Entscheidungsdatum: 07.02.2018
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 18. Juli 2017 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Insbesondere kann der Senat ausschließen, dass sich der Angeklagte bei Begehung der Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB befand.
2. Hingegen hält der Strafausspruch sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat bei der Strafzumessung ein zulässiges Verteidigungsverhalten zum Nachteil des Angeklagten gewertet.
a) Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung dahin eingelassen, er habe den Geschädigten mit einem Messer verletzt, dabei allerdings in Notwehr gehandelt, weil dieser ihn gewürgt habe. Das Landgericht hat sich die Überzeugung verschafft, dass das Handeln des Angeklagten nicht durch Notwehr gerechtfertigt war, da schon keine Notwehrlage bestand. Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat es strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte „das Opfer zu Unrecht eines Angriffs auf sein eigenes Leben und damit einer Straftat bezichtigt“ habe (UA 12). Dies ist rechtsfehlerhaft.
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es einem Angeklagten grundsätzlich nicht verwehrt, sich mit der Behauptung zu verteidigen, er habe in Notwehr gehandelt. Soweit damit Anschuldigungen gegen eine andere Person verbunden sind, werden die Grenzen eines zulässigen Verteidigungsverhaltens dadurch nicht überschritten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 4 StR 532/12, NStZ-RR 2013, 170, 171; vom 6. Juli 2010 - 3 StR 219/10, NStZ 2010, 692; vom 22. März 2007 - 4 StR 60/07, NStZ 2007, 463). Eine wahrheitswidrige Notwehrbehauptung kann erst dann straferschwerend gewertet werden, wenn Umstände hinzukommen, nach denen sich dieses Verteidigungsverhalten als Ausdruck einer zu missbilligenden Einstellung darstellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. März 2007 - 4 StR 60/07, NStZ 2007, 463; vom 25. April 1990 - 3 StR 85/90, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verteidigungsverhalten 8; vom 27. April 1989 - 1 StR 10/89, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verteidigungsverhalten 4); solche Umstände sind hier indes nicht ersichtlich.
c) Der Senat kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass sich die fehlerhafte Strafzumessungserwägung bereits bei der Strafrahmenwahl zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Über die Strafe ist deshalb insgesamt neu zu befinden.
3. Die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hat demgegenüber Bestand. Die sachverständig beratene Strafkammer hat jedenfalls das Vorliegen eines Hangs im Sinne des § 64 StGB mit rechtlich vertretbarer Begründung abgelehnt.
Sost-Scheible |
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Feilcke |
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