Entscheidungsdatum: 16.07.2013
1. Auf die Revisionen der Angeklagten F. und T. wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 20. August 2012, soweit es diese Angeklagten betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen (F. ) bzw. drei Fällen (T. ), den Angeklagten T. zudem wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu „Freiheitsstrafen“ von drei Jahren und drei Monaten (F. ) bzw. zwei Jahren und sechs Monaten (T. ) verurteilt. Es hat außerdem die Einziehung von sichergestellten Gegenständen, den Verfall von Wertersatz in Höhe von 450 € und den erweiterten Verfall in Höhe von 2.200 € angeordnet. Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg.
I.
Die Strafkammer hat folgende Feststellungen getroffen:
Im November 2010 beauftragte der gesondert verfolgte K. den Angeklagten F. , gegen eine Entlohnung von 150 € einen Pkw VW Polo von einem Ikea-Parkplatz zur Wohnung des F. zu fahren und den Inhalt des Kofferraums dort zu deponieren. In dem Kofferraum befand sich eine große Tasche mit mindestens zehn Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 5 % THC. Der Angeklagte F. deponierte das Marihuana ge- mäß vorheriger Absprache mit seinem Halbbruder, dem Angeklagten T. , in dessen Zimmer im selben Haus, zu dem beide Angeklagte ständig Zugang hatten (Fall 1 der Urteilsgründe).
Am selben Tag holte der Angeklagte F. im Auftrag des K. gegen eine Entlohnung von 150 € erneut zwei Reisetaschen mit jeweils mindestens zehn Kilogramm Marihuana mit mindestens 5 % Wirkstoffgehalt von dem Ikea-Parkplatz und deponierte sie nach Absprache mit dem Angeklagten T. wiederum in dessen Zimmer. Die Taschen enthielten außerdem zwei Haschischplatten, die der Angeklagte F. herausnahm und gesondert im Zim- mer des Angeklagten T. lagerte (Fall 2 der Urteilsgründe).
Am 6. Dezember 2010 übernahm der Angeklagte F. im Auftrag des K. und gegen eine Entlohnung von 150 € auf dem Ikea-Parkplatz erneut zwei Taschen mit jeweils mindestens sechs Kilogramm Marihuana mit mindestens 5 % Wirkstoffgehalt und deponierte sie nach Absprache mit dem Angeklagten T. in dessen Zimmer (Fall 5 der Urteilsgründe).
Am 13. Dezember 2010 fuhr der Angeklagte F. gemeinsam mit K. zu dem Ikea-Parkplatz und übernahm zwei Taschen mit insgesamt zwölf Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 9,3 % und 1,5 Kilogramm cannabishaltigem Material. Auf der Fahrt zu seinem Haus, wo er das Marihuana gemäß Absprache mit dem Angeklagten T. in dessen Zimmer lagern wollte, wurde er von Polizeibeamten angehalten und festgenommen. Die Betäubungsmittel wurden sichergestellt (Fall 7 der Urteilsgründe).
Der Angeklagte T. gab von den bei ihm gelagerten Betäubungsmitteln mindestens viermal etwas an Kuriere des K. heraus. Wann genau welche Mengen der bei den einzelnen Taten vom Angeklagten F. in das Zimmer verbrachten Betäubungsmittel herausgegeben wurden, konnte nicht festgestellt werden. Im Zimmer des Angeklagten T. wurden bei einer Durchsuchung im Rahmen des Ermittlungsverfahrens u.a. 73,7 g Marihuana und 467,89 g cannabishaltiges Material sowie zwei Haschischplatten sichergestellt.
II.
Die Revisionen der Angeklagten haben Erfolg, weil die Annahme von vier selbständigen Taten einer rechtlichen Prüfung nicht standhält.
1. Nach ständiger Rechtsprechung verwirklicht der gleichzeitige Besitz verschiedenartiger Betäubungsmittel den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 1978 – 1 StR 173/78; Beschluss vom 19. August 1982 – 1 StR 87/82, StV 1982, 525; Urteil vom 8. April 1997 – 1 StR 65/97, NStZ-RR 1997, 227; Urteil vom 11. Dezember 2003 – 3 StR 375/03, NStZ-RR 2004, 146, 148; Beschluss vom 12. Oktober 2004 – 4 StR 358/04, NStZ 2005, 228). Gegenüber dem täterschaftlich begangenen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht gerin- ger Menge tritt er zurück (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 165 f.; Beschluss vom 2. Oktober 2008 – 3 StR 352/08, NStZ-RR 2009, 58). Er hat deshalb mangels Wertgleichheit nicht die Kraft, selbständige, die Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllende Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge untereinander zur Tateinheit zu verbinden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 166; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1380). Beim Zusammentreffen von täterschaftlichem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge behält der Besitz aber einen eigenen Unrechtsgehalt und tritt nicht zurück, es besteht vielmehr Tateinheit (st. Rspr.; u.a. BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2008 – 3 StR 352/08, NStZ-RR 2009, 58; Weber, aaO, Rn. 1373 mwN). Der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln hat in diesen Fällen demgemäß auch die Kraft, an sich selbständige Fälle der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Tateinheit zu verklammern.
2. Die Feststellungen lassen besorgen, dass die Angeklagten eine tatsächliche Verfügungsgewalt zumindest zeitweise gleichzeitig über Betäubungsmittel aus mehr als nur einer der festgestellten Taten ausgeübt haben. Es erscheint naheliegend, dass jedenfalls die im Fall 1 und 2 der Urteilsgründe am selben Tag übernommenen Betäubungsmittel gleichzeitig aufbewahrt wurden, und dass es sich bei den beiden beim Angeklagten T. nach der Tat 7 der Urteilsgründe sichergestellten Haschischplatten um diejenigen aus Fall 2 der Urteilsgründe gehandelt hat.
Der Senat hat davon abgesehen, den Schuldspruch selbst zu ändern. Obgleich das Landgericht nicht feststellen konnte, wann genau welche Mengen an Dritte herausgegeben wurden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der neue Tatrichter weiter gehende Feststellungen zur zeitgleichen Aufbewahrung von Betäubungsmitteln aus verschiedenen Taten zu treffen vermag. Soweit der Angeklagte T. im Fall 7 der Urteilsgründe Betäubungsmittel aus früheren Taten im Besitz hatte, würde allerdings die allein zeitgleiche Zusage der Aufbewahrung weiterer Betäubungsmittel nicht ausreichen, um auch diese Beihilfehandlung zur Tateinheit zu verbinden.
III.
Sollte der neue Tatrichter wiederum eine Tatbeteiligung der Angeklagten feststellen, wird er Gelegenheit haben, die Eigentumsverhältnisse der sichergestellten Taschen in den Blick zu nehmen. Eine Einziehung gemäß § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter zum Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung Eigentümer der Sache ist; im Übrigen kommt eine Einziehung eines im Eigentum eines anderen Tatbeteiligten stehenden Gegenstandes nur in Betracht, wenn der andere die Verwendung gebilligt oder leichtfertig zu ihr beigetragen hat (Fischer, StGB, 60. Aufl., § 74 Rn. 12a).
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RiBGH Dr. Franke ist infolge |
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