Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 17.08.2010


BGH 17.08.2010 - 4 StR 228/10

Verständigung im Strafverfahren: Pflicht zur Belehrung über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gericht von einer Urteilsabsprache


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
4. Strafsenat
Entscheidungsdatum:
17.08.2010
Aktenzeichen:
4 StR 228/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Münster, 1. Dezember 2009, Az: 81 KLs 81 Js 778/09 - 2/09, Urteil
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 1. Dezember 2009 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat zu der vom Angeklagten W. erhobenen Rüge eines Verstoßes gegen § 257c Abs. 5 StPO:

Der Senat braucht auf die - zulässig erhobene - Rüge, das Tatgericht habe bei der getroffenen Verständigung gegen die Hinweispflichten in § 257c Abs. 5 StPO verstoßen, nicht näher einzugehen. Denn jedenfalls beruht das Urteil nicht auf einem etwaigen Verstoß. Die Strafkammer hat die Urteilsabsprache, insbesondere die hierbei angekündigte Strafobergrenze von vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe eingehalten. Ob Fälle denkbar sind, in denen - wie die Revision meint – sich ein Angeklagter allein auf Grund der Hinweise auf die „Risiken eine(r) Verfahrensabsprache im Falle eines Scheiterns“ dazu veranlasst sieht, eine "streitige" Verhandlung vorzuziehen, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. § 257c Abs. 4 StPO und zu dessen praktischer Bedeutung Altenhain/Haimerl JZ 2010, 327, 332). Jedenfalls in dem hier zu beurteilenden Einzelfall sind keine Gründe erkennbar, die den Angeklagten W. auch nur im Entferntesten dazu verlasst haben könnten, auf eine Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO (vgl. zu deren Zweck BT-Drucks. 16/12310 S. 15) die schließlich getroffene und ihm günstige Verständigung abzulehnen. Immerhin war ihm mit der Anklage ein Verbrechen des besonders schweren Raubes vorgeworfen worden, für das § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB eine Strafuntergrenze von fünf Jahren vorsieht. Unter diesen Umständen kann der Senat ausschließen, dass der Angeklagte eine Absprache, die ihm – ausgehend von einem ungeladenen Zustand der mitgeführten Schreckschusspistole - eine Strafobergrenze von vier Jahren und sechs Monaten in Aussicht stellte, abgelehnt und sich auf eine streitige Verhandlung eingelassen hätte. Eine Fehlvorstellung des verteidigten Angeklagten über Art und Umfang der Bindung des Tatgerichts vermag der Senat nicht zu erkennen.

R'inBGH Solin-Stojanović

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Ernemann     

Ernemann

Cierniak 

Franke     

      Mutzbauer