Entscheidungsdatum: 12.04.2018
Polsterumformungsmaschine
1. Auch im Patent-Nichtigkeitsverfahren sind ansonsten nicht auflösbare Widersprüche bei der Auslegung der Patentansprüche im Zweifel dadurch zu vermeiden, dass die „Anspruchsgeschichte“ des Streitpatents heranzuziehen ist, so wenn ein Ausführungsbeispiel nur deshalb mit der Auslegung der Patentansprüche nicht in Einklang zu bringen ist, weil dieses in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen auf einen noch weit gefassten Patentanspruch 1 zugeschnitten war, der im Verlauf des Erteilungsverfahrens derart beschränkt worden ist.
2. Die Verteidigung des Streitpatents mit Patentansprüchen im Wege des Kategoriewechsels von einem Herstellungsverfahren zu einem hergestellten Erzeugnis ist auch im Hinblick auf § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG jedenfalls dann unzulässig, wenn das Erzeugnis sich im Vergleich zum Herstellungsverfahren nur als Zwischenprodukt erweist.
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das europäische Patent 1 896 250
(DE 60 2006 003 342)
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2018 und vom 12. April 2018 durch den Vorsitzenden Richter Engels sowie die Richterin Kopacek, die Richter Dr.-Ing. Krüger, Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder und Dr.-Ing. Schwenke
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 896 250 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 896 250, deutsches Aktenzeichen DE 60 2006 003 342 (Streitpatent), das am 23. März 2006 unter Beanspruchung der US-amerikanischen Priorität US 664455 P vom 23. März 2005 angemeldet worden ist. Das in der Verfahrenssprache Englisch erteilte Streitpatent mit der Bezeichnung „SELECTIVELY TEARABLE STOCK MATERIAL FOR A DUNNAGE CONVERSION MACHINE AND METHOD“ betrifft gemäß Abs. [0001] selektiv abreißbares Ausgangsmaterial zur Verwendung mit einer Polsterumformmaschine sowie eine Kombination eines solchen Ausgangsmaterials mit einer Umformungsanlage zur Herstellung eines Polsterprodukts und ein Verfahren zur Herstellung eines Ausgangsmaterials. Das Streitpatent umfasst 10 Patentansprüche, die sämtlich angegriffen sind.
Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Englisch:
1. A stock material (16) for a dunnage conversion machine (14) comprises at least one ply of sheet material having a plurality of transversely-extending, longitudinally spaced-apart rows (22) of weakened areas (24), where the weakened areas (24) have a reduced strength relative to adjacent portions of the sheet material, and each row (22) of weakened areas (24) has at least one parameter that varies along the row (22), whereby the strength of the stock material (16) at the row (22), in response to a force applied across the row (22), varies across the stock material (16), wherein each ply has lateral edge portions (85, 89) that are substantially free of weakened areas (24), and at least one ply includes paper.
Der nebengeordnete Patentanspruch 8 lautet in der Verfahrenssprache Englisch:
8. In combination, a stock material as set forth in Claim 1, and a dunnage conversion machine (40) for converting the stock material (16) into a relatively less dense strip of dunnage (18) having tear lines along each row that facilitate separation of a dunnage product (20) therefrom.
Der nebengeordnete Verfahrensanspruch 9 lautet in der Verfahrenssprache Englisch:
9. A method of making a dunnage product, comprising the steps of:
providing a stock material (16) as set forth in claim 1;
converting the stock material (16) into a strip of dunnage (18), and
separating a discrete dunnage product (20) from the strip along a row
of weakened areas.
Der nebengeordnete Verfahrensanspruch 10 lautet in der Verfahrenssprache Englisch:
10. A method of making a stock material (16) for a dunnage conversion machine (40), comprising the steps of weakening a sheet stock material
having at least one ply of paper to form a plurality of transversely-extending,
longitudinally spaced-apart rows (22) of weakened areas (24), where the weakened areas (24) have a reduced strength relative to adjacent portions of the sheet material, and each row of weakened areas has at least one
parameter that varies along the row, whereby the strength of the stock
material at a row varies across the stock material when a force is applied in
a direction transverse the row, and each ply has lateral edge portions (85, 89) that are substantially free of weakened areas (24).
Wegen des Wortlauts der Patentansprüche 2 bis 7 wird auf die Streitpatentschrift in der B1-Fassung verwiesen.
Die Klägerin hat geltend gemacht, der in den Patentansprüchen enthaltene jeweilige Gegenstand sei gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit c) EPÜ unzulässig erweitert, gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit b) EPÜ nicht ausführbar offenbart, sowie gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit a) EPÜ, Art. 52 bis Art. 57 EPÜ nicht patentfähig, d. h. nicht neu und nicht erfinderisch und damit in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Zur Stützung ihres Klageantrags hat die Klägerin u.a. folgende Unterlagen vorgelegt:
A1 Streitpatentschrift EP 1 896 250 B1
A2 Offenlegungsschrift WO 2006/102464 A1
A2.1 Änderung zu ursprünglichem Anspruchssatz 1
A3 Anmeldeunterlagen US 60/664,455
A4 Eingabe der Patentinhaberin vom 29.12.2006 samt Anlagen
A5 Eingabe der Patentinhaberin vom 17.10.2007 samt Anlagen
A12 Urteil des LG Düsseldorf vom 27. Oktober 2016
A14 Anlagenkonglomerat zu möglichen fachlichen Ausgestaltungen von Polstermaterialstreifen
D0 US 6,277,459 B1
D0de deutsche Übersetzung der D0
D1 US 2004/052988 A1
D2 WO 95/35246 A
D3 WO 2005/007394 A2
D4 US 2004/266598 A1
D5 US 6,447,864 B2
D5.1 1. Variation zu Fig. 2 von D5
D5.2 2. Variation zu Fig. 2 von D5
D5.3 Auszug aus Dr.-Ing. Richard Ernst: “Wörterbuch der
industriellen Technik”, S. 1414
D5.4 www.medewo.com/de/S/polstern_schuetzen/packpapier
D5.5 Auszug aus Wikipedia “Packpapier”
D6 US 3,578,155
D7 EP 0 744 367 A2
D8 DE 41 33 348 A1
D9 Fachpublikation: „Endlos-Drucksysteme“ Papierspezifikation (März 1997) der Firma océ Printing Systems (Auszug)
D9.1 Seiten 5 bis 13 der D9
D10 US 5,387,173 A
D11 US 5,211,620 A
D11de deutsche Übersetzung der D11
D12 DE 196 51 305 A1
D13 JP S 61 125473 U
D13de deutsche Übersetzung der D13
D14 JP S 50 130524 A
D14de deutsche Übersetzung der D14
D15 JP S 59 19370 U
D16 DE 94 16 075 U1
D17 Bestellung der Bayropa Jung GmbH vom 21.02.1978
D18 Besuchsbericht von Bayropa vom 23.10.1995.
D19 Océ – Papierspezifikation
D20 Kopie des auf der Hannover Messe 1983 erzeugten und übergebenen Werbedrucks „Off-Line-Laser-Drucksystem 2400“
D20.1 Schwarz-weiß Kopie entlang des Werbedrucks
D21 „Technische Spezifikation für Formblätter zur Verarbeitung in Hochleistungs-Drucksystemen mit anschließender Hochleistungs-Kuvertierung“ TS 0160/96 vom März 1998
B1 Schreiben der Klägerin vom 20.02.2018
B2 Schreiben der Klägerin vom 23.03.2018
B3 Antwortschreiben der Beklagten vom 21.03.2018
B4 Urteil des OLG des OLG Düsseldorf vom 16.01.2018.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, das durch das Streitpatent zu lösende Problem werde in Abs. [0006] des Streitpatents angegeben, wonach Ausgangsmaterial, das quer zur Bahnrichtung einheitlich und durchgehend perforiert sei, bei einigen bekannten Umformanlagen eine Neigung aufweise, frühzeitig einzureißen, was zu unansehnlichem Verpackungsmaterial oder einem Materialstau in der Umformanlage führen könne. Der von dem Streitpatent angesprochene Fachmann sei ein Diplom-Ingenieur oder Master der Fachrichtung Maschinenbau mit Vertiefungsrichtung Verpackungstechnik und mehrjähriger Erfahrung im Bereich der Auslegung und Entwicklung von Packmaterial aus Pappe und dafür vorgesehenen Fertigungsvorrichtungen.
Die Klägerin macht eine unzulässige Erweiterung des Streitpatents dahingehend geltend, dass die Beklagte zur vermeintlichen Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik im Verlauf des Anmeldeverfahrens die nicht ursprungsoffenbarten Merkmale „comprises at least one ply of sheet material“ („enthält mindestens eine Lage eines bahnförmigen Materials“) und „at least one ply includes paper“ („zumindest eine Lage weist Papier auf“) sowie auch das Merkmal „wherein each ply has lateral edge portions (85, 89) that are substantially free of weakened areas (24)“ („wobei jede Lage seitliche Kantenbereiche (85, 69) aufweist, die im Wesentlichen von geschwächten Bereichen (24) frei sind“) in unzulässiger Weise in den Anspruch 1 aufgenommen habe. Insbesondere schütze der erteilte Anspruch 1 nicht bloß die notwendigen Mehrlagenkonstruktionen sondern darüber hinaus auch eine Einzellagen-Konstruktion, die nicht Offenbarungsgegenstand sei. Dass alle Randbereiche im Wesentlichen frei von geschwächten Bereichen sein sollten, sei ein Merkmal, das nur ausgehend von der ursprünglichen Anmeldung allenfalls dann offenbart gewesen sei, wenn eine multiple-ply-Struktur betrachtet werde und jede Lage (each ply) schwächungsfrei sei. Eine einschlägige Ausgestaltung mit anderem Reißverhalten, anderer Festigkeit etc., wie sie der erteilte Anspruch 1 mitumfasse, gehe deutlich über den ursprünglichen Anmeldungsgegenstand hinaus und sei daher unzulässig.
Auch der Gegenstand des Anspruchs 3 sei nicht von den ursprünglichen Anmeldeunterlagen gedeckt und stelle somit eine unzulässige Schutzbereichserweiterung dar. Für die in dem erteilten Anspruchssatz von der Patentinhaberin gewählte Untergrenze von 0,6 cm finde sich in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen keine Grundlage. Auch die Obergrenze von 3,8 cm sei ursprünglich nicht offenbart. Ersichtlich sei zudem die streitpatentgemäße Lehre nach Anspruch 8 aufgrund unzulässiger Erweiterung des Inhalts der Anmeldung nichtig. Gehe der Fachmann beim Studium der Beschreibung davon aus, dass eine Anpassung der Polsterumformungsmaschine erforderlich sei, sei eine Nutzung ohne Anpassung nicht offenbart. Gehe hingegen der Fachmann davon aus, dass jede Verpackungsmaterialumformungsmaschine geeignet sei, liege keine Kombinationserfindung vor.
Weiterhin seien der Gegenstand des Produktanspruchs 1, des Kombinationsanspruchs 8 und der Gegenstand des Herstellungsanspruchs 10 nicht ausführbar. Nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 sei die Stärke eine Eigenschaft des Ausgangsmaterials (Merkmale 1.1.2. und 1.1.4.). Das Streitpatent lehre aber an keiner Stelle, wie eine solche Kraftvariable zu realisieren sei. Die im Streitpatent erwähnten Materialien, beispielsweise Kraftpapier oder Kunststoff, wiesen keine mechanischen Materialeigenschaften auf, die sich kraftabhängig änderten. Auch das Merkmal des Anspruchs 1, wonach jede Reihe geschwächter Bereiche mindestens einen Parameter hat, der entlang der Reihe variiert, sei nicht in ausführbarer Weise von dem Streitpatent gelehrt. Zum Beispiel im Hinblick auf die bevorzugte Ausführung gemäß Fig. 11 lasse das Streitpatent völlig offen, welcher Art wenigstens ein entlang der Reihe geschwächter Bereiche variierender Parameter sein solle. Im Gegenteil beschreibe das Streitpatent hier ausdrücklich nicht variierte Parameter.
Die von der Beklagten geltend gemachten Anspruchsfassungen gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 5 enthielten ebenfalls unzulässige Anspruchsformulierungen und seien nicht ausführbar. Hilfsantrag 1 sei bereits unzulässig im Hinblick auf die Größenangaben. Die nunmehr beanspruchten Angaben in cm seien nicht Offenbarungsgehalt der A2. Ferner sei nicht ursprünglich offenbart, dass, wie nunmehr beansprucht, auch nur ein Rand des „stock materials“ frei von geschwächten Bahnen sei. Die Offenbarung in Anspruch 4 sei auch nicht ausreichend.
Im Hinblick auf die fehlende Patentfähigkeit bestehe mangelnde Neuheit von Anspruch 1 in der erteilten Fassung gegenüber D1, D0 sowie D5 bis D9 und D11. Außerdem bestehe eine mangelnde Neuheit gegenüber den offenkundigen Vorbenutzungen in D17 und D18. Dies gelte insbesondere auch für Unteranspruch 3 des Streitpatents, der nicht neu sei. Auch die Ansprüche 2 bis 9 der erteilten Fassung seien vorbekannt. Insbesondere sei der Kombinationsanspruch 8 nicht neu gegenüber D5 und D9. D5 offenbare eindeutig eine Maschine, die ein Papierverpackungsmaterial dreidimensional umforme und zerknittere, wodurch eindeutig Polstereigenschaften geschaffen würden. Die Nennung von „wrapping paper“ in der D5 belege die Verwendung von Packpapier, das auch Füllmaterial sei.
Hilfsweise macht die Klägerin fehlende erfinderische Tätigkeit geltend. Soweit die Patentinhaberin der Ansicht sei, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 sich gegenüber bekannten Ausgangsmaterialien dadurch unterscheide, dass das patentgemäße Ausgangsmaterial Reihen variierend geschwächter Bereiche und seitliche Kantenbereiche, die im Wesentlichen frei von geschwächten Bereichen seien, aufweise, sei diese Problematik, einen geeigneten Mittelweg zwischen ausreichender Integrität während der Umformung und der Vereinfachung des anschließenden Abtrennens zu finden, schon hinreichend im Stand der Technik bekannt und gelöst. Zu nennen seien diesbezüglich D8, D10, D11 sowie D12 bis D15. Dies gelte insbesondere auch für Unteranspruch 3 des Streitpatents sowie für eine Kombination der Ansprüche 1, 3 und 8 des Streitpatents, wobei auch Anspruch 3 gegenüber D13 und D0, D7 bzw. D14, D16 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, insbesondere unter Berücksichtigung von allgemeinem Fachwissen. Der Kombinationsanspruch 8 (und der Verfahrensanspruch 9) beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D5. Eine Kombinationserfindung sei nach ständiger Rechtsprechung nicht erfinderisch, wenn sich bei der gemeinsamen Anwendung der bekannten Maßnahmen – Umwandlungsmaschine und Ausgangsmaterial – die erreichte Wirkung ohne Weiteres ergebe und als solche vorhersehbar sei oder kein kombinatorischer Effekt erzielt werde. Insbesondere seien dem Fachmann die Überschneidungsbereiche zwischen der Verpackungspolstertechnik und der Papierdruckmitteltechnik bekannt und er kenne folglich auch die Druckmittelpapiertechnik, insbesondere auf dem Gebiet der Herstellung des Ausgangsmaterials, i.e. die Leporellofaltung. Er sei daher veranlasst gewesen, wegen der explizit in D9 beschriebenen Aufgabenlösung – Vorbeugung des Einreißens am Randbereich durch dortige Perforationsfreiheit – dieses Wissen aus ständiger Übung auf einen Einsatz in einer Polstermaschine zu übertragen. Weiterhin ergebe sich der Gegenstand nach Anspruch 8 naheliegend aus D1 sowie aus D1 in Kombination mit D5 oder D9. Es sei insbesondere nicht anzunehmen, dass die Papierbahn entsprechend dimensioniert sein müsse, um in der Maschine kombinatorisch einsetzbar zu sein. Das Streitpatent gebe keine Dimensionierung des Ausgangsmaterials an, weshalb kein Hindernis bestehe, eine Papierbahn nach D5 oder D9 mit einer Verpackungsumwandlungsmaschine zu kombinieren.
Auch die Anspruchsfassungen der Hilfsanträge 1 bis 5 seien nicht neu, jedenfalls aber nicht erfinderisch. Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 sei nicht neu, zumindest nicht erfinderisch gegenüber D5. Zudem seien Anspruch 1 und der Kombinationsanspruch 8 gemäß Hilfsantrag 1 nicht neu sowie ebenfalls nicht erfinderisch gegenüber D9. Der Gegenstand gemäß Hilfsantrag 2 sei ein unzulässiger Kategoriewechsel und unklar bezüglich der Begrifflichkeiten „strip of dunnage“ und „dunnage conversion machine“. Auch der Gegenstand des Hilfsantrags 3 sei nicht neu bzw. nicht erfinderisch gegenüber D5 und D9. Hilfsantrag 4 stelle eine Kombination der unzulässigen und nicht bestandskräftigen Hilfsanträge 2 und 3 dar. Hilfsantrag 5 sei zum einen im Merkmal „each ply separate from each row (22) of weakened ares (24)“ nicht offenbart und unklar. Zum anderen sei auch unklar, was mit „kraft paper“ oder „recycled paper“ gemeint sei. D9 offenbare zudem einen weiten Rahmen von Papiereigenschaften wie im Übrigen auch D1 und D10 etc. bereits den Einsatz eines „Kraft Papiers“ offenbarten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das europäische Patent 1 896 250 in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit den in der mündlichen Verhandlung am 6. Februar 2018 eingereichten Hilfsanträgen 1 bis 5 verteidigt wird
Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und erachtet das Streitpatent für nicht unzulässig erweitert, ausführbar und patentfähig. Alle Ansprüche seien patentfähig, insbesondere neu und auch erfinderisch.
Aufgabe des Streitpatents sei es, ein Ausgangsmaterial bereitzustellen, das an spezielle Umformungsprozesse angepasst werden könne, um sicherzustellen, dass das Ausgangsmaterial zu einem Füllmaterial umgeformt werden könne, ohne zu einer Verstopfung der Polsterumformungsmaschine zu führen oder vorzeitig abzureißen, wobei weiterhin einfaches Abreißen und/oder ein einfaches Falten des Ausgangsmaterials an den Perforationslinien sichergestellt werden solle (vgl. Abs. [0009] und [0016]). Diese Aufgabe werde streitpatentgemäß gelöst u. a. durch ein Ausgangsmaterial für Polsterumformungsmaschinen nach Anspruch 1, durch eine Kombination aus einem solchen Ausgangsmaterial und einer entsprechenden Maschine nach Anspruch 8, durch ein Verfahren nach Anspruch 9 sowie durch ein Verfahren nach Anspruch 10 des Streitpatents.
Die Beklagte vertritt bezüglich der Aufgabe die Ansicht, dass in Übereinstimmung mit Abs. [0007] der Patentschrift Ausgangspunkt die Polsterumformungsmaschinen im Stand der Technik gewesen seien, die unansehnliche Polsterprodukte erzeugten oder beim Betrieb verstopften. Entsprechend sei der Fachmann aus dem Bereich der Polsterumformung zu bestimmen und die Aufgabe zu lösen, ein vorzeitiges Abreißen des Ausgangsmaterials oder ein Verstopfen der Maschine zu verhindern. Diesbezüglich habe es im Stand der Technik unterschiedliche Lösungen gegeben, wie etwa das Papier langsamer laufen zu lassen oder wie in der D3 die Maschine intern zu verbessern oder aber ein anderes besseres Ausgangsmaterial zu verwenden. Es habe aber kein Anlass bestanden, in Richtung der erfindungsgemäßen Lösung ein Einreißen des Papiers an der Kante zu verhindern.
Eine unzulässige Erweiterung des Anspruchs 1 liege nicht vor, da alle Merkmale ursprungsoffenbart seien. Eine mangelnde Ausführbarkeit des Gegenstands der Ansprüche 1, 8 und 9 sei ebenfalls nicht gegeben.
Der Gegenstand sämtlicher Ansprüche sei neu, da keine der Schriften sämtliche Merkmale der jeweiligen Ansprüche offenbare. Der Gegenstand des Anspruchs 1, gemäß Hauptantrag sei insbesondere neu gegenüber D1, D0, D5 und D9. Hinsichtlich D5 könne von Kantenbereichen, die im Wesentlichen frei von geschwächten Bereichen seien, keine Rede sein. Die D9 zeige lediglich Druckerpapier für Endlosformulare und damit bereits kein Ausgangsmaterial für eine Polsterumformungsmaschine sowie keine Kombination aus einem solchen Ausgangsmaterial und einer Polsterumformungsmaschine. Auch in D9 seien keine seitlichen Kantenbereiche, die im Wesentlichen frei von geschwächten Bahnen seien, offenbart. Der Gegenstand des Anspruchs 8 nach Hauptantrag sei ebenfalls neu gegenüber D0, D1 und D9. Der Stand der Technik nehme auch nicht implizit den Gegenstand des Anspruchs 10 des Hauptantrags vorweg. Die von der Klägerin angeführten offenkundigen Vorbenutzungen (D17 und D18) seien nicht entscheidungserheblich.
Die Gegenstände der Ansprüche 1, 8 und 10 beruhten zudem auf erfinderischer Tätigkeit. Anspruch 1 sei nicht durch die D5 nahegelegt, da der Fachmann keinen konkreten Hinweis finde, das Bahnmaterial der D5 in Richtung des Gegenstands des Anspruchs 1 weiterzubilden. Soweit in Anspruch 8 eine Kombination des Ausgangsmaterials nach Anspruch 1 und einer Polsterumformungsmaschine beansprucht sei, müsse die Polsterumformungsmaschine dazu geeignet und eingerichtet sein, genau das („the“) im ersten Merkmal genannte Ausgangsmaterial zu verarbeiten. Die D3 lege dem Fachmann nicht nahe, sich nach einem Ausgangsmaterial mit geringerer Reißneigung umzusehen. Weiterhin böten weder das Druckerpapier nach D9 noch das Pack- bzw. Einwickelpapier nach D5 eine Anregung, diese Materialien in Kombination mit einer Polsterumformungsmaschine zum Umformen des Ausgangsmaterials und zur Herstellung von Polsterprodukten zu verwenden. Auch die Ansprüche 9 und 10 beruhten auf erfinderischer Tätigkeit in Ansehung des Standes der Technik, insbesondere D3, D5 und D9.
Die Gegenstände der Ansprüche 1 bis 5 nach Hilfsantrag 1 seien nicht nur neu gegenüber dem Stand der Technik, sie beruhten auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Keines der Dokumente des Standes der Technik offenbare die in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 hinzugefügten Merkmale, die einen Bereich frei von geschwächten Bereichen definierten, der mindestens 0,6 cm und maximal 3,8 cm entlang jeder Reihe sei. Diese weitere Konkretisierung der seitlichen Kantenbereiche, die im Wesentlichen frei von geschwächten Bereichen seien, führe in Kombination mit den anderen Merkmalen des Anspruchs 1 dazu, dass ein unbeabsichtigtes Einreißen des Ausgangsmaterials und eine weitere Rissausbreitung an den Reihen der geschwächten Bereiche wirksam verhindert werde, bevor der Umformungsvorgang zu einem Polsterprodukt abgeschlossen ist. Auch die auf einen Polsterstreifen gerichteten Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen 2, 4 und 5 seien zulässig und weder neuheitsschädlich offenbart noch dem Fachmann nahegelegt.
Der Senat hat den Parteien mit einem Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG vom 22. August 2017 die Gesichtspunkte mitgeteilt, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sind. Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die Sitzungsprotokolle vom 6. Februar 2018 und vom 12. April 2018 sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Die zulässige Klage ist auch begründet, da der Gegenstand des Streitpatents im Umfang der gesamten Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ nicht patentfähig ist. Soweit das Streitpatent von der Beklagten mit den Hilfsanträgen 1 bis 5 verteidigt wird, können sie dem Streitpatent nicht zu einem Erhalt verhelfen. Die Hilfsanträge 1 und 3 erweisen sich in gleicher Weise wie der Hauptantrag als nicht patentfähig. Die Hilfsanträge 2, 4 und 5 gehen über die ursprüngliche Offenbarung der ursprünglichen internationalen Anmeldung PCT/US2006/010495 (Offenlegungsschrift WO 2006/102464 A1) hinaus und erweisen sich daher als unzulässig geändert. Das Streitpatent ist somit sowohl in der erteilten Fassung als auch in den hilfsweise verteidigten Fassungen für nichtig zu erklären.
I.
1. Zum Gegenstand und Hintergrund der Erfindung ist in der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift (PS), siehe insbesondere die Absätze [0001] und [0002], ausgeführt, dass Polsterprodukte beim Verpacken von Gegenständen zum Ausfüllen von Lücken eingesetzt werden. Sie können hergestellt werden, indem ein bahnförmiges Ausgangsmaterial in einer Polsterumformungsmaschine zu einem Polsterstreifen umgeformt wird. Das Umformen kann in einem Zerknittern bzw. Zerknüllen (to crumple) bestehen, vergl. Abs. [0020] Zeilen 55 bis 57 PS. Durch Abtrennen eines Stücks von diesem Polsterstreifen entsteht das Polsterprodukt. Dieses weist typischerweise eine geringere Dichte auf als das Ausgangsmaterial.
Das bahnförmige Ausgangsmaterial kann eine oder mehrere Lagen aus Papier oder Kunststoff umfassen und als Rolle (roll) oder fächerförmig gefalteter Stapel (fan-folded stack) bereitgestellt werden, siehe Abs. [0005] PS. Um nach der Umformung des Ausgangsmaterials zum Polsterstreifen das Abtrennen des Polsterprodukts zu ermöglichen, war es laut Abs. [0003] PS bekannt, quer über das bahnförmige Ausgangmaterial verlaufende Reißlinien in Form von Perforationen oder anderen geschwächten Bereichen vorzusehen.
Fig. 1 der Streitpatentschrift zeigt in schematischer Darstellung ein erfindungsgemäßes Polsterumformungssystem mit einem Vorrat (12) an bereit gestelltem Ausgangsmaterial (16) für eine Polsterumformungsmaschine (14), die Polsterumformungsmaschine (14), den umgeformten Polsterstreifen (18) und das davon abgetrennte Polsterprodukt (20).
2. Eine Aufgabe ist in der Streitpatentschrift nicht ausdrücklich genannt. Dies ist unschädlich, weil das technische Problem ohnehin aus dem zu entwickeln ist, was die beanspruchte Erfindung tatsächlich gegenüber dem Stand der Technik leistet (BGH GRUR 2010, 607, Tz. 18 - Fettsäurezusammensetzung; BGH GRUR 2010, 602, Tz. 27 - Gelenkanordnung; BGH GRUR 2010, 814 - Fugenglätter), wobei der Stand der Technik sowie Vorteile der Erfindung und Nachteile vorbekannter Lösungen Grundlage für die Formulierung sind (vgl. Schulte PatG § 1 Rn. 63 und 65, Busse PatG 8. Aufl. § 1 Rn. 82; Benkard PatG 10. Aufl. § 1 Rn. 55a, 56; § 34 Rn. 18 bis 20; BGH GRUR 2003, 693 –- Hochdruckreiniger sowie BPatG GRUR 2004, 317 – Programmartmitteilungen).
Im Abs. [0006/0007] PS ist als Problem angegeben, dass bekanntes, über die gesamte Breite gleichmäßig perforiertes Ausgangsmaterial dazu neigte, an den Perforationslinien vorzeitig zu reißen, was zu unansehnlichen Polsterprodukten oder einem Verstopfen der Polsterumformungsmaschine führen konnte. Daraus erschließt sich, dass patentgemäß das Vermeiden dieses vorzeitigen Reißens (des perforierten Ausgangsmaterials) als der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe zu erachten ist. Auch die Beklagte hat eingeräumt, dass sie eine andere Problemstellung im Streitpatent nicht erkennen kann. Soweit der im Streitpatent genannte Stand der Technik nicht im Kontext mit der zugrunde zu legenden Problemstellung steht, vermag dies keine andere Betrachtungsweise zu rechtfertigen.
3. Als Fachmann zur Lösung dieser Aufgabe berufen sieht der Senat in Übereinstimmung mit den Parteien einen Ingenieur des Maschinenbaus, Fachrichtung Verpackungstechnik, mit einem Abschluss als Dipl.-Ing. oder Master an einer Fachhochschule bzw. Hochschule für angewandte Wissenschaften.
II.
Die jeweiligen unabhängigen Ansprüche nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 5 lassen sich wie folgt gliedern:
1. Der erteilte und nach Hauptantrag geltende Anspruch 1 ist auf ein Ausgangsmaterial mit folgenden Merkmalen gerichtet (diesseitige deutsche Übersetzung zur Information):
M1 |
A stock material (16) for a dunnage conversion machine (14) |
Ein Ausgangsmaterial (16) für eine Polsterumformungsmaschine (14) |
M1.1 |
comprises at least one ply of sheet material |
enthält mindestens eine Lage eines bahnförmigen Materials, |
M1.1.1 |
having a plurality of transversely-extending, longitudinally spaced-apart rows (22) of weakened areas (24), |
das eine Vielzahl von transversal ausgedehnten, longitudinal räumlich getrennten Reihen (22) geschwächter Bereiche (24) aufweist, |
M1.1.2 |
where the weakened areas (24) have a reduced strength relative to adjacent portions of the sheet material, |
bei denen die geschwächten Bereiche (24) eine verringerte Stärke relativ zu angrenzenden Teilen des bahnförmigen Materials haben, |
M1.1.3 |
and each row (22) of weakened areas (24) has at least one parameter that varies along the row (22), |
und jede Reihe (22) geschwächter Bereiche (24) hat mindestens einen Parameter, der entlang der Reihe (22) variiert, |
M1.1.4 |
whereby the strength of the stock material (16) at the row (22), in response to a force applied across the row (22), varies across the stock material (16), |
wodurch die Stärke des Ausgangsmaterials (16) bei der Reihe (22) in Antwort auf eine Kraft, die quer über die Reihe (22) angelegt wird, über das Ausgangsmaterial (16) hinweg variiert, |
M1.1.5 |
wherein each ply has lateral edge portions (85, 89) that are substantially free of weakened areas (24), |
wobei jede Lage seitliche Kantenbereiche (85, 89) aufweist, die im Wesentlichen frei von geschwächten Bereichen (24) sind, |
M1.1.6 |
and at least one ply includes paper. |
und mindestens eine Lage Papier enthält. |
Anspruch 8 nach Hauptantrag lautet gegliedert:
M8.1 |
In combination, a stock material as set forth in claim 1, |
Kombination aus einem Ausgangsmaterial gemäß Anspruch 1 |
M8.2 |
and a dunnage conversion machine (40) |
und einer Polsterumformungsmaschine (40) |
M8.2.1 |
for converting the stock material (16) into a relatively less dense strip of dunnage (18) |
zum Umformen des Ausgangsmaterials (16) in einen Polsterstreifen (18) mit vergleichsweise geringerer Dichte |
M8.2.2 |
having tear lines along each row that facilitate separation of a dunnage product (20) therefrom. |
welcher Reißlinien entlang jeder Reihe hat, welche das Abtrennen eines Polsterprodukts (20) davon erleichtern. |
Anspruch 9 nach Hauptantrag lautet gegliedert:
M9 |
A method of making a dunnage product, comprising the steps of: |
Ein \/erfahren zur Herstellung eines Polsterprodukts, aufweisend die Schritte: |
M9.1 |
providing a stock material (16) as set forth in claim 1; |
Bereitstellen eines Ausgangsmaterials (16) gemäß Anspruch 1; |
M9.2 |
converting the stock material (16) into a strip of dunnage (18), |
Umformen des Ausgangsmaterials (16) in einen Polsterstreifen (18), |
M9.3 |
and separating a discrete dunnage product (20) from the strip along a row of weakened areas. |
und Abtrennen eines einzelnen Polsterprodukts (20) von dem Streifen entlang einer Reihe geschwächter Bereiche. |
Anspruch 10 nach Hauptantrag lautet gegliedert:
M10 |
A method of making a stock material (16) for a dunnage conversion machine (40), comprising the steps of |
Ein \/erfahren zur Herstellung eines Ausgangsmaterials (16) für eine Polsterumformungsmaschine (40), aufweisend die Schritte |
M10.1 |
weakening a sheet stock material having at least one ply of paper to form a plurality of transversely-extending, longitudinally spaced-apart rows (22) of weakened areas (24), |
des Schwächens eines bahnförmigen Ausgangsmaterials, welches zumindest eine Lage aus Papier enthält, um eine Vielzahl von transversal ausgedehnten, longitudinal räumlich getrennten Reihen (22) geschwächter Bereiche (24) zu formen, |
M10.2 |
where the weakened areas (24) have a reduced strength relative to adjacent portions of the sheet material, |
wobei die geschwächten Bereiche (24) eine verringerte Stärke relativ zu den benachbarten Teilen des bahnförmigen Materials aufweisen, |
M10.3 |
and each row of weakened areas has at least one parameter that varies along the row, |
und jede Reihe geschwächter Bereiche mindestens einen Parameter hat, der entlang der Reihe variiert, |
M10.4 |
whereby the strength of the stock material at a row varies across the stock material when a force is applied in a direction transverse the row, |
wobei die Stärke des Ausgangsmaterials bei einer Reihe quer über das Ausgangsmaterial hinweg variiert, beim Aufbringen einer Kraft in einer Richtung transversal zur Reihe |
M10.5 |
and each ply has lateral edge portions (85, 89) that are substantially free of weakened areas (24). |
und jede Lage seitliche Kantenbereiche (85, 89) aufweist, die im Wesentlichen frei von geschwächten Bereichen (24) sind. |
2. Beim Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 kommt zu den Merkmalen M1 bis M1.1.6 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag nur ein Merkmal HI1.1.7 am Ende hinzu:
HI1.1.7 |
and wherein at least one edge of the stock material (16) is free of weakened areas (24) for approximately 0.6 cm to 3.8 cm (approximately 1/4 inch to 1 1/2 inches) along each row (22) of weakened areas (24). |
und wobei mindestens eine Kante des Ausgangsmaterials (16) frei ist von geschwächten Bereichen (24) für ungefähr 0,6 cm bis 3,8 cm (ungefähr 1/4 Inch bis 1 1/2 Inch) entlang jeder Reihe (22) geschwächter Bereiche (24). |
Anspruch 7 nach Hilfsantrag 1 stimmt dem Wortlaut nach überein mit Anspruch 8 nach Hauptantrag.
Anspruch 8 nach Hilfsantrag 1 stimmt dem Wortlaut nach überein mit Anspruch 9 nach Hauptantrag.
Beim Anspruch 9 nach Hilfsantrag 1 kommt zu den Merkmalen M10 bis M10.5 des Anspruchs 10 nach Hauptantrag nur ein Merkmal HI9.6 am Ende hinzu:
HI9.6 |
wherein at least one edge of the stock material (16) is free of weakened areas (24) for approximately 0.6 cm to 3.8 cm (approximately 1/4 inch to 1 1/2 inches) along each row (22) of weakened areas (24). |
und wobei mindestens eine Kante des Ausgangsmaterials (16) frei ist von geschwächten Bereichen (24) für ungefähr 0,6 cm bis 3,8 cm (ungefähr 1/4 Inch bis 1 1/2 Inch) entlang jeder Reihe (22) geschwächter Bereiche (24). |
3. Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag Ergänzungen in den Merkmalen M1 und M1.1, nunmehr HII1 und HII1.1, die Merkmale M1.1.1 bis M1.1.6 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag bleiben unverändert, Merkmal HI1.1.7 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ist nicht enthalten:
HII1 |
A strip of dunnage (18) converted by a dunnage conversion machine (14) from a stock material (16) for a dunnage conversion machine (14), |
Ein Polsterstreifen (18), umgeformt von einer Polsterumformungsmaschine (14) aus einem Ausgangsmaterial (16) für eine Polsterumformungsmaschine (14), |
HII1.1 |
the stock material (16) comprising es at least one ply of sheet material |
wobei das Ausgangsmaterial (16) mindestens eine Lage eines bahnförmigen Materials enthält |
Anspruch 8 nach Hilfsantrag 2 enthält anstelle des Merkmals M8.1 des Anspruchs 8 nach Hauptantrag ein geändertes Merkmal HII8.1 und darauf folgend als Einschub zwischen dem Merkmal HII8.1 und den unveränderten Merkmalen M8.2, M8.2.1 und M8.2.2 des Anspruchs 8 nach Hauptantrag die Merkmale HII1.1 und M1.1.1 bis M1.1.6 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2:
HII8.1 |
In combination, a stock material |
Kombination aus einem Ausgangsmaterial für eine Polsterumformungsmaschine (14), |
Anspruch 9 nach Hilfsantrag 2 enthält anstelle des Merkmals M9.1 des Anspruchs 9 nach Hauptantrag ein geändertes Merkmal HII9.1 und darauf folgend als Einschub zwischen dem Merkmal HII9.1 und den unveränderten Merkmalen M9.2 und M9.3 des Anspruchs 9 nach Hauptantrag die Merkmale HII1.1 und M1.1.1 bis M1.1.6 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2:
M9 |
A method of making a dunnage product, comprising the steps of: |
Ein \/erfahren zur Herstellung eines Polsterprodukts, aufweisend die Schritte: |
HII9.1 |
providing a stock material (16) |
Bereitstellen eines Ausgangsmaterials (16) für eine Polsterumformungsmaschine (14), |
Der auf ein \/erfahren zur Herstellung eines Ausgangsmaterials für eine Polsterumformungsmaschine gerichtete Anspruch 10 nach Hauptantrag entfällt beim Hilfsantrag 2.
4. Beim Hilfsantrag 3 entfällt gegenüber dem Hilfsantrag 2 der Anspruch 1 samt darauf rückbezogenen Unteransprüchen.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 stimmt dem Wortlaut nach überein mit Anspruch 8 nach Hilfsantrag 2.
Anspruch 2 nach Hilfsantrag 3 stimmt dem Wortlaut nach überein mit Anspruch 9 nach Hilfsantrag 2.
5. Beim Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 kommt zu den Merkmalen HII1, HII1.1 und M1.1.1 bis M1.1.6 des auf den Polsterstreifen gerichteten Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 zwischen den Merkmalen M1.1.5 und M1.1.6 das Merkmal HI1.1.7 aus dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 hinzu:
HI1.1.7 |
and wherein at least one edge of the stock material (16) is free of weakened areas (24) for approximately 0.6 cm to 3.8 cm (approximately 1/4 inch to 1 1/2 inches) along each row (22) of weakened areas (24) |
und wobei mindestens eine Kante des Ausgangsmaterials (16) frei ist von geschwächten Bereichen (24) für ungefähr 0,6 cm bis 3,8 cm (ungefähr 1/4 Inch bis 1 1/2 Inch) entlang jeder Reihe (22) geschwächter Bereiche (24) |
Beim Anspruch 7 nach Hilfsantrag 4 kommt das Merkmal HI1.1.7 zwischen den Merkmalen M1.1.6 und M8.2 des auf die Kombination gerichteten Anspruchs 8 nach Hilfsantrag 2 hinzu.
Beim Anspruch 8 nach Hilfsantrag 4 kommt das Merkmal HI1.1.7 zwischen den Merkmalen M1.1.6 und M9.2 des auf das Herstellungsverfahrens gerichteten Anspruchs 9 nach Hilfsantrag 2 hinzu.
6. Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 Änderungen in den Merkmalen M1.1.5 und M1.1.6, nunmehr HV1.1.5 und HV1.1.6:
HV1.1.5 |
wherein each ply separate from each row (22) of weakened areas (24) has lateral edge portions (85, 89) that are substantially free of the weakened areas (24), |
wobei jede Lage getrennt von jeder Reihe (22) geschwächter Bereiche (24) seitliche Kantenbereiche (85, 89) aufweist, die im Wesentlichen von den geschwächten Bereichen (24) frei sind, |
HV1.1.6 |
and at least one ply includes paper
|
und zumindest eine Lage Papier enthält, |
Die Ansprüche 8 und 9 nach Hilfsantrag 5 enthalten gegenüber den Ansprüchen 8 und 9 nach Hilfsantrag 2 dieselben geänderten Merkmale HV1.1.5 und HV1.1.6.
III.
Zum Verständnis der unabhängigen Ansprüche nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 5 durch den maßgeblichen Fachmann ist folgendes auszuführen:
1. Der Anspruch 1 nach Hauptantrag ist gemäß Merkmal M1 auf ein Ausgangsmaterial (stock material) für eine Polsterumformungsmaschine (dunnage conversion machine) gerichtet, d. h. auf ein Ausgangsmaterial, das dazu geeignet ist, von einer Polsterumformungsmaschine umgeformt zu werden. Da der Anspruch 1 keine Angaben zu der Polsterumformungsmaschine enthält, reicht dazu eine prinzipielle Eignung, durch eine beliebige – ggf. angepasst an das Ausgangsmaterial zu konstruierende – Maschine umgeformt (z. B.: zerknüllt) zu werden.
Die Begriffe „Ausgangsmaterial“ (stock material), „bahnförmiges Material“ (sheet material) und „bahnförmiges Ausgangsmaterial“ (sheet stock material) bezeichnen im Streitpatent jeweils den zu verarbeitenden Gegenstand. Ist dagegen im Streitpatent die Rede davon, aus welchem Material der Gegenstand bestehen soll, so wird der Begriff „Material“ (material) ohne Zusätze verwendet.
Gemäß dem Merkmal M1.1 umfasst das Ausgangsmaterial mindestens eine Lage eines bahnförmigen Materials (sheet material). In der Beschreibung ist als Beispiel in Abs. [0018] Kraftpapier genannt, und dass das Ausgangsmaterial auch andere Papierarten sowie Kunststoff oder Kombinationen daraus enthalten kann. Im Anspruch 1 ist dazu lediglich im Merkmal M1.1.6 angegeben, dass mindestens eine Lage des bahnförmigen Materials Papier enthält. Im Falle eines gemäß Merkmal M1.1 mehrlagigen Ausgangsmaterials bestehen somit für alle weiteren Lagen keine Beschränkungen hinsichtlich des Materials.
Laut Merkmal M1.1.1 weist das bahnförmige Material eine Vielzahl von Reihen geschwächter Bereiche auf. Die geschwächten Bereiche haben laut Merkmal M1.1.2 eine verringerte Stärke relativ zu den angrenzenden Teilen des bahnförmigen Materials. Der Begriff „Stärke“ (strength) bezeichnet dabei nach dem Verständnis des Fachmanns aufgrund der patentgemäßen Aufgabe, ein vorzeitiges Reißen zu vermeiden, die Widerstandsfähigkeit des Materials gegen Zerreißen. Die Schwächungen können beliebiger Art sein, in den Ausführungsbeispielen werden jedoch ausschließlich Perforationen betrachtet, z. B. in Form von Schlitzen, siehe Abs. [0028] Zeilen 50 bis 53 PS. Jede einzelne Perforation ist dabei ein geschwächter Bereich.
Die Reihen sind nach Merkmal M1.1.1 longitudinal räumlich getrennt, d. h. in Längsrichtung der Bahn voneinander beabstandet. Sie sind nach Merkmal M1.1.1 weiterhin transversal ausgedehnt, d. h. sie erstrecken sich quer über die Breite W der Bahn, siehe Abs. [0026] Zeilen 5 bis 7 und Fig. 7 PS, wo allerdings die Reihen 22 erkennbar mit dem falschen Bezugszeichen „24“ bezeichnet sind. Die Reihen müssen dabei laut Abs. [0026] Zeilen 7 bis 10 PS nicht genau senkrecht zur Längsrichtung L der Bahn angeordnet sein.
Die Reihen geschwächter Bereiche umfassen somit dem Begriff nach nicht nur die geschwächten Bereiche, sondern auch die Zwischenräume zwischen den geschwächten Bereichen. Weiterhin beginnen und enden sie nicht an der jeweils ersten bzw. letzten Schwächung, sondern werden als über die gesamte Breite W der Bahn von der einen bis zur gegenüberliegenden Kante verlaufend betrachtet, auch wenn gemäß Merkmal M1.1.5 zwischen der jeweils äußersten Schwächung und der Bahnkante ein schwächungsfreier Kantenbereich vorgesehen ist. Das ergibt sich für den Fachmann, der zur Auslegung des Patentanspruchs auch die Beschreibung und die Zeichnungen heranzieht, aus dem letzten Satz des Absatzes [0026] PS, wonach die Länge der Reihe 22 generell der Breite W der Bahn entspricht. Eine Abweichung davon ergibt sich laut den letzten zwei Sätzen des Absatzes [0026] dann, wenn eine Reihe nicht im rechten Winkel zur Längsrichtung L der Bahn verläuft. In diesem Fall hat sie eine von der Breite W der Bahn abweichende Länge (other dimension transverse to the longitudinal direction L of the stock material).
Dass die Reihe geschwächter Bereiche patentgemäß als über die gesamte Breite W der Bahn verlaufend angesehen wird, bestätigt auch die Beschreibung der Ausführungsbeispiele: Gemäß Fig. 8 und Abs. [0028] Zeilen 32 bis 38 erstreckt sich die dortige Reihe 82 über die Breite der Bahn 80, und die Breite umfasst mit den fünf Regionen 85, 86, 87, 88, 89 nicht nur die perforierten Bereichen 86, 87, 88, sondern auch die zwei nicht perforierten Randbereiche 85 und 89.
Auch gemäß Fig. 11 und Abs. [0034] Zeilen 13 bis 26 erstrecken sich die dortigen Reihen 202, 204 ausdrücklich über die gesamte Breite der Bahn und umfassen neben der mittleren perforierten Region 212 auch die nicht perforierten Randregionen 210 und 214.
Nach Merkmal M1.1.3 hat jede Reihe geschwächter Bereiche mindestens einen Parameter, der entlang der Reihe variiert. Der Parameter kann entgegen der Auslegung der Klägerin kein völlig beliebiger Parameter sein, denn laut Merkmal M1.1.4 muss die Variation dieses Parameters bewirken, siehe das erste Wort des Merkmals M1.1.4: „wodurch“ (whereby) die Stärke des Ausgangsmaterials bei der Reihe in Antwort auf eine Kraft, die quer über die Reihe angelegt wird, über das Ausgangsmaterial hinweg variiert.
Wie bereits zum Merkmal M1.1.2 ausgeführt, wird dabei mit der „Stärke“ (strength) des Ausgangsmaterials seine Widerstandsfähigkeit gegen Zerreißen bezeichnet, im Merkmal M1.1.4 geht es dabei um die Stärke in Antwort auf eine Kraft, die quer über die Reihe angelegt wird, d. h. um die Widerstandsfähigkeit gegen Zerreißen infolge einer in Längsrichtung der Bahn angelegten Kraft.
Die Merkmale M1.1.3 und M1.1.4 verlangen also, dass die Reihe geschwächter Bereiche so ausgeführt wird, dass die Widerstandsfähigkeit der Bahn gegen Reißen im Bereich der Reihe quer über die Bahn hinweg nicht konstant ist, sondern variiert. Wie dies erreicht wird, bleibt dem Fachmann überlassen. Abs. [0027] nennt ab Zeile 19 beispielhaft als mögliche Parameter die Art und den Grad der Schwächung sowie Abstand, Größe, Form und Orientierung der geschwächten Bereiche.
Die von der Klägerin vertretene Auslegung des Merkmals M1.1.4, wonach verlangt sei, dass eine mechanische Materialeigenschaft, nämlich die Widerstandsfähigkeit des Bahnmaterials, sich kraftabhängig ändern müsse, geht am Wortlaut des Anspruchs vorbei, der gerade nicht verlangt, dass die Widerstandsfähigkeit des Ausgangsmaterials sich in Antwort auf eine quer über die Reihe angelegte Kraft ändert (Eben nicht: the strength of the stock material varies in response to a force applied across the row), sondern dass die Widerstandsfähigkeit des Ausgangsmaterials in Antwort auf eine quer über die Reihe angelegte Kraft sich über das Ausgangsmaterial hinweg ändert (Merkmal M1.1.4: the strength of the stock material in response to a force applied across the row varies across the stock material).
Gemäß dem Merkmal M1.1.5 weist jede Lage des Ausgangsmaterials seitliche Kantenbereiche auf, die im Wesentlichen von den geschwächten Bereichen frei sind.
Im Absatz [0010] PS ist dazu erläutert, dass beim Einziehen des Ausgangsmaterials in eine Polsterumformungsmaschine im Bereich der Kanten besonders hohe Spannungen auftreten können. Das Fehlen von Schwächungen im Bereich der Kanten soll somit dazu beitragen, ein unbeabsichtigtes Reißen der Bahn im Kantenbereich zu vermeiden.
Die in Fig. 9 dargestellte Bahn weist entgegen Merkmal M1.1.5 Reihen mit Perforationsschlitzen 102, 116 auf, die bis an die Kante der Bahn 100 reichen, wird aber im Absatz [0012] PS als erfindungsgemäß (in accordance with the present invention) bezeichnet.
Die Klägerin hat dazu vorgetragen, der Fachmann würde diesen augenscheinlichen Widerspruch dadurch auflösen, dass er dem Merkmal M1.1.5 ein zur Fig. 9 passendes Verständnis zugrunde legt. Er würde deshalb Merkmal M1.1.5 so auslegen, dass die Kantenbereiche der Bahn nur dort frei von geschwächten Bereichen sein müssten, wo keine Reihen geschwächter Bereiche angeordnet seien, d. h. zwischen den Reihen.
Der maßgebliche Fachmann jedoch, der die Patentschrift im Zusammenhang liest, stellt vielmehr fest, dass im Abs. [0008] PS der Gegenstand lediglich der Merkmale M1 bis M1.1.4 als patentgemäße Erfindung (present invention) bezeichnet wird. Das Merkmal M1.1.5 dagegen ist erst im Abs. [0010] für ein Ausführungsbeispiel (an exemplary stock material) beschrieben. Er erkennt daran, dass die Angabe des Abs. [0012], wonach das Ausführungsbeispiel nach Fig. 9 erfindungsgemäß sei, sich lediglich auf die die Übereinstimmung mit den Merkmalen M1 bis M1.1.4 bezieht, der erteilte Anspruch 1 dagegen durch die Merkmale M1.1.5 und M1.1.6 weiter beschränkt ist. Er ist daher durch die Fig. 9 nicht daran gehindert, das Merkmal M1.1.5 sinnvoll so zu verstehen, dass es einen Beitrag zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe leisten kann, ein Reißen der Bahn in den besonders hoch belasteten seitlichen Kantenbereichen zu vermeiden, indem diese frei von geschwächten Bereichen sind.
Diesem Verständnis, wonach das Ausführungsbeispiel nach Fig. 9 ohne schwächungsfreie Kantenbereiche nicht unter die geltenden Ansprüche fällt, steht auch nicht entgegen, dass grundsätzlich die in Patentansprüchen verwendeten Begriffe im Zweifel so zu verstehen sind, dass sämtliche Beispiele zu ihrer Ausfüllung herangezogen werden können und deshalb mit sämtlichen Merkmalen in Einklang stehen müssen. Denn es ist ebenso anerkannt, dass jedenfalls wenn und soweit sich die Lehre des Patentanspruchs mit der Beschreibung und den Zeichnungen nicht in Einklang bringen lässt, und ein unauflösbarer Widerspruch verbleibt, diejenigen Bestandteile der Beschreibung, die im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben, nicht zur Bestimmung des Gegenstands des Patents herangezogen werden müssen (BGH GRUR 2015, 972 – Kreuzgestänge).
So entspricht es auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass auch im Nichtigkeitsverfahren in Fällen, in denen zweifelhaft bleibt, ob sich Patentanspruch und Beschreibung sinnvoll zueinander in Beziehung setzen lassen, die „Anspruchsgeschichte" zur weiteren Klärung der Frage herangezogen werden darf, ob mit dem Anspruch ein Gegenstand unter Schutz gestellt worden ist, der von dem in der Beschreibung offenbarten abweicht oder hinter diesem zurückbleibt (GRUR 2015, 875 – Rotorelemente, unter Hinweis auf BGHZ 189, 330, Rn. 25 - Okklusionsvorrichtung; BGHZ 194, 107, Rn. 28 - Polymerschaum I), und ein Vergleich mit der Veröffentlichung der Patentanmeldung zur Klärung des Umfangs einer bei der Erteilung des Patents oder im Einspruchsverfahren vorgenommenen Beschränkung des geschützten Gegenstands beitragen kann (BGHZ 194, 107, Rn. 28 - Polymerschaum I).
So ist es auch hier, da Anspruch 1 der ursprünglichen Anmeldung, wie die Offenlegungsschrift A2 belegt, noch gerichtet war auf eine Lehre nach den Merkmalen M1 bis M1.1.4, nicht aber auf eine nach dem Merkmal M1.1.5 – wie auch M1.1.6 – beschränkte Lehre eines Kantenbereichs, der im Wesentlichen frei von geschwächten Bereichen ist und mindestens eine Lage Papier enthält, was erst mit dem ursprünglichen Anspruch 8 beansprucht worden war.
Damit steht fest, dass das in Rede stehende Ausführungsbeispiel der Fig. 9 gemäß den Anmeldeunterlagen auf den weit gefassten Patentanspruch 1 zugeschnitten war, der im Verlauf des Erteilungsverfahrens derart beschränkt worden ist, dass das hinzugekommene Merkmal M1.1.5 in Widerspruch zu diesem Ausführungsbeispiel getreten ist, ohne dass eine insoweit erforderliche Anpassung der Beschreibung bei Erteilung des Patents erfolgt ist.
Wie sich aus Abs. [0010] Zeilen 37 bis 39, Abs. [0028] Zeilen 42 bis 44 und Abs. [0034] Zeilen 19 bis 21 PS am Beispiel von Schwächungen in Form von Perforationen ergibt, kann die Reihe geschwächter Bereiche zwischen den schwächungsfreien Kantenbereichen gleichmäßig perforiert sein – der im Merkmal M1.1.3 geforderte mindestens eine variierende Parameter ist also bereits durch den schwächungsfreien Kantenbereich gegeben. Das findet nach dem Verständnis des Fachmanns seine Grenze dort, wo die schwächungsfreien Kantenbereiche so schmal werden, dass sie nicht mehr breiter sind als die Stege zwischen den einzelnen Perforationen. Denn dann ist die Bahn – wie im Abs. [0006] PS als Nachteil des Standes der Technik beschrieben – über die gesamte Breite gleichmäßig perforiert (uniformly perforated), und ein variierender Parameter gemäß Merkmal M1.1.3 ist nicht mehr gegeben.
Umgekehrt reicht es dagegen zur Abgrenzung von einer gleichmäßigen Perforierung aus, wenn der schwächungsfreie Kantenbereich um ein beliebig kleines Maß breiter ist als die Stege zwischen den einzelnen Perforationen. Die Ausführungen der Beklagten, Merkmal M1.1.5 verlange mehr, nämlich eine substanzielle Randbreite, gehen am Wortlaut des Anspruchs vorbei, der gerade nicht substanzielle seitliche Kantenbereiche verlangt, die frei von den geschwächten Bereichen sind (also nicht: substantial lateral edge portions that are free of the weakened areas), sondern lediglich seitliche Kantenbereiche, die im Wesentlichen frei von geschwächten Bereichen sind (Merkmal M1.1.5: lateral edge portions that are substantially free of weakened areas). Eine Auslegung, wonach Merkmal M1.1.5 eine substantielle Randbreite verlange, lässt sich entgegen den Ausführungen der Beklagten auch nicht daraus herleiten, dass sonst die Aufgabe, ein vorzeitiges Abreißen der Bahn zu verhindern, nicht gelöst würde. Denn patentgemäß wird von den schwächungsfreien Kantenbereichen nicht verlangt, das vorzeitige Abreißen der Bahn zu verhindern, sondern lediglich, einen Beitrag dazu zu leisten, vorzeitiges Abreißen zu mindern (helps to minimize), siehe Abs. [0010] Zeilen 47 bis 51.
Wenn das Ausgangmaterial als fächerförmig gefalteter Stapel (fan-folded stack) bereitgestellt wird, können laut Abs. [0016] Zeilen 24 ff PS unter Hinweis auf Fig. 3 die Reihen geschwächter Bereiche mit den Faltlinien zusammenfallen, sie können aber auch versetzt dazu und auch mit einem anderen Abstand in Längsrichtung der Bahn vorgesehen werden. Daraus ergibt sich, dass die Faltlinie an sich – auch wenn sie nach dem allgemeinen Verständnis des Fachmanns die Bahn in einem gewissen Maß schwächt – nach dem Verständnis des Streitpatents nicht als Reihe patentgemäß geschwächter Bereiche anzusehen ist. Die von Kante zu Kante durchgehenden Faltlinien eines fächerförmig gefalteten Ausgangsmaterial-Stapels stehen daher nicht im Widerspruch zum Merkmal M1.1.5 eines im Wesentlichen von geschwächten Bereichen freien Kantenbereichs.
Der Anspruch 8 nach Hauptantrag ist gemäß Merkmalen M8.1 und M8.2 auf eine Kombination aus einem Ausgangsmaterial gemäß Anspruch 1 und einer Polsterumformungsmaschine gerichtet.
Merkmal M8.2.1 verlangt, dass die Polsterumformungsmaschine zum Umformen des Ausgangsmaterials in einen Polsterstreifen (mit vergleichsweise geringerer Dichte) geeignet ist.
Aus Merkmal M8.2.2 ergibt sich weiter, dass die im Anspruch 1 definierten Reihen geschwächter Bereiche des Ausgangsmaterials so ausgeführt sein müssen, dass sie als Reißlinien entlang jeder Reihe das Abtrennen eines Polsterprodukts von dem durch Umformen aus dem Ausgangsmaterial entstandenen Polsterstreifen erleichtern. Das Abtrennen kann gemäß Abs. [0036] Zeilen 45 bis 51 durch Abreißen von Hand erfolgen.
Der Anspruch 9 nach Hauptantrag ist gemäß Merkmal M9 auf ein Verfahren zur Herstellung eines Polsterproduktes gerichtet und umfasst die Schritte, ein Ausgangsmaterial gemäß Anspruch1 bereitzustellen, es in einen Polsterstreifen umzuformen und davon entlang einer Reihe geschwächter Bereiche ein Polsterprodukt abzutrennen.
Der Anspruch 10 nach Hauptantrag ist auf ein \/erfahren zur Herstellung eines Ausgangsmaterials für eine Polsterumformungsmaschine gerichtet. Er sieht vor, an einem bahnförmigen Ausgangsmaterial geschwächte Bereiche so anzubringen, dass ein Ausgangsmaterial mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 entsteht – mit einem Unterschied: Anders als im Anspruch 1, wo das bahnförmige Ausgangsmaterial mindestens eine Lage enthält, die Papier enthält (Merkmale M1.1 und M1.1.6), ist gemäß dem Anspruch 10 ein bahnförmiges Ausgangsmaterial vorgesehen, das mindestens eine Lage aus Papier enthält – diese Lage muss also aus Papier bestehen, sie darf nicht neben Papier noch etwas anderes enthalten (Merkmal M10.1).
2. Beim Anspruch 1 und beim Anspruch 9 nach Hilfsantrag 1 kommt zum Anspruch 1 bzw. 9 nach Hauptantrag jeweils ein Merkmal HI1.1.7 bzw. HI9.6 am Ende hinzu, wonach mindestens eine Kante des Ausgangsmaterials frei ist von geschwächten Bereichen für ungefähr 0,6 cm bis 3,8 cm (ungefähr 1/4 Inch bis 1 1/2 Inch) entlang jeder Reihe geschwächter Bereiche. Während also beim Hauptantrag nicht definiert war, wie breit die von Schwächungen freien Kantenbereiche sein sollen, ist hier für mindestens eine Kante angegeben, dass die Reihen für „ungefähr 0,6 cm bis 3,8 cm (ungefähr 1/4 Inch bis 1 ½ Inch)“, von der Bahnkante ab entlang der Reihe gemessen, keine geschwächten Bereiche aufweisen dürfen.
An den in Klammern hinter den Maßen in Zentimetern angegebenen Maßen in „Inch“ (1 Zoll = 2,54 cm) in Verbindung damit, dass die Anmeldung aus den USA stammt, erkennt der Fachmann, dass es sich bei den Inch-Angaben um die ursprüngliche erfindungsgemäße Lehre handelt, bei den cm-Angaben dagegen nur um eine nachträglich vorgenommene Umrechnung. Er richtet sich daher nach den Inch-Angaben und legt diese auch seinem Verständnis der Angabe „ungefähr“ (approximately) zugrunde. Er hält deshalb ausgehend von der Angabe „approximately 1/2 inch to 1 1/2 inches“ einen Bereich von mindestens 1/8 Inch bis höchstens 2 Inch (umgerechnet und auf eine Nachkommastelle gerundet: 0,3 cm bis 5,1 cm) für dem Anspruch 1 bzw. 9 nach Hilfsantrag 1 entsprechend.
Die Ansprüche 7 und 8 nach Hilfsantrag 1 stimmen dem Wortlaut nach überein mit den Ansprüchen 8 und 9 nach Hauptantrag. Sie enthalten jedoch aufgrund ihrer Rückbeziehung auf den Anspruch 1 ebenfalls das Merkmal HI1.1.7.
3. Bei den Hilfsanträgen 2, 4 und 5 ist der Anspruch 1 jeweils – anders als beim Anspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1, 3 – nicht auf ein Ausgangsmaterial für eine Polsterumformungsmaschine gerichtet, sondern auf einen Polsterstreifen, der von einer Polsterumformungsmaschine aus einem solchen Ausgangsmaterial umgeformt ist.
4. Die beim Hilfsantrag 3 verbliebenen unabhängigen Ansprüche 1 und 2 entsprechen ihren Gegenständen nach den Ansprüchen 8 und 9 nach Hauptantrag, wobei jedoch anstelle der Rückbeziehung auf den Anspruch 1 nach Hauptantrag dessen Merkmale jeweils aufgenommen wurden.
IV.
Der Nichtigkeitsangriff der Klägerin gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit b) EPÜ auf fehlende Ausführbarkeit der Gegenstände der geltenden Ansprüche 1, 8 und 10 bleibt ohne Erfolg.
Denn das Patent offenbart die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenbarung ist nach ständiger Rechtsprechung gegeben, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs auf Grund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (BGH, Urteil vom 4. Oktober 1979 – X ZR 3/76, GRUR 1980, 166, 168 –Doppelachsaggregat; Urteil vom 11. Mai 2010 – X ZR 51/06, GRUR 2010, 901 Rn. 31 – Polymerisierbare Zementmischung). Dies ist vorliegend der Fall.
1. Denn auch im Hinblick auf die Merkmale M1.1.3 und M1.1.4 wird im Patent die Erfindung ausführbar offenbart: Abs. [0027] PS nennt mögliche Parameter, mit denen erreicht werden kann, dass die Widerstandsfähigkeit der Bahn gegen Abreißen im Bereich der Reihe quer über die Bahn hinweg variiert, nämlich die Art und den Grad der Schwächung sowie Abstand, Größe, Form und Orientierung der geschwächten Bereiche. In den Ausführungsbeispielen ist dies am Beispiel von Perforationen als geschwächten Bereichen erläutert, siehe insbesondere die Figuren 8, 10 und 11 mit zugehöriger Beschreibung in den Absätzen [0028] und [0032] bis [0034].
Es kann dahinstehen, ob das Patent wie von der Klägerin behauptet, nicht lehrt, wie Materialien mit kraftabhängig sich ändernden mechanischen Eigenschaften zu realisieren wären, da dies auch nicht Gegenstand der beanspruchten Erfindung ist, wie bereits zur Auslegung des Merkmals M1.1.4 ausgeführt.
Es kann auch dahinstehen, ob ein Ausgangsmaterial mit einem völlig beliebigen entlang der Reihen geschwächter Bereiche variierenden Parameter in unzulässiger Weise über den Beitrag der Erfindung zum Stand der Technik hinausginge, da dies nicht Gegenstand der beanspruchten Erfindung ist, wie bereits zur Auslegung des Merkmals M1.1.3 ausgeführt.
2. Die Erfindung ist auch hinsichtlich der Merkmale M1.1.5 und HI1.1.7 im Patent ausführbar offenbart: Die Lehre, in den Kantenbereichen der Ausgangsmaterialbahn keine geschwächten Bereiche vorzusehen, ist ohne weiteres umsetzbar.
Die patentgemäß vorgesehene Möglichkeit, das Ausgangsmaterial als fächerförmig gefalteten Stapel mit von Kante zu Kante des Ausgangsmaterials durchgehenden Faltlinien bereitzustellen, steht dem nicht entgegen. Sie führt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu einem Widerspruch, der die erfindungsgemäße Lehre unausführbar machen würde. Denn bei diesen Faltlinien handelt es sich, wie bereits zur Auslegung des Merkmals M1.1.5 ausgeführt, nicht um anspruchsgemäße Reihen geschwächter Bereiche.
Auch die – überdies geringfügigen – Abweichungen der in Zentimetern angegebenen ungefähren Breite des schwächungsfreien Randes im Abs. [0010] PS einerseits und im erteilten Anspruch 3 bzw. im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 andererseits – hier ungefähr 0,5 bis 3,75 cm, dort ungefähr 0,6 bis 3,8 cm – stehen der Ausführbarkeit nicht entgegen, da der Fachmann sich ohnehin, wie bereits zum Verständnis des Merkmals HI1.1.7 erläutert, nach den übereinstimmenden Breitenangaben in der Einheit Inch richtet.
V.
Der von der Klägerin geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit c) EPÜ der unzulässigen Erweiterung des Inhalts der Anmeldung hinsichtlich der Merkmale M1.1, M1.1.5 und M1.1.6 der erteilten Ansprüche 1 und 3 erweist sich ebenfalls im Ergebnis als erfolglos, auch wenn das einschränkende Merkmal M1.1.6 in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbart ist.
Nach Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜG ist ein europäisches Patent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklärten, wenn sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Der danach maßgebliche Inhalt der Anmeldung ist anhand der Gesamtheit der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu ermitteln. Entscheidend ist, was der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend entnehmen kann (BGH GRUR 2015, 573 – Wundbehandlungsvorrichtung; BGHZ 194, 107 Rn. 45 – Polymerschaum).
Hierbei zählt nach ständiger Rechtsprechung nur das als zur Erfindung gehörend offenbart, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen in Gesamtheit ihrer Offenbarung unmittelbar und eindeutig als zu der zum Patent angemeldeten Erfindung gehörend zu entnehmen ist. Danach ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen unmittelbar und eindeutig als Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann (BGH GRUR 2015, 249 – Schleifprodukt; BGHZ 200, 63 Rn. 19 ff. m. w. N. = GRUR 2014, 542– Kommunikationskanal) bzw. als mögliche Ausführungsform (zur Priorität BGH GRUR 2016, 50, Rn. 29 – teilreflektierende Folie).
Eine unzulässige Erweiterung liegt erst vor, wenn der Gegenstand des Patents sich für den Fachmann erst aufgrund eigener, von seinem Fachwissen getragener Überlegungen ergibt, nachdem er die ursprünglichen Unterlagen zur Kenntnis genommen hat, so wenn die Hinzufügung einen technischen Aspekt betrifft, der den ursprünglich eingereichten Unterlagen in seiner konkreten Ausgestaltung oder wenigstens in abstrakter Form nicht als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist (BGH GRUR 2013, 809 – Verschlüsselungsverfahren).
1. Das Merkmal M1.1 des erteilten Anspruchs 1, wonach das Ausgangsmaterial mindestens eine Lage des bahnförmigen Materials enthält, ist in der Anmeldung wörtlich als Teil der erfinderischen Lehre in ihrer allgemeinsten Form offenbart, siehe die OS Seite 2 Zeile 7. Auf derselben Seite ist in Zeilen 18 bis 24 das Merkmal M1.1.5 offenbart, dass ein beispielhaftes Ausgangsmaterial Kantenbereiche aufweisen kann, die frei von geschwächten Bereichen sind, siehe insbesondere Zeilen 23 und 24. Einer Beanspruchung beider Merkmale steht auch nicht entgegen, dass im ursprünglichen Anspruch 8 die von geschwächten Bereichen freien Kantenbereiche im Zusammenhang mit einem mehrlagigen Material beansprucht wurden. Denn nur ein Hinausgehen über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung, nicht schon ein Hinausgehen über den Inhalt der ursprünglichen Ansprüche, ist ein Nichtigkeitsgrund.
2. Das Merkmal M1.1.6 des erteilten Anspruchs 1, wonach mindestens eine Lage des Ausgangsmaterials Papier enthält, ist zwar in der ursprünglichen Anmeldung nicht unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend offenbart. Dies führt jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zur Nichtigkeit des Patents wegen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit c) EPÜ. Denn es handelt sich vorliegend um eine sogenannte „uneigentliche Erweiterung“ des Inhalts der Anmeldung, weil das hinzugefügte Merkmal M1.1.6 den Gegenstand des Anspruchs 1 beschränkt und eine Anweisung zum technischen Handeln konkretisiert, die in den ursprünglich eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart ist (BGH GRUR 2011, 1003 – Integrationselement).
2.1 Insoweit ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentsamts zur sogenannten „unentrinnbaren Falle“ anerkannt, dass auch im Rahmen des Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜG für erteilte EP-Patente sowie auch der beschränkenden Verteidigung von EP-Patenten durch geänderte Patentansprüche (BGH GRUR 2015, 573 – Wundbehandlungsvorrichtung) eine sog. uneigentliche Erweiterung nicht zur Rechtsfolge der Nichtigerklärung bzw. zur Unzulässigkeit der Anspruchsänderung führt, sondern sich nur in einer korrigierenden Prüfung einer zugleich angegriffenen Patentfähigkeit erschöpft, und zwar dergestalt, dass das unzulässig beschränkende Merkmal bzw. dessen Information im Rahmen der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht einschränkend mitgelesen werden darf, während für ein späteres Patentverletzungsverfahren das einschränkende Merkmal den Schutzbereich weiterhin einschränkt (zum nationalen Patent bereits BGH GRUR 2011, 40 - Winkelmesseinrichtung; GRUR 2001, 140 – Zeittelegramm).
Ungeklärt geblieben ist insoweit, ob damit der Bundesgerichtshof bereits den Tatbestand nach Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜG einschränkend auslegt und eine sog „uneigentliche Erweiterung“ insoweit bereits tatbestandsmäßig keinen Nichtigkeitsgrund bildet – auch wenn die „uneigentliche Erweiterung“ wegen Art. 138 Abs. 2 EPÜ zu missbilligen ist - ähnlich beim nationalen Patent wegen § 38 Satz 2 PatG - oder ob insoweit eine Korrektur nur auf der Rechtsfolgenseite erfolgt und deshalb die vom Bundespatentgericht in ständiger Rechtsprechung praktizierte sog. „Disclaimerlösung“ angezeigt wäre. Bekanntlich führt diese Lösung zu einem im Rechtsfolgenausspruch mit einem Zusatz – „Disclaimer“ – gekennzeichneten Urteilstenor als Form einer Beschränkung des Patents und erfolgreichen Angriffs, dem danach auch nicht nur eine klarstellende Funktion zukäme.
Denn nach Ansicht des Senats ist nicht zu verkennen, dass die bisher insoweit ungeklärte Frage der systematischen Zuordnung der „uneigentlichen Erweiterung“ durchaus im Hinblick auf die Rechtsfolgen eines Nichtigkeitsangriffs oder im Einspruchsverfahren von Bedeutung sein kann; so wenn der Angriff auf das Patent ausschließlich auf Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜbkG bzw. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG gestützt ist oder ein gleichzeitiger Angriff fehlender Patentfähigkeit keinen oder nur teilweisen Erfolg hat.
In diesen Fällen muss bei einer bereits auf der Tatbestandsebene vorzunehmenden Korrektur entweder der Angriff wegen unzulässiger Erweiterung des Inhalts der Anmeldung im Falle einer „uneigentlichen Erweiterung“ zu einer (teilweisen) Klageabweisung bzw. Zurückweisung des Einspruchs führen oder – im Falle einer anzunehmenden Korrektur nur auf Rechtsfolgenseite – erscheint eine rechtliche Klärung geboten, ob der (Teil-)erhalt des Patents nicht einer gestaltenden oder zumindest feststellenden Tenorierung bedürfte, welche das Bundespatentgericht konsequenterweise im Wege der „Disclaimerlösung“ und Kennzeichnung des ursprünglich nicht offenbarten einschränkenden Merkmals als Ausdruck einer insoweit nur beschränkten Aufrechterhaltung des Patentanspruchs stets gefordert hat, der Bundesgerichtshof dagegen als nicht erforderlich, aber auch nicht grundsätzlich zu beanstanden gesehen hat, weil dem Zusatz („Disclaimer“) keine rechtsgestaltende und allenfalls eine klarstellende Funktion zukomme (BGH GRUR 2011, 40 - Winkelmesseinrichtung).
Allerdings kann diese Frage nach Ansicht des Senats vorliegend letztlich dahinstehen, da der vorliegende gleichzeitige Nichtigkeitsangriff wegen fehlender Patentfähigkeit zum uneingeschränkten Erfolg der Klage und zur vollumfänglichen Nichtigerklärung des Streitpatents führt.
2.2 Im ursprünglichen Anspruch 7 ist offenbart, dass das Ausgangsmaterial ein Material enthält, ausgesucht aus einer Gruppe bestehend aus Kraftpapier, Kunststoff, bedrucktem Papier, gebleichtem Papier, Zeitungspapier, Recyclingpapier und Kombinationen daraus. Auf Seite 2 Zeile 7 und auch auf Seite 4 Zeilen 22 bis 24 OS ist außerdem offenbart, dass das Ausgangsmaterial einlagig (single-ply) oder mehrlagig (multi-ply) sein kann, wobei in der OS Seite 2 Zeilen 7 bis 13 und Anspruch 1 keinerlei Angaben zum Material enthalten sind.
Dabei kann dahinstehen, ob damit auch ursprünglich offenbart ist, dass im Falle eines mehrlagigen Ausgangsmaterials verschiedene Lagen des Ausgangsmaterials verschiedene Materialien enthalten können. Denn jedenfalls ergibt sich aus der ursprünglichen Anmeldung nicht als zur Erfindung gehörend, dass in diesem Fall mindestens eine Lage des Ausgangsmaterials Papier enthalten muss, wie es Merkmal M1.1.6 fordert.
Diese Forderung nach Merkmal M1.1.6 konkretisiert aber nur die ursprüngliche Offenbarung der weitgefassten erfindungsgemäßen Lehre und führt damit zu einer Einschränkung und nicht zu einer anderen technischen Lehre, einem „Aliud“. Denn die Frage, ob es sich um eine Einschränkung oder um ein "Aliud" handelt, entscheidet sich danach, ob mit der Hinzufügung des Merkmals lediglich eine Anweisung zum technischen Handeln konkretisiert wird, die in den ursprünglich eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart ist, oder ob damit ein technischer Aspekt angesprochen wird, der aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen weder in seiner konkreten Ausgestaltung noch auch nur in abstrakter Form als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist (BGH GRUR 2011, 40 Winkelmesseinrichtung). Mit Merkmal M1.1.6 wird aber nicht mehr und nichts anderes geschützt als durch die ursprüngliche erfindungsgemäße Lehre in ihrer allgemeinsten Form, sondern nur in unzulässiger Weise jenseits der ursprünglichen Offenbarung konkretisiert.
3. Dagegen geht das Merkmal des erteilten Anspruchs 3, wonach mindestens eine Kante des Ausgangsmaterials frei ist von geschwächten Bereichen für ungefähr 0,6 cm bis 3,8 cm (ungefähr 1/4 Inch bis 1 1/2 Inch) entlang jeder Reihe der geschwächten Bereiche, auch hinsichtlich der Maßangabe in Zentimetern nicht über den Inhalt der Anmeldung hinaus:
So ergibt sich hinsichtlich des Teilmerkmals „mindestens eine Kante“ bereits unmittelbar aus Seite 2 Zeilen 20 bis 24, siehe insbesondere Zeile 23, dass es ausreicht, wenn nur mindestens eine Kante frei ist von geschwächten Bereichen.
Bei der Maßangabe „0,6 cm bis 3,8 cm“ handelt es sich um eine korrekte Umrechnung der ursprünglich auf Seite 2 Zeilen 20 bis 24 OS und im Anspruch 4 offenbarten Angabe „1/4 Inch bis 1 1/2 Inch“. Der damit zu bejahenden ursprünglichen Offenbarung dieser nur umgerechneten Maßangabe „0,6 cm bis 3,8 cm“ steht auch nicht entgegen, dass auf Seite 2 Zeile 21 OS auf die dort offenbarte Maßangabe „1/4 Inch bis 1 1/2 Inch“ die in Klammern gesetzte, geringfügig ungenau umgerechnete Angabe „(ungefähr 0,5 cm bis ungefähr 3,75 cm)“ folgt. Denn der Fachmann erkennt hier unmittelbar und eindeutig, dass nicht die in Klammern angegebenen cm-Werte, sondern die auch im Patentanspruch verwendeten Inch-Werte die ursprüngliche erfindungsgemäße Lehre darstellen, auf die es ankommt.
VI.
1. Die Anspruchsfassungen der Hilfsanträge 1 und 3 sind zulässig, insbesondere sind sie – abgesehen von der bereits in den erteilten Ansprüchen enthaltenen uneigentlichen Erweiterung – weder im Hinblick auf den ursprünglichen Inhalt der Anmeldung nach Art. 123 Abs. 2 EPÜ noch im Hinblick auf den Schutzbereich der geltenden Patentansprüche nach Art. 123 Abs. 3 EPÜ unzulässig erweitert.
1.1 Das zusätzliche Merkmal HI1.1.7 bzw. HI9.6 der Ansprüche 1 und 9 nach Hilfsantrag 1, wonach mindestens eine Kante des Ausgangsmaterials frei ist von geschwächten Bereichen für ungefähr 0,6 cm bis 3,8 cm (ungefähr 1/4 Inch bis 1 1/2 Inch) entlang jeder Reihe geschwächter Bereiche, ergibt sich aus dem ursprünglichen Anspruch 4 und dem erteilten Anspruch 3. Aus der korrekten Umrechnung der ursprünglich in der Einheit Inch angegebenen Maße in cm ergibt sich, wie bereits ausgeführt keine unzulässige Erweiterung.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch die Rückbeziehung des aus dem erteilten Anspruch 8 hervorgegangenen Anspruchs 7 nach Hilfsantrag 1 auf den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 nicht deshalb unzulässig, weil der Anspruch 1 nun das Merkmal HI1.1.7 enthält, das aus dem erteilten Anspruch 3 stammt, auf den der erteilte Anspruch 8 nicht rückbezogen war. Denn der erteilte Anspruch 3 war wie auch der ursprüngliche Anspruch 4 aufgrund seiner Rückbeziehung auf den Anspruch 1 auf ein Ausgangsmaterial für eine Polsterumformungsmaschine gerichtet, wodurch die Kombination auch dieses Ausgangsmaterials mit einer Polsterumformungsmaschine unmittelbar und eindeutig offenbart ist. Darüber hinaus ist der Gegenstand des Anspruchs 7 nach Hilfsantrag 1 gegenüber dem erteilten Anspruch 8 durch die Rückbeziehung auf den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 beschränkt. Somit liegt insoweit weder ein Hinausgehen über den Inhalt der Anmeldung oder des Patents noch eine Erweiterung des Schutzbereichs des Patents vor.
Die Ansprüche 2 bis 6 nach Hilfsantrag 1 entsprechen den erteilten Ansprüchen 2 und 4 bis 7.
1.2 Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 entsprechen denen der erteilten Ansprüche 8 und 9. Es wurden lediglich anstelle der Rückbeziehung auf den entfallenen erteilten Anspruch 1 dessen Merkmale in den jeweiligen Anspruch 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 aufgenommen, mit entsprechenden sprachlichen Anpassungen in den Merkmalen M8.1 bzw. M9.1 und M1.1, die nunmehr mit den Merkmalen HII8.1 bzw. HII9.1 und HII1.1 übereinstimmen.
2. Die Anspruchsfassungen der Hilfsanträge 2, 4 und 5 dagegen sind unzulässig, weil mit ihnen ein technischer Aspekt angesprochen wird, der aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen weder in seiner konkreten Ausgestaltung noch auch nur in abstrakter Form als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist, mithin ein „Aliud“ beansprucht wird wie auch der Schutzbereich des Patents nach Art. 123 Abs. 3 EPÜ erweitert wird.
2.1 Anspruch 1 in den Fassungen nach Hilfsantrag 2, 4 und 5 erweist sich als unzulässig, weil er den Schutzbereich des Patents nach Art. 123 Abs. 3 EPÜ erweitert und zudem auf eine andere technische Lehre, ein Aliud, gerichtet ist. Änderungen der Patentansprüche dürfen aber weder zu einer Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung noch dazu führen, dass an die Stelle der angemeldeten oder geschützten Erfindung eine andere gesetzt wird (BGHZ 66, 17 [29] = GRUR 1976, 299 – Alkylendiamine I; BGHZ 110, 123 [125] = GRUR 1990, 432 – Spleißkammer). So ist es aber vorliegend.
Denn der Gegenstand von Anspruch 1 in den Fassungen nach Hilfsantrag 2, 4 und 5 ist nicht wie erteilt auf ein Ausgangsmaterial für eine Polsterumformungsmaschine gerichtet, sondern auf einen Polsterstreifen, der von einer Polsterumformungsmaschine aus einem solchen Ausgangsmaterial umgeformt ist, damit nicht auf ein Ausgangsprodukt, sondern ein bearbeitetes Zwischen- bzw. Endprodukt, und steht damit zum patentierten Gegenstand in einem Ausschließlichkeitsverhältnis (exklusives Aliud). Dieses Endprodukt besitzt zudem auch nach erfolgter Umformung des Ausgangsmaterials zum Polsterstreifen nicht mehr die im Merkmal M1 des erteilten Anspruchs 1 geforderte Eignung, von einer Polsterumformungsmaschine umgeformt zu werden.
Auch aus dem auf ein Verfahren zur Herstellung eines Polsterprodukts gerichteten erteilten Anspruch 9 lässt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsanträgen 2, 4 und 5 als zulässige beschränkende Änderung nicht herleiten, selbst wenn man die Frage vernachlässigt, ob ein Kategoriewechsel von einem Herstellungsverfahren zu einem hergestellten Erzeugnis im Hinblick auf § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG und die Frage einer Erweiterung des Schutzbereichs zulässig ist und unterstellen würde, dass das Erzeugnis durch das Herstellungsverfahren als product by process im engeren Sinne gekennzeichnet wäre (hierzu BPatG Urt. v. 21. September 2010, Az. 3 Ni 12/09 (EU); bejahend Moufang/Schulte PatG, 10. Aufl., § 1 Rn. 180). Denn gegenüber dem erteilten Verfahrensanspruch 9, der auf die Herstellung eines abgetrennten Polsterprodukts gerichtet ist, der also auch das Merkmal M9.3 des Abtrennens eines Polsterprodukts von dem Polsterstreifen umfasst, ist der jeweilige Anspruch 1 nach Hilfsanträgen 2, 4 und 5 auf das Zwischenprodukt eines Polsterstreifens (18) gerichtet und nicht auf das erst daraus durch Abtrennung nach Verfahrensanspruch hergestellte Polsterprodukt. Somit liegt auch gegenüber dem erteilten Anspruch 9 ein Aliud vor.
2.2 Auch der Anspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 5 erweist sich als unzulässig, weil sein Gegenstand durch die Änderung des Merkmals M1.1.5 zum Merkmal HV1.1.5, wonach die im Wesentlichen von geschwächten Bereichen freien Kantenbereiche nunmehr getrennt von jeder Reihe geschwächter Bereiche vorgesehen sind, zu einer anderen technischen Lehre, einem Aliud, führt, und zudem den Schutzbereich des Patents nach Art. 123 Abs. 3 EPÜ gegenüber den erteilten Ansprüchen erweitert.
Da die Reihen geschwächter Bereiche, wie bereits zur Auslegung des Merkmals M1.1.1 ausgeführt, über die gesamte Breite W der Bahn von der einen bis zur gegenüberliegenden Kante verlaufen, bleiben somit als Orte, die gemäß Merkmal HV1.1.5 von den Reihen geschwächter Bereiche getrennt sind, nur noch die Abschnitte zwischen den in Längsrichtung voneinander beabstandeten Reihen übrig. Nur auf diese bezieht sich somit noch die Forderung des Merkmal HV1.1.5 nach im Wesentlichen von geschwächten Bereichen freien Kantenbereichen. Anders als im Merkmal M1.1.5, das durchgehend von geschwächten Bereichen freie Kantenbereiche verlangte, lässt das Merkmal HV1.1.5 damit zu, dass die Reihen geschwächter Bereiche auch geschwächte Bereiche bis hin zu den Bahnkanten umfassen. Somit liegt auch hierdurch ein Aliud gegenüber dem erteilten Anspruch 1 und eine Erweiterung des Schutzbereichs gegenüber den erteilten Ansprüchen vor.
VII.
Der Gegenstand des Patents in den Fassungen nach Hauptantrag und nach den zulässigen Hilfsanträgen 1 und 3 ist nicht patentfähig.
1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist nicht neu gegenüber der Entgegenhaltung D9:
D9 betrifft gemäß dem Titel, den Überschriften der Inhaltsangabe und dem dritten Satz des Abschnitts 4.4.1 Endlosformulare aus bahnförmigem Papier. Solche mindestens eine Lage Papier enthaltende Endlosformulare sind prinzipiell dazu geeignet, von einer Polsterumformungsmaschine umgeformt (z. B.: zerknüllt) zu werden. Das entspricht den Merkmalen M1, M1.1 und M1.1.6.
D9 offenbart im ersten Aufzählungspunkt des Abschnitts 4.4.1 weiterhin Querperforationen zum Trennen der Papierbahn in einzelne Formulare und zum Ablegen in einem Zick-Zack-gefalteten Stapel. Das entspricht den Merkmalen M1.1.1 und M1.1.2.
Gemäß dem Abschnitt 4.4.2, siehe den dritten Aufzählungspunkt auf Seite 15, sollen die Perforationen so angebracht werden, dass an beiden Außenkanten stets mit mindestens einer vollen Stegbreite begonnen wird, um einem unbeabsichtigten Einreißen des Blattes während der Verarbeitung vorzubeugen. Dabei ist mit der Forderung nach „mindestens“ einer vollen Stegbreite unmittelbar offenbart, an beiden Außenkanten mehr als eine volle Stegbreite vorzusehen. Das entspricht den noch verbleibenden Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag, M1.1.3, M1.1.4 und M1.1.5.
2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ist zwar durch die D9 weder vorweggenommen noch nahegelegt, er ergibt sich aber naheliegend ausgehend von der Lehre der Entgegenhaltung D5.
2.1. Wie ausgeführt, steht die Entgegenhaltung D9 dem Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 nicht entgegen:
Für die Frage der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ist entscheidend, um welche Leistung der Stand der Technik bereichert wird, was die Erfindung also gegenüber diesem tatsächlich leistet (BGH GRUR 2009, 382 – Olanzapin; BGH GRUR 2009, 1039 – Fischbissanzeiger; BGH GRUR 2003, 693 – Hochdruckreini-ger), wobei verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein können und zu fragen ist, ob der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu ändern.
Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß die technische Entwicklung nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr oder weniger zwangsläufig darstellen und es – abgesehen von denjenigen Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist – in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür bedarf, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH GRUR 2009, 746 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).
Insoweit ist für die Beurteilung der Lehre des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 zunächst festzustellen, dass die Lehre der D9, die Perforationen so anzubringen, dass an beiden Außenkanten stets mit mindestens einer vollen Stegbreite begonnen wird, zwar mehr als eine volle Stegbreite offenbart, nicht aber ein Vielfaches einer Stegbreite, die gemäß dem Abschnitt 4.4.2 der D9, dort als Steglänge bezeichnet, im Bereich von 0,8 bis 1,2 mm liegen soll.
Die mit dem Merkmal Hl1.1.7 konkretisierte Lehre, den Steg an der Papierkante wesentlich breiter als eine normale Perforationsstegbreite auszuführen, ergab sich für den nach einer Problemlösung suchenden Fachmann ausgehend von der ein Druckerpapier betreffenden D9 auch nicht in naheliegender Weise. Vielmehr zog der Fachmann – hier ein für die Perforation von Druckerpapier in Form von in Stapeln abzulegenden Endlosformularen zuständiger Fachmann – breitere Stege an der Papierkante nicht in Betracht, weil wesentlich breitere Perforationsstege zu unsauberen Faltungen und damit zu Ablageschwierigkeiten im Stapel führen. Die ebenfalls Druckerpapier betreffende Entgegenhaltung D12 nennt beispielsweise in Spalte 2 Zeilen 6 bis 12 eine Obergrenze von 1,4 mm für saubere Faltungen. So heißt es dort: „Ist hingegen der Papiersteg oder Schnitt am Anfang/Ende der Perforationslinie breiter als ca. 1,4 mm, oder ist die Perforation durch die Messerleiste nicht sauber erzeugt worden, kann das Endlospapier seine für die Z-Faltung erforderliche ideale Faltlinie nicht finden. Der Falz kann so außerhalb der theoretischen Faltlinie entstehen. Spannungen im Papierstapel sind die Folge, welche zu Schrägstapeln führen.“
Dabei kommt es nicht darauf an, ob dies zum Wissen des Fachmanns zählt, oder er die D12 hinzuzieht. Denn auch wenn unterstellt wird, ein Fachmann, dem dieser Zusammenhang nicht bekannt sei, würde breitere Stege an den Papierkanten erproben, so würde dies zu den genannten unsauberen Faltungen und Ablageschwierigkeiten im Stapel führen und ihn somit von breiteren Stegen abhalten.
Der Fachmann gelangte deshalb ausgehend von D9 nicht naheliegend zu einem von Schwächungen freien Kantenbereich mit einer Breite von mindestens ungefähr 0,6 cm bzw. mindestens ungefähr 1/4 Inch, wie von Merkmal HI1.1.7 gefordert.
2.2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ergibt sich in naheliegender Weise aus der Lehre der D5:
Die D5 betrifft gemäß dem Titel und Spalte 1 Zeilen 24 bis 26 ein bahnförmiges, mindestens eine Lage Papier enthaltendes Material, das beispielsweise Einwickelpapier/Packpapier (wrapping paper) sein kann. Solches Einwickelpapier ist prinzipiell dazu geeignet, von einer Polsterumformungsmaschine umgeformt (z. B.: zerknüllt) zu werden. Das entspricht den Merkmalen M1, M1.1 und M1.1.6.
Gemäß D5 Spalte 1 Zeilen 13, 14 sowie Fig. 1 mit Beschreibung in Spalte 5 Zeilen 3 bis 11 und 21 bis 28 sind quer zur Bahn verlaufende Perforationslinien, d. h. Reihen geschwächter Bereiche, zum Abtrennen einzelner Blätter von der Bahn vorgesehen. Das entspricht den Merkmalen M1.1.1 und M1.1.2.
Die D5 lehrt weiter, siehe Spalte 3 Zeilen 23 bis 29, die Perforationslinie in verschiedene Bereiche zu unterteilen. Diese unterscheiden sich durch die Längen der Perforationsschnitte und der zwischen den Perforationsschnitten verbleibenden Perforationsstege, in D5 „zerbrechliche Bereiche“ (frangible portions) genannt. Ein Bereich, in dem das Trennen beginnen soll (separation initiation region), kann dabei schmalere Stege aufweisen. Das entspricht den Merkmalen M1.1.3 und M1.1.4.
Figur 8 der D5 zeigt beispielhaft eine Perforationslinie, die in fünf Bereiche J bis N unterteilt ist. Diese können gemäß Spalte 7 Zeilen 38 bis 40 symmetrisch oder asymmetrisch zur Breite der Papierbahn angeordnet sein. In diesem Ausführungsbeispiel verläuft die Perforationslinie über die gesamte Breite der Papierbahn, siehe auch Spalte 7 Zeilen 34 bis 36. An anderer Stelle wird jedoch auch die Möglichkeit genannt, verkürzte Perforationslinien vorzusehen, siehe Spalte 5 Zeilen 27 bis 36. Der Fachmann gelangt somit durch eine Auswahl aus diesen ausdrücklich genannten Alternativen ohne erfinderisches Zutun, nämlich indem er eine verkürzte Perforationslinie vorsieht und diese symmetrisch anordnet, auch zu einer Papierbahn mit von geschwächten Bereichen freien seitlichen Kantenbereichen entsprechend dem Merkmal M1.1.5 und somit bereits zu sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag.
Wie in Spalte 7 Zeilen 12 bis 23 angegeben, kann die Breite (width T) der Perforationsstege (frangible portions) im Bereich von 0,3 bis 1,8 mm liegen, wobei die Perforationsstege einen Anteil von 10 bis 30 % der Perforationslinie ausmachen. Daraus ergibt sich eine Gesamtlänge für einen Perforationssteg und einen Perforationsschnitt von 0,1 bis 1,8 cm. Der Fachmann gelangt so durch eine bloße Auswahl aus den gegebenen Bereichen zu einer Gesamtlänge von beispielsweise mehr als 0,3 cm.
Zum Kürzen der Perforationslinie ergibt es sich zwanglos, im Kantenbereich jeweils einen oder mehrere Perforationsschnitte wegzulassen. Schon durch Weglassen eines Schnittes entsteht somit ein seitlicher Kantenbereich, der für ungefähr die Gesamtlänge eines Perforationssteges und eines Perforationsschnittes – beispielsweise für mehr als 0,3 cm – frei ist von geschwächten Bereichen. Der Fachmann gelangt somit ohne erfinderisches Zutun auch zum Merkmal HI1.1.7 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1.
3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau der Entgegenhaltungen D0 und D11.
3.1 Sowohl die Entgegenhaltung D9 als auch die D5 stehen allerdings den Ansprüchen 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 nicht entgegen:
D9 betrifft Druckerpapier, d.h. zum Bedrucken vorgesehenes Papier, in Form perforierter bahnförmiger Endlosformulare. D9 enthält keinen Hinweis darauf, dieses Druckerpapier mit einer Polsterumformungsmaschine zu einem Polsterprodukt umzuformen.
Der Hinweis der Klägerin, auch die Streitpatentschrift nenne im Abs. [0018] unter anderem Zeitungsdruckpapier (news print) als Material, das in einer streitpatentgemäßen Ausgangsmaterialbahn enthalten sein könne, ändert daran nichts.
Das in D5 offenbarte bahnförmige Material ist dazu vorgesehen, von einem Spender (dispensing system) ausgegeben zu werden. Auch der Spender selbst ist Gegenstand der Lehre der D5, siehe Spalte 1 Zeilen 13, 14. Als Aufgabe ist dabei in Spalte 2 Zeilen 24 bis 27 angegeben, die Zuverlässigkeit zu verbessern, so dass der Benutzer stets ein einzelnes, völlig intaktes Blatt erhält, das entlang der Perforationslinie sauber und vollständig von der verbleibenden Bahn abgetrennt ist.
D5 enthält keinen Hinweis darauf, das offenbarte bahnförmige Material mit einer Polsterumformungsmaschine zu einem Polsterprodukt umzuformen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Entgegenhaltung D5 stehe auch den Ansprüchen 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 entgegen, denn der in D5 beschriebene Spender sei eine Polsterumformungsmaschine im Sinne des Streitpatents. Das ergebe sich daraus, dass gemäß der D5, siehe Fig. 7 und Spalte 15 Zeilen 25 bis 27, vorgesehen sei, den Spender mit einem verengten Auslass mit einer Breite S von nur 20 % bis 90 % der Papierbahnbreite W vorzusehen. Bei einer Auslassbreite von nur 20 % der Papierbahnbreite werde das Papier jedoch unweigerlich dreidimensional umgeformt und zerknittert.
Diese Argumentation übersieht jedoch, dass die Lehre der D5 gemäß Spalte 2 Zeilen 24, 25, die Aufgabe lösen soll, das auszugebende Material und den Spender so zu verbessern, dass der Benutzer stets ein völlig intaktes Blatt (fully intact sheet) erhält. Dementsprechend entnimmt der Fachmann der von der Klägerin angegebenen Textstelle gerade nicht, den Auslass mit einer Breite S von 20 % der Papierbahnbreite W vorzusehen, sondern vielmehr die Breite des Auslasses S im angegebenen Bereich von 20 % bis 90 % der Papierbahnbreite W so zu wählen, dass der Benutzer stets ein völlig intaktes Blatt – und nicht etwa ein zerknittertes Blatt – erhält, wie in Fig. 6 dargestellt.
Im Übrigen wird auch, wenn, wie von der Klägerin weiterhin ausgeführt, vor dem Anmeldetag des Streitpatents bekannt war, Packpapier zu zerknüllen um damit beim Verpacken von Gegenständen Hohlräume auszustopfen, dadurch ebenfalls keine Beziehung zwischen dem in D5 offenbarten bahnförmigen Material mit quer zur Bahn verlaufende Perforationslinien und einer Polsterumformungsmaschine hergestellt.
3.2 Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 ergeben sich jedoch für den Fachmann in naheliegender Weise aus den Entgegenhaltungen D0 als weiterzubildender Stand der Technik und D11.
3.2.1 Die Entgegenhaltung D0 betrifft gemäß Spalte 1 Zeilen 6 bis 9 die Herstellung eines Polsterprodukts aus einem Ausgangsmaterial für eine Polsterumformungsmaschine mittels einer Polsterumformungsmaschine.
Als Ausgangsmaterial ist, siehe Spalte 1 Zeilen 40 bis 42 und 59 bis 67, ein- oder mehrlagiges bahnförmiges Papier vorgesehen. Dieses wird von der Polsterumformungsmaschine in einen Polsterstreifen vergleichsweise geringerer Dichte umgeformt, siehe Spalte 3 Zeilen 6 bis 11. Von diesem Polsterstreifen werden jeweils entlang von Reihen geschwächter Bereiche in Form von Perforationslinien einzelne Polsterprodukte abgetrennt, siehe Spalte 2 Zeilen 47 bis 52. Das entspricht den Merkmalen HII8.1, HII1.1, M1.1.6, M8.2, M8.2.1 und M8.2.2 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 und den Merkmalen M9, HII9.1, HII1.1, M1.1.6, M9.2 und M9.3 des Anspruchs 2 nach Hilfsantrag 3.
D0 schlägt vor, entweder die Perforationslinien nach dem Umformen des
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen
Ausgangsmaterials zum Polsterstreifen anzubringen, siehe Spalte 3 Zeilen 11 bis 14 und die entsprechende Vorrichtung 25 in Fig. 1, 2, beschrieben in Spalte 4 Zeilen 25 bis 32, oder alternativ dazu ein vorperforiertes bahnförmiges Ausgangsmaterial (pre-perforated sheet stock material) mit quer zur Bahnrichtung verlaufenden Perforationslinien zu verwenden, wie in Fig. 6A dargestellt und in Spalte 6 Zeilen 5 bis 14 beschrieben. Die letztere Alternative entspricht auch den Merkmalen M1.1.1 und M1.1.2 der Ansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 3.
Auf die Ausführung der Perforationslinien wird in der Beschreibung der D0 nicht weiter eingegangen. Die Fig. 6A zeigt von einer Bahnkante bis zur anderen durchgehende Perforationslinien. Die Merkmale M1.1.3, M1.1.4 und M1.1.5 der Ansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 sind daher in D0 nicht offenbart. Sie ergeben sich jedoch ohne erfinderisches Zutun bei der praktischen Umsetzung der Lehre der D0:
Die D0 geht von einer Polsterumformungsmaschine 10 aus, bei der das bahnförmige Ausgangsmaterial von einer Zufuhreinheit 15 der Umformungseinheit 20 zugeführt wird, wie in der Fig. 1 der D0 wiedergegeben und Spalte 4 Zeilen 22 bis 28 ausgeführt wird.
3.2.2 Der Fachmann, der von dem Stand der Technik auf dem Gebiet dieses speziellen Typs von Polsterumformungsmaschinen der D0 ausging, und ein nach der Lehre der D0 vorperforiertes Ausgangsmaterial in der Polsterumformungsmaschine verarbeiten wollte, sah sich vor das Problem gestellt, dass eine Kantenspannung in einer Höhe, die selbst bei nicht vorperforiertem Ausgangsmaterial zu Rissen führen kann, bei einem bereits mit quer über die Bahn verlaufenden Perforationslinien versehenen und dadurch geschwächten Ausgangsmaterial zu einem vorzeitigen Abreißen der Bahn und einem Verstopfen der Polsterumformungsmaschine führen kann.
Aus der D11, die den gleichen speziellen Typ von Polsterumformungsmaschinen betrifft, war dem Fachmann bekannt, dass die Kantenbereiche des bahnförmigen Ausgangsmaterials bei der Zufuhr einen weiteren Weg zurücklegen als dessen mittlerer Bereich, siehe in D11 Spalte 2 Zeilen 9 bis 18 und Spalte 6 Zeilen 27 bis 35 in Verbindung mit Fig. 2 der D11, in der die Kantenbereiche 99 und der mittlere Bereich 98 eingezeichnet sind. Dadurch entsteht im Kantenbereich Spannung („edge tension“), die selbst bei nicht vorperforiertem Ausgangsmaterial, wie in D11 vorgesehen, zu kontinuierlichen Rissen führen kann, die wiederum die Umformung in ein akzeptables Polsterprodukt verhindern, siehe in D11 Spalte 2 Zeilen 18 bis 24.
Wie in D11 weiter ausgeführt wird, konnte diese Kantenspannung zwar durch Änderungen an der Polsterumformungsmaschine eliminiert werden, dies führte jedoch zu nicht zufriedenstellenden Polsterprodukten, siehe D11, Spalte 2 Zeilen 24 bis 38. Daraus wird in D11 der Schluss gezogen, dass eine gewisse Kantenspannung erforderlich sei, siehe Spalte 2 Zeilen 38 bis 43.
In D11 wird vorgeschlagen, eben nicht die Kantenspannung soweit zu reduzieren, dass keine Risse im Kantenbereich mehr auftreten, sondern als Kantenspannungs-Steuervorrichtung 31 eine Umlenkrolle 100, über die das Ausgangsmaterial geführt wird, mit im Durchmesser verringerten Bereichen („sagging gaps“) 106 dicht neben den Außenkanten der Rolle zu versehen, in die nach einer etwaigen Rissbildung der Kantenbereich der Ausgangsmaterialbahn hineinsackt, so dass die Kantenspannung vorübergehend verringert wird und dadurch die Rissbildung gestoppt werden kann, siehe Spalte 6 Zeile 56 bis Spalte 7 Zeile 49.
Dieser Vorschlag der D11, die Ausgangsmaterialbahn mit so hoher Kantenspannung zuzuführen, dass selbst bei nicht vorperforiertem Ausgangsmaterial Risse im Kanterbereich auftreten, war – für den Fachmann offensichtlich – auf Ausgangsmaterial mit quer durchgehenden Perforationslinien gemäß D0 nicht anwendbar, da bei diesem durch die Perforationslinien geschwächten Ausgangsmaterial ein vorzeitiges Abreißen entlang der Perforationslinien ausgehend von den spannungsbelasteten Kantenbereichen zu erwarten war.
Da, wie dem Fachmann aus D11 bekannt war, eine Verringerung der Kantenspannung nicht in Frage kommt, weil sie zu nicht zufriedenstellenden Polsterprodukten führt, kamen entsprechende Änderungen an der Polsterumformungsmaschine zur Lösung des Problems eines Abreißens der Ausgangsmaterialbahn nicht als erfolgversprechend in Frage.
Weil andererseits die Perforationen gemäß der Lehre der D0 ausdrücklich dazu vorgesehen sind, ein Abreißen der Bahn zu ermöglichen und auch die weiterzubildende Lehre ein solches Abreißen weiterhin ermöglichen sollte, lag es für den Fachmann auf der Hand, der Lehre der D11 folgend, dass lediglich die Kantenbereiche der Bahn spannungsbelastet und somit rissgefährdet sind, diese Anregung zur Problemlösung aufzunehmen und nur in den Kantenbereichen keine Perforation vorzusehen. Diese Erkenntnis und damit die erfindungsgemäße Problemlösung ergab sich für den Fachmann deshalb nach Überzeugung des Senats ohne erfinderisches Zutun, sie musste sich ihm geradezu aufdrängen.
Auch die Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, sondern bestätigt, dass der im Streitpatent genannte Ausgangspunkt eines weiterzubildenden Standes der Technik von Polsterumformungsmaschinen, welche die beschriebenen Probleme hatten, und wie in Absätzen [0006] und [0007] des Streitpatents beschrieben, unansehnliche Polsterprodukte erzeugten oder beim Betrieb verstopften. Sie hat weiterhin die Auffassung geteilt, dass dementsprechend auch der Fachmann aus dem Bereich der Polsterumformung zu bestimmen und die Aufgabe zu lösen sei, ein vorzeitiges Abreißen des Ausgangsmaterials oder ein Verstopfen der Maschine zu verhindern, auch wenn der im Streitpatent genannte Stand der Technik nicht im Kontext mit dieser Problemstellung stehe; es habe aber unterschiedliche Lösungen gegeben; so könne man das Papier langsamer laufen lassen, wie in der D3 könne die Maschine intern verbessert oder anderes, besseres Ausgangsmaterial verwendet werden.
Diese Argumentation steht der Annahme nicht entgegen, dass die erfindungsgemäße Lösung dem Fachmann aus den dargelegten Gründen nahegelegt war, zumal die Beklagte für die von ihr alternativ beschriebenen Lösungen keine sich anbietenden nahegelegten und erfolgversprechenden konkreten Lösungsmittel genannt hat; hierauf kommt es aber bereits deshalb nicht an, weil eine oder mehrere sich anbietende Alternativlösungen als solche der Annahme nicht entgegenstehen, dass die Suche der Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung sich aus den angegebenen Gründen als eine naheliegende Lösung erwies. So ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass selbst bei einer Anzahl überschaubarer alternativer Lösungsansätze, von denen jede spezifische Vor- und Nachteile hat, und die sich als gleichwertige, ebenso vorzugswürdige Alternativen darstellen, in der Regel für den Fachmann Anlass besteht, jeden dieser Lösungsansätze in Betracht zu ziehen (BGH GRUR 2012, 261 – E-Mail via SMS), und dass das Beschreiten eines jeden von mehreren unterschiedlichen Wegen zur Problemlösung naheliegen kann (BGH GRUR 2015, 356 – Repaglinid). Dies gilt vorliegend insbesondere auch deshalb, weil der Fachmann aus den genannten Gründen gerade in der Weiterbildung der Perforierung des Papiers eine Lösung erkannte, die mit hoher Erfolgserwartung eine funktionierende und auch kostengünstige Lösung seines Problems darstellte (BGH GRUR 2012, 803 – Calcipotriol-Monohydrat).
Im Übrigen war es, nachdem der angesprochene Fachmann aufgrund seiner eigenen Sachkunde erkannte, dass das Abreißen der perforierten Papierbahn durch Maßnahmen an der Papierbahn und nicht durch eine Weiterbildung der Polsterumformungsmaschine verhindert werden musste, auch für den angesprochenen Verpackungstechnik-Fachmann naheliegend, sich näher mit dem Ausgangsmaterial und der Art und Bedeutung von Perforierungen im Allgemeinen zu befassen und zu informieren oder einen Spezialisten hinzuziehen (BGH GRUR 2010, 41 – Diodenbeleuchtung). Das schloss auch die Information mit ein, wie Perforationslinien an Papierbahnen für andere Anwendungen ausgeführt werden. Er stieß so auf die D9, auch wenn sich diese mit Endlosformularen beschäftigt, und gelangte auch auf diesem Weg ohne erfinderisches Zutun zu den Merkmalen M1.1.3, M1.1.4 und M1.1.5, wie zum Anspruch 1 nach Hauptantrag ausgeführt, und damit zur Lehre der Ansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 3.
VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.