Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 28.09.2011


BGH 28.09.2011 - 4 StR 403/11

Schwerer Raub: Qualifikation durch schwere Misshandlungen nach Vollendung der Raubtat; Erfordernis der Beutesicherungabsicht


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
4. Strafsenat
Entscheidungsdatum:
28.09.2011
Aktenzeichen:
4 StR 403/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Hagen (Westfalen), 28. März 2011, Az: 46 KLs 715 Js 224/10 - 27/10, Urteil
Zitierte Gesetze

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten B.    wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 28. März 2011, soweit es diesen Angeklagten betrifft,

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der versuchten schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit versuchtem Computerbetrug und - tatmehrheitlich - der gefährlichen Körperverletzung schuldig ist,

b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und versuchtem Computerbetrug zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts erzwangen die Angeklagten B.     und H.   unter Drohung mit einer nicht nachweisbar echten und geladenen Pistole von dem Geschädigten He.    die Herausgabe seiner EC-Karte und die Nennung der PIN. Weil He.    eine falsche PIN nannte, wurde die EC-Karte nach dreimaliger falscher Eingabe vom Geldautomaten eingezogen. Als der bei He.     gebliebene Angeklagte B.    dies erfuhr, schlug er dem Geschädigten mit der Pistole mit Wucht auf den Hinterkopf und trat ihm zudem mindestens einmal kräftig ins Gesicht, wobei er Arbeitsschuhe mit fester Sohle trug. Der Geschädigte erlitt u. a. einen Bruch des linken Jochbeins und eine Platzwunde am Hinterkopf.

3

2. Das Landgericht hat durch den Schlag mit der Pistole und den Tritt mit dem Arbeitsschuh ins Gesicht die Qualifikationen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3a StGB als erfüllt angesehen. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

4

a) Der Strafschärfungsgrund der gegenüber § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB erhöhten Qualifizierung des Absatzes 2 Nr. 1 liegt darin, dass es tatsächlich zum Einsatz eines mitgeführten Werkzeugs als Nötigungsmittel kommt. Dabei ist zu fordern, dass das gefährliche Tatmittel zur Verwirklichung der raubspezifischen Nötigung, also zur Ermöglichung der Wegnahme, verwendet oder -  nach Vollendung des Raubes - als Mittel zur Sicherung des Besitzes an dem gestohlenen Gut eingesetzt wird (BGH, Beschlüsse vom 8. Juli 2008 - 3 StR 229/08, NStZ-RR 2008, 342 und vom 1. Oktober 2008 - 5 StR 445/08, BGHSt 52, 376). Dies gilt auch für schwere Misshandlungen nach Vollendung einer Raubtat. Sie erfüllen den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 3a StGB nur dann, wenn sie weiterhin von Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht getragen sind (BGH, Urteil vom 25. März 2009 - 5 StR 31/09, BGHSt 53, 234; vgl. auch BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 - 4 StR 241/09, NStZ 2010, 150).

5

b) Das Landgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass der Schlag mit der Pistole und der Fußtritt erst erfolgten, nachdem der Angeklagte erfahren hatte, dass die genannte PIN falsch war und der Bankautomat die Karte eingezogen hatte, der Versuch mithin fehlgeschlagen und abgeschlossen war. Da die zuvor zur Erpressung der EC-Karte und der PIN eingesetzten Mittel die Qualifikation des § 250 Abs. 2 StGB nicht erfüllen, ist der Angeklagte der versuchten schweren räuberischen Erpressung nach § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB in Tateinheit mit versuchtem Computerbetrug und - tatmehrheitlich hierzu - der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 StGB schuldig.

6

3. Der Schuldspruch war danach wie aus der Beschlussformel ersichtlich zu ändern. § 265 StPO steht nicht entgegen, da auszuschließen ist, dass sich der Angeklagte anders als geschehen hätte verteidigen können. Danach ist über die Höhe der Strafen unter Beachtung von § 358 Abs. 2 StPO neu zu befinden.

Ernemann                                         Roggenbuck                                 Cierniak

                            Franke                                                Bender