Entscheidungsdatum: 24.05.2016
Zur (Haushalts-)Untreue durch Zubilligung von Erfahrungsstufen bei Einstellung als Tarifbeschäftigte(r) im Öffentlichen Dienst.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 9. Februar 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts Magdeburg zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat den Angeklagten, den amtierenden Oberbürgermeister der Stadt H. , vom Vorwurf der Untreue zum Nachteil des Vermögens der Stadt im Zusammenhang mit der Einstellung von drei städtischen Bediensteten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, hat Erfolg.
I.
1. Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage legte dem Angeklagten zur Last, er habe am Tage seines Dienstantritts als neu gewählter Oberbürgermeister, am 1. Dezember 2012, mit drei von ihm ausgesuchten und ihm genehmen Personen, die ihn bereits in der Vergangenheit bei seiner kommunalpolitischen Arbeit unterstützt hatten und denen er deshalb im besonderen Maße vertraute, unter anderem unter Umgehung geltender Vorschriften über die Ausschreibung derartiger Dienstposten Arbeitsverträge mit einer gemessen an ihrer jeweiligen Qualifikation zu hohen tariflichen Einstufung abgeschlossen. Durch die pflichtwidrige, nämlich unter Verstoß gegen § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) vorgenommene Zuordnung der drei Beschäftigten zur fünften der jeweils sechs zur Verfügung stehenden Erfahrungsstufen der jeweiligen Entgeltgruppe sei der Stadt H. ein vom Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommener Gefährdungsschaden in Höhe von ca. 290.000 Euro entstanden.
2. Das Landgericht hat dazu im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Im Vorfeld der Übernahme seines Amtes bemühte sich der Angeklagte unter den Beschäftigten der Stadtverwaltung erfolglos um die Gewinnung von Personen für die Besetzung von drei im Haushaltsplan der Stadt ausgebrachten Stellen. Er wollte diese Positionen mit vertrauenswürdigen Mitarbeitern besetzen, die ihn bei der Umsetzung seiner politischen Vorhaben während seiner Amtszeit wirkungsvoll und loyal unterstützen würden, und sah die zügige Besetzung dieser Stellen deshalb als dringlich an. Ihm war bekannt, dass er bei einem Zugriff auf externe Kandidaten allenfalls hinsichtlich der Stelle des Büroleiters des Oberbürgermeisters auf eine förmliche Ausschreibung würde verzichten können. Gleichwohl setzte er das Einstellungsverfahren mit dem Ziel der Besetzung der Stellen mit den Zeuginnen E. und W. sowie mit dem Zeugen P. , die Tätigkeiten außerhalb der Verwaltung der Stadt H. ausübten und die zur Übernahme der Stellen bereit waren, ohne eine förmliche Ausschreibung in Gang. Alle drei Personen hatten ihn im Vorfeld seiner Wahl zum Oberbürgermeister unterstützt, die Zeugin E. war für den Angeklagten darüber hinaus wegen ihrer vorangegangenen Tätigkeit als seine persönliche Referentin in seiner Zeit als Beigeordneter in H. eine „gesetzte Mitarbeiterin“. Den Personalrat beteiligte er weder bei der Einstellung der genannten Mitarbeiter noch bei deren konkreter Eingruppierung in die Erfahrungsstufen der den Zeugen zustehenden Entgeltgruppen, da er aufgrund zuvor geführter Gespräche mit Vertretern des Personalrates sowie Mitgliedern des Personalamtes Widerstände gegen die von ihm beabsichtigte Stellenbesetzung befürchtete und weitere Diskussionen über seine Entscheidungen und das Auswahlverfahren nicht aufkommen lassen wollte. Er veranlasste ferner, dass dem Personalamt der Stadt erst zwei Wochen vor dem beabsichtigten Einstellungstermin Bewerbungsunterlagen der drei von ihm ausgewählten Zeugen übermittelt wurden; diese Unterlagen waren zudem unzureichend.
Mit seinem Amtsantritt am 1. Dezember 2012 schloss er sodann die auf seine Amtszeit befristeten Arbeitsverträge mit der Zeugin E. als seiner Büroleiterin (Entgeltgruppe 15 TVöD VKA), dem Zeugen P. als Referent für strategische Grundsatzfragen (Entgeltgruppe 14 TVöD VKA) und der Zeugin W. als Referentin und wissenschaftliche Sachbearbeiterin für Sicherheit und Ordnung (Entgeltgruppe 13 TVöD VKA). Die Unterzeichnung der von ihm selbst erstellten Vertragsurkunden erfolgte in Anwesenheit der drei Zeugen in seinem Büro. Um befürchtete Widerstände seitens des Personalamtes gegen eine zu hohe Zubilligung von Erfahrungsstufen gar nicht erst aufkommen zu lassen, machte er die jeweils gewährte Erfahrungsstufe 5 in den von ihm eigenhändig unterschriebenen Arbeitsverträgen zum Vertragsbestandteil. Die hausinterne Organisationsverfügung, wonach die Erfahrungsstufe bei Neueinstellungen vom Personalamt gesondert festzulegen war, hatte er zuvor durch eine Dienstanweisung aufgehoben. Alle drei Zeugen verbesserten sich durch die ihnen gewährte Entgeltgruppe mit der jeweiligen Erfahrungsstufe 5 finanziell teilweise deutlich gegenüber ihren bisherigen Tätigkeiten. So war etwa die Vergütung der Zeugin E. während ihrer auf ein Jahr befristeten Beschäftigung bei der Stadt H. als persönliche Referentin des Angeklagten in seiner Eigenschaft als Beigeordneter in der Entgeltgruppe 13 mit der Erfahrungsstufe 1 erfolgt. Auch hatte keine der drei genannten Personen die Erfahrungsstufe 5 bei den Verhandlungen zum Abschluss der jeweiligen Arbeitsverträge gefordert. Der Zeuge P. hatte vorab lediglich darauf hingewiesen, dass er sich erst ab Erfahrungsstufe 4 finanziell nicht gegenüber seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit schlechter stellen würde und die Zubilligung dieser Erfahrungsstufe für ihn ein wichtiges Entscheidungskriterium für den Abschluss des Arbeitsvertrages wäre. Dass die drei Zeugen ihre Tätigkeit alle auch unter Zubilligung der Erfahrungsstufe 4 ausgeübt hätten, war dem Angeklagten bewusst. Mit der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 verfolgte der Angeklagte unter anderem das Ziel, den Zeugen entgegenzukommen, um sie künftig an sich zu binden, und sie gleichzeitig für die im Wahlkampf geleistete Unterstützung zu belohnen. Nach der in der Verwaltung der Stadt H. geübten Verwaltungspraxis wurde bei zeitlich befristeten Verträgen im Regelfall allenfalls die Erfahrungsstufe 3 als höchste Stufenzuordnung vergeben. Gleichwohl machte der Angeklagte seine Beweggründe für die höhere Einstufung nicht aktenkundig.
Erst mit Schreiben vom 11. Dezember 2012 unterbreitete der Angeklagte ohne nähere Begründung die vorgenommenen Einstellungen mit der dazugehörigen Stufenzuordnung dem Personalrat, der der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 umgehend widersprach, da er die erforderlichen Nachweise für diese Zuordnung in keinem der drei Fälle als erbracht ansah. Eine Einigung über die Einstufung der drei Zeugen zwischen dem Angeklagten und dem Personalrat kam auch in der Folgezeit nicht zustande. Letztlich setzte sich der Angeklagte, der die Probezeit der drei neu eingestellten Mitarbeiter mit Wirkung zum 30. April 2013 vorzeitig für beendet erklärt hatte, mit der Abgabe einer sog. qualifizierten Begründung nach § 62 Abs. 7 Satz 2 PersVG des Landes Sachsen-Anhalt, die in seinem Auftrag eine Rechtsanwältin, die Zeugin K. , unter dem 30. Mai 2013 vorbereitete, über die Einwände des Personalrates hinweg, sodass es bei der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 bei allen drei Zeugen verblieb.
3. Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Untreue aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Untreue im Sinne von § 266 StGB in Form der sogenannten Haushaltsuntreue komme nur in Fällen evidenter Pflichtverletzungen in Betracht, also dann, wenn eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit unangemessene Gegenleistung gewährt werde. Eine danach erforderliche gravierende Pflichtverletzung habe dem Angeklagten nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden können. Bei der Entscheidung über die Einstufung der drei Mitarbeiter in Erfahrungsstufe 5 habe der Angeklagte in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) gehandelt; insbesondere seien alle drei Einstellungen zur Deckung des Personalbedarfs im Sinne dieser Vorschrift erfolgt. Danach sei der Angeklagte befugt gewesen, Zeiten einer vorherigen Beschäftigung für die Frage der Einstufung zu berücksichtigen, wenn diese für die vorgesehene Tätigkeit bloß „förderlich“ gewesen seien. Bei der Beurteilung der Förderlichkeit im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) sei ihm ein weitgehendes Ermessen eingeräumt, welche Vorbeschäftigungen er als förderlich ansehe und in welchem Maße er diese für die Einstufung heranziehe. Diesen Ermessensspielraum habe der Angeklagte im vorliegenden Fall weder grob verkannt noch bewusst umgangen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es zwar durchaus möglich, wenn nicht sogar naheliegend, dass sich der Angeklagte bei seiner Entscheidung über die Einstufung der drei Mitarbeiter möglicherweise auch von sachfremden Motiven habe beeinflussen lassen. Unter Weglassung sachfremder Kriterien hätte allen drei Personen eine Vergütung nach der Erfahrungsstufe 4 gewährt werden können. Es habe jedoch nicht festgestellt werden können, dass sachfremde Motive allein oder ganz wesentlich die Grundlage der Entscheidung des Angeklagten gebildet hätten. Vielmehr habe er seine Entscheidung im Wesentlichen anhand sachlicher Kriterien getroffen, die zwar im Einzelfall möglicherweise nicht ermessensfehlerfrei berücksichtigt worden seien, aber keinesfalls gravierende oder gar willkürlich erscheinende Fehler darstellten.
II.
Die Begründung des Landgerichts für den Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Untreue im Sinne von § 266 Abs. 1 Fall 2 StGB zum Nachteil der Stadt H. nur in Betracht kommt, wenn er eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat. Zu Recht hat es eine derartige Treuepflicht im vorliegenden Fall aus der Stellung des Angeklagten als (hauptamtlicher) Oberbürgermeister im Sinne von § 63 Abs. 1 GO LSA in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung vom 10. August 2009 (GVBl. LSA 2009, 383) gefolgert. Danach oblag es ihm, die Haushaltswirtschaft u.a. nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 90 Abs. 2 GO LSA aF) zu führen (vgl. BVerfG, NJW 2010, 3209, 3217, Tz. 128). Konkretisiert wurde dies zum Tatzeitpunkt u.a. auch durch die Verwaltungsvorschrift des Landes Sachsen-Anhalt zu § 7 LHO LSA, wonach das Sparsamkeitsprinzip bei allen ausgabenwirksamen Maßnahmen zu beachten war (Nr. 1 VV zu § 7 LHO LSA, RdErl. des FM v. 1. Februar 2000 – 21 – 04003/2).
b) Der Sparsamkeitsgrundsatz, wonach der Staat nichts „verschenken“ darf, stellt ein allgemeines Prinzip der Haushaltsführung für den gesamten öffentlichen Bereich dar, das von allen Trägern hoheitlicher Gewalt unabhängig davon zu beachten ist, auf welcher Grundlage sie tätig werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 9. Dezember 2004 – 4 StR 294/04, NStZ-RR 2005, 83; vom 26. April 2006 – 2 StR 515/05, NStZ-RR 2006, 307, und vom 29. August 2007 – 5 StR 103/07, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Pflichtwidrigkeit 4; Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, Tz. 81 f. mwN, z. Veröff. in BGHSt best.; vgl. auch Krell, Untreue durch Stellenbesetzungen, 2015, S. 69 mwN). Als rechtliche Steuerungsnorm ist er dazu bestimmt, einen äußeren Begrenzungsrahmen für den Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum aller Hoheitsträger dahingehend zu bilden, solche Maßnahmen zu verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH, Urteile vom 9. Dezember 2004 und vom 29. August 2007, jeweils aaO; vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, Tz. 82 a.E.).
Er verpflichtet indes nicht zur Kostensenkung um jeden Preis. Daher ist auch für die Höhe der im Bereich der öffentlichen Verwaltung gezahlten Vergütungen ein verhältnismäßig weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet. Einen durch den Untreuetatbestand strafbewehrten Grundsatz, wonach er der Zubilligung einer höheren Vergütung dann entgegensteht, wenn der Betreffende seine Leistung auch zu anderen, günstigeren Bedingungen erbracht hätte oder erbringen muss, kennt das deutsche Recht nicht (BGH, Urteil vom 29. August 2007 aaO). Daher überschreitet der zur Entscheidung Berufene auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung, soweit ihn öffentlich-rechtliche Vorschriften insoweit nicht begrenzen, seinen Ermessensspielraum regelmäßig nicht, wenn er eine angemessene Vergütung zahlt, und zwar auch dann, wenn der betreffende Vertragspartner auf Grund seiner persönlichen wirtschaftlichen Situation selbst zu deutlich ungünstigeren Bedingungen kontrahieren würde. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bilden insoweit lediglich eine äußere Grenze (BGH aaO).
2. Eine solche Vorschrift, die hier den Entscheidungsspielraum des Angeklagten über die Eingruppierung der bei seinem Amtsantritt eingestellten drei Beschäftigten begrenzte, ist – was das Landgericht im Ansatz ebenfalls zutreffend erkannt hat – § 16 TVöD (VKA). Denn diese Vorschrift trifft eine für die Höhe der Vergütung von Tarifbeschäftigten relevante Regelung. Indem sie die Eingruppierung in verschiedene Erfahrungsstufen im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses vom Vorliegen jeweils unterschiedlicher Tatbestandsvoraussetzungen abhängig macht, dient sie zunächst, wie jede Vergütungsbestimmung in einem Tarifvertrag, der Vergütungsgerechtigkeit durch Schaffung eines objektivierten Gefüges (Wiedemann, Tarifvertragsgesetz, 7. Aufl., Einl. Rn. 7 unter Hinweis auf BAG, Urteil vom 24. März 2004 – 5 AZR 303/03, BAGE 110, 79, Tz. 44 mwN). Der in Bund und Kommunen am 1. Oktober 2005 in Kraft getretene TVöD sowie der TV-L für den Bereich der Länder vom 1. November 2006 hatten indes auch zum Ziel, die Entgeltsysteme im öffentlichen Dienst unter Betonung leistungsorientierter Kriterien zu flexibilisieren (vgl. dazu Winter in: Däubler (Hrsg.), Tarifvertragsgesetz, 3. Aufl., § 1, Rn. 401, 404). Ermöglicht es aber eine tarifvertragliche Bestimmung – wie hier § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) – dem öffentlichen Arbeitgeber, diesem Gesichtspunkt bei der Eingruppierung eines Tarifbeschäftigten Rechnung zu tragen, ist er bei seiner auf diese Vorschrift gestützten Entscheidung seinerseits zur Einhaltung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet (BAG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217, Tz. 20 zur gleichlautenden Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L).
3. Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe bei der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 für die drei eingestellten Mitarbeiter in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) gehandelt, lässt indes nicht nur besorgen, dass sie den Regelungsgehalt dieser tarifrechtlichen Bestimmung verkannt hat, sondern auch, dass sich dieser rechtlich fehlerhafte Ausgangspunkt bei der Beurteilung der Frage, ob der Angeklagte den drei Beschäftigten jeweils eine sachlich nicht gerechtfertigte, unangemessene Vergütung gewährt und damit im Sinne von § 266 StGB pflichtwidrig gehandelt hat, zu seinem Vorteil ausgewirkt hat.
a) Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 TVöD (VKA) werden Beschäftigte ohne einschlägige Berufserfahrung der Erfahrungsstufe 1 zugeordnet, verfügen sie über einschlägige Berufserfahrungen unter den in Satz 2 näher bestimmten Voraussetzungen, erfolgt eine Zuordnung maximal in die dritte Erfahrungsstufe. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber nach der hier entscheidungserheblichen Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.
b) Schon die Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte habe die hier in Rede stehenden Einstellungen in Erfahrungsstufe 5 „zur Deckung des Personalbedarfs“ im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) vorgenommen, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
aa) Nach der insoweit einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) reine Rechtsanwendung. Bei den Merkmalen der bezweckten Deckung eines Personalbedarfs – ebenso wie bei der Bewertung der Förderlichkeit einer vorherigen beruflichen Tätigkeit – handelt es sich daher um eine Tatbestandsvoraussetzung. Erst wenn diese beiden einschränkenden Voraussetzungen objektiv erfüllt sind, wird dem Arbeitgeber auf der Rechtsfolgenseite Ermessen eröffnet (vgl. nur BAG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217 mwN zur gleichlautenden Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L). Das Tatbestandsmerkmal „zur Deckung des Personalbedarfs“ ist nur dann erfüllt, wenn der Arbeitgeber tatsächlich Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Personal für die Besetzung einer bestimmten Stelle hat (BAG, Urteil vom 26. Juni 2008 – 6 AZR 498/07, ZTR 2008, 547, Tz. 29). Dies liegt etwa auch dann vor, wenn die für eine Stelle in Aussicht genommene Person nicht bereit ist, diese ohne Zubilligung einer bestimmten Erfahrungsstufe anzutreten (vgl. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. März 2011 – 22 Sa 76/10, ZTR 2011, 426, Tz. 102).
bb) Bereits daran fehlt es hier nach den im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen.
Das Landgericht hat eine derartige Schwierigkeit, Personen für die Besetzung der drei im Haushaltsplan vorhandenen Stellen zu gewinnen, gerade nicht festgestellt. Zwar waren die Bemühungen des Angeklagten zur Gewinnung von Kandidaten für die Stellen aus dem Kreis der bei der Stadt H. Beschäftigten erfolglos. Mit den Zeuginnen E. und W. sowie dem Zeugen P. standen indes Anwärter für die Stellen zur Verfügung; deren Einstellung sollte auch erfolgen. Auch hatte nur einer von ihnen, der Zeuge P. , die Zubilligung einer bestimmten Erfahrungsstufe – Stufe 4 – als Bedingung für den Abschluss des Arbeitsvertrages konkret gefordert. Damit war bereits die erste Voraussetzung für die Anwendung von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) unter Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 nach den Feststellungen nicht gegeben.
c) Ungeachtet dessen hält auch die weitere Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe die Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 vornehmen können, da alle drei Beschäftigten in der Vergangenheit berufliche Tätigkeiten ausgeübt hätten, die im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) für die vorgesehenen Tätigkeiten „förderlich“ seien, rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommen als förderliche vorherige berufliche Tätigkeiten in erster Linie gleichartige und gleichwertige Tätigkeiten in Betracht, die der Arbeitnehmer bei einem anderen öffentlichen oder privaten Arbeitgeber ausgeübt hat. Förderlichkeit kann insbesondere anzunehmen sein, wenn die frühere berufliche Tätigkeit mit der auszuübenden Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang steht und die dabei erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen für die Erfüllung der auszuübenden Tätigkeit offenkundig von Nutzen sind. Auch eine selbstständige Tätigkeit kann danach eine förderliche berufliche Tätigkeit sein (vgl. zu alledem BAG, Urteile vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217, Tz. 30; vom 19. Dezember 2013 – 6 AZR 94/12, Tz. 58, und vom 21. November 2013 – 6 AZR 23/12, ZTR 2014, 148, Tz. 53).
bb) Gemessen daran wird die dahingehende Annahme des Landgerichts, die sich letztlich nur auf die ungeprüft übernommene Einlassung des Angeklagten und die von ihm veranlasste sog. qualifizierte Begründung im Rahmen des personalvertretungsrechtlichen Einigungsverfahrens stützt, nicht hinreichend belegt. Nach den getroffenen Feststellungen versteht sich dies im Hinblick auf alle drei betroffenen Personen auch nicht von selbst. Es kommt hinzu, dass das Landgericht nicht ausschließbar die Auffassung vertreten hat, dem Angeklagten stünde bereits bei der Bejahung des Merkmals der Förderlichkeit ein „weitgehendes“ Ermessen zu. Dies trifft jedoch, wie oben näher ausgeführt, nicht zu, weil es sich insoweit um reine Rechtsanwendung auf der Tatbestandsseite von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) handelt.
Danach beruht der Freispruch des Angeklagten in entscheidungserheblichen Punkten auf der rechtlich unzutreffenden Bewertung derjenigen Tatbestandsmerkmale von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA), die dem Angeklagten erst die Möglichkeit eröffneten, über die Eingruppierung der drei Beschäftigten in einer über der Stufe 3 liegenden Erfahrungsstufe zu befinden.
4. Der Freispruch des Angeklagten erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis rechtsfehlerfrei.
Tragfähige Feststellungen zu einem der Stadt H. als Anstellungskörperschaft möglicherweise entstandenen Vermögensschaden hat das Landgericht, da es bereits das Vorliegen einer Pflichtverletzung verneint hat, nicht getroffen. Der Senat vermag dem angefochtenen Urteil schon im Hinblick auf die Erwägungen zu dem durch die Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 notwendig gewordenen erhöhten Mittelabfluss aus dem Haushalt der Stadt H. nicht zu entnehmen, dass ein solcher Schaden unter keinem denkbaren Gesichtspunkt entstanden sein kann.
III.
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Sollte der neue Tatrichter im Hinblick auf die Begleitumstände der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 für alle drei Beschäftigten zu Feststellungen gelangen, die denen des angefochtenen Urteils entsprechen, wird er in einer Gesamtbetrachtung zu bewerten haben, ob diese die Annahme einer Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB stützen können oder jedenfalls für die Beurteilung der subjektiven Tatseite von Bedeutung sind. Dabei wird gegebenenfalls in den Blick zu nehmen sein, dass der Angeklagte bestehende Ausschreibungsvorschriften nicht beachtete, die für die Einstufung maßgeblichen Gründe nicht dokumentierte, ferner die verspätete Zuleitung unvollständiger Bewerbungsunterlagen an das Personalamt der Stadt, die Nichtbeteiligung des Personalrats, die vorfristige Verkürzung der vorgesehenen Probezeiten und der Umstand, dass der Angeklagte – nach den Feststellungen in Abweichung von der üblichen Verfahrensweise – die Zubilligung der Erfahrungsstufe unmittelbar in den Arbeitsverträgen festschrieb.
2. Bei der Berechnung eines der Stadt H. möglicherweise entstandenen Vermögensschadens wird Folgendes zu bedenken sein:
Maßgeblich für die Feststellung eines derartigen Schadens ist ein Vergleich des Vermögensstandes der Stadtverwaltung vor dem Abschluss der drei Arbeitsverträge mit dem Vermögensstand danach. Danach könnte jedenfalls die Feststellung eines Mindestschadens in Höhe der Differenzbeträge zwischen einer möglicherweise maximal zu bewilligenden Erfahrungsstufe 4 und der tatsächlich bewilligten Stufe 5 sowie der dadurch letztlich veranlasste Mittelabfluss aus dem Haushalt in Betracht zu ziehen sein. Im Übrigen verweist der Senat auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Schadensberechnung in derartigen Fällen (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Mai 1962 – 4 StR 71/62, BGHSt 17, 254, 256).
IV.
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an die Wirtschaftsstrafkammer eines anderen Landgerichts zurückzuverweisen.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin