Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 05.10.2011


BGH 05.10.2011 - 4 StR 423/11

Beweisaufnahme im Strafverfahren: Anforderungen an den Beweisantrag


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
4. Strafsenat
Entscheidungsdatum:
05.10.2011
Aktenzeichen:
4 StR 423/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Saarbrücken, 7. April 2011, Az: 1 KLs 27/10, Urteil
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 7. April 2011 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass

a) in der Urteilsformel die Worte „in einem besonders schweren Fall“ und „gemeinschaftlichem“ entfallen,

b) die Höhe des Tagessatzes der wegen versuchten Betrugs verhängten Geldstrafe auf 1 Euro festgesetzt wird.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das Landgericht hat die Angeklagte „wegen Anstiftung zu einer schweren räuberischen Erpressung in Tatmehrheit mit gemeinschaftlichem Diebstahl in einem besonders schweren Fall in zehn Fällen, wobei es in vier Fällen beim Versuch blieb, in Tatmehrheit mit versuchtem gemeinschaftlichem Betrug“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die auf Verfahrensrügen und auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.

2

1. Zu der Rüge der Verletzung des § 245 Abs. 2 StPO bemerkt der Senat ergänzend zu der Antragsschrift des Generalbundesanwalts:

3

Dass das Landgericht den Antrag auf Verlesung der vorgelegten Briefe des Mitangeklagten St. an die Angeklagte mit der Begründung abgelehnt hat, die Beweisbehauptungen seien erwiesen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision meint, dass der Ablehnungsbeschluss den Inhalt des Beweisantrags nicht erschöpfe, ist schon fraglich, ob insoweit überhaupt ein ordnungsgemäßer Beweisantrag vorliegt (a); jedenfalls ist die Revisionsrüge diesbezüglich nicht ordnungsgemäß ausgeführt (b).

4

a) Die Behauptung in dem in der Hauptverhandlung vom 6. April 2011 gestellten Antrag auf Verlesung der vorgelegten Briefe des Mitangeklagten St., in diesen Briefen komme deutlich zum Ausdruck, dass der Mitangeklagte St. im Falle der Weigerung der Angeklagten, Zeichen ihrer Liebe zu erwidern, sie mit allen Mitteln belasten werde, bezeichnet keine Beweistatsache, sondern nur das Beweisziel. Wie bei jedem Beweisantrag ist es aber auch im Fall des § 245 Abs. 2 Satz 1 StPO erforderlich, dass die Tatsachen benannt werden, die geeignet sein sollen, das Beweisziel zu bestätigen. In dem Beweisantrag hätten deshalb die behaupteten Drohungen in den über einen Zeitraum von mehreren Monaten mit einem Umfang von über 100 Seiten verfassten Briefen konkret bezeichnet werden müssen, insbesondere die Textstellen, aus denen sich die Ankündigung einer wahrheitswidrigen Belastung der Angeklagten durch den Mitangeklagten ergeben soll.

5

b) Soweit die Revision rügt, das Landgericht habe den Umfang der Beweisbehauptung verkannt, weil durch die Verlesung der Briefe nicht nur bewiesen werden sollte, dass der Mitangeklagte St. „die Angeklagte F.         geliebt hat und nicht bereit war, die alleinige strafrechtliche Verantwortung zu übernehmen“, sondern auch, dass er der Angeklagten bereits angedroht hatte, „sie im Falle einer Nichterwiderung seiner Liebe mit allen Mitteln zu belasten“, fehlt auch hier eine genaue Darlegung des Wortlauts dieser Drohung(en) (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, mögliche – über die vom Landgericht als erwiesen angesehene angekündigte Belastung der Angeklagten hinausgehende – Drohungen in den vorgelegten Briefen zu suchen. Auch hat die Revision nicht vorgetragen, dass sie einer möglichen sachwidrigen Einengung der Beweisbehauptung bereits in der Hauptverhandlung entgegengetreten ist; dies wäre als Reaktion auf den verkündeten Gerichtsbeschluss hier angesichts des ungenau formulierten Beweisziels unerlässlich gewesen.

6

2. Soweit das Landgericht die Angeklagte wegen versuchten Betrugs zu einer Einzelgeldstrafe verurteilt hat, holt der Senat die unterbliebene Bestimmung der Tagessatzhöhe nach und legt sie entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts auf einen Euro fest. Dass die Geldstrafe in eine zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe einzubeziehen war, lässt die Notwendigkeit einer solchen Festsetzung nicht entfallen (BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 1981 – 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, und vom 15. März 2011 – 4 StR 40/11 Rn. 23).

7

3. Die Urteilsformel war entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts zu berichtigen; weder die mittäterschaftliche Begehung noch die Annahme des Regelbeispiels besonders schwerer Fälle des Diebstahls finden im Schuldspruch Ausdruck (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 260 Rn. 24, 25 mwN).

Ernemann                                      Roggenbuck                                    Cierniak

                           Franke                                            Mutzbauer