Entscheidungsdatum: 08.02.2012
1. Auf die Revisionen der Angeklagten Sch. , S. und H. wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 23. Mai 2011, soweit es diese Angeklagten betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben
a) im Fall II. 1 der Urteilsgründe und
b) in den Gesamtstrafenaussprüchen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel dieser Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten Sch. , S. und H. sowie die Revision des Angeklagten Schw. werden verworfen.
3. Der Angeklagte Schw. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat die Angeklagten Sch. und S. der versuchten schweren räuberischen Erpressung, der versuchten Erpressung sowie der Nötigung, den Angeklagten Schw. der versuchten Erpressung sowie der Nötigung und den Angeklagten H. der Beihilfe zur versuchten schweren räuberischen Erpressung schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten Sch. unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe von neun Monaten aus einem weiteren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten, den Angeklagten S. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, den Angeklagten Schw. zu einer solchen von sieben Monaten und den Angeklagten H. zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 70 Euro verurteilt. Ferner hat das Landgericht eine Lederweste des Angeklagten S. eingezogen.
Gegen ihre Verurteilung wenden sich die Angeklagten jeweils mit der Sachrüge. Die Angeklagten Sch. , S. und Schw. beanstanden darüber hinaus das Verfahren, der Angeklagte Schw. macht ein Verfahrenshindernis geltend. Die Rechtsmittel der Angeklagten Sch. , S. und H. haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Dem Rechtsmittel des Angeklagten Schw. bleibt insgesamt der Erfolg versagt.
I.
Das vom Angeklagten Schw. geltend gemachte Verfahrenshindernis der nicht hinreichend konkretisierten Anklage besteht nicht. Auch die von ihm und den Angeklagten Sch. und S. erhobenen Verfahrensrügen haben keinen Erfolg. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts vom 30. November 2011 Bezug genommen.
II.
Soweit die Angeklagten Sch. und S. in den Fällen II. 2 und II. 3 der Urteilsgründe wegen versuchter Erpressung und wegen Nötigung verurteilt worden sind, hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der von den Angeklagten jeweils erhobenen Sachbeschwerde keinen Rechtsfehler zu deren Nachteil ergeben.
Die Verurteilung des Angeklagten Schw. ist insgesamt frei von diesen beschwerenden Rechtsfehlern.
III.
1. Demgegenüber hält die Verurteilung der Angeklagten Sch. , S. und H. im Fall II. 1 der Urteilsgründe rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Das Landgericht hat nicht geprüft, ob die Angeklagten vom Versuch der schweren räuberischen Erpressung mit strafbefreiender Wirkung zurückgetreten sind (§ 24 Abs. 2 Satz 1 StGB).
§ 24 Abs. 2 Satz 1 StGB verlangt ohne Rücksicht auf die Frage, ob ein beendeter oder unbeendeter Versuch vorliegt, die Verhinderung der Tatvollendung. Dabei bestehen grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie beim Alleintäter, so dass insbesondere das Verhalten des Zurücktretenden für das Ausbleiben der Vollendung zumindest mitursächlich werden muss. Unter Absatz 2 Satz 1 hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch die Fälle gefasst, in denen die Beteiligten an der Tat den Rücktritt einvernehmlich durchführen (BGH, Urteil vom 14. Mai 1996 - 1 StR 51/96, BGHSt 42, 158, 162; Senatsbeschluss vom 4. April 1989 - 4 StR 125/89, NStZ 1989, 317, 318). Dabei wird es als ausreichend angesehen, wenn ein Beteiligter mit dem Rücktritt des anderen einverstanden ist. Handeln alle Beteiligten einvernehmlich, kann das schlichte Nicht-Weiterhandeln für die Erfolgsverhinderung im Sinne von § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB ausreichen (vgl. Senatsbeschluss aaO; Lilie/Albrecht in LK-StGB, 12. Aufl., § 24 Rn. 42; SSW-StGB/Kudlich/Schuhr, § 24 Rn. 58, jew. mwN). Diese Grundsätze gelten auch für den Gehilfen, der anderenfalls bei einem wirksamen Rücktritt des Haupttäters, der bereits zur Erfolgsverhinderung führt, trotz Rücktrittswillens überhaupt nicht zurücktreten könnte (BGH, Beschluss vom 28. Oktober 1998 - 5 StR 176/98, BGHSt 44, 204, 208).
b) Danach können die Angeklagten Sch. , S. und H. im vorliegenden Fall jeweils als Tatbeteiligte vom Versuch der schweren räuberischen Erpressung zurückgetreten sein, indem sie einverständlich die gegenüber dem Geschädigten W. erhobene Forderung zur Zahlung einer "Strafe" in Höhe von 5.000 Euro nach dem Treffen mit dem Geschädigten in der „ Bar“ nicht weiter verfolgten. Anlass für eine Erörterung der Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB boten insbesondere die Feststellungen, die das Landgericht zum Inhalt des zwischen dem Angeklagten H. und dem Geschädigten W. am 22. Januar 2010 geführten Telefongesprächs getroffen hat (UA 35/36). Der Zeuge sprach den Angeklagten H. nach Absprache mit der Polizei, an die er sich inzwischen gewandt hatte, auf die Modalitäten einer Übergabe des von den Angeklagten geforderten Geldbetrages an. H. verhielt sich jedoch abwehrend und versuchte, die vom Landgericht als erwiesen angesehene, ursprünglich unter Drohungen erhobene Forderung ungeschehen zu machen. Er gab dem Geschädigten unter Anderem zu verstehen, er müsse kein Geld beschaffen, da es eine entsprechende Forderung nicht (mehr) gebe. Ein weiteres Telefongespräch ähnlichen Inhalts führte der Angeklagte H. mit dem Geschädigten am 27. Januar 2010. Dass der Angeklagte H. diese Gespräche mit dem Geschädigten nur nach vorheriger Abstimmung mit dem Mitangeklagten Sch. führte, der im „Charter S. “ der „Hells Angels“ die Position des „Präsidenten“ einnahm, ist nahe liegend. Im Hinblick darauf und vor dem Hintergrund der im Urteil dargelegten hierarchischen Struktur dieser Gruppierung hätte die Strafkammer die Möglichkeit eines Rücktritts der Angeklagten vom Versuch der schweren räuberischen Erpressung im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB nicht unerörtert lassen dürfen.
2. Die Aufhebung der Verurteilung der Angeklagten Sch. , S. und H. im Fall II. 1 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der gegen diese Angeklagten verhängten Gesamtstrafen nach sich. Die für sich genommen rechtsfehlerfreie Entscheidung über die Einziehung der Weste des Angeklagten S. kann bestehen bleiben, da dieser Gegenstand als Tatmittel auch im Fall II. 3 der Urteilsgründe Verwendung gefunden hat.
IV.
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Für den Fall, dass ein strafbefreiender Rücktritt der Angeklagten in Betracht kommen sollte, wird insbesondere zu prüfen sein, ob dieser freiwillig erfolgt ist. Ohne die Feststellung weiterer Umstände vermag die vom Landgericht angestellte Erwägung, die Angeklagten hätten "offenbar" wegen des einsetzenden Drucks der polizeilichen Ermittlungen von ihrer Geldforderung gegen den Geschädigten W. Abstand genommen, als bloß möglich erscheinende allgemeine Furcht vor Entdeckung der Tat die Freiwilligkeit nicht in Frage zu stellen (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 24 Rn. 19a mwN).
2. Beim Angeklagten Sch. wird die erforderliche erneute Gesamtstrafenbildung wiederum unter Einbeziehung der Bewährungsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Rostock vom 15. Juli 2010 vorzunehmen sein. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Ausgleich für die Nichterstattung von Leistungen zur Erfüllung einer Bewährungsauflage (vgl. § 58 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 56f Abs. 3 Satz 2 StGB) jedoch regelmäßig durch eine die Strafvollstreckung verkürzende Anrechnung auf die Gesamtfreiheitsstrafe zu bewirken (BGH, Beschluss vom 20. März 1990 - 1 StR 283/89, BGHSt 36, 378, 383 f.; Senatsbeschluss vom 19. Mai 1992 - 4 StR 207/92). Die allgemeine Berücksichtigung der in diesem Umstand liegenden Härte, wie sie im angefochtenen Urteil ihren Ausdruck gefunden hat, reicht nicht aus. Der Umfang der Anrechnung ist in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen (BGH, jew. aaO).
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