Entscheidungsdatum: 19.11.2013
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 7. Juni 2013 im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bleibt dem für das Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls, versuchten „gemeinschaftlichen“ Diebstahls, räuberischer Erpressung und schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Von einer Einbeziehung der Geldstrafen aus den Strafbefehlen des Amtsgerichts G. vom 17. Oktober 2012 (Az. 19b Ds – 84 Js 779/10 – 856/10) und vom 20. November 2012 (Az. 19a Ds – 91 Js 1515/12 – 190/12) sowie des Amtsgerichts H. vom 28. Februar 2013 (Az. 240 Ds – 3231 Js 8091/12 – 432/12) hat es abgesehen. Die mit der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Bildung der Gesamtstrafe gemäß § 55 Abs. 1 StGB begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Einer nach einer abgeurteilten Tat ergangenen und noch nicht erledigten früheren rechtskräftigen Verurteilung zu einer Geldstrafe kommt auch dann eine Zäsurwirkung zu, wenn diese Geldstrafe in Anwendung von § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB gesondert bestehen bleiben soll (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2012 – 3 StR 370/11, NStZ-RR 2012, 170; Beschluss vom 12. November 2003 – 2 StR 294/03, Rn. 6 insoweit in NStZ 2004, 329 nicht abgedruckt; Urteil vom 12. August 1998 – 3 StR 537/97, BGHSt 44, 179, 184; Beschluss vom 7. Dezember 1983 – 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 194).
Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die Tat Nr. 4 (versuchter Diebstahl) am 27. November 2012 und damit nach dem Strafbefehl des Amtsgerichts G. vom 17. Oktober 2012 und auch nach dem Strafbefehl desselben Gerichts mit dem Az. 19a Ds – 91 Js 1515/12 – 190/12 verübt, sofern dieser – wie im Urteilstenor und auf UA 21 angegeben – am 20. November 2012 und nicht – wie in den Feststellungen auf UA 5 aufgeführt – am 12. Dezember 2012 ergangen ist. Da Feststellungen zum Vollstreckungsstand bezogen auf den Zeitpunkt des angefochtenen Urteils ebenso fehlen wie die Angabe der den jeweiligen Verurteilungen zugrunde liegenden Tatzeiten (zu den Anforderungen an die Entscheidungsgründe bei Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 2011 – 3 StR 110/11; Beschluss vom 8. Februar 2011 – 4 StR 658/10), das Landgericht jedoch die Voraussetzungen für eine Einbeziehung nach § 55 StGB ersichtlich für gegeben erachtet hat, vermag der Senat nicht auszuschließen, dass bereits dem Strafbefehl des Amtsgerichts G. vom 17. Oktober 2012 als erster unerledigter Verurteilung eine Zäsurwirkung zukommt und deshalb eine Gesamtstrafenbildung nur für die bis dahin begangenen Taten Nr. 1 bis 3 möglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 – 4 StR 249/11, NStZ-RR 2011, 307; Beschluss vom 28. Juli 2006 – 2 StR 215/06, NStZ 2007, 28, 29).
Dieser Rechtsfehler kann sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben, weil für die Tat Nr. 4 eine Einzelgeldstrafe (90 Tagessätze in Höhe von je 10 Euro) verhängt worden ist und deren möglicherweise nicht veranlasste Einbeziehung zu einer Erhöhung der Gesamtfreiheitsstrafe geführt haben kann.
b) Schließlich hat das Landgericht auch nicht beachtet, dass im Fall der Nichteinbeziehung von mehreren nicht erledigten Geldstrafen in eine Gesamtstrafe gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz StGB auch im Verfahren nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB insoweit gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz StGB auf eine Gesamtgeldstrafe zu erkennen ist, sofern die erforderlichen Voraussetzungen dafür vorliegen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 1974 – 3 StR 217/74, BGHSt 25, 382). Für die Nachvollziehbarkeit der hierzu getroffenen Entscheidungen bedarf es ebenfalls der Mitteilung des Vollstreckungsstands und der jeweiligen Tatzeiten.
2. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch, die Entscheidung über den Gesamtstrafenausspruch dem Nachverfahren nach den §§ 460, 462 StPO zuzuweisen. Das danach zuständige Gericht wird auch über die Kosten des Rechtsmittels zu entscheiden haben.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Bender Quentin