Entscheidungsdatum: 16.08.2018
1. Die Revision des Angeklagten S. gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 30. Januar 2018 wird mit der Maßgabe verworfen, dass gegen den Angeklagten als Gesamtschuldner die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 126.500 Euro angeordnet wird.
Der Angeklagte S. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten R. gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 30. Januar 2018 wird
a) die Strafverfolgung im Fall II. 2 der Urteilsgründe nach § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des schweren Raubes beschränkt;
b) das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen Feststellungen im Ausspruch über die im Fall II. 2 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben;
im Ausspruch über die Einziehung von Wertersatz dahin geändert, dass gegen den Angeklagten als Gesamtschuldner die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 126.500 Euro angeordnet wird;
im Ausspruch über die Einziehung von Wertersatz mit den Feststellungen aufgehoben, soweit außerdem die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 1.500 Euro angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten R. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten R. wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Raubes unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Kempten vom 25. Oktober 2017 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt und gegen ihn als Gesamtschuldner die Einziehung von Wertersatz in Höhe 130.000 Euro angeordnet. Den Angeklagten R. hat es wegen Raubes und schweren Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt und gegen ihn als Gesamtschuldner die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 130.000 Euro sowie außerdem weiterer 1.500 Euro angeordnet. Mit ihren Revisionen haben die Angeklagten den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg.
1. Die Revision des Angeklagten S. führt lediglich zu einer geringfügigen Herabsetzung des Betrages im Ausspruch über die Einziehung von Wertersatz; im Übrigen ist sie unbegründet.
a) Der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß den §§ 73c, 73 Abs. 1 StGB in der hier nach Art. 316h Satz 1 EGStGB anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) kann hinsichtlich eines Teilbetrages von 3.500 Euro nicht bestehen bleiben, weil die Feststellungen nicht ergeben, dass der Angeklagte S. insoweit den erforderlichen Mitgewahrsam hatte.
aa) Die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73c Satz 1 StGB knüpft an § 73 Abs. 1 StGB an und setzt daher voraus, dass der Täter durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt hat. Hierzu ist in Fällen der Beteiligung mehrerer an einer Tat erforderlich, dass die mehreren Tatbeteiligten faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über die Beute erlangt haben. Dabei kommt eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB nur in Betracht, wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem jeweiligen Mittäter zumindest Mitverfügungsgewalt über die Beute zukommen sollte und er diese auch tatsächlich hatte (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18, Rn. 12; Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 624/17, NStZ-RR 2018, 240, 241; jeweils mwN).
bb) Eine Mitverfügungsgewalt des Angeklagten S. an der Tatbeute aus dem von ihm als Mittäter begangenen Raubüberfall vom 26. April 2017 ist hier aber nur in Höhe von 126.500 Euro belegt. Denn nach den Feststellungen war der umfangreich in die Tatvorbereitung eingebundene Angeklagte an der Ausführung des Überfalls auf das Juweliergeschäft lediglich in der Weise beteiligt, dass er den Tatort absicherte. Die von den im Juweliergeschäft handelnden Mittätern M. , Sa. , C. und V. mit Gewalt entwendete Tatbeute (Schmuck, Münzen und Altgold im Wert von 100.000 Euro sowie Bargeld in Höhe von 30.000 Euro) wurde in dem Pkw des Angeklagten R. abgelegt und gelangte erst nach der Entnahme von 3.500 Euro durch den Mittäter M. in den Besitz des Angeklagten S. und seiner weiteren Mittäter R. , Sp. , Se. und G. .
cc) Da weitere Feststellungen nicht mehr zu erwarten sind, setzt der Senat den einzuziehenden Betrag analog § 354 Abs. 1 StPO auf 126.500 Euro fest.
b) Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten S. ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
2. Die Revision des Angeklagten R. hat eine Beschränkung der Strafverfolgung im Fall II. 2 der Urteilsgründe zur Folge. Die für diese Tat verhängte Einzelstrafe und der Gesamtstrafenausspruch halten rechtlicher Überprüfung nicht stand und waren deshalb aufzuheben. Der Ausspruch über die Einziehung von Wertersatz war abzuändern, soweit gegen den Angeklagten als Gesamtschuldner die Einziehung von 130.000 Euro angeordnet worden ist. Soweit die Strafkammer außerdem auf die Einziehung weiterer 1.500 Euro erkannt hat, war das Urteil aufzuheben. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.
a) Der Senat hat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts die Strafverfolgung im Fall II. 2 der Urteilsgründe nach § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des schweren Raubes beschränkt. Einer Schuldspruchberichtigung bedurfte es nicht, weil die Strafkammer zwar eine in Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) zu der Verurteilung wegen schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB stehende Strafbarkeit des Angeklagten nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB in den Urteilsgründen bejaht, diese aber nicht in den Tenor aufgenommen hat.
b) Die im Fall II. 2 der Urteilsgründe gegen den Angeklagten R. verhängte Einzelstrafe kann nicht bestehen bleiben, weil ihm die Strafkammer die tateinheitliche Verwirklichung eines weiteren Delikts angelastet hat, obgleich die Feststellungen eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen einer gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4, § 25 Abs. 2 StGB nicht belegen.
aa) Nach den Feststellungen überfielen die anderweitig Verfolgten Q. und H. am 11. Mai 2017 auf Drängen und in Absprache mit dem Angeklagten R. ein Juweliergeschäft in He. . Dabei führte der anderweitig Verfolgte H. eine Softair-Pistole mit, die der Angeklagte R. zuvor zu diesem Zweck angekauft hatte. Als der anderweitig Verfolgte H. die Softair-Pistole auf die an einer Parkinsonerkrankung leidende Zeugin Hi. , die Geschäftsinhaberin und einen hinzukommenden weiteren Angestellten richtete, geriet die Zeugin Hi. in Todesangst und schnappte nach Luft. Im weiteren Verlauf wurde ihr übel und schwindelig.
Die Strafkammer geht davon aus, dass der Angeklagte „diese mögliche Wirkung der Bedrohung der anwesenden Personen“ jedenfalls billigend in Kauf genommen habe, als er mit den anderweitig Verfolgten H. und Q. die Bedrohung der im Geschäft anwesenden Personen mit einer echt aussehenden Softair-Pistole plante (UA 18). Da H. und Q. gemeinschaftlich handelten und sich die Folgen nicht außerhalb der Lebenserfahrung liegend darstellten, hätten sie diese auch in ihren gemeinsamen Tatplan aufgenommen und gebilligt. Damit sei auch die Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB erfüllt. Der Angeklagte R. , der die einzelnen Tatumstände gekannt und gebilligt habe, müsse sich den Taterfolg gemäß § 25 Abs. 2 StGB zurechnen lassen (UA 32).
bb) Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte R. habe die Auswirkung der Bedrohungen auf die körperliche Integrität der Zeugin Hi. (zum objektiven Tatbestand vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2015 – 4 StR 548/14, NStZ 2015, 269; Urteil vom 31. Oktober 1995 – 1 StR 527/95, BGHR StGB § 223 Abs. 1 Gesundheitsbeschädigung 2; Urteil vom 15. Oktober 1974 – 1 StR 303/74, MDR 1975, 22) billigend in Kauf genommen und deshalb mit einem bedingten Körperverletzungsvorsatz gehandelt, ist nicht belegt und hält deshalb revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand (zum Prüfungsmaßstab vgl. BGH, Urteil vom 6. September 2018 – 4 StR 87/18, Rn. 18; Urteil vom 14. Oktober 1952 – 2 StR 306/52, BGHSt 3, 213, 215; st. Rspr.). Zwar kann sich – letztlich nicht anders als im Fall des bedingten Tötungsvorsatzes – die Annahme eines bedingten Körperverletzungsvorsatzes auch daraus ergeben, dass der Täter (oder ein Mittäter) eine Handlung vornimmt, die eine so hohe Gefahr für die körperliche Integrität des Opfers beinhaltet, dass im Einzelfall ohne weiter gehende Begründung aus der Kenntnis der Tatumstände auf das Wissens- und der gleichwohl erfolgten Tatausführung auf das Wollenselement des bedingten Vorsatzes geschlossen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, Rn. 26 mwN). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Die geplante Bedrohung mit einer Softair-Pistole stellt für sich genommen noch keine so große Gefahr für die körperliche Integrität der betroffenen Personen dar, dass daraus ohne weitere Begründung der Schluss gezogen werden könnte, der Angeklagte habe mit dem Eintritt von körperlichen Folgen gerechnet, wie sie dann tatsächlich bei der Zeugin Hi. eingetreten sind. Die allein auf die Mittäter H. und Q. bezogene Erwägung, dass die eingetretenen Folgen nicht außerhalb der Lebenserfahrung gelegen hätten, vermag einen solchen Schluss ebenfalls nicht zu rechtfertigen.
c) Die Aufhebung der Einzelstrafe im Fall II. 2 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
d) Soweit auch gegen den Angeklagten R. als Gesamtschuldner die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß den §§ 73c, 73 Abs. 1 StGB in Höhe von 130.000 Euro angeordnet worden ist, war – wie bei dem Angeklagten S. – analog § 354 Abs. 1 StPO eine Änderung auf einen Betrag von 126.500 Euro vorzunehmen, weil die Feststellungen auch hier eine Mitverfügungsgewalt des Angeklagten an der Tatbeute nur in dieser Höhe belegen. Zwar wurde das gesamte Raubgut nach dem Überfall vom 26. April 2017 (Fall II. 1 der Urteilsgründe) von den Mittätern M. , Sa. , C. und V. zunächst in dem Pkw des Angeklagten R. abgelegt. Der Angeklagte R. war zu diesem Zeitpunkt aber nicht vor Ort. Tatsächlich erlangte er erst nach der Entnahme von 3.500 Euro durch den Mittäter M. Mitgewahrsam an der (verbliebenen) Beute.
e) Die ohne nähere Begründung auf die § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 und § 73d Abs. 2 StGB gestützte weitere „Einziehung von Wertersatz“ in Höhe von 1.500 Euro hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand, weil die Strafkammer von einem unzutreffenden rechtlichen Ansatzpunkt ausgegangen ist und deshalb das ihr eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt hat.
Wie die Vertreterin des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführt hat, bezieht sich die gesonderte Einziehung eines Betrages von 1.500 Euro offensichtlich auf den Erlös, den der Angeklagte R. aus dem Verkauf seines am 26. April 2017 als Tatfahrzeug verwendeten Pkw BMW erzielt hat. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handelt es sich hierbei aber nicht um eine Einziehung von Wertersatz im Sinne der § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872), sondern um eine Einziehung des Wertes von Tatmitteln auf die die Vorschriften der § 74 Abs. 1, § 74c Abs. 1 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung vom 13. November 1998 anzuwenden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2018 – 3 StR 664/17, Rn. 6).
Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Tatmitteln nach § 74 Abs. 1, § 74c Abs. 1 StGB steht aber sowohl hinsichtlich des Ob als auch hinsichtlich des Umfangs im Ermessen des Gerichts. Dieses Ermessen hat die Strafkammer aufgrund ihres unrichtigen rechtlichen Ansatzpunktes nicht ausgeübt, sodass seine Einziehungsanordnung schon aus diesem Grund nicht bestehen bleiben kann. Dem Senat ist es verwehrt, die Entscheidung selbst zu treffen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Mai 2016 – 1 StR 118/16, NStZ 2016, 731, 732).
f) Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten R. ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
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