Entscheidungsdatum: 22.10.2013
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 15. März 2013 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Der Antrag der Zeuginnen S. und H. auf Ausschließung der Öffentlichkeit zum Schutz ihrer Intimsphäre gemäß § 171b Abs. 2 GVG in der hier noch anwendbaren Fassung des Opferschutzgesetzes vom 18. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2496) ist wirksam gestellt worden. Die Vorsitzende hatte den zuvor außerhalb der laufenden Hauptverhandlung angebrachten Antrag der Zeuginnen in der öffentlichen Sitzung vom 8. März 2013 mitgeteilt und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Soweit in der Kommentarliteratur vertreten wird, der Antrag könne wirksam nur in der Hauptverhandlung gestellt werden (vgl. LR-Wickern, StPO, 26. Aufl., § 171b GVG Rn. 22; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 171b GVG Rn. 10), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Der Wortlaut verlangt solches nicht. Im Gegenteil sieht lediglich § 171b Abs. 1 Satz 2 GVG a.F. vor, dass der Widerspruch des Betroffenen gegen den Ausschluss der Öffentlichkeit „in der Hauptverhandlung“ erklärt wird; Vergleichbares setzt § 171b Abs. 2 GVG a.F. für den Ausschließungsantrag nicht voraus. Ein solches Erfordernis ist in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs demgemäß nicht aufgestellt worden; aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich hierzu nichts (vgl. Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Verbesserung der Stellung des Verletzten im Strafverfahren vom 10. April 1986, BT-Drucks. 10/5305 S. 23; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags vom 3. Oktober 1986, BT-Drucks. 10/6124 S. 17; Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs [StORMG] vom 22. Juni 2011, BT-Drucks. 17/6261 S. 14; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags vom 13. März 2013, BT-Drucks. 17/12735 S. 17). Es ist auch in anderen Fällen anerkannt, dass ein Zeuge durch prozessuale Erklärungen außerhalb einer Hauptverhandlung auf deren Inhalt und Ablauf einwirken kann: So kann etwa ein Zeuge, dem ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO zusteht, dieses Recht auch außerhalb der laufenden Hauptverhandlung wirksam ausüben (BGH, Urteil vom 7. März 1995 – 1 StR 523/94, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Unerreichbarkeit 17). Ein Angehöriger, der in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 StPO umfassend Gebrauch gemacht hat, kann außerhalb derselben sein Einverständnis mit der Beweiserhebung über den Inhalt einer polizeilichen Vernehmung wirksam erklären (BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2005 – 1 StR 117/05, NStZ-RR 2006, 181).
Allerdings ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang von § 171b Abs. 1 und 2 GVG a.F. und § 174 Abs. 1 Satz 2 und 3 GVG, dass alle Verfahrensbeteiligten sowie die Zuhörer im Gerichtssaal in der Lage sein müssen, den Ausschlussgrund eindeutig zu erkennen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 1999 – 1 StR 325/98, BGHSt 45, 117, 119 f.; Beschlüsse vom 6. November 1998 – 3 StR 511/97, BGHR GVG § 174 Abs. 1 Satz 3 Begründung 7, und 26. Juli 2001 – 3 StR 239/01, NStZ-RR 2002, 262 – bei Becker); dies ist jedoch auch bei dem von der Vorsitzenden gewählten Verfahren der Fall.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender