Entscheidungsdatum: 19.04.2010
Der Antrag ist unzulässig. Er ist entweder unstatthaft oder mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig.
Wenn eine Gemeinde einen früheren Bebauungsplan durch einen neuen rechtswirksam ersetzt, verliert der alte Bebauungsplan, auch wenn er nicht rechtsförmlich aufgehoben wurde, seine frühere rechtliche Wirkung, weil über § 10 BauGB der gewohnheitsrechtlich anerkannte Rechtssatz gilt, dass die spätere Norm die frühere verdrängt (Urteil vom 10. August 1990 - BVerwG 4 C 3.90 - BVerwGE 85, 289); ein gegen den alten Bebauungsplan gerichteter Antrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO ist dann nicht (mehr) statthaft (vgl. z.B. Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Rn 144 zu § 47). Das gilt auch dann, wenn sich der formell neue Bebauungsplan inhaltlich nicht oder nur unwesentlich von dem früheren Bebauungsplan unterscheidet. Der beim Senat anhängig gemachte Antrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO, mit dem der Antragsteller den Bebauungsplan Nr. 67 im Wege der einstweiligen Anordnung außer Vollzug setzen lassen will, wäre deshalb unstatthaft (geworden), falls der am 8. Februar 2010 als Satzung beschlossene, am 11. Februar 2010 bekannt gemachte Bebauungsplan Nr. 72, der nach dem Willen der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 67 ersetzen soll (Sitzungsvorlage vom 20. November 2009, Bl. 76 d.A.), rechtswirksam wäre.
Solange der Bebauungsplan Nr. 72 weder in einem gegen ihn gerichteten Normenkontrollverfahren für unwirksam erklärt noch gemäß § 47 Abs. 6 VwGO vorläufig außer Vollzug gesetzt worden ist, fehlt dem Antragsteller für den vorliegenden, gegen den Bebauungsplan Nr. 67 gerichteten Antrag das Rechtsschutzinteresse. Gegenwärtig kann die Entlastungsstraße auf der Grundlage des Bebauungsplans Nr. 72 gebaut werden; daran würde die vorläufige Außervollzugsetzung des Bebauungsplans Nr. 67 nichts ändern. Die Antragsgegnerin geht von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 72 aus. Sie hat hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Vollzugsgrundlage allein der neue Bebauungsplan Nr. 72 sein soll (siehe z.B. Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 27. November 2009, Bl. 75 d.A., und vom 8. Februar 2010, Bl. 146 d.A.). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem seitens des Antragstellers in Bezug genommenen Schreiben der Antragsgegnerin vom 15. Februar 2010 (Bl. 153 d.A.), wo zum Ausdruck gebracht ist, dass "der Bebauungsplan Nr. 67 nach dem erklärten Willen des Rates (der Antragsgegnerin) weiterhin" gelte, falls sich der Bebauungsplan Nr. 72 als unwirksam erweisen sollte. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Vorgehensweise der Antragsgegnerin - wie der Antragsteller behauptet - allein durch das Ziel motiviert sei, effektiven Rechtsschutz des Antragstellers zu unterlaufen. Die Antragsgegnerin wollte mit der Aufstellung des Bebauungsplan Nr. 72 ersichtlich rechtlichen Bedenken gegen den Bebauungsplan Nr. 67 Rechnung tragen. Das ist ein legitimes, rechtlich nicht zu missbilligendes Ziel. Das Rechtsschutzinteresse für den vorliegenden Eilantrag lässt sich auch nicht mit in der Vergangenheit liegenden Vollzugsmaßnahmen wie etwa einer auf der Grundlage des Bebauungsplans Nr. 67 erfolgten Besitzeinweisung begründen.
Dem Antragsteller muss schließlich auch nicht vorsorglich für den Fall, dass die gegen den Bebauungsplan Nr. 72 gerichteten Anträge Erfolg haben, vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden. In diesem Fall ist ihm zuzumuten, erneut einen Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen den Bebauungsplan Nr. 67 zu stellen.