Entscheidungsdatum: 08.02.2012
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 15. August 2011
a) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sichverschaffen kinderpornographischer Schriften sowie des Sichverschaffens kinderpornographischer Schriften schuldig ist,
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Einziehung des Notebooks „Sony“ mit Netzkabel angeordnet worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer – Jugendschutzkammer – des Landgerichts Magdeburg zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen zweifachen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz kinderpornographischer Schriften sowie Besitzes kinderpornographischer Schriften unter Freisprechung im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Zugleich hat es seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet und sein Notebook „Sony“ mit Netzkabel eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit einer Verfahrensrüge und der näher ausgeführten Sachrüge. Sein Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung der Einziehungsanordnung. Im Übrigen ist es unbegründet.
1. Der Senat hat den Schuldspruch wie aus dem Tenor ersichtlich geändert, weil sich der Angeklagte in den Fällen II. 2 und II. 3 der Urteilsgründe jeweils (auch) des Sichverschaffens von kinderpornographischen Schriften nach § 184b Abs. 4 Satz 1 StGB schuldig gemacht hat.
Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte im Fall II. 2 der Urteilsgründe den von ihm begangenen schweren sexuellen Missbrauch seiner dreijährigen Enkeltochter mit seiner Videokamera auf, um die Aufnahme später für sich verwenden zu können. Im Fall II. 3 der Urteilsgründe lud der Angeklagte 67 kinderpornographische Bilddateien, die ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, auf seinen Laptop „Sony“ herunter und speicherte sie in verschiedenen Ordnern. Damit hat sich der Angeklagte in beiden Fällen den Besitz an den kinderpornografischen Schriften (§ 11 Abs. 3 StGB) selbst verschafft und dadurch den Tatbestand des § 184b Abs. 4 Satz 1 StGB verwirklicht (BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2006 – 1 StR 430/06, NStZ 2007, 95). Der vom Landgericht im Fall II. 3 der Urteilsgründe angenommene Besitz kinderpornografischer Schriften nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB tritt als subsidiärer Auffangtatbestand zurück (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2008 – 3 StR 215/08, NStZ 2009, 208; Beschluss vom 4. August 2009 – 3 StR 174/09, Rn. 25).
Obgleich die gesetzliche Überschrift des § 184b StGB die Variante des Sichverschaffens von kinderpornographischen Schriften nicht enthält, ist es in diesen Fällen angezeigt, von der Regel des § 260 Abs. 4 Satz 2 StPO abzuweichen und zur anschaulichen Kennzeichnung des Tatunrechts in der Urteilsformel auf den Wortlaut des Tatbestands zurückzugreifen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2008 – 3 StR 215/08; HansOLG Hamburg, Beschluss vom 3. Mai 1999 - 1 Ss 39/99, Rn. 18).
2. Die allein auf § 184b Abs. 6 Satz 2 StGB gestützte Einziehung des Laptops des Angeklagten begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Bei einer Verurteilung gemäß § 184b Abs. 4 StGB wegen Sichverschaffens oder Besitzes kinderpornographischer Schriften sind nach § 184b Abs. 6 Satz 2 StGB nur die Beziehungsgegenstände der Tat zwingend einzuziehen. Wurde das Sichverschaffen kinderpornographischer Schriften – wie hier im Fall II. 3 der Urteilsgründe – durch das Herunterladen und Abspeichern von Bilddateien auf einem Computer begangen, unterliegt daher lediglich die als Speichermedium verwendete Festplatte der Einziehung nach § 184b Abs. 6 Satz 2 StGB. Dagegen ist eine Einziehung des für den Lade- und Speichervorgang verwendeten Computers nebst Zubehör nur nach § 74 Abs. 1 Alternative 2 StGB als Tatwerkzeug möglich (BGH, Beschluss vom 11. Januar 2012 – 4 StR 612/11; Beschluss vom 28. November 2008 – 2 StR 501/08, BGHSt 53, 69 Rn. 2 a.E.; Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl., § 184b Rn. 20). Die Entscheidung steht dabei im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Dies hat das Landgericht nicht beachtet.
Zudem hat das Landgericht übersehen, dass aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auch bei einer auf § 184b Abs. 6 Satz 2 StGB gestützten Einziehung von den Möglichkeiten des § 74b Abs. 2 StGB Gebrauch zu machen ist (BGH, Beschluss vom 11. Januar 2012 – 4 StR 612/11; Beschluss vom 28. November 2008 – 2 StR 501/08, BGHSt 53, 69 Rn. 3). Danach hat der Tatrichter anzuordnen, dass die Einziehung zunächst vorbehalten bleibt und weniger einschneidende Maßnahmen zu treffen sind, wenn auch auf diese Weise der Einziehungszweck erreicht werden kann. Dies könnte hier durch eine endgültige Löschung der inkriminierten Bilddateien geschehen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2012 – 4 StR 612/11; Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl., § 184b Rn. 20). Feststellungen dazu, ob es technisch möglich ist, diese Dateien in einer Weise von der Festplatte zu löschen, dass ihre Wiederherstellung nicht mehr möglich ist, hat das Landgericht nicht getroffen.
3. Die weiter gehende Revision ist aus den von dem Generalbundesanwalt angeführten Gründen offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Soweit das Landgericht im Fall II. 1 der Urteilsgründe bei der Bestimmung der dem Strafrahmen des § 176a Abs. 1 StGB entnommenen Freiheitsstrafe entgegen § 46 Abs. 3 StGB auch die die Strafbarkeit nach dieser Vorschrift begründende Vorverurteilung durch das Landgericht Magdeburg vom 17. Juli 2000 zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt hat (BGH, Beschluss vom 13. September 2001 – 3 StR 269/01, NStZ 2002, 198, 199; Hörnle in LK-StGB, 12. Aufl., § 176a Rn. 21), vermag der Senat auszuschließen, dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler beruht. Die von dem Landgericht für diese Tat festgesetzte Freiheitstrafe von einem Jahr und drei Monaten liegt nur geringfügig über der Untergrenze des Strafrahmens. Angesichts der weiter festgestellten Strafschärfungsgründe kann ausgeschlossen werden, dass das Landgericht auf eine noch mildere Strafe erkannt hätte, wenn das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 17. Juli 2000 als Zumessungsgesichtspunkt außer Acht geblieben wäre.
Mutzbauer Roggenbuck Cierniak
Franke Quentin