Entscheidungsdatum: 02.06.2015
Die Revisionen der Angeklagten K. und S. gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 21. November 2014 werden als unbegründet verworfen, das Rechtsmittel der Angeklagten K. jedoch mit der Maßgabe, dass hinsichtlich der in den Fällen II. 3 und II. 4 verhängten Einzelstrafen die Tagessatzhöhe auf 1Euro festgesetzt wird.
Jeder Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Das Landgericht hat die Angeklagte K. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und Maßnahmen nach §§ 69, 69a StGB angeordnet. Den Angeklagten S. hat es wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Die dagegen gerichteten Revisionen der Angeklagten, die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt sind, bleiben erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO). Das Rechtsmittel der Angeklagten K. führt lediglich zur Nachholung der Festsetzung der Tagessatzhöhe für die in den Fällen II. 3 und II. 4 der Urteilsgründe verhängten Einzelgeldstrafen. Der Erörterung bedarf - in Ergänzung der Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinen Antragsschriften vom 29. April 2015 - lediglich Folgendes:
I.
Zur Revision der Angeklagten K. :
1. Mit der Verfahrensrüge beanstandet die Revision die Zurückweisung des Antrags auf Ladung und Vernehmung des Zeugen M. zum Beweis der Tatsache, der Zeuge A. sei "bei dessen Straftaten nach dem BtMG im Jahre 2007 bis 2009" von dem gesondert verfolgten Kr. beliefert worden.
Die Rüge greift nicht durch.
a) Ob dem Antrag des Beschwerdeführers angesichts der pauschal auf einen Zeitraum von mehreren Jahren bezogenen, allgemein gehaltenen Beweisbehauptung überhaupt die Qualität eines Beweisantrags im Sinne von § 244 Abs. 3 StPO zukommt, kann der Senat offen lassen. Die Ablehnung des Antrags, den die Strafkammer als Beweisantrag aufgefasst hat, lässt jedenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen.
b) Zwar ist dem Beschwerdeführer zuzugeben, dass die Begründung der Ablehnung des Beweisantrags rechtlich nicht unbedenklich war. Das Landgericht hat die Beweisbehauptung als wahr unterstellt und in der Beschlussbegründung weiter ausgeführt, dass die behaupteten (Indiz-)Tatsachen für die Entscheidung ohne Bedeutung seien, weil die Strafkammer im Falle ihres Erwiesenseins daraus nicht den zwingenden Schluss ziehen werde, das bei dem Angeklagten sichergestellte Rauschgift sei vollständig für den Zeugen A. oder eine unbekannte Person namens "Ma. " und deshalb nicht für die Angeklagte K. bestimmt gewesen. Der Ablehnungsgrund der Wahrunterstellung, der nur bei erheblichen Tatsachen in Betracht kommt, und der Ablehnungsgrund der Bedeutungslosigkeit schließen einander aber aus (BGH, Beschluss vom 30. November 2005 - 2 StR 431/05, StV 2007, 18, 19; Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 StR 486/02, NStZ-RR 2003, 268). Die für den revisionsgerichtlichen Prüfungsumfang allein maßgebliche Angriffsrichtung dieser Verfahrensrüge (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 14. Juli 1998 - 4 StR 253/98, NStZ 1998, 636 sowie jüngst BGH, Urteil vom 14. April 2015 - 5 StR 20/15, Tz. 19) geht indes nicht auf den in der fehlerhaften Ablehnung des Beweisantrags liegenden Verfahrensmangel. Die Revision sieht diesen vielmehr in der fehlenden Auseinandersetzung des Urteils mit den als wahr unterstellten Tatsachen im Hinblick auf eine mögliche Erschütterung der Glaubhaftigkeit der die Angeklagte belastenden Angaben des Mitangeklagten S. , nachdem dieser zunächst einen "Ma. " als Empfänger der Rauschgiftlieferung benannt hatte (RB S. 6, 10 oben). Wegen der Widersprüchlichkeit der Beschlussbegründung ist aber schon fraglich, ob in ihr überhaupt die Zusage einer Wahrunterstellung gesehen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2003 aaO). Jedenfalls übersieht der Beschwerdeführer, dass nicht jede Nichterwähnung einer als wahr unterstellten Beweistatsache im Urteil gleichbedeutend ist mit einem Erörterungsmangel. Vielmehr bedarf es einer Auseinandersetzung mit den als wahr unterstellten Tatsachen in den Urteilsgründen nur, wenn sie sich angesichts der im Übrigen gegebenen Beweislage aufdrängt und die Beweiswürdigung sich sonst als lückenhaft erwiese (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 28. Mai 2003 aaO; Beschluss vom 6. Juni 2002 - 1 StR 33/02, StV 2002, 641). Die Möglichkeit einer Falschbezichtigung der Angeklagten durch den Mitangeklagten hat die Strafkammer auch im Hinblick auf einen möglichen alternativen Adressaten der Betäubungsmittel-Lieferung namens "Ma. " im Urteil im erforderlichen Umfang erörtert. Die Ausführungen stehen ersichtlich nicht im Widerspruch zur Begründung des Ablehnungsbeschlusses. Einer weiter gehenden Erörterung bedurfte es nicht. Denn die Vernehmung des Zeugen M. war, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist, auf den Nachweis gerichtet, der Zeuge A. sei in früheren, nicht näher gekennzeichneten Fällen Abnehmer des Zeugen Kr. gewesen.
Das angefochtene Urteil würde auf einer fehlerhaften Handhabung der Ablehnungsgründe durch die Strafkammer auch nicht beruhen. Der Angeklagte war über die tatrichterliche Bewertung der Beweistatsache bereits durch die Begründung des Ablehnungsbeschlusses umfassend informiert. Er konnte sein Verteidigungsverhalten danach darauf einstellen, dass das Landgericht den ihm durch den Antragsinhalt angesonnenen Schluss auf die Unglaubwürdigkeit des Mitangeklagten allein auf der Grundlage der Beweisbehauptung voraussichtlich nicht ziehen würde, die endgültige Bewertung indes der abschließenden Gesamtwürdigung der Beweise vorbehalten bleiben würde. Schon damit waren seine Verteidigungsinteressen umfassend gewahrt; das Fehlen eines - hier nicht erforderlichen - Hinweises auf eine etwaige abweichende Beurteilung durch das Gericht im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung (vgl. dazu LR-StPO/Becker, 26. Aufl., § 244 Rn. 310 mwN) wird von der Revision folglich auch nicht beanstandet.
2. Soweit das Landgericht die Angeklagte wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt hat, weist der Senat auf seine ständige Rechtsprechung hin, wonach der Nachweis einer rauschmittelbedingten Fahrunsicherheit nicht allein durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden kann (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 3. November 1998 - 4 StR 395/98, BGHSt 44, 219, 222 und vom 21. Dezember 2011 - 4 StR 477/11, NStZ 2012, 324). Gesicherte Erfahrungswerte, die es erlauben würden, bei Blutwirkstoffkonzentrationen oberhalb eines bestimmten Grenzwertes ohne weiteres auf eine rauschmittelbedingte Fahrunsicherheit zu schließen, bestehen nach wie vor nicht (Senatsbeschlüsse vom 3. November 1998 und vom 21. Dezember 2011, jeweils aaO; vgl. auch SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 316 Rn. 30). Es bedarf daher neben dem positiven Blutwirkstoffbefund noch weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen, die im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des betreffenden Kraftfahrzeugführers soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern (Senatsurteil vom 15. April 2008 - 4 StR 639/07, NZV 2008, 528, 529).
Zwar hat das Landgericht konkrete Feststellungen zu einem Fahrfehler nicht getroffen. Über die - nicht unerheblichen - Blutwirkstoffkonzentrationen hinaus entnimmt der Senat den Urteilsgründen aber weitere gewichtige Anzeichen für die Fahruntüchtigkeit der Angeklagten. Danach litt die Angeklagte bei der polizeilichen Kontrolle insbesondere unter Konzentrationsstörungen, verlangsamter Koordination und verwaschener Sprache; sie befand sich in einem schläfrigen Zustand. In Zusammenschau mit dem bei der anschließenden ärztlichen Untersuchung festgestellten auffällig stark gestörten Zeitempfinden ist die rauschmittelbedingte Fahruntüchtigkeit daher noch hinreichend dargelegt.
3. Die Strafkammer hat es in den Fällen II. 3 und II. 4 der Urteilsgründe unterlassen, die Tagessatzhöhe festzusetzen. Dieser Festsetzung bedarf es aber auch dann, wenn - wie hier - aus einer Einzelgeldstrafe und Einzelfreiheitsstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 27. April 2010 - 1 StR 122/10 mwN). In entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 8. August 2008 - 2 StR 292/08; Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 3 StR 503/08) setzt der Senat die Tagessatzhöhe auf den Mindestsatz von einem Euro (§ 40 Abs. 2 Satz 3 StGB) fest.
II.
Zur Revision des Angeklagten S. :
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat auch unter Berücksichtigung der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Es beschwert den Angeklagten nicht, dass das Landgericht den Strafrahmen des § 29a Abs. 2 BtMG im Fall II. 2 der Urteilsgründe nicht nur gemäß § 31 Satz 1, Nr. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB, sondern zusätzlich auch wegen Beihilfe gemildert hat. Trifft, wie hier, täterschaftlicher Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge tateinheitlich zusammen, entfällt die Strafmilderung wegen Beihilfe (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Mai 2000 - 1 StR 146/00, NStZ-RR 2000, 312).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin