Entscheidungsdatum: 14.01.2016
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. Juli 2014 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt wurde sowie
b) in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und die Maßregel.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs, sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Ferner hat es eine Maßregel nach § 69a StGB angeordnet und Adhäsionsentscheidungen getroffen. Gegen das Urteil richtet sich die auf eine verfahrensrechtliche Beanstandung und die Sachrüge gestützte, zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie eine Verurteilung des Angeklagten insbesondere wegen vorsätzlicher Körperverletzungs- und Tötungsdelikte erstrebt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Am Nachmittag des 4. September 2013 fuhr der Angeklagte mit einem Pkw auf einer öffentlichen Straße in B. , obwohl er – wie er wusste – nicht im Besitz der hierfür erforderlichen Fahrerlaubnis war. Als er E. und S. M. sowie Sa. R. am Straßenrand sah, hielt er das Fahrzeug an, stieg aus und fragte E. M. nach dem Aufenthaltsort von En. Si. , der – nach Ansicht des Angeklagten – einem in Serbien inhaftierten Bruder des Angeklagten in Zusammenhang mit gemeinsam begangenen Straftaten und der Verurteilung nur des Bruders des Angeklagten Geld schuldete. E. M. verwies den Angeklagten auf den neben ihm stehenden Sa. R. , einen Bruder von En. Si. . S. M. riet dem Angeklagten indes, Sa. R. nicht zu fragen, sondern nach Hause zu gehen. Der Angeklagte, der die Reaktionen von E. und S. M. als „unangemessen und herabsetzend“ empfand, stieg daraufhin „wutentbrannt“ in den Pkw, fuhr davon und unterrichtete seinen Vater telefonisch davon, dass er sich von E. und S. M. „unangemessen behandelt“ fühle. Der Vater des Angeklagten rief daraufhin den mit ihm befreundeten N. Br. an und fragte ihn, was es mit dem Streit auf sich habe. N. Br. , ein Cousin von E. und S. M. , erklärte sich bereit, die Angelegenheit zu klären.
Nach weiteren Telefonaten trafen schließlich auf dem Parkplatz eines Supermarktes in B. einerseits der Vater des Angeklagten mit seinen Söhnen D. und K. I. sowie Ke. A. als deren Fahrer und der Angeklagte mit seinem Beifahrer Ne. O. sowie andererseits E. M. , N. Br. und Sa. R. sowie S. M. , En. Si. und An. R. mit ihrer zweijährigen Tochter ein. Ke. A. stellte sein Fahrzeug auf der rechten Seite einer nach Einfahren auf den Parkplatz in 58 Meter Entfernung direkt vor ihm liegenden Parkbucht für drei Fahrzeuge ab. Nachdem die Insassen ausgestiegen waren, kam der nicht alkoholisierte, aber unter Einfluss von Cannabis stehende, in seinem Steuerungsvermögen indes nicht erheblich beeinträchtigte Angeklagte hinzu und besprach mit seinem Vater und seinen Brüdern, wie weiter zu verfahren sei. Hierbei wies der Vater des Angeklagten – um einer Eskalation vorzubeugen – diesen an, den Parkplatz mit seinem Fahrzeug zu verlassen. Dem leistete der Angeklagte Folge, bemerkte dabei jedoch das Eintreffen des mit E. M. , N. Br. und Sa. R. besetzten Pkws, den E. M. in der Nähe des Pkws von Ke. A. abstellte. E. M. , N. Br. und Sa. R. stiegen sodann aus dem Pkw aus und gingen zu dem freien mittleren Parkplatz der Parkbucht, in der der Vater des Angeklagten und dessen Brüder standen. Ferner sah der Angeklagte, dass En. Si. und S. M. zu Fuß von der Einfahrt des Parkplatzes in Richtung der Parkbucht gingen, in der Ke. A. sein Fahrzeug geparkt hatte. Daraufhin bog der Angeklagte – möglicherweise aus Angst um seinen Vater und seine Brüder „in Anbetracht der Überzahl der gegnerischen Seite“, möglicherweise weil er den von ihm gesuchten En. Si. sah – mit dem von ihm gesteuerten Pkw mit einer Geschwindigkeit von etwa 30 km/h und „quietschenden Reifen“ wieder auf den Parkplatz des Supermarktes ein und fuhr auf die Parkbucht zu, in der die Personengruppe stand. Dabei hätte er – so die Strafkammer – erkennen können, dass er infolge vorangegangenen Cannabiskonsums nicht mehr in der Lage war, ein Fahrzeug sicher im Verkehr zu führen, was er aber vor Aufregung sorgfaltswidrig nicht bedachte. Nach etwa 30 Metern erfasste der Pkw des Angeklagten mit einer Geschwindigkeit von 20 bis 60 km/h den auf dem Weg zu der Parkbucht befindlichen S. M. , der dabei mit seinem rechten Unterarm gegen die Frontscheibe des Pkws stieß, die zersplitterte. S. M. zog sich hierbei neben einem Bluterguss am Knie und Schürfwunden am Arm einen Kreuzbandriss zu. An. R. , die mit ihrer Tochter hinter den nebeneinander laufenden S. M. und En. Si. ging, wurde von einem Passanten „gerade noch rechtzeitig ... ehe auch sie von dem Fahrzeug des Angeklagten erfasst werden konnte“ zur Seite gestoßen. Sodann wollte der Angeklagte „nicht ausschließbar“ in einer Linkskurve an der Parkbucht und den dort befindlichen Personen vorbeifahren, schlug das Lenkrad aber „aufgrund des durch den Aufprall verursachten Schrecks und seiner infolge des vorangegangenen Cannabiskonsums verlängerten Reaktionszeit“ zu spät ein und fuhr mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h in die Parkbucht. Dabei schrammte er mit seiner linken Fahrzeugseite an der rechten Seite des auf dem linken Parkplatz abgestellten Pkws einer Zeugin entlang und erfasste den auf dem freien mittleren Parkplatz stehenden E. M. , der hierdurch hinter die Parkbucht geschleudert wurde und schwer verletzt liegen blieb; er erlitt unter anderem Brüche am Sprunggelenk und am Oberschenkel sowie am Waden- und Schlüsselbein. N. Br. und Sa. R. konnten sich durch einen Sprung auf die Seite bzw. auf und über den Pkw des Angeklagten in Sicherheit bringen, wurden aber, weil sie hierbei zu Fall kamen, ebenfalls verletzt. Nach der Kollision stieg der Angeklagte aus dem von ihm gesteuerten Pkw aus, „schüttelte“ An. R. , die ihn festhalten wollte, ab und rannte davon.
2. Vom vorsätzlichen Herbeiführen „der Kollision“ durch den Angeklagten vermochte sich das Landgericht nicht zu überzeugen. In ihren Rechtsausführungen begründet die Strafkammer dies damit, dass ein (bedingter) Vorsatz aufgrund der Spontaneität des Tatentschlusses und der affektiven Erregung des Angeklagten nicht nachweisbar sei.
II.
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist jedenfalls im Hinblick auf die Besonderheiten des vorliegenden Falls (vgl. auch OLG Oldenburg, Beschluss vom 11. September 2008 – Ss 309/08 I 157, Blutalkohol 45, 392 f.) wirksam auf die landgerichtlichen Feststellungen und Wertungen zu den beiden Kollisionen auf dem Parkplatz des Supermarkts beschränkt.
Zwar hat die Staatsanwaltschaft unbeschränkt Revision eingelegt und auch einen unbeschränkten Aufhebungsantrag gestellt. In der Begründung des Rechtsmittels stellt die Revisionsführerin aber klar, dass sich dieses allein dagegen richte, dass der Angeklagte nur „wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung“ und nicht wegen „tateinheitlich begangenen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und Sachbeschädigung“ verurteilt worden sei.
III.
Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat bereits mit der Sachrüge Erfolg. Denn die Beweiswürdigung zum fehlenden Vorsatz des Angeklagten bei der Herbeiführung der Kollisionen und der durch sie eingetretenen Verletzung und Gefährdung mehrerer Personen, mithin zu den Vorwürfen versuchter und vollendeter vorsätzlicher Körperverletzungs- und versuchter vorsätzlicher Tötungsdelikte sowie des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, leidet an durchgreifenden Rechtsfehlern. Eines Eingehens auf die von der Staatsanwaltschaft ebenfalls erhobene Verfahrensrüge bedarf es daher nicht.
1. Die Beweiswürdigung ist in wesentlichen Teilen lückenhaft.
a) Eine einen Rechtsfehler im Sinn des § 337 Abs. 1 StPO darstellende Lücke liegt insbesondere vor, wenn die Beweiswürdigung wesentliche Feststellungen nicht erörtert (vgl. etwa BGH, Urteil vom 5. November 2015 – 4 StR 183/15) oder nur eine von mehreren gleich naheliegenden Möglichkeiten prüft (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 – 1 StR 478/04, NStZ-RR 2005, 147 f.).
b) Das ist hier der Fall.
aa) Bedingter Vorsatz und bewusste Fahrlässigkeit unterscheiden sich darin, dass der bewusst fahrlässig Handelnde mit der als möglich erkannten Folge nicht einverstanden ist und deshalb auf ihren Nichteintritt vertraut, während der bedingt vorsätzlich Handelnde mit dem Eintreten des schädlichen Erfolgs in der Weise einverstanden ist, dass er ihn billigend in Kauf nimmt oder dass er sich wenigstens mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet (BGH, Beschluss vom 5. März 2008 – 2 StR 50/08, NStZ 2008, 451 mwN). Die Prüfung, ob Vorsatz oder (bewusste) Fahrlässigkeit vorliegt, erfordert insbesondere bei Tötungs- oder Körperverletzungsdelikten eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände, wobei es vor allem bei der Würdigung des voluntativen Vorsatzelements regelmäßig erforderlich ist, dass sich der Tatrichter mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzt und seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung sowie seine Motivation und die zum Tatgeschehen bedeutsamen Umstände – insbesondere die konkrete Angriffsweise – mit in Betracht zieht (BGH, Urteile vom 18. Oktober 2007 – 3 StR 226/07, NStZ 2008, 93 f.; vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 702; vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186 f.; vom 13. Januar 2015 – 5 StR 435/14, NStZ 2015, 216 jeweils mwN). Diese Gesamtschau ist insbesondere dann notwendig, wenn der Tatrichter allein oder im Wesentlichen aus äußeren Umständen auf die innere Einstellung eines Angeklagten zur Tat schließen muss (vgl. etwa BGH, Urteil vom 13. Dezember 2005 – 1 StR 410/05, NJW 2006, 386 f.). Sie ist lückenhaft, wenn der Tatrichter sich mit wesentlichen, den Angeklagten belastenden Umständen nicht auseinandersetzt, die für die subjektive Tatseite bedeutsam sind (BGH, Urteil vom 8. September 2011 – 1 StR 38/11, NZWiSt 2012, 71 f.).
bb) Eine solche Gesamtschau hat die Strafkammer nicht in der gebotenen Vollständigkeit vorgenommen.
Zwar verweist die Strafkammer in ihren Rechtsausführungen darauf, dass ein (bedingter) Vorsatz aufgrund der Spontaneität des Tatentschlusses und der affektiven Erregung des Angeklagten nicht nachweisbar sei. Im Zusammenhang mit den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen verweist sie hierzu aber allein auf die „durchaus denkbare“ Verlängerung der Reaktionszeit infolge des Cannabiskonsums, das Fehlen eines nachvollziehbaren Motivs sowie darauf, dass der Vater des Angeklagten und seine beiden Brüder ebenfalls in der Parkbucht standen und er bei vorsätzlichem Handeln nicht nur seine Gesundheit und sein Fahrzeug, sondern auch Leben und Gesundheit seines Vaters gefährdet hätte. Bei der Darstellung der Ausführungen des Sachverständigen für Unfallrekonstruktion legt die Strafkammer dagegen dar, dass sich aufgrund dieser ein vorsätzliches Handeln des Angeklagten nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachweisen lasse.
Letzteres trifft zwar für sich genommen zu, jedoch stünden die Ausführungen des Sachverständigen auch der Bejahung eines vorsätzlichen Handelns des Angeklagten nicht entgegen. Im Übrigen ist trotz dieser Sammlung vorsatzkritischer Umstände jedenfalls nicht ohne weitere – indes fehlende – Erläuterungen nachvollziehbar, dass und inwieweit diese Umstände bereits im ersten Tatkomplex (Anfahren von S. M. ) Bedeutung erlangt haben könnten. Die Strafkammer setzt die von ihr aufgeführten Umstände zudem nicht in Beziehung zueinander und erläutert auch nicht, ob sie schon zu Zweifeln am Vorsatz hinsichtlich der Handlungen (als solcher) oder dazu geführt haben, dass ungewiss bleibt, ob der Angeklagte bei vom Vorsatz getragenen Handlungen den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt oder er ihn nur nicht gebilligt hat. Hierzu bestand hinsichtlich des ersten Tatkomplexes jedoch schon deshalb Anlass, weil der Angeklagte von der Einfahrt des Parkplatzes „direkt“ in Richtung der Parkbucht steuerte, er mithin auf gerader Strecke über etwa 30 Meter auf die vor ihm gehenden Fußgänger zufuhr. Dass er dies in Bezug auf seine Handlung (als solche) und das „Tatobjekt“ lediglich fahrlässig tat, liegt fern, zumal nach den Ausführungen des Sachverständigen Cannabiskonsum lediglich den peripheren Bereich des Sichtfelds vergrößert, dieses nicht aber einschränkt, und er S. M. und En. Si. schon zuvor identifiziert hatte. Auch die vom Landgericht ange- führte überhöhte Geschwindigkeit infolge Cannabisintoxikation sowie der zu geringe Seitenabstand zu den Fußgängern widerstreiten unter den hier gegebenen Umständen nicht ohne weiteres der Annahme einer vorsätzlichen Tathandlung. Vor diesem Hintergrund hätte sich die Strafkammer bei der Prüfung des Vorsatzes in Bezug auf den Handlungserfolg zumindest auch mit der objektiven Gefährlichkeit der Tathandlung auseinandersetzen müssen (vgl. zum Zufahren auf Fußgänger: Senat, Urteile vom 29. Januar 2015 – 4 StR 433/14, NStZ 2015, 392, 394; vom 25. Oktober 2012 – 4 StR 346/12), der als wesentlichem Indikator sowohl für das Wissens- als auch für das Willenselement des bedingten Vorsatzes gewichtige Bedeutung zukommt (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 – 3 StR 45/13, NStZ-RR 2013, 242 f.).
Hinsichtlich des zweiten Tatkomplexes (Einfahren in die Parkbucht) liegt eine Lücke schon darin, dass die Strafkammer in die Prüfung eines vorsätzlichen Handelns des Angeklagten nicht einbezogen hat, dass dieser nicht nur eine, sondern in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwei Kollisionen herbeigeführt hat, mithin eine Häufung an Verhaltensweisen vorliegt, die vor allem bei auf Gefährdungen oder Schädigungen von Personen der „gegnerischen Seite“ abzielenden und diese zumindest in Kauf nehmenden Handlungen plausibel ist. Zudem hat das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass der Angeklagte den von ihm gesteuerten Pkw zwischen der Einfahrt auf den Parkplatz („mit etwa 30 km/h“) und der zweiten Kollision („zwischen 40 und 50 km/h“) beschleunigt und dabei eine Geschwindigkeit erreicht hat, die in Bezug auf die Handlung (als solcher) ein lediglich fahrlässiges Verhalten – zumal auf dem Parkplatz eines Supermarktes – nicht nahelegt. Hierin liegt auch deshalb eine Lücke, weil die Strafkammer das von ihr dem Angeklagten unterstellte beabsichtigte Durchfahren einer Linkskurve vor der Parkbucht nur deshalb als misslungen ansieht, weil seine Reaktionszeit aufgrund des durch den vorangegangenen Aufprall verursachten Schrecks und des Cannabiskonsums verlängert gewesen sei. Sie erörtert dabei aber nicht, dass der Angeklagte die Grenzgeschwindigkeit, mit der die Kurve hätte durchfahren werden können, infolge der Beschleunigung zumindest nahezu erreicht hatte, und er nach einer von der Strafkammer als glaubhaft bewerteten Zeugenaussage ungebremst in die Personengruppe gefahren ist. Dies wurde vom Sachverständigen insofern bestätigt, als er keine Hinweise auf eine Bremsung festgestellt und jedenfalls eine starke Bremsung vor der Kollision mit dem parkenden Pkw ausgeschlossen hat. Soweit das Landgericht den – ersichtlich auf den Handlungserfolg bezogenen – Vorsatz mit der Erwägung in Frage gestellt hat, dass durch ein Einfahren in die Parkbucht auch das Leben und die Gesundheit seines Vaters und seiner Brüder gefährdet worden wäre, hätte sich die Strafkammer schließlich auch damit auseinandersetzen müssen, dass das „Entlangschrammen“ an dem auf der linken Seite der Parkbucht abgestellten Fahrzeug dazu gedient haben kann, die tatsächlich von der Strafkammer nicht festgestellte Gefährdung seiner Familienangehörigen auszuschließen oder wenigstens zu verringern (vgl. dazu auch nachfolgend 2.).
2. Die Beweiswürdigung ist zudem widersprüchlich.
Denn die Strafkammer legt einerseits dar, dass nach der glaubhaften Aussage des Zeugen E. M. der Vater des Angeklagten im Zeitpunkt der zweiten Kollision auf dem freien Parkplatz zwischen den in der Parkbucht abgestellten Pkws stand, während sich die Brüder des Angeklagten „auf der anderen Seite“ des rechts abgestellten Fahrzeugs des Zeugen A. aufhielten. Sie stellt jedoch andererseits ausdrücklich fest, dass sich alle sechs Personen – einschließlich der Brüder des Angeklagten – in der freien mittleren Parklücke der Parkbucht befanden. Dieser Widerspruch ist erheblich, da das Landgericht eine – von der Strafkammer nicht festgestellte – Gefährdung des Vaters und der Brüder als dem Vorsatz widerstreitendes Indiz bewertet hat. Eine Gefährdung der Brüder des Angeklagten durch das Einfahren des Angeklagten in die Parkbucht hätte aber nicht bestanden, wenn man der Aussage des Zeugen E. M. folgt. Auch die Gefährdung des Vaters des Angeklagten, der nach den Angaben des Zeugen E. M. neben dem Kofferraum des in der Parkbucht rechts abgestellten Fahrzeugs stand, wäre durch ein gezieltes Einfahren („Schrammen“) des auf der linken Seite der Parklücke stehenden Pkws zumindest verringert worden.
3. Hinzu kommt, dass die Erwägung, das Fehlen eines nachvollziehbaren Tatmotivs spreche gegen ein vorsätzliches Herbeiführen der Kollisionen, durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.
Diese nicht näher begründete Annahme lässt schon außer Betracht, dass der Angeklagte das Verhalten zweier Tatopfer, nämlich von E. und S. M. , kurz zuvor als „unangemessen und herabsetzend“ empfunden hatte, er „wutentbrannt“ davongefahren war und ihn sein Vater, nachdem der Angeklagte ihn von der „unangemessenen“ Behandlung durch E. und S. M. unterrichtet hatte, „um einer Eskalation vorzubeugen“ von dem Parkplatz weggeschickt hatte. Auch hat der Angeklagte selbst eingeräumt, dass er zurückgekehrt sei, da er sich verpflichtet gefühlt habe, seinem Vater und seinen Brüdern angesichts der hinzugekommenen Personen Hilfe leisten zu können, und er seinen Vater nicht im Stich lassen wollte.
Neben dieser Lücke hat die Strafkammer aber auch unbeachtet gelassen, dass mit bedingten Tötungsvorsatz handelnde Täter kein Tötungsmotiv haben, sondern einem anderen Handlungsantrieb nachgehen (BGH, Urteile vom 19. Dezember 2013 – 4 StR 347/13; vom 26. März 2015 – 4 StR 442/14, NStZ-RR 2015, 172 f.) und selbst ein unerwünschter Erfolg dessen billigender Inkaufnahme nicht entgegensteht (BGH, Urteil vom 14. Januar 2015 – 5 StR 494/14, NStZ 2015, 460; vgl. ferner BGH, Urteile vom 18. Oktober 2007 – 3 StR 226/07, NStZ 2008, 93; vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701 f. mwN; zu hochgradig interessenwidrigen Tatfolgen allerdings: BGH, Urteile vom 27. August 2009 – 3 StR 246/09, NStZ-RR 2009, 372 f.; vom 30. November 2005 – 5 StR 344/05, NStZ-RR 2006, 317, 318).
4. Die Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Urteils, soweit der Angeklagte wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt wurde. Dies zieht die Aufhebung des Gesamtstrafen- und des Maßregelausspruchs nach sich. Einer Aufhebung der Adhäsionsentscheidung durch den Senat bedarf es dagegen nicht (BGH, Urteil vom 28. November 2007 – 2 StR 477/07, BGHSt 52, 96, 98).
Die – teilweise – Aufhebung des Urteils führt zur Aufhebung der zugehörigen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO). Der Senat sieht insbesondere im Hinblick auf die oben dargelegten Widersprüche und Lücken in der Beweiswürdigung davon ab, die zum äußeren Ablauf des Geschehens auf dem Parkplatz getroffenen Feststellungen bestehen zu lassen.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin