Entscheidungsdatum: 01.02.2012
Die Beschwerde des Klägers zu 2 gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 18. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger zu 2 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
Die auf die Zulassungsgründe eines Verfahrensmangels (1.) und der Divergenz (2.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht wegen Verfahrensfehlern (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
a) Das Vorbringen der Beschwerde, das Verwaltungsgericht sei von einem unvollständigen Sachverhalt ausgegangen, weil es unterlassen habe, Feststellungen zu dem Zeitpunkt zu treffen, zu dem seiner Auffassung nach die Wegnahme im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 AusglLeistG erfolgt sei, ist nicht geeignet, einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) darzulegen.
Der Grundsatz der freien Überzeugungsbildung steht zwar in engem Zusammenhang mit der Pflicht des Gerichts zur umfassenden Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen, betrifft jedoch nicht die Erhebung und Feststellung des Sachverhalts, sondern die Würdigung der ermittelten Tatsachen. Bildet das Gericht - wie von der Beschwerde behauptet - seine Überzeugung auf der Grundlage eines unvollständig ermittelten Sachverhalts, betrifft dies nicht den Überzeugungsgrundsatz, sondern den Umfang der gerichtlichen Aufklärungspflicht (vgl. Beschluss vom 29. Dezember 2004 - BVerwG 5 B 95.04 -). Soweit der Kläger zu 2 zur Begründung seiner Rüge der Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO anführt, das Verwaltungsgericht habe den ermittelten Sachverhalt nicht vollständig seiner Entscheidungsfindung zugrunde gelegt, weil es davon ausgegangen sei, die Enteignung sei auf der Grundlage des SMAD-Befehls Nr. 167 erfolgt und nicht aufgrund des Volksentscheids vom 30. Juni 1946 (Schriftsatz vom 24. Oktober 2011 Seite 2 bis 4), ist damit eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes schon deshalb nicht aufgezeigt, weil in dem Urteil ausführlich begründet wird, warum Enteignungsgrundlage nicht der Volksentscheid war. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass die Vorinstanz den Volksentscheid unberücksichtigt gelassen hat.
b) Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe die ihm obliegende Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) dadurch verletzt, dass es keine Tatsachenfeststellungen dazu getroffen habe, dass die Wegnahme tatsächlich vor dem 30. Juni 1946 erfolgt sei, geht ebenfalls fehl. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Wegnahme am 5. Juni 1946 und damit vor der entschädigungslosen Enteignung durch den Volksentscheid vom 30. Juni 1946 erfolgt war (UA S. 6 f.).
Welche Umstände der Tatrichter als entscheidungserheblich aufzuklären hat, beurteilt sich nach seiner der Entscheidung zugrunde gelegten materiellrechtlichen Rechtsauffassung. Das Verwaltungsgericht ist erkennbar der Rechtsauffassung, mit der Wegnahme im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 AusglLeistG sei der förmliche Entzug des Eigentums gemeint. Seinen tatsächlichen Feststellungen zufolge ist das betroffene Eigentum bereits durch den SMAD-Befehl Nr. 167 vom 5. Juni 1946 förmlich entzogen worden. Denn nach diesem Befehl seien die in dem ihm beigefügten Unternehmensverzeichnis aufgeführten Unternehmen, zu denen auch die A.W. K. GmbH gehörte, als aus dem deutschen Eigentum herausgenommen zu rechnen und als in das Eigentum der Union der Sowjetischen Sozialistischen Republiken übergegangen zu betrachten.
Die Beschwerde legt nicht dar, dass bzw. in welcher Hinsicht nach der materiellrechtlichen Sicht des Verwaltungsgerichts für weitere Ermittlungen Veranlassung bestand. Ob die materiellrechtliche Auffassung des Verwaltungsgerichts zutrifft, ist keine Frage des Verfahrensrechts, sondern des materiellen Rechts (stRspr, vgl. Urteil vom 27. Mai 1982 - BVerwG 2 C 50.80 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 197 m.w.N.).
2. Die Revision ist auch nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO im Hinblick auf die geltend gemachte Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. September 2004 (- BVerwG 3 C 42.03 - Buchholz 428.41 § 4 EntschG Nr. 2) zuzulassen.
Eine Divergenz liegt vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des übergeordneten Gerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist. Die Beschwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
Sie nimmt zwar Bezug auf die rechtssatzförmige Aussage des Bundesverwaltungsgerichts in dem Urteil vom 16. September 2004 (a.a.O. S. 14), zu Reparationszwecken demontierte Wirtschaftsgüter sind nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 AusglLeistG nur dann bei der Berechnung der Ausgleichsleistung auszuklammern, wenn die Wegnahme erfolgt ist, bevor es zur entschädigungslosen Enteignung des Unternehmens auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage gekommen ist. Dieser Aussage stellt sie jedoch nicht - wie es erforderlich wäre - einen ihr widersprechenden entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz aus der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gegenüber. Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe es in seiner Entscheidung ausreichen lassen, dass das betroffene Unternehmen auf der Grundlage des SMAD-Befehls Nr. 167 enteignet worden sei, ohne dass es auf eine Wegnahmehandlung ankomme, wird ein solcher abstrakter Rechtssatz nicht aufgezeigt, sondern allein geltend gemacht, das Verwaltungsgericht sei bei der Rechtsanwendung im Einzelfall von Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen. Das Aufzeigen einer vorgeblich fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge jedoch gerade nicht (Beschlüsse vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342
Den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO wird auch nicht insoweit genügt, als die Beschwerde - nach Ablauf der Begründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO - mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2011 ergänzend geltend macht, das Bundesverwaltungsgericht habe eine Wegnahme zu Reparationszwecken erst als gegeben angesehen, wenn das enteignete Unternehmen bzw. die das Unternehmen bildende Sachgesamtheit der Gegenstände tatsächlich in Besitz genommen worden seien, während das Verwaltungsgericht das Ergehen eines enteignenden Befehls der sowjetischen Militäradministration, der pauschal sämtliche in der sowjetischen Besatzungszone noch vorhandene Unternehmen erfasse, genügen lasse. Der Begriff der "Wegnahme von Wirtschaftsgütern" zu Reparationszwecken im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 AusglLeistG erfasst in Anlehnung an § 2 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 RepG den förmlichen Entzug des Eigentums oder eines sonstigen Rechts an einem Wirtschaftsgut sowie jede andere Maßnahme, die in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen dem förmlichen Entzug entspricht (Beschluss vom 28. Mai 2002 - BVerwG 3 B 64.02 - Buchholz 428.4 § 1 AusglLeistG Nr. 2
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO). Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.