Entscheidungsdatum: 04.02.2016
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 19. September 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 14 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt, von welcher zwei Monate als vollstreckt gelten. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachrüge Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts gründete der Angeklagte mit einem Mitgesellschafter die S. Club GbR, um Anleger zum Zweck des gemeinsamen Wertpapiersparens anzuwerben, die sich mit Bareinzahlungen an der Gesellschaft beteiligten. Die Gelder der Anleger verbrachte der Angeklagte in voller Höhe nach L. , wo sie über ein von ihm eröffnetes Konto zum Zweck des Day Tradings eingesetzt wurden. Die Anlage der Kundengelder erfolgte im hochspekulativen Marktsegment des Währungs- und Rohstoffhandels durch die Zeugin P. , die über keinerlei Qualifikation für derartige Geschäfte verfügte.
Der Angeklagte hatte die Zeugin, die krankheitsbedingt in ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit eingeschränkt war, über keine kaufmännische Ausbildung für dieses Marktsegment verfügte und in keinem Arbeitsverhältnis mit Bezug zu derartigen Handelsvorgängen beschäftigt gewesen war, als Person kennen gelernt, die über Kenntnisse im Bereich des Day Tradings verfügte. Er konnte die ihm zum Zwecke eines Erfolgsnachweises vorgelegten Unterlagen mangels eigener Kompetenz nicht verstehen und sah auch die in Aussicht gestellten Gewinnversprechungen als überzogen an. Gleichwohl hielt er die Idee, die Gelder seiner Kunden im Day Trading anzulegen, für vielversprechend und glaubte der Zeugin P. letztlich.
Im Tatzeitraum zwischen dem 12. Juli 2007 und dem 29. Juli 2009 warb der Angeklagte in insgesamt 14 Fällen Gelder bei Anlegern ein. Die entsprechenden Verträge über die Beteiligung an der S. Club GbR sahen dabei teilweise eine Fristbindung der Geldanlage vor. In anderen Fällen sollten die Anleger ihre Anlage ohne Fristbindung im Bedarfsfall jederzeit wieder ausgezahlt bekommen können.
In der Folgezeit kam es beim Einsatz der eingeworbenen Gelder im Wege des Day Tradings durch die Zeugin P. zu einem Totalverlust auf Seiten der Anleger.
II.
Der Schuldspruch wegen Betrugs in 14 Fällen hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Die Feststellungen des Landgerichts tragen insbesondere nicht die Annahme, der Angeklagte habe hinsichtlich der Schädigung der Anleger vorsätzlich gehandelt.
Die Strafkammer hat einerseits ausdrücklich festgestellt, der Angeklagte sei von den Gewinnversprechen der Zeugin P. beeindruckt gewesen. Er habe die Idee, die Gelder seiner Kunden im Day Trading anzulegen, für vielversprechend gehalten. Letztlich habe er, der selbst über keine Kenntnisse auf dem Gebiet des Day Tradings verfügt habe, der Zeugin P. geglaubt und sich aufgrund eines „Bauchgefühls“ dazu entschlossen, eine Geschäftsbeziehung zu der Zeugin aufzunehmen (UA S. 12).
Andererseits seien ihm die „Unzulänglichkeiten seiner Day Traderin“ bekannt gewesen. Ihm sei von Anfang an bewusst gewesen, dass die Kunden mit der Hingabe des Geldes keine werthaltige Gegenleistung erlangen würden (UA S. 15).
Mit diesen widersprüchlichen Feststellungen ist die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe hinsichtlich der Herbeiführung des Vermögensschadens „mit direktem Vorsatz“ gehandelt (UA S. 53), ebenso wenig vereinbar wie die Bejahung eines für die Verurteilung wegen Betrugs hinreichenden bedingten Vorsatzes.
2. Im Hinblick auf die Feststellungen zum äußeren Tatbestand des Betrugs weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer wird im Fall einer erneuten Verurteilung eindeutige Feststellungen zu der Frage zu treffen haben, über welche tatsächlichen Umstände der Angeklagte konkret getäuscht haben soll.
b) Hinsichtlich des Vermögensschadens bemerkt der Senat unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 17. August 2015, dass die von der Strafkammer vorgenommene Differenzierung zwischen fristgebundenen Anlagen, hinsichtlich derer eine hälftige Wertminderung eingetreten sei, und nicht fristgebundenen Anlagen, bei denen ein Schaden in voller Höhe vorliegen soll, auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht nachvollzogen werden kann.
III.
Angesichts des Erfolgs der Sachrüge kommt es auf die erhobenen Verfahrensbeanstandungen nicht mehr an. Mit Blick auf das künftige Verfahren bemerkt der Senat:
Die Vorschrift des § 76 Abs. 3 GVG in der seit dem 1. Januar 2012 geltenden Fassung durch das Gesetz über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2554) sieht vor, dass die Mitwirkung eines dritten Richters in der Regel notwendig ist, wenn die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird oder die große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer zuständig ist. Diese Bestimmung dient nach den Gesetzesmaterialien (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drucks. 17/6905 S. 8 f.) dem Zweck, die für die Besetzungsentscheidung gemäß § 76 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 GVG maßgeblichen unbestimmten Rechtsbegriffe des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 2010 – 5 StR 555/09, NStZ 2011, 52) näher zu konturieren. Von der in § 76 Abs. 3 GVG vorgesehenen regelmäßigen Dreierbesetzung soll nur abgewichen werden, wenn im Einzelfall bei einer solchen Sache die Mitwirkung eines dritten Berufsrichters nicht notwendig erscheint (BT-Drucks. 17/6905 aaO).
Vor dem Hintergrund der danach nicht bedenkenfreien Besetzungsentscheidung vom 3. April 2014 wird sich für die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer empfehlen, von der Möglichkeit des § 76 Abs. 5 GVG Gebrauch zu machen und unter Berücksichtigung des verbleibenden Verfahrensstoffes nach Maßgabe des § 76 Abs. 2 und 3 GVG erneut über ihre Besetzung zu befinden.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Franke Bender