Entscheidungsdatum: 09.12.2011
1. Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (a), der Divergenz (b) und eines Verfahrensmangels (c) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
a) Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
Der Kläger möchte geklärt wissen,
"wann und unter welchen Voraussetzungen ein Darlehen unter Familienangehörigen als anrechnungsfähiges Einkommen bei der Frage der Gewährung von Wohngeld anzusehen ist"
bzw.
"welche konkreten Anforderungen an Geldzuwendungen zwischen Familienangehörigen zu stellen sind, um diese als Darlehen zur Sicherstellung des Lebensunterhalts anzuerkennen".
Diese Fragen verhelfen der Beschwerde deshalb nicht zum Erfolg, weil sie sich - soweit sie in einer über den Einzelfall hinausgehenden Weise geklärt werden können - ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten lassen. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt einer Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung bedarf. Dies ist dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Frage, soweit sie einer grundsätzlichen Klärung zugänglich ist, auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 11. Oktober 2000 - BVerwG 6 B 47.00 - Buchholz 448.6 § 5 KDVG Nr. 10 S. 6 f. m.w.N.). So liegt es hier.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Grundsätze geklärt, die für den Fall Anwendung finden, dass ein Auszubildender, der Ausbildungsförderung nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Dezember 2010 (BGBl I S. 1952), geändert durch Gesetz vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258), begehrt und behauptet, er habe mit einem nahen Angehörigen einen sein Vermögen mindernden Darlehensvertrag geschlossen (Urteil vom 4. September 2008 - BVerwG 5 C 30.07 - BVerwGE 132, 10 Rn. 24). Danach ist allein maßgeblich, ob ein Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen werden kann. An den Nachweis des Abschlusses und der Ernsthaftigkeit der Verträge sind strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt etwa voraus, dass sich die Darlehensgewähr auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Die Ämter für Ausbildungsförderung und die Tatsachengerichte haben ihrerseits zur Klärung der Frage, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist und welchen Inhalt dieser gegebenenfalls hat, alle Umstände des Einzelfalles sorgsam zu ermitteln und umfassend zu würdigen. Soweit die relevanten Umstände in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar sind, ist es gerechtfertigt, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen. Diese Grundsätze finden auch für die Beantwortung der Frage Anwendung, ob im Anwendungsbereich des Wohngeldgesetzes (WoGG) vom 24. September 2008 (BGBl I S. 1856), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. November 2011 (BGBl I S. 2298), bei der Ermittlung des in Ansatz zu bringenden Einkommens ein behauptetes Darlehen mindernd anzusetzen ist oder nicht. Dies bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Ob in Anwendung der aufgezeigten Grundsätze ein angebliches Darlehen als einkommensmindernd anzusehen ist oder nicht, ist eine Frage des Einzelfalles und einer grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich.
b) Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz zuzulassen.
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einen in der Rechtsprechung eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung der Rechtssätze, die das betreffende Gericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt nicht den Zulässigkeitsanforderungen (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 14). Daran gemessen entspricht die Rüge der Abweichung nicht den Begründungsanforderungen.
Der Kläger meint, der Verwaltungsgerichtshof sei von den soeben aufgezeigten Grundsätzen abgewichen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 4. September 2008 (a.a.O.) entwickelt hat. Er zeigt hingegen keinen abstrakten Rechtssatz auf, den der Verwaltungsgerichtshof aufgestellt hat und mit dem er von einem abstrakten Rechtssatz in der herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen ist. Soweit der Kläger darlegt, der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidungsfindung die hier in Rede stehenden Grundsätze aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. September 2008 (a.a.O.) nur unvollständig zugrunde gelegt, kann damit eine Rüge der Divergenz nicht begründet werden.
c) Schließlich verhilft die Rüge eines Verfahrensmangels im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO der Beschwerde nicht zum Erfolg.
Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substanziiert dargetan wird (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 14). Eine angebliche Verletzung der Sachaufklärungspflicht des Gerichts (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist unter anderem nur dann ausreichend bezeichnet, wenn im Einzelnen dargetan wird, welche Tatsachen auf der Grundlage der insoweit maßgeblichen materiellrechtlichen Auffassung der Vorinstanz aufklärungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das angefochtene Urteil auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass auf die Erhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht durch Stellung förmlicher Beweisanträge hingewirkt worden ist oder - sollte dies nicht der Fall gewesen sein - aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Sachaufklärung dem Gericht hätte aufdrängen müssen (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 13. Januar 2009 - BVerwG 9 B 64.08 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 372 S. 18 <20> und vom 5. März 2010 - BVerwG 5 B 7.10 - Buchholz 310 § 133
Soweit der Kläger meint (S. 10 f. seines Schriftsatzes vom 14. April 2011), ein Verfahrensmangel liege darin, dass der Verwaltungsgerichtshof es versäumt habe, seinen, des Klägers, Vater als Zeugen zu vernehmen, beanstandet er in der Sache eine Verletzung der Aufklärungspflicht des § 86 Abs. 1 VwGO. Diese Rüge ist nicht ausreichend begründet. Zwar hat der Kläger ein konkretes Beweismittel bezeichnet. Jedoch ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, zu welchem konkreten Beweisthema der Vater als Zeuge hätte vernommen werden sollen. Selbst wenn insoweit als ausreichend angesehen werden sollte, dass aus den von dem Kläger in diesem Zusammenhang erkennbar in Bezug genommenen Erwägungen auf den Seiten 14 und 15 des angefochtenen Urteils zu entnehmen ist, dass der Vater als Zeuge für die Gewährung der zugeflossenen Gelder im Rahmen eines Darlehens vernommen werden sollte, genügte die Beanstandung nicht den Darlegungserfordernissen. Der Beschwerdeführer legt nämlich nicht dar, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte.
Hinzu kommt, dass er sich nicht in ausreichender Weise mit den Erwägungen in dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt, aus denen der Verwaltungsgerichtshof von einer Beweiserhebung abgesehen hat. Das Gericht ist dem Beweisangebot aus zwei selbstständig tragenden Gründen nicht gefolgt. Zum einen hat das Gericht angenommen, die Beweisanregung sei entweder nicht auf eine Tatsache gerichtet oder sie genüge nicht dem Substanziierungsgebot und sei auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gerichtet. Zum anderen ist der Verwaltungsgerichtshof der Beweisanregung deshalb nicht gefolgt, weil der Kläger sie erst nach einer vom Verwaltungsgericht gesetzten Frist im Sinne von § 87b VwGO vorgebracht habe, ihre Zulassung die Entscheidung des Rechtsstreits verzögern würde und der Kläger die Verspätung nicht entschuldigt habe. Der Kläger setzt sich in seiner Beschwerdebegründung nur mit der zuletzt genannten Erwägung des Gerichts substanziiert auseinander, nicht hingegen mit der anderen die Ablehnung einer Beweisaufnahme selbständig tragenden Begründung. Im Fall einer mehrfachen, die Entscheidung jeweils selbständig tragenden Begründung des angegriffenen Urteils bedarf es zur Zulässigkeit der Beschwerde in Bezug auf jede dieser Begründungen eines geltend gemachten und vorliegenden Zulassungsgrundes (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 15 m.w.N.).
In dem Unterlassen der Vernehmung des Vaters als Zeugen liegt entgegen der Auffassung des Klägers keine Verletzung des § 130 Abs. 1 VwGO. § 130 VwGO verpflichtet das Berufungsgericht im Interesse der Prozessökonomie, die Sache grundsätzlich durchzuentscheiden und lässt nur unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 VwGO eine Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht zu. Ein Verstoß gegen dieses Gebot wird vom Kläger nicht aufgezeigt.
Soweit der Kläger auf den Seiten 5 und 6 seines Schriftsatzes vom 30. Juni 2011 eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht beanstandet, ist ein Verfahrensmangel ebenfalls nicht ausreichend dargetan. Dem Substanziierungsgebot des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ist insoweit schon deshalb nicht Genüge getan, weil der Kläger in diesem Zusammenhang nicht aufzeigt, welche konkreten Beweismittel zu welchen näher zu bezeichnenden Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten.