Entscheidungsdatum: 09.03.2010
1. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 23. Juli 2009 hinsichtlich beider Angeklagter im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagten der Gefangenenmeuterei in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig sind.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten M. und die Revision des Angeklagten W. gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen.
3. Die Angeklagten haben die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Im Übrigen wird von der Auferlegung von Kosten und Auslagen abgesehen.
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Gefangenenmeuterei in Tateinheit mit versuchter Gefangenenmeuterei und mit gefährlicher Körperverletzung unter Einziehung weiterer Urteile zu Einheitsjugendstrafen von sieben Jahren (Angeklagter W.) bzw. sieben Jahren und neun Monaten (Angeklagter M.) verurteilt. Gegen das Urteil richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte und auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten W. Der Angeklagte M. beanstandet mit seinem unbeschränkt eingelegten Rechtsmittel das Verfahren und die Anwendung sachlichen Rechts. Die Revision des Angeklagten M. führt zu einer Schuldspruchänderung, die auf den Angeklagten W. zu erstrecken ist. Im Übrigen ist das Rechtsmittel des Angeklagten M. und die Revision des Angeklagten W. insgesamt unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts versuchten die Angeklagten am 24. August 2008 aus der Justizvollzugsanstalt I. auszubrechen. Hierzu überwältigen sie einen Justizvollzugsbeamten, misshandelten ihn in lebensgefährlicher Weise und nahmen ihm den Generalschlüssel und ein Funkgerät ab. In bzw. in der Nähe eines Innenhofs der Justizvollzugsanstalt scheiterte der Ausbruchsversuch.
2. Das Rechtsmittel des Angeklagten M. führt zu einer Änderung des Schuldspruchs, weil die Feststellungen seine Verurteilung wegen vollendeter in Tateinheit mit versuchter Gefangenenmeuterei nach § 121 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 StGB nicht tragen.
Zwar setzt die Anwendung von § 121 Abs. 1 Nr. 1 StGB - anders als dessen Nummer 2 - nicht voraus, dass die Nötigung oder der tätliche Angriff mit dem Ziel eines Ausbruchs begangen wird. Jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung eines im Versuchsstadium steckengebliebenen Ausbruchs, der mit der Nötigung bzw. dem tätlichen Angriff ermöglicht werden sollte, scheidet aber die Annahme von Tateinheit aus, weil der lediglich versuchten Gefangenenmeuterei kein eigenständiges Handlungsunrecht zukommt (vgl. zum Verhältnis zwischen versuchter Nötigung und Bedrohung auch BGH, Beschluss vom 8. November 2005 - 1 StR 455/05 - sowie ferner Eser in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 121 Rdn. 23; Bosch in Münchner Kommentar StGB § 121 Rdn. 36; a.A. LK-Rosenau StGB 12. Aufl. § 121 Rdn. 67 jeweils m.w.N.; Fischer StGB 57. Aufl. § 121 Rdn. 13).
3. Die Schuldspruchänderung ist gemäß § 357 StPO auf den Angeklagten W. zu erstrecken (vgl. Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 357 Rdn. 7 m.w.N.).
4. Auf die Rechtsfolgenaussprüche haben die Schuldspruchänderungen keine Auswirkungen, da der Erziehungsbedarf der Angeklagten und der Unrechtsgehalt der Tat hiervon nicht berührt werden und deshalb auszuschließen ist, dass der Tatrichter - der auf die tateinheitliche Verurteilung auch wegen versuchter Gefangenenmeuterei bei der Strafzumessung nicht abgestellt hat - bei richtiger Beurteilung der Konkurrenzen eine andere Strafe verhängt hätte (vgl. BVerfG Beschluss vom 27. September 2006 - 2 BvR 1603/06).
Tepperwien Solin-Stojanović Ernemann
Franke Mutzbauer