Entscheidungsdatum: 09.09.2015
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Zweibrücken vom 9. April 2015
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte im Fall II. 2 der Urteilsgründe der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) im Fall II. 1 der Urteilsgründe, im Strafausspruch im Fall II. 2 der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und acht Monaten verurteilt.
Die Revision der Angeklagten, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Während die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung im Fall II. 3 aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 31. Juli 2015 keinen die Angeklagte beschwerenden Rechtsfehler ergeben hat, hält die Annahme täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen II. 1 und II. 2 rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Das Landgericht hat insoweit Folgendes festgestellt:
a) Im Sommer 2013 verdiente sich die Angeklagte ihren Lebensunterhalt durch den Schmuggel von Haschisch, wobei sie auch als Fahrerin tätig war. Zur Vorbereitung eines von ihr durchzuführenden Rauschgifttransports von Spanien zu einem unbekannten Abnehmer nach Finnland im Juni 2013 wurden im Großraum M. insgesamt etwa 40 kg Haschisch in Platten in ihrem Beisein in einen von ihr zur Verfügung gestellten Pkw eingebaut. Die Angeklagte, die für die "Kurierfahrt" eine Entlohnung von 10.000 € erhalten sollte, fuhr mit dem Fahrzeug von Spanien über Frankreich nach Deutschland, wo der Wagen im Raum P. wegen eines Motorschadens repariert werden musste. Die Angeklagte baute deshalb einen Teil der Haschischplatten aus dem Fahrzeug aus, verwahrte sie und baute sie nach der Reparatur des Fahrzeugs wieder ein. Während der Fortsetzung der geplanten Reise nach Finnland, bei der sie eine Dose Pfefferspray griffbereit in ihrer Handtasche auf dem Beifahrersitz mit sich führte, wurde sie noch in Deutschland von der Polizei angehalten. Die Kontrolle führte zu ihrer Festnahme und zur Sicherstellung des Rauschgifts.
b) Im Fall II. 2 der Urteilsgründe hatte der Sohn der Angeklagten, S. , zusammen mit seinem Vater ohne Wissen und Mitwirkung der Angeklagten im Mai 2014 von gesondert verfolgten Tätern 18 kg Haschisch für 50.000 € auf Kommissionsbasis erworben. 17 kg davon veräußerte S. sodann in Gewinnabsicht an den gesondert verfolgten W. weiter, der sich anschließend mit dem Haschisch absetzte, ohne es zu bezahlen. Erst als S. von seinen Lieferanten wegen der Bezahlung unter Druck gesetzt wurde, weihte dieser seine Mutter in das Geschehen ein. In der Folgezeit erreichte die Angeklagte, die bereits über einen längeren Zeitraum mit den Lieferanten ihres Sohnes wegen der Durchführung von Betäubungsmittelgeschäften in Beziehung stand, in telefonischen und persönlichen Verhandlungen mit diesen für ihren Sohn einen Zahlungsaufschub von vier Wochen zur Beschaffung von Geldmitteln, wobei sie, so die Strafkammer, gleichermaßen zur Unterstützung ihres Sohnes und zu dem Zweck handelte, ihre eigene Geschäftsbeziehung zu den Lieferanten nicht zu gefährden.
2. Damit ist eine Einbindung der Angeklagten als (Mit-)Täterin in diesen beiden Fällen nicht hinreichend belegt.
a) Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für eine zutreffende Einordnung der Beteiligung des Kuriers an einem Betäubungsmittelgeschäft der jeweils konkrete Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt und nicht allein für den Teilbereich des Transports zu bewerten. Eine Gehilfenstellung ist danach insbesondere dann anzunehmen, wenn die Tathandlung sich auf den Transport von Rauschgift zwischen selbstständig handelnden Lieferanten und Abnehmern oder innerhalb der Sphäre von Lieferanten oder Abnehmerorganisationen beschränkt und der Beteiligte nicht in der Lage ist, das Geschäft insgesamt maßgeblich mitzugestalten. Einer Tätigkeit, die sich im bloßen Transport von Rauschgift erschöpft, kommt daher eine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit in der Regel nicht zu. Eine Bewertung der Transporttätigkeit als mittäterschaftliches Handeltreiben kommt dann in Betracht, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, etwa am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll. Auch eine Einbindung in eine gleichberechtigt verabredete, arbeitsteilige Durchführung des Umsatzgeschäfts kann für die Annahme von Mittäterschaft sprechen, auch wenn die konkrete Tätigkeit in diesem Rahmen auf die Beförderung von Drogen, Kaufgeld oder Verkaufserlös beschränkt ist. Im Einzelfall kann insbesondere eine weiter gehende Einflussmöglichkeit des Kuriers auf Art und Menge der zu transportierenden Drogen sowie auf die Gestaltung des Transports für eine über das übliche Maß reiner Kuriertätigkeit hinausgehende Beteiligung am Gesamtgeschäft sprechen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. Juni 2008 - 4 StR 230/08; vom 22. August 2012 - 4 StR 272/12, NStZ-RR 2012, 375; vom 12. August 2014 - 4 StR 174/14, NStZ 2015, 225, jeweils mwN).
Im Fall II. 1 der Urteilsgründe beschränkte sich die Mitwirkung der Angeklagten an der Tatausführung nach den dazu bislang getroffenen Feststellungen letztlich auf die Anwesenheit beim Einbau des Rauschgifts in den von ihr zur Verfügung gestellten Pkw in Spanien und den eigenhändigen Transport der für einen nicht näher genannten Abnehmer in Finnland bestimmten Betäubungsmittel. Dass sie über den - allerdings beträchtlichen - Kurierlohn hinaus am Zustandekommen des Geschäfts, am Verkauf des Rauschgifts beteiligt oder sonst in der Lage war, das Geschäft insgesamt maßgeblich mitzugestalten, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Dass sie den Pkw wegen eines Motorschadens während der Fahrt reparieren lassen und zu diesem Zweck das Rauschgift zunächst aus- und später wieder einbauen musste, belegt einen weiter gehenden, eine Täterschaft begründenden Handlungsspielraum der Angeklagten ebenso wenig wie die im Rahmen der Beweiswürdigung vom Landgericht nicht näher erläuterte Erwägung, ein als Zeuge vernommener Polizeibeamter habe detailreich vom Inhalt abgehörter Gespräche im Zuge der Vorbereitung und der Ausführung der Tat unter Beteiligung der Angeklagten berichtet; Gegenstand dieser Gespräche seien die zu transportierende Menge an Betäubungsmitteln sowie die Art und Weise des Einbaus in das Schmuggelfahrzeug gewesen.
b) Im Fall II. 2 erlangte die Angeklagte von dem Rauschgiftgeschäft ihres Sohnes erst Kenntnis, als dieser das Haschisch bereits an seinen Abnehmer in Gewinnerzielungsabsicht weitergegeben hatte. Sodann erwirkte sie wegen dessen Zahlungsschwierigkeiten unter Ausnutzung ihrer Geschäftsbeziehungen zu den Lieferanten lediglich einen Zahlungsaufschub. Dieser Tathandlung, die der "Unterstützung ihres Sohnes" (UA 6 unten) diente, verleiht auch der Umstand kein zur Annahme von Täterschaft führendes Gewicht, dass ihr Handeln aus Eigeninteresse den Zweck hatte, ihre Beziehung zu den Lieferanten nicht zu gefährden.
Da der Austausch von Ware und Entgelt im vorliegenden Fall noch nicht beendet war (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 - 1 StR 230/97, NStZ-RR 1997, 359), belegen die Feststellungen im vorliegenden Fall aber eine Beihilfe der Angeklagten zu dem von ihrem Sohn durchgeführten Betäubungsmittelgeschäft. Denn der Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln umfasst alle eigennützigen Bemühungen, die darauf gerichtet sind, den Umsatz mit Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Von diesem Begriff werden nicht nur die Beschaffung und die Lieferung von Betäubungsmitteln erfasst, sondern auch die erforderlichen Zahlungsvorgänge. Insbesondere für die Zahlung und Beitreibung des Kaufpreises ist dies anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 - 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 161 f.). Dazu hat die Angeklagte hier durch Vereinbarung eines Zahlungsaufschubs einen Beitrag geleistet.
II.
1. Im Fall II. 1 der Urteilsgründe kann der Senat nicht ausschließen, dass der neue Tatrichter zu Feststellungen gelangt, die eine (mit-)täterschaftliche Einbindung der Angeklagten in die Tatausführung belegen; er verweist die Sache daher insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurück. Im Fall II. 2 führt das Rechtsmittel der Angeklagten zu einer Änderung des Schuldspruchs dahin, dass die Angeklagte der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist. § 265 StPO hindert eine Berichtigung des Schuldspruchs nicht, da auszuschließen ist, dass sich die geständige Angeklagte anders als geschehen verteidigt hätte. Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung des Strafausspruchs im Fall II. 2 nach sich.
2. Damit ist auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage entzogen. Über diese sowie über die Einzelstrafe im Fall II. 2 ist deswegen ebenfalls neu zu befinden.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Franke Quentin