Entscheidungsdatum: 10.06.2010
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 23. Januar 2009, soweit es den Angeklagten F. betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit dessen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung abgelehnt worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision und die Revisionen der Staatsanwaltschaft in Bezug auf die Angeklagten A. und P. sowie die Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
4. Die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft in Bezug auf die Angeklagten A. und P. trägt die Staatskasse, der auch die diesen Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zur Last fallen. Die Angeklagten tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat - unter Freispruch aller Angeklagten im Übrigen - den Angeklagten F. der versuchten Erpressung in zwei Fällen und der Erpressung sowie die Angeklagten A. und P. jeweils der Beihilfe zur Erpressung schuldig gesprochen. Es hat gegen den Angeklagten F. eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verhängt, gegen den Angeklagten A. eine solche von einem Jahr und zehn Monaten sowie gegen den Angeklagten P. eine solche von einem Jahr und sechs Monaten. Die Vollstreckung der gegen die Angeklagten A. und P. verhängten Freiheitsstrafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Ferner hat es hinsichtlich des Angeklagten F. festgestellt, dass eine Anordnung von Verfall sichergestellter Geldbeträge sowie von Verfall des Wertersatzes wegen entgegenstehender Ansprüche des Verletzten zu unterbleiben habe.
Mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen wendet sich die Staatsanwaltschaft insbesondere gegen die Teilfreisprüche aller drei Angeklagten sowie dagegen, dass hinsichtlich des Angeklagten F. die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung unterblieben ist. Die Angeklagten rügen ebenfalls die Verletzung materiellen Rechts und beanstanden ferner das Verfahren.
Die Revisionen der Angeklagten haben keinen Erfolg, desgleichen die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, soweit die Angeklagten A. und P. betroffen sind. Hinsichtlich des Angeklagten F. hat die Revision der Staatsanwaltschaft einen Teilerfolg. Die Begründung des Landgerichts für die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
A.
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte F. gelangte im Frühjahr 2005 in den Besitz von etwa 2400 Kontobelegen der Landesbank AG (im Folgenden: L.), die ein inzwischen rechtskräftig verurteilter ehemaliger Mitarbeiter der L. entwendet hatte. Die Belege betrafen die Anlage von Vermögenswerten nahezu ausschließlich in Deutschland wohnhafter Kunden der L., die die daraus erzielten Einkünfte, im Wesentlichen Zinserträge und Anlagegewinne, nicht ordnungsgemäß in Deutschland versteuerten und dies auch in Zukunft nicht zu tun beabsichtigten. Zur gewinnbringenden Verwertung der Kontobelege fasste der Angeklagte F. den Plan, dort aufgeführte Kunden der L. anzusprechen und von diesen zur Vermeidung einer Veröffentlichung der auf den Belegen enthaltenen Informationen und einer damit verbundenen strafrechtlichen Verfolgung Geldbeträge in Höhe von mehreren hunderttausend Euro zu fordern.
Auf Anweisung des Angeklagten F., der im Hintergrund bleiben wollte, nahm der gesondert verfolgte Thomas K. im Mai und im Juni 2005 Kontakt zu vier Kunden der L. auf, um den Plan in die Tat umzusetzen. Der Zeuge Pe. erklärte sich nach mehreren Telefonaten bzw. Treffen mit K. am 7. Juni 2005 dazu bereit, einen Betrag in Höhe von 300.000 Euro zu zahlen. Pe. hatte jedoch zuvor die L. von der Kontaktaufnahme durch K. sowie dessen Forderung in Kenntnis gesetzt. Eine Geldübergabe fand nicht statt, weil K. auf Anweisung des Angeklagten F. den Kontakt mit der Begründung abbrach, der Zeuge arbeite mit der L. zusammen. Am 3. Juni 2005 nahm K. Kontakt zu dem Zeugen Ko. auf, der jedoch (wahrheitswidrig) erklärte, kein Konto bei der L. zu unterhalten. K. und der Angeklagte F. gingen daraufhin davon aus, der Zeuge Ko. sei nicht erpressbar und die weitere Ausführung ihres Vorhabens nicht mehr möglich. Am 10. Juni 2005 wurde der Zeuge R. von K. aufgefordert, zur Vermeidung der Weitergabe von Kontobelegen an das Finanzamt einen Geldbetrag zu zahlen. Nachdem der Angeklagte F. in der Zwischenzeit aber direkt mit der L. in Kontakt getreten war, ihr die Rückgabe der Kontounterlagen gegen Zahlung eines hohen Geldbetrages angeboten und ferner zugesagt hatte, die Kunden der L. nicht weiter zu behelligen, wurde K. angewiesen, auch den Kontakt zum Zeugen R. abzubrechen. Noch einige Tage zuvor hatte K. den Zeugen D., ebenfalls Kunde der L., angerufen und diesem einen Tag später in dessen Büro sein Anliegen vorgetragen. Er erzielte jedoch mit seiner Drohung keinen Erfolg; der Zeuge D. kündigte an, die Polizei einzuschalten.
Die Angaben des Zeugen Pe. gegenüber der L. veranlassten die Bank zur Einschaltung der Privatdetektei R. Management GmbH; deren Mitarbeitern gelang die Aufdeckung der Identität des Angeklagten F. und des K. Daraufhin waren die Entscheidungsträger der L. bereit, zur Vermeidung der vom Angeklagten F. angekündigten Weitergabe der Kontounterlagen an die Finanzbehörden eine Summe von insgesamt 13 Millionen Euro zu zahlen. Die Geldübergabe sollte in drei Raten Zug um Zug gegen Rückgabe der Belege erfolgen; ferner sollten keine weiteren Kopien der Kontenbelege den deutschen Finanz- und Strafverfolgungsbehörden übergeben und keine Kunden der Bank mehr angesprochen werden. In der Folgezeit wurden an den Angeklagten F. am 31. August 2005 7,5 Millionen Schweizer Franken übergeben, am 29. August 2007 weitere vier Millionen Euro, jeweils gegen Rückgabe von Teilen der Kontounterlagen. Die letzte Rate in Höhe von 4 Millionen Euro, die für Ende August 2009 abgesprochen war, zahlte die L. nicht mehr, da der Angeklagte F. Ende 2007 festgenommen wurde.
Die Angeklagten A. und P. unterstützten den Angeklagten F. nach Erhalt der ersten Raten unter anderem bei der Beutesicherung, indem sie behilflich waren, einen Teil der durch die L. gezahlten Gelder unter Verschleierung der Herkunft in den Wirtschaftskreislauf einfließen zu lassen, insbesondere durch die Vermittlung eines Darlehensvertrages und durch Herstellung eines Kontakts zu einem Treuhänder.
B.
I.
Zu den Revisionen der Angeklagten:
Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet.
1. Die von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen führen, wie der Generalbundesanwalt in der Begründung seines Terminsantrages vom 10. Dezember 2009 zutreffend ausgeführt hat, nicht zum Erfolg.
2. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der erhobenen Sachrügen hat auch unter Berücksichtigung des jeweiligen Revisionsvorbringens weder hinsichtlich des Schuld- noch hinsichtlich des Strafausspruchs Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
a) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht das Verhalten des Angeklagten F. in den Fällen II. 2 und 4 der Urteilsgründe als versuchte Erpressung gemäß § 253 Abs. 1, 3 i.V.m. § 22 StGB gewertet.
Indem K. auf Anweisung des Angeklagten mit den Zeugen Ko. und D. Kontakt aufnahm und diesen gegenüber ankündigte, die im Besitz des Angeklagten F. befindlichen Kontounterlagen den deutschen Finanzbehörden zuleiten zu wollen, wurde mit einem empfindlichen Übel gedroht und damit zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt. Denn die Geschädigten mussten damit rechnen, nach Auswertung der Unterlagen vom deutschen Fiskus nachveranlagt sowie steuerstrafrechtlich verfolgt zu werden. Nach den Feststellungen nannte K. den Geschädigten nach Absprache mit F. die jeweiligen Kontodaten. So sollten sie nach der Vorstellung des Angeklagten erkennen, dass er über die entsprechenden Unterlagen verfügte und die ihnen drohende Strafverfolgung nach deren Übergabe an die deutschen Behörden tatsächlich in seinem Machtbereich lag. Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten, er habe von vornherein vorgehabt, ausschließlich „ins Geschäft mit der Landesbank“ zu kommen, und K. habe sich bei seiner Kontaktaufnahme mit den Geschädigten weisungswidrig verhalten, rechtsfehlerfrei als widerlegt angesehen.
Der Angeklagte wollte sich auch zu Unrecht bereichern, denn auf die von den Geschädigten eventuell geleisteten Zahlungen hatten er und der gesondert verfolgte K. keinen Anspruch. Die Annahme, der Angeklagte hätte an die Berechtigung seiner Geldforderungen gegenüber Ko. und D. geglaubt, liegt nach den getroffenen Feststellungen fern. Die Vorstellung des Angeklagten, auch auf anderem Wege, nämlich unmittelbar von der L., mit einer entsprechenden Drohung (noch höhere) Geldbeträge erlangen zu können, ändert nichts daran, dass er, was ihm bewusst war, die Zahlungen von den beiden Bankkunden nur auf der Grundlage der ihnen gegenüber gezielt herbeigeführten Zwangssituation erhalten würde.
b) Das Landgericht hat den Tatbestand einer vollendeten Erpressung zum Nachteil der L. im Fall II. 5 der Urteilsgründe ebenfalls zu Recht als erfüllt angesehen.
aa) Dass die Zahlungen an den Angeklagten aus dem Vermögen der L. als einer juristischen Person auf Veranlassung des aus mehreren Personen bestehenden Verwaltungsrates erfolgten, stellt dies nicht in Frage. Mit ihren dagegen gerichteten Angriffen verkennt die Revision des Angeklagten F., dass der Tatbestand der Erpressung nicht nur bei der erzwungenen Preisgabe eigenen Vermögens erfüllt ist, sondern auch bei einer solchen, die fremdes Vermögen betrifft. Genötigter und Geschädigter brauchen nicht identisch zu sein, sofern der Genötigte das fremde Vermögen schützen kann und will (BGH, Urteil vom 20. April 1995 - 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 125; vgl. auch MünchKommStGB/Sander § 253 Rn. 23 m.w.N.; SSW-StGB/Kudlich § 253 Rn. 21). So liegt der Fall hier. Da es sich bei den Genötigten im vorliegenden Fall um die Mitglieder des Aufsichtsgremiums einer juristischen Person des Privatrechts handelte, bedurfte das vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung für derartige Fallkonstellationen geforderte Näheverhältnis keiner weiteren Erläuterung.
bb) Auch im Übrigen hält der Schuldspruch wegen vollendeter Erpressung zum Nachteil der L. rechtlicher Nachprüfung stand.
Da die Rechtsordnung im Bereich der Vermögensdelikte ein wegen seiner Herkunft, Entstehung oder Verwendung schlechthin ungeschütztes Vermögen nicht kennt (BGH, Urteil vom 4. September 2001 – 1 StR 167/01, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögenswert 3), sind die mit der Zahlung der L. an den Angeklagten verfolgten Zwecke, nämlich eine vom Verwaltungsrat möglicherweise beabsichtigte Verdeckung von Steuerhinterziehungen der Kunden der L., ohne Belang.
Dass der Angeklagte F. auch im Fall 5 der Urteilsgründe mit Bereicherungsabsicht handelte, weil er auf die von der L. gezahlten Geldbeträge keinen Anspruch hatte, liegt nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen auf der Hand. Der Frage, welchen „Marktwert“ die in den Kontobelegen verkörperten Informationen hatten, brauchte die Strafkammer in diesem Zusammenhang nicht nachzugehen. Hierbei kann dahinstehen, ob den Kontounterlagen - ähnlich wie amtlichen Ausweispapieren (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 1971 – 4 StR 368/71, VRS 42, 110, 111; BGH, Beschluss vom 14. Oktober 1982 – 4 StR 517/82, MDR 1983, 92; BGH, Beschluss vom 28. Juli 2009 – 4 StR 255/09, NStZ 2009, 694), Führerscheinen oder Scheckkarten (Senat, Urteil vom 25. August 1987 – 4 StR 224/87 –) schon generell kein messbarer objektiver Verkehrswert und damit auch kein „Marktwert“ zukommt, weil sich ihr Wert für den Besitzer in den mit der Sachherrschaft verknüpften funktionellen Möglichkeiten (hier: Einsatz als Erpressungsmittel) erschöpft (vgl. hierzu Fischer, StGB, 57. Aufl., § 248 a Rn. 4 m.w.N.). Jedenfalls für die L. waren sie - was dem Angeklagten F. bewusst war - wirtschaftlich wertlos, da ihr als kontoführender Bank die auf den Belegen enthaltenen Daten ohnehin vollständig und in aktualisierter Form zur Verfügung standen. Es kam der L. ersichtlich nicht darauf an, durch Zahlungen in Millionenhöhe in den Besitz von Kopien eigener Unterlagen zu gelangen. Vielmehr erbrachte sie die Zahlungen aufgrund der vom Angeklagten F. ausgesprochenen Drohung, anderenfalls würden die Kontodaten den deutschen Finanzbehörden offenbart mit der Folge erheblicher Nachteile für den eigenen Geschäftsbetrieb. Dass der Angeklagte zunächst versucht hatte, von staatlichen Stellen für die Weitergabe der Daten erhebliche Geldbeträge zu erhalten, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, zumal diese den Ankauf zwischenzeitlich abgelehnt hatten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 3. Februar 1993 – 2 StR 410/92, NJW 1993, 1484, 1485).
c) Die Bejahung der Rechtswidrigkeit der Taten gemäß § 253 Abs. 2 StGB lässt einen Rechtsfehler ebenfalls nicht erkennen.
Dabei hat der Senat aus Anlass dieses Falles nicht über die zivilrechtliche Wirksamkeit oder eine etwaige strafrechtliche Relevanz des Verkaufs entwendeter Kontodaten an staatliche Stellen zu entscheiden. Denn unabhängig von der rechtlichen Bewertung einer Weitergabe der Kontobelege ist die Verwerflichkeit im Sinne des § 253 Abs. 2 StGB zu bejahen.
aa) Entsprechend ihrem Zweck, nicht strafwürdig erscheinende Verhaltensweisen aus dem Anwendungsbereich des § 253 StGB auszunehmen, sind die Voraussetzungen der Verwerflichkeitsklausel erfüllt, wenn unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles ein erhöhter Grad der sozialethischen Missbilligung der für den erstrebten Zweck angewandten Mittel festzustellen ist (BGH, Urteile vom 19. November 1953 - 3 StR 17/53, BGHSt 5, 254, 256; vom 11. Mai 1962 - 4 StR 81/62, 17, 328, 331 f.; BGH, Beschluss vom 13. Januar 1983 - 1 StR 737/81, 31, 195, 200). Hierbei ist das rechtlich Verwerfliche nicht einseitig in dem angewandten Mittel oder in dem erstrebten Zweck zu suchen, sondern in der Beziehung beider zueinander (BGH, Beschluss vom 18. März 1952 - GSSt 2/51, BGHSt 2, 194, 196; BGH, Urteil vom 11. Mai 1962 - 4 StR 81/62, 17, 328, 331). Die Abgrenzung einer strafwürdigen Nötigung von einer nicht zu missbilligenden Willensbeeinflussung hat der Bundesgerichtshof etwa im Fall der Drohung mit einer Strafanzeige danach vorgenommen, ob der Sachverhalt, aus dem sich das Recht zur Strafanzeige herleitet, mit dem durch die Drohung verfolgten Zweck in einer inneren Beziehung steht oder beides willkürlich miteinander verknüpft wird (BGH, Urteil vom 19. November 1953 - 3 StR 17/53, BGHSt 5, 254, 258). Auch der an sich erlaubte Zweck rechtfertigt nur die Anwendung sozial hinnehmbarer Mittel (BayObLG, wistra 2005, 235; Träger/Altvater in LK, StGB, 11. Aufl., § 240 Rn. 69, 88).
bb) Gemessen daran hat die Strafkammer die Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 StGB im vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei als erfüllt angesehen.
Dabei kann offen bleiben, ob Verwerflichkeit – auch bei rechtlicher Zulässigkeit der Drohung – regelmäßig schon dann anzunehmen ist, wenn die erstrebte Bereicherung mit dem eingesetzten Nötigungsmittel in keinem Zusammenhang steht und die Entscheidungsfreiheit des Bedrohten durch Forderung eines sog. inkonnexen Vorteils beschnitten wird (so MünchKommStGB/Sander § 253 Rn. 37; SSW-StGB/Kudlich § 253 Rn. 33; Fischer aaO § 253 Rn. 21; Günter in SK-StGB § 253 Rn. 38). Jedenfalls bei einer sachlich nicht gerechtfertigten, willkürlichen Verknüpfung von angewandtem Mittel und erstrebtem Zweck liegt Verwerflichkeit im Sinne des § 253 Abs. 2 StGB vor (BGH, Urteil vom 19. November 1953 - 3 StR 17/53, BGHSt 5, 254, 258; ebenso OLG Düsseldorf, NStZ-RR 1996, 5, 6). So verhält es sich hier: Die vom Angeklagten erstrebte Bereicherung stand mit dem eingesetzten Nötigungsmittel, der angedrohten Weitergabe vertraulicher, einer Bank entwendeter Kontodaten einer großen Zahl von Kunden an die deutschen Finanzbehörden, in keinem nachvollziehbaren, sozialethisch zu billigenden Zusammenhang. Weder verfolgte der Angeklagte rechtlich geschützte eigene Interessen (vgl. dazu OLG Karlsruhe, NStZ-RR 1996, 296), noch handelte er in einem übergeordneten, billigenswerten Interesse (vgl. dazu BayObLG aaO).
d) Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch auch insoweit, als die Angeklagten A. und P. wegen Beihilfe zur Erpressung verurteilt worden sind. Diese war zum Zeitpunkt der Hilfeleistung noch nicht beendet, so dass eine Teilnahme noch möglich war. Soweit der Angeklagte P. darüber hinaus die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils beanstandet, erschöpfen sich seine Angriffe in dem im Revisionsverfahren unbeachtlichen Versuch, die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung durch eine eigene zu ersetzen.
II.
Zu den Revisionen der Staatsanwaltschaft:
1. Ohne Erfolg wendet sich die Beschwerdeführerin zunächst gegen die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte F. bleibe in den Fällen II. 1 und 3 der Urteilsgründe straffrei, weil er freiwillig vom (unbeendeten) Versuch der Erpressung zum Nachteil der Zeugen Pe. und R. zurückgetreten sei.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Abgrenzung des unbeendeten vom beendeten Versuch und damit für die Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts darauf an, ob der Täter nach der letzten von ihm konkret vorgenommenen Ausführungshandlung den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs für möglich hält. Ist der Erfolgseintritt nicht mehr möglich und erkennt der Täter dies oder hält der ihn auch nur fälschlicherweise nicht mehr für möglich, liegt ein fehlgeschlagener Versuch vor, von dem der Täter nicht mehr strafbefreiend zurücktreten kann (BGH, Urteile vom 3. Dezember 1982 - 2 StR 550/82, BGHSt 31, 170; vom 22. August 1985 - 4 StR 326/85, 33, 295; vom 12. November 1987 - 4 StR 541/87, 35, 90). Demgegenüber bleibt ein Rücktritt vom unbeendeten Versuch in den Fällen möglich, in denen der Täter von weiteren Handlungen absieht, weil er sein außertatbestandsmäßiges Handlungsziel erreicht hat (BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 - GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 230 ff.).
b) Gemessen daran bestehen gegen die rechtliche Würdigung der Strafkammer, die Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch seien im vorliegenden Fall erfüllt, hier keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Senat entnimmt dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, dass der Angeklagte F. – und auf seine Weisung hin auch sein Mittäter K. – die Tatbestandsverwirklichung aufgaben, als nach einer ersten Kontaktaufnahme mit der L. am 22. Juni 2005 die begründete Aussicht bestand, von dieser einen weit höheren Geldbetrag zu erlangen, was deren Vertreter allerdings von einem sofortigen Abbruch aller Verhandlungen mit Bankkunden abhängig gemacht hatten. Der Angeklagte F. hatte damit sein außertatbestandliches Handlungsziel erreicht. Von diesen Feststellungen wird daher die Annahme getragen, F. sei daraufhin – nach einer Phase gewisser Unsicherheit bis zum Erhalt der ersten Rate seitens der L. – (endgültig) freiwillig von der Tatausführung gegenüber Pe. und R. zurückgetreten. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist für eine weiter gehende Bewertung der Motive eines Täters für seine Abstandsnahme von der weiteren Tatausführung kein Raum (BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 - GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 231).
2. Die Strafaussprüche halten rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Die Feststellungen rechtfertigen entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens des § 253 Abs. 4 StGB unter dem Gesichtspunkt bandenmäßiger Begehungsweise. Bandenmäßiges Handeln setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, deren Verbindung darauf gerichtet ist, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten eines bestimmten Deliktstypus zu begehen (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321, 328 f.). Jedenfalls daran fehlt es hier. Die Wertung der Strafkammer, die Angeklagten A. und P. seien an den Taten zum Nachteil der Bankkunden weder als (Mit-)Täter noch als Gehilfen beteiligt gewesen und hätten zu der Tat zum Nachteil der L. erst nach Vollendung (durch Entgegennahme der ersten Rate), aber vor deren Beendigung, lediglich Gehilfenbeiträge zur Beutesicherung geleistet, beruht auf einer rechtsfehlerfreien, erschöpfenden Beweiswürdigung.
b) Auch mit den gegen einzelne Strafzumessungserwägungen gerichteten Angriffen hinsichtlich des Angeklagten F. dringt die Revision der Staatsanwaltschaft nicht durch. Die grundsätzlich dem Tatrichter vorbehaltene Strafzumessung kann das Revisionsgericht nur auf Rechtsfehler überprüfen, nicht aber einer ins Einzelne gehenden Richtigkeitskontrolle unterziehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 9. Januar 1962 - 1 StR 346/61, BGHSt 17, 35, 36 f.; vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80, 29, 319, 320). Ein solcher Rechtsfehler wird nicht aufgezeigt; insbesondere wird nicht erkennbar, dass das Landgericht rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Acht gelassen oder Strafen verhängt hat, die sich von der Bestimmung lösen, gerechter Schuldausgleich zu sein. Nach Auffassung des Senats hat die Strafkammer die mit Blick auf § 51 StGB regelmäßig nicht angezeigte strafmildernde Berücksichtigung von Untersuchungshaft (vgl. nur BGH, Urteile vom 14. Juni 2006 – 2 StR 34/06, NStZ 2006, 620; vom 19. Mai 2010 – 2 StR 102/10 Rn. 8) hier – jedenfalls noch vertretbar – auf besondere Umstände gestützt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 – 3 StR 401/02, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 20). Die lange Dauer des Strafverfahrens kann auch strafmildernd berücksichtigt werden, wenn sachliche, von den Strafverfolgungsorganen nicht zu vertretende Gründe die Ursache waren (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1998– 3 StR 561/98, BGHR § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13).
3. Den Revisionen bleibt der Erfolg auch versagt, soweit sie sich gegen die den Angeklagten A. und P. gewährte Strafaussetzung zur Bewährung wenden. Den dem Tatrichter bei der Gesamtwürdigung nach § 56 Abs. 1 StGB eingeräumten weiten Bewertungsspielraum (vgl. dazu Fischer aaO § 56 Rn. 11 m.w.N.) hat das Landgericht hier nicht überschritten, sondern alle wesentlichen, für die Entscheidung maßgeblichen Umstände erwogen und die jeweils positive Entwicklung der persönlichen Lebenssituation der Angeklagten, insbesondere deren Lösung aus dem Drogenmilieu und die wirtschaftliche Stabilisierung, berücksichtigt.
Auch in der Bejahung besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB sieht der Senat vor dem Hintergrund der insoweit vorgenommenen eingehenden Gesamtwürdigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler.
4. Hingegen bedarf die Frage der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten F. in der Sicherungsverwahrung neuer Verhandlung und Entscheidung.
a) Der medizinische Sachverständige, dessen Beurteilung sich die Strafkammer angeschlossen hat, vermochte insbesondere das Vorliegen eines Hanges im Sinne des § 66 Abs. 1 StGB nicht zuverlässig festzustellen. Die Delinquenzentwicklung beim Angeklagten habe spät begonnen und sei untypisch verlaufen, da die verfahrensgegenständlichen Taten nicht als konstante Fortsetzung der vorangegangenen Taten angesehen werden könnten. So sei vor allem die Gefährlichkeit der Tatausführung im Vergleich zu den vorigen Taten der räuberischen Erpressung und Geiselnahme als wesentlich geringer zu beurteilen. Das in den neuen Taten nahezu ausschließlich zum Ausdruck kommende Streben nach finanzieller Bereicherung sei für die Einordnung der Taten als Symptomtaten zu unspezifisch. Die prognostische Einschätzung der Neigung des Angeklagten zur Begehung weiterer Straftaten habe keine eindeutigen Ergebnisse erbracht. Da sich der Angeklagte nicht habe explorieren lassen, könne zudem eine relevante Persönlichkeitsstörung weder festgestellt noch ausgeschlossen werden. Es bestehe die Hoffnung, dass der langjährige Strafvollzug den Angeklagten beeindrucken und von weiteren Straftaten abhalten werde.
b) Diese Ausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht bei der Entscheidung der Frage, ob der Angeklagte gemäß § 66 StGB unterzubringen ist, von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen ist.
aa) Das Merkmal „Hang“ verlangt einen eingeschliffenen inneren Zustand des Täters, der ihn immer wieder neue Straftaten begehen lässt. Hangtäter ist derjenige, der dauerhaft zu Straftaten entschlossen ist oder aufgrund einer fest eingewurzelten Neigung immer wieder straffällig wird, wenn sich die Gelegenheit bietet, ebenso wie derjenige, der willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht zu widerstehen vermag. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es auf die Ursache für die fest eingewurzelte Neigung zu Straftaten nicht an (vgl. BGH, Urteile vom 25. Februar 1988 – 4 StR 720/87, BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 1; vom 13. September 1989 - 3 StR 150/89, BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 4).
bb) Danach erweist sich schon die vom Landgericht übernommene Ausgangsüberlegung des Sachverständigen, die Deliktsentwicklung beim Angeklagten sei wegen ihres späten Beginns unspezifisch, als nicht tragfähig. Es trifft zwar zu, dass der Angeklagte erst im Alter von 29 Jahren mit der Begehung seiner Straftaten begonnen hat. Indem das Landgericht diesen Gesichtspunkt maßgeblich heranzieht, um einen Hang im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu verneinen, übersieht es indes, dass er erst 14 Monate zuvor aus der ehemaligen DDR in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt war. Hier verübte er sodann schwerste Straftaten, unter anderem zahlreiche Raubüberfälle mit einer Gesamtbeute von weit über einer Million DM sowie einen erpresserischen Menschenraub, bei dem sich das Opfer nur durch glückliche Umstände noch vor der Lösegeldübergabe befreien konnte. Seiner Festnahme widersetzte sich der Angeklagte durch sofortigen Schusswaffengebrauch. Bei einem der Raubüberfälle kam eine Person zu Tode.
Auch die vom Sachverständigen übernommene Wertung der verfahrensgegenständlichen Taten als untypisch kann in diesem Zusammenhang für die Frage eines Hangs des Angeklagten zur Begehung von Straftaten nichts Entscheidendes beitragen. Es trifft zwar zu, dass die Gewaltkomponente bei diesen Taten im Unterschied zu den vorangegangenen Straftaten keine entscheidende Rolle gespielt hat. Dies ergibt sich indes bereits aus der Natur der verwirklichten Straftatbestände, deren Begehung die Ausübung von Gewalt nicht notwendigerweise voraussetzt. Das Landgericht hat zudem nicht ausreichend in den Blick genommen, dass der Angeklagte in der Vergangenheit mit außerordentlich hoher Rückfallgeschwindigkeit massivste Straftaten beging, im Wesentlichen nur unterbrochen von Aufenthalten im Strafvollzug, in dem er darüber hinaus weitere Taten vorbereitete, und dass ihm der Sachverständige eine hohe Zielstrebigkeit bei der Begehung aller Taten attestiert hat. Angesichts der auch vom Sachverständigen hervorgehobenen Komplexität des hier abzuurteilenden Tatgeschehens, in welchem es dem Angeklagten gelang, ein kriminelles Geflecht für sich einzusetzen, drängte es sich im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung auf, dem Vorliegen eines eingeschliffenen Verhaltensmusters vor dem Hintergrund der in den Taten zum Ausdruck kommenden außerordentlichen kriminellen Energie stärkere Beachtung zu schenken. Dass der Angeklagte (nur) vom Streben nach Geld zur Begehung der Taten veranlasst wurde, vermag entgegen der Auffassung des Landgerichts ein solches Verhaltensmuster nicht in Frage zu stellen.
cc) Die Ausführungen zur Gefährlichkeitsprognose begegnen ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar kann der Tatrichter insoweit auch die Wirkungen eines langjährigen Strafvollzugs sowie die mit dem Fortschreiten des Lebensalters unter Umständen eintretenden Haltungsänderungen berücksichtigen (BGH, Urteil vom 27. Oktober 1981 – 5 StR 475/81, StV 1982, 114; BGH, Beschluss vom 3. April 1984 – 5 StR 148/84, NStZ 1984, 309). Der Generalbundesanwalt vermisst im vorliegenden Fall jedoch zu Recht eine Darlegung entsprechender konkreter, auf den Zeitpunkt der Urteilsfindung bezogener Tatsachen. Angesichts des Umstandes, dass der Angeklagte in der Vergangenheit weitere schwere Straftaten bereits aus dem Strafvollzug heraus plante und der Sachverständige ausgeführt hat, ein selbstkritischer Umgang des Angeklagten mit seinen früheren und den hier abgeurteilten Taten sei nur in Ansätzen festzustellen, war insoweit ein strenger Maßstab anzulegen. Auch rechtfertigt die Erwägung des Landgerichts, eine dissoziale Persönlichkeitsstörung könne beim Angeklagten nicht diagnostiziert werden, die Verneinung einer fortbestehenden Gefährlichkeit für sich genommen nicht. Für die Anordnung der Sicherungsverwahrung sind die Ursachen des Hangs und der sich daraus ergebenden Gefährlichkeit regelmäßig unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2002 – 5 StR 330/02, NStZ 2003, 310, 311; Fischer aaO § 66 Rn. 25 m.w.N.). Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, kann das Vorliegen einer schweren seelischen Abartigkeit, also auch einer dissozialen Persönlichkeit, die Negativprognose mitbegründen, Voraussetzung für die Bejahung der Gefährlichkeit ist sie jedoch nicht (MünchKommStGB/Ullenbruch § 66 Rn. 142).
c) Die Frage der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung muss daher – zweckmäßigerweise unter Hinzuziehung eines anderen Sachverständigen – neu geprüft werden. Angesichts der Ausführungen im angefochtenen Urteil bemerkt der Senat ergänzend, dass es sich bei dem Begriff des Hangs um einen Rechtsbegriff handelt, den das Gericht – auf der Grundlage der Stellungnahme des Sachverständigen – im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Angeklagten sowie seiner Taten unter Berücksichtigung aller objektiven und subjektiven Umstände eigenständig festzustellen hat (Rissing-van Saan/Peglau in LK, StGB, 12. Aufl., § 66 Rn. 117 m.w.N.).
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