die stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts wiederherzustellen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Dagegen hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers gegen die Abweisung der Klage im Übrigen (bezüglich der Kostenerstattung für Jugendhilfeleistungen in der Zeit von August 2002 bis August 2004) zu Recht zurückgewiesen; insoweit bleibt die Revision erfolglos.
Dem Kläger steht der ihm vom Verwaltungsgericht zugestandene Rückerstattungsanspruch nach § 112 SGB X zu. Die für die Ablehnung dieses Anspruchs tragende Annahme des Berufungsgerichts, dass die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit im Jugendhilferecht nur für die Zukunft (ex nunc) wirke, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar (1.). Demgegenüber hat das Berufungsgericht im Einklang mit Bundesrecht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten besitzt, die er im Zeitraum vom 1. August 2002 bis zum 31. August 2004 für den Jugendhilfefall des Kindes D. aufgewandt hat (2.).
1. Der Kläger hat gemäß § 112 SGB X einen Rückerstattungsanspruch gegen die Beklagte in der für den Zeitraum vom 13. Dezember 2001 bis zum 31. Juli 2002 geltend gemachten Höhe. Denn er hat die diesbezüglichen Jugendhilfekosten für D. im Sinne dieser Vorschrift zu Unrecht an die Beklagte erstattet. Diese besaß ihrerseits keinen Anspruch auf Kostenerstattung aus dem hierfür allein in Betracht kommenden § 89b SGB VIII gegen den Kläger.
Nach § 89b Abs. 1 SGB VIII sind Kosten, die ein örtlicher Träger der Jugendhilfe im Rahmen einer Inobhutnahme von Kindern oder Jugendlichen aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 86 SGB VIII begründet wird. Zwar hat die Beklagte als örtlicher Träger der Jugendhilfe hier Kosten im Rahmen einer Inobhutnahme aufgewendet. Denn das Jugendamt der Beklagten - dies ist unter den Beteiligten zu Recht unstreitig - hat das Kind D. in Obhut genommen (§ 42 SGB VIII), indem es den Jungen am 11. Dezember 2001 der Freundin der Mutter, Frau F., vorläufig zur Pflege zugewiesen und die Kosten für seine Unterbringung und Betreuung getragen hat. Die Inobhutnahme wurde auch fortgesetzt, nachdem es im Anschluss an den Tod der Mutter Probleme in dieser Pflegestelle gab und das Jugendamt der Beklagten den Jungen am 23. Dezember 2001 bei der Familie K. im N.-Kreis untergebracht hat. Am Charakter der Maßnahme als (rechtmäßiger) Inobhutnahme hat sich auch dadurch nichts geändert, dass das Jugendamt des N.-Kreises durch amtsgerichtlichen Beschluss am 6. Februar 2002 zum Vormund von D. bestellt worden ist. Die Inobhutnahme verliert in den Fällen, in denen die Bestellung eines Vormunds erforderlich wird, nicht bereits aufgrund der Vormundbestellung ihre Rechtsgrundlage (Urteil vom 8. Juli 2004 - BVerwG 5 C 63.03 - Buchholz 436.511 § 89d KJHG/SGB VIII Nr. 2).
Der Kläger war gegenüber der Beklagten jedoch nicht nach § 89b Abs. 1 SGB VIII erstattungspflichtig, weil er wegen der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung (ex post betrachtet) zu keiner Zeit als Jugendhilfeträger nach § 86 SGB VIII örtlich zuständig gewesen ist. Die Zuständigkeit des Klägers bestand hier - entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts - insbesondere nicht nach § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII. Zwar ist für die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers nach dem Tod eines Elternteils (hier der Mutter) an sich nach § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII auf den gewöhnlichen Aufenthalt des noch lebenden Elternteils abzustellen. Auf den "Scheinvater", Herrn G., der seinen gewöhnlichen Aufenthalt während des Zeitraums der Inobhutnahme nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Bereich des Klägers hatte, kommt es hier aber nicht an, weil er nicht "Elternteil" im Sinne von § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII gewesen ist. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung auch zuständigkeitsrechtlich auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes zurückwirkt ("ex tunc"), so dass Herr G. so zu betrachten ist, als sei er niemals der Vater gewesen (vgl. zur ex-tunc-Wirkung der Anfechtung ebenso: VGH München, Urteil vom 19. Februar 2001 - 12 B 00.1566 - juris; VG Ansbach, Urteil vom 28. Juni 2007 - AN 14 K 04.01081 - juris; vgl. ferner bereits VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Februar 1987 - 19 K 4718/85 - NJW 1987, 3215 zu § 1 Abs. 3 JWG). Die gegenteilige Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach die erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft für die jugendhilferechtliche Zuständigkeit erst mit der Rechtskraft des Anfechtungsurteils Wirkungen entfalten soll (ex-nunc-Wirkung), steht mit Bundesrecht nicht im Einklang.
Das Berufungsgericht führt im Ansatz zutreffend aus, dass es sich bei dem zivilgerichtlichen Urteil, mit dem das Nichtbestehen der Vaterschaft des Herrn G. festgestellt worden ist, um ein Gestaltungsurteil handelt, mit dem das Amtsgericht das bisher vermutete Vater-Kindschafts-Verhältnis (vgl. § 1592 Nr. 1 BGB) rückwirkend ab dem Tag der Geburt des Kindes aufgehoben hat (wobei es keinen Unterschied macht, dass hier, weil D. vor dem 1. Juli 1998 geboren ist, nach Art. 224 § 1 Abs. 1 EGBGB die §§ 1591 ff. BGB a.F. anzuwenden sind). Diese zivil- bzw. abstammungsrechtliche Rückwirkung der Anfechtung steht in Rechtsprechung und Schrifttum außer Streit (vgl. etwa BGH, Urteil vom 3. November 1971 - IV ZR 86/70 - BGHZ 57, 229; Diederichsen, in: Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 1599 Rn. 7). Die Rechtslage nach erfolgreicher Anfechtung ist danach so anzusehen, als habe die Vaterschaft nie bestanden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2009 - II-6 WF 114/09, 6 WF 114/09 - juris). Das Gestaltungsurteil wirkt nach Maßgabe von § 640h ZPO für bzw. gegen alle. Seine Wirkung erstreckt sich grundsätzlich auch auf andere Rechtsgebiete, in denen an die Vaterschaft angeknüpft wird. In diesem Sinne gilt die rückwirkende Beseitigung der Vaterschaft grundsätzlich für die gesamte Rechtsordnung (vgl. Rauscher, in: Staudinger, BGB, 2004, § 1599 Rn. 29, 34 ff.). Dementsprechend wird etwa von der einhelligen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung angenommen, dass die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung auch im Staatsangehörigkeitsrecht Rückwirkung entfaltet (OVG Hamburg, Beschluss vom 10. Februar 2004 - 3 Bf 238/03 - NVwZ-RR 2005, 212 f.; OVG Münster, Beschlüsse vom 31. Juli 2007 - 18 A 2065/06 - juris und vom 20. November 2008 - 18 E 816/08 - NVwZ 2009, 257 f.; VGH München, Beschluss vom 11. September 2007 - 5 CS 07.1921 - juris; OVG Magdeburg, Beschluss vom 1. Oktober 2004 - 2 M 441/04 - InfAuslR 2006, 56 ff. = juris Rn. 6; vgl. zur Vereinbarkeit der Rückwirkung mit Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG: BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 2 BvR 696/04 - NJW 2007, 425). Die Anknüpfung an das Familienrecht entspricht zugleich einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits formulierten Grundsatz: Ergibt sich danach aus der Familienrechtsordnung des Bürgerlichen Gesetzbuches eine abschließende Statusregelung einer familienrechtlichen Beziehung, so ist daran auch dann anzuknüpfen, wenn andere Gesetze - auch auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts - darauf Bezug nehmen, ohne ihrerseits eine besondere Regelung zu treffen (Urteil vom 29. Februar 1968 - BVerwG 8 C 82.67 - BVerwGE 29, 153 <155 f.>).
Auch das Jugendhilferecht trifft in diesem Sinne keine besondere Regelung, sondern überantwortet die Frage nach den Eltern des Kindes oder Jugendlichen dem Zivilrecht. Die jugendhilferechtlichen Zuständigkeitsregelungen - und so auch § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII - kennen keinen eigenen Begriff der Eltern oder der Vaterschaft, sondern knüpfen an die zivilrechtliche Rechtslage an. Das Jugendhilferecht ordnet nicht entgegen der objektiven (zivilrechtlichen) Rechtslage an, dass die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung zuständigkeitsrechtlich nur ex nunc wirken soll.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich eine solche ex-nunc-Wirkung nicht aus § 86 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII. Danach ist für die örtliche Zuständigkeit der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter maßgeblich ("an die Stelle der Eltern tritt die Mutter"), "wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist". Die Vorschrift regelt nicht den Fall der Vaterschaftsanfechtung, sondern allein die Fälle der nachträglichen Anerkennung und gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft. Diese Sonderregelung soll die rechtzeitige Leistungsgewährung an die Hilfebedürftigen dadurch sicherstellen, dass bei möglicher, aber noch nicht festgestellter Vaterschaft dies nicht im Rahmen der Zuständigkeit zu prüfen ist. Dies unterstreicht, dass für die Zuständigkeitsregelungen des § 86 SGB VIII die zivilrechtliche Rechtslage maßgeblich ist. Auch das Familienrecht geht nämlich davon aus, dass die Rechtswirkungen der Anerkennung der Vaterschaft oder deren gerichtliche Feststellung grundsätzlich erst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden können, zu dem die Anerkennung wirksam bzw. die Feststellung rechtskräftig wird (§ 1594 Abs. 1, § 1600d Abs. 4 BGB). § 86 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII stellt folglich insoweit nur klar, dass es für die örtliche Zuständigkeit bis zur wirksamen Anerkennung bzw. Feststellung der Vaterschaft bei dieser zivilrechtlichen Rechtslage bleibt und etwa nicht die tatsächlichen Abstammungsverhältnisse für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit im Jugendhilferecht maßgeblich sein sollen. Der in der Vorschrift gerade nicht geregelte Fall der rückwirkenden Beseitigung der Vaterschaft unterscheidet sich in der Sache von deren (nachträglicher) Anerkennung oder Feststellung. Mangels Vergleichbarkeit dieser Fälle kommt auch eine entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII auf den Sachverhalt der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung nicht in Betracht, zumal (wegen des nicht ausdrücklich ausgeschlossenen Rückgriffs auf das Zivilrecht) eine Regelungslücke im Fall der Vaterschaftsanfechtung nicht besteht.
Die wirksame Vaterschaftsanfechtung ist im jugendhilferechtlichen Kostenerstattungsverfahren auch nicht deshalb lediglich "ex nunc" zuständigkeitsbegründend, weil nur dies - wie das Berufungsgericht meint - "der Gesamtsystematik der Zuständigkeitsnormen und ihrer Ergebnisorientierung" entspreche und eine rückwirkende Änderung der Zuständigkeit in § 86 SGB VIII nicht vorgesehen sei, zumal das Kindeswohl eine weitgehend stabile Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit verlange. Zunächst ist die vom Berufungsgericht behauptete Gesamtsystematik dem Gesetz nicht zu entnehmen. Es stellt sich - wie sich aus dem Vorstehenden ergibt - nicht die Frage, ob § 86 SGB VIII eine Rückwirkung der Vaterschaftsanfechtung (ausdrücklich) anordnet, sondern ob diese Zuständigkeitsregelung die zivilrechtlich bereits vorgegebene Rückwirkung der Vaterschaftsanfechtung für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit im Jugendhilferecht ausschließt. Ein solcher Ausschluss lässt sich insbesondere nicht damit begründen, dass einer rückwirkenden Änderung der Zuständigkeit im Interesse des Kindeswohls die Rechtsklarheit, Bestimmtheit und Stabilität der Zuständigkeitsregelungen entgegenstehe. Denn die jugendhilferechtliche Verantwortlichkeit für die Leistungserbringung wird nicht im Außenverhältnis rückwirkend geändert. Im Leistungsverhältnis zum Hilfeempfänger führt die Rückwirkung der Vaterschaftsanfechtung (d.h. die rückwirkende Änderung der örtlichen Zuständigkeit des leistenden Trägers) nicht zur objektiven Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit der Leistung selbst bzw. des ihr zugrundeliegenden Verwaltungsakts (vgl. § 40 Abs. 3 Nr. 1, § 42 Satz 1 SGB X). Das Leistungsverhältnis ist daher nicht nach §§ 44 ff. SGB X rückabzuwickeln, sondern es sind nur etwaige Kostenerstattungen zwischen Jugendhilfeträgern vorzunehmen. Da die Leistungsbeziehungen zum Hilfeempfänger zum Zeitpunkt der wirksamen Vaterschaftsanfechtung für die Vergangenheit bereits abgewickelt sind, kann - wie auch der vorliegende Fall zeigt - das Kindeswohl durch Unsicherheiten über die örtliche Zuständigkeit jedenfalls nicht wegen einer ex-tunc-Wirkung der Vaterschaftsanfechtung beeinträchtigt werden. Diese schützte allein die betroffenen Träger der Jugendhilfe vor einer Rückabwicklung.
Auch der vom Berufungsgericht noch angeführte "Gesichtspunkt einer überschaubaren und einfach zu handhabenden Kostenerstattung" bzw. der mit möglicherweise "teilweise extrem verworrenen Erstattungsverhältnissen" verbundene Rückabwicklungsaufwand (vgl. UA S. 14) rechtfertigt ohne ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers keine jugendhilferechtliche Ausnahme von der grundsätzlichen Rückwirkung der Vaterschaftsanfechtung. Im Ergebnis hat deshalb das Verwaltungsgericht dem Kläger zu Recht die Rückerstattung der an die Beklagte gezahlten Jugendhilfekosten in Höhe von 4 451,96 € zugesprochen.
2. Das Berufungsgericht hat hingegen zutreffend entschieden, dass dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch auf Erstattung derjenigen weiteren Kosten zusteht, die er (auf der Grundlage seines Bewilligungsbescheides vom 26. Juni 2002) vom 1. August 2002 bis zum 31. August 2004 im Rahmen der Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege für das Kind D. aufgewandt hat. Der Kläger kann sich insoweit weder mit Erfolg auf einen ihm gegen die Beklagte zustehenden Anspruch aus § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X (2.1) noch aus § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (2.2) oder § 89a Abs. 2 SGB VIII (2.3) berufen.
2.1 Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers aus § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht - wie es diese Vorschrift voraussetzt - in dem insoweit streitbefangenen Zeitraum für die Leistungserbringung zuständig gewesen ist. Für die hier maßgebliche Leistung (a) war vielmehr der N.-Kreis spätestens ab dem 6. Februar 2002 nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII (b) und später - nach zweijährigem Aufenthalt des D. in der Pflegefamilie K. - nach § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII (c) örtlich zuständig.
a) Maßgebliche Leistung der Jugendhilfe, für welche der Kläger Kostenerstattung begehrt, ist die dem Kind D. mit Wirkung vom 24. Mai 2002 gewährte Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§§ 27, 33 SGB VIII). Die bis zu diesem Zeitpunkt andauernde Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII) durch die Beklagte ist weder eine Leistung im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII noch im Sinne der Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit (§ 86 Abs. 2 Satz 2 bis 4 und Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB VIII).
Für den Begriff der "Leistung", an deren Beginn auch § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit anknüpft, ist eine Gesamtbetrachtung der verschiedenen Maßnahmen und Hilfen zugrunde zu legen, die zur Deckung eines qualitativ unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlich sind. Dabei beginnt eine zuständigkeitsrechtlich "neue" Leistung bei einer geänderten Hilfegewährung im Rahmen eines einheitlichen, ununterbrochenen Hilfeprozesses nicht allein deswegen, weil die geänderte oder neu hinzutretende Jugendhilfemaßnahme oder ein Teil davon einer anderen Nummer des § 2 Abs. 2 SGB VIII zugeordnet ist (Urteil vom 29. Januar 2004 - BVerwG 5 C 9.03 - BVerwGE 120, 116). Allerdings ist der Übergang von einer Inobhutnahme zur Gewährung von Hilfe zur Erziehung (hier in Form der Vollzeitpflege) - auch bei einem wie vorliegend an sich nicht qualitativ veränderten Bedarf - nicht mit einem bloßen Wechsel innerhalb des Leistungskatalogs des § 2 Abs. 2 SGB VIII gleichzusetzen.
Das Gesetz nennt die Inobhutnahme nicht im Katalog der Leistungen der Jugendhilfe (§ 2 Abs. 2 SGB VIII), sondern führt sie ausdrücklich in § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII unter der Kategorie der sonstigen Aufgaben der Jugendhilfe auf. Diese systematische und begriffliche Unterscheidung setzt sich in den Regelungen über die örtliche Zuständigkeit fort. So hat der Gesetzgeber ausweislich der gesetzlichen Überschriften in § 86 SGB VIII die "örtliche Zuständigkeit für Leistungen" geregelt, während er in § 87 SGB VIII eine gesonderte Zuständigkeitsregelung für die Inobhutnahme getroffen und diese als "örtliche Zuständigkeit für andere Aufgaben" bzw. "für vorläufige Maßnahmen" gekennzeichnet hat. Dass die Inobhutnahme selbst keine Leistung im oben genannten Sinne ist, ergibt sich schließlich auch aus § 86 Abs. 7 Satz 1 Halbs. 2 SGB VIII, welcher (mit der Formulierung "geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus"...) die Inobhutnahme der Leistungsgewährung gegenüberstellt.
b) Nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII richtet sich die Zuständigkeit, unter anderem wenn die Eltern verstorben sind, nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Dies gilt auch, wenn - wie hier - ein Kind rechtlich als vaterlos gilt und die Mutter verstorben ist (vgl. Urteil vom 26. September 2002 - BVerwG 5 C 46.01 - Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 1). Das Kind D. hatte nach den vom Berufungsgericht getroffenen und für das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen vor Beginn der Leistung - hier der Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege - (am 23. Mai 2002) seinen gewöhnlichen Aufenthalt bereits im N.-Kreis.
Ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 86 SGB VIII hat eine Person an dem Ort oder in dem Gebiet, an oder in dem sie sich bis auf weiteres im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen hat (stRspr, vgl. zuletzt Urteil vom 30. September 2009 - BVerwG 5 C 18.08 - NVwZ-RR 2010, 237). Bei Minderjährigen, insbesondere Kindern, kommt es für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts maßgeblich auf den Willen des oder der Sorgeberechtigten an. Ein Minderjähriger hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Regel an dem Ort, an dem er seine Erziehung erhält, wobei es bei einer Unterbringung außerhalb der Familie maßgeblich ist, ob sie nur vorübergehend oder auf Dauer erfolgen soll (vgl. Urteil vom 26. September 2002 a.a.O. m.w.N.). Nach den Vorstellungen des zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt gemäß § 42 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII vorläufig das Sorgerecht ausübenden Jugendamts der Beklagten bzw. des ab 6. Februar 2002 als Amtsvormund tätigen Jugendamtes des N.-Kreises sollte D. nicht nur kurzfristig, sondern dauerhaft bei der Pflegefamilie K. im N.-Kreis untergebracht werden. Dabei bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob bereits am 23. Dezember 2001 ein dauerhafter Verbleib des Kindes bei der Pflegefamilie K. vorgesehen war. Mit dem Berufungsgericht ist nämlich davon auszugehen, dass dies spätestens am 6. Februar 2002 der Fall gewesen ist. Der für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts erforderlichen Dauerhaftigkeit steht - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - nicht entgegen, dass der Aufenthalt rein rechtlich auf einer Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII als einer nur vorläufigen Maßnahme beruhte. Diese Vorläufigkeit ist zwar ein Gesichtspunkt, der gegen die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts spricht; er schließt indes eine solche jedenfalls dann nicht aus, wenn eine langfristig bzw. auf unbestimmte Dauer ausgerichtete Unterbringung des Kindes oder Jugendlichen in derselben Pflegestelle bereits während der Inobhutnahme feststeht und diese durch eine längerfristig angelegte Jugendhilfeleistung abgelöst werden soll. So lag es nach der von der Revision nicht in Zweifel gezogenen tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts hier.
c) Nach zweijährigem Aufenthalt des D. in der Pflegefamilie K. ergab sich die örtliche Zuständigkeit des N.-Kreises aus der Sonderregelung des § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII. Denn danach wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn das Kind zwei Jahre bei der Pflegeperson lebt und sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten ist.
2.2 Dem Kläger steht ferner kein Erstattungsanspruch aus § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gegen die Beklagte zu.
Anspruchsberechtigt ist nach dieser - wie bereits ihre gesetzliche Überschrift ausweist - dem "Schutz der Einrichtungsorte" dienenden Kostenerstattungsregelung der örtliche Träger, in dessen Bereich sich eine Einrichtung im Sinne von § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII befindet (d.h. eine "Einrichtung, eine andere Familie oder eine sonstige Wohnform, die der Erziehung, Pflege, Betreuung, Behandlung oder dem Strafvollzug dient"), die einen Hilfeempfänger aufgenommen hat. Die Vorschrift soll die kommunalen Gebietskörperschaften, in deren Einzugsbereich Einrichtungen von überörtlicher Bedeutung liegen, vor einer kostenmäßigen Überbelastung durch Hilfeleistungen an Personen schützen, die aus anderen Zuständigkeitsbereichen in solche Einrichtungen wechseln und dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründen (Urteil vom 22. November 2001 - BVerwG 5 C 42.01 - BVerwGE 115, 251 <253 f.>). Diese Regelung ist zugunsten des Klägers weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Der Kläger ist hier zum einen nicht als Einrichtungsträger tätig geworden. Zum anderen ist die Situation des Klägers, der aufgrund einer - wie sich im Nachhinein herausgestellt hat - irrtümlich angenommenen örtlichen Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII Leistungen der Jugendhilfe bewilligt und erbracht hat, weil in seinem Bereich der "Scheinvater" seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, nicht mit derjenigen eines Einrichtungsortes (im Sinne von § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) vergleichbar, der Leistungen aufgrund einer tatsächlich bestehenden örtlichen Zuständigkeit erbringt, die dadurch entstanden ist, dass eine für die örtliche Zuständigkeit maßgebliche Person durch die Aufnahme in eine Einrichtung dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat. Das Berufungsgericht (UA S. 20 f.) hat zu Recht ausgeführt, dass der in § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII normierte Erstattungsanspruch nur dem Träger des Einrichtungsortes zustehen kann, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen begründet wird (hier dem N.-Kreis) und nicht dem trotz fehlender Zuständigkeit tatsächlich leistenden Jugendhilfeträger.
Auch für einen vom Kläger mit der Revision geltend gemachten, auf § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gestützten, "Durchgriff" unmittelbar auf die Beklagte kann die Vorschrift aus diesem Grunde nicht herangezogen werden. Dem steht insbesondere entgegen, dass die Regelung des § 89e SGB VIII, wie das Berufungsgericht zu Recht entschieden hat (UA S. 20), einen solchen Durchgriff - anders als § 89a Abs. 2 SGB VIII - selbst zugunsten eines Einrichtungsortes nicht vorsieht. Deshalb verbietet sich eine solche Vorgehensweise auf jeden Fall dann, wenn der durch einen Durchgriff (im Sinne einer Anspruchsberechtigung) zu begünstigende Träger - wie hier der Kläger - schon gar kein "Einrichtungsort" ist bzw. nicht als solcher tätig geworden ist.
Der Hinweis des Klägers, er sei während des gesamten Verfahrens davon ausgegangen und habe auch davon ausgehen müssen, dass er einen Erstattungsanspruch gegen den N.-Kreis (aus § 105 SGB X) nicht besitze, weil sich dieser als Einrichtungsort auf § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII berufen könne, rechtfertigt auch dann kein anderes Ergebnis, wenn der Kläger wegen der ex-tunc-Wirkung der Vaterschaftsanfechtung oder wenigstens dieser Annahme Fristen für die Anmeldung von Erstattungsansprüchen versäumt haben sollte. Maßgeblich ist die objektive Rechtslage. Der Kläger war infolge der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung zu keinem Zeitpunkt als Jugendhilfeträger örtlich zuständig. Er scheidet somit als möglicher Schuldner eines etwaigen Erstattungsanspruchs des N.-Kreises nach § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII von vornherein aus. Daher hätte der N.-Kreis jedenfalls einem etwaigen Erstattungsbegehren des Klägers nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht gestützt auf § 89e SGB VIII den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten können.
2.3 Ein Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich schließlich auch nicht aus § 89a Abs. 2 SGB VIII (entsprechend).
Ein solcher Erstattungsanspruch steht unmittelbar nur dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen örtlichen Träger zu. Dies ist der Kläger niemals gewesen, weil die Pflegefamilie K. ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in seinem Bereich hatte.
§ 89a Abs. 2 SGB VIII ist auch nicht entsprechend auf den Kläger anwendbar. Es fehlt in jedem Fall an der hierfür erforderlichen Vergleichbarkeit der Interessenlagen. § 89a SGB VIII durchbricht den Grundsatz, dass der örtlich zuständige Jugendhilfeträger die Kosten zu tragen hat. Zwar wollte der Gesetzgeber mit § 86 Abs. 6 SGB VIII die örtliche Zuständigkeit aus Gründen der Praktikabilität an den gewöhnlichen Aufenthalt der Pflegeperson binden, ohne aber den danach zuständigen Jugendhilfeträger (endgültig) mit den Kosten zu belasten (Urteil vom 30. September 2009 a.a.O. <239> m.w.N.). Dementsprechend sind dem örtlichen Träger nach § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII die von ihm aufgrund seiner Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII aufgewendeten Kosten von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. § 89a Abs. 2 SGB VIII enthält darüber hinaus eine Sonderregelung für den Fall, dass neben dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen Träger und dem erstattungspflichtigen Jugendhilfeträger ein dritter Jugendhilfeträger beteiligt ist, der seinerseits gegenüber dem zunächst zur Kostenerstattung verpflichteten Träger erstattungspflichtig ist; dabei wird dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen Träger unter Verkürzung der Erstattungskette ein unmittelbarer Anspruch gegen den dritten Jugendhilfeträger eingeräumt (vgl. Urteil vom 5. April 2007 - BVerwG 5 C 25.05 - BVerwGE 128, 301 <304>). Mit der Situation, dass ein Jugendhilfeträger aufgrund einer tatsächlich bestehenden örtlichen Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII Leistungen erbringt, von denen er nach dem Willen des Gesetzgebers letztlich zu befreien ist, ist die Situation eines örtlichen Trägers nicht vergleichbar, der - wie sich im Nachhinein herausgestellt hat - nach § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII Leistungen der Jugendhilfe bewilligt und erbracht hat, obwohl er hierzu wegen der Rückwirkung einer erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung von Anfang an nicht verpflichtet gewesen wäre.
Das Berufungsgericht hat darüber hinaus auch wegen des Ausnahmecharakters der Durchgriffserstattung nach § 89a Abs. 2 SGB VIII im Ergebnis zu Recht eine erweiternde bzw. entsprechende Anwendung dieser Vorschrift abgelehnt. Die Erstattungsvorschriften des SGB VIII sehen nur ausnahmsweise für die besondere Konstellation des § 89a Abs. 2 SGB VIII einen Durchgriffsanspruch vor. Dieser Regelung bedürfte es nicht, wenn ein Erstattungsdurchgriff ein allgemeines Prinzip des jugendhilferechtlichen Erstattungsrechts wäre, das aus den für besondere Konstellationen geschaffenen Einzelregelungen im Wege der Einzel- oder Gesamtanalogie hergeleitet werden könnte. Auch sonst ist eine planwidrige Regelungslücke bzw. ein nach dem Plan des Gesetzes zwingendes Bedürfnis, auch in den Fällen der ohne Rechtsgrund leistenden Träger im Falle einer möglichen Erstattungskette stets einen Durchgriff zu ermöglichen, nicht erkennbar. Für eine Zielsetzung des § 89a Abs. 2 SGB VIII, auch über den Schutz von Pflegestellenorten hinaus Erstattungsketten zu verhindern, finden sich weder im Gesetzeswortlaut noch in den Gesetzesmaterialien zum 1. SGB VIII-Änderungsgesetz, mit dem die Vorschrift eingeführt wurde (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 12/2866), Anhaltspunkte.