Entscheidungsdatum: 11.10.2016
Bioreaktor
1. Die Beurteilung des Offenbarungsgehalts stellt eine Rechts- und nicht eine Tatsachenfrage dar und unterliegt deshalb einer rechtlich-nomativen Bewertung, so dass die Bedeutung des technischen Merkmals für die Erfindung in die Bewertung des Offenbarungsgehalts einzubeziehen ist.
2. Für ein Merkmal, das im Hinblick auf die beanspruchte technische Lehre beliebig ist oder hierzu keinen wesentlichen Beitrag leistet, muss deshalb nicht zwangsläufig derselbe Maßstab gefordert werden, wie für ein Merkmal, welches erfindungswesentlich ist oder gar eine Auswahlerfindung begründet.
In der Patentnichtigkeitssache
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…
betreffend das deutsche Patent 10 2005 012 515
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Engels, der Richterin Kopacek, der Richter Dipl.-Phys. Univ. Dr. Müller, Dipl.-Ing. Veit und der Richterin Dipl.-Phys. Univ. Zimmerer für Recht erkannt:
I. Das deutsche Patent 10 2005 012 515 wird für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Patents DE 10 2005 012 515 (Streitpatent), das am 16. März 2005 angemeldet worden ist und eine „Beleuchtungseinrichtung und Verfahren zur Beleuchtung für die Kultivierung von phototrophen Zellkulturen in Bioreaktoren“ betrifft. Das Streitpatent umfasst 9 Patentansprüche, die sämtlich angegriffen sind.
Die Patentansprüche 1 und 5 lauten:
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, das Streitpatent offenbare die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne (§§ 21 Abs. 1 Ziff. 2, 22 PatG). Zudem beruhe das Streitpatent auf einer unzulässigen Änderung gegenüber der dem Streitpatent zugrunde liegenden deutschen Patentanmeldung (§§ 21 Abs. 1 Ziff. 4, 22 PatG). Ferner sei die Lehre des Streitpatents nicht patentfähig (§§ 21 Abs. 1 Ziff. 1, 22 PatG).
Die Klägerin hat mit der Klageschrift folgende, im Streitpatent zum Stand der Technik genannte Schriften vorgelegt:
K9 DE 102 35 138 B4
K10 DE 44 23 302 C1
K11 DE 44 16 069 C2
K12 DE 102 16 645 A1
K13 DE 199 16 597 A1
K14 WO 01/88434 A1.
Darüber hinaus legt sie folgende Dokumente zum Stand der Technik vor:
K16 E1 DE 43 06 265 A1
K17 E2 US 6 357 893 B1
K18 E3 US 2002/0154504 A1
K19 E3a Jao, R.C. and Fang W.2003. An adjustable light source for photo-phyto related research and young plant production. Aplied Engineering in Agriculture. Vol. 19 (5): 601-608
K20 E3b Jao, R.C. and Fang W.2004. Effects of frequency and duty ratio on the growth of potato plantlets in vitro using light-
emitting diodes. HortScience. Vol. 39 (2): 375-379.
K21 E4 DE 10 2004 019 049 A1
K22 E5 DE 10 2005 059 362 A1
K23 E6 WO 02/14539 A1
K24 E6a Kostov, Y., Harms, P., Randers-Eichhorn, L., Rao, G. 2001.
Low cost microbioreactor for high throughput bioprocessing.
Biotechnol. Bioeng. Vol 72 (3) 346-352.
E7 WO 01/88434 A1
K25 E8 WO 99/10867 A1
K26 E9 EP 1 479 286 A1
K27 E11 US 5 961 201 A.
Die Klägerin macht geltend, dass eine unzureichende Offenbarung der Ausführbarkeit der patentgemäßen Lehre vorliege, da im Ergebnis für den Fachmann nicht bestimmbar sei, wann er im beanspruchten Bereich arbeite und wann nicht. Zudem sei durch die Aufnahme des Worts „jeweils“ in Patentanspruch 1 der Inhalt der Anmeldung unzulässig erweitert wie auch die Beleuchtungsmatrix nicht Gegenstand der unabhängigen Verfahrensansprüche gewesen sei. Darüber hinaus seien sämtliche Patentansprüche sowohl des neuen Hauptantrags als auch des Hilfsantrags sowie die weiterhin hilfsweise verteidigten Ansprüche der erteilten Fassung nicht patentfähig. Anspruch 1 nach Hauptantrag sei nicht neu insbesondere gegenüber E3 und E3a, wobei sich letztere auch auf die Beleuchtung von Zellkulturen beziehe. Dort werde auf einen Algenphotobioreaktor hingewiesen, für den in Bezug auf die Farben rot und grün unterschiedliche Algen (Rot-, Grün- und Braunalgen) von Bedeutung seien, was klar für eine Beschäftigung mit photobiologischer Zellforschung spreche. Die E3a offenbare zudem eine gleichmäßige Ausleuchtung und eine freie Auswählbarkeit der LEDs. Wenn die Beklagte im Hilfsantrag in Merkmal M3a den Begriff „umfassen“ verwende, seien davon auch LEDs erfasst, die lediglich die genannten Spektralbereiche rot und grün umfassten, hierauf aber nicht beschränkt seien. Im Übrigen sei dieses Merkmal so nicht offenbart, da die Farbkombination im Zusammenhang mit einem Ansteuerungsmodus in Bezug auf die konkret benannte Kombination mit 4 LEDs angesprochen sei. Da die Farbauswahl in das Belieben des Fachmanns gestellt sei, könne sie keine erfinderische Tätigkeit begründen.
Die Klägerin beantragt,
das deutsche Patent 10 2005 012 515 in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit dem in der mündlichen Verhandlung am 11. Oktober 2016 eingereichten Haupt- und Hilfsantrag verteidigt wird (vgl. Anlage 2 zum Protokoll),
ferner hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent in der erteilten Fassung verteidigt wird,
ferner hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit den Verfahrensansprüchen 5 bis 9 nach Hauptantrag verteidigt wird,
ferner hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit den Verfahrensansprüchen 5 bis 9 erteilter Fassung verteidigt wird.
Sie tritt der Argumentation der Klägerin in allen Punkten entgegen und erachtet die Nichtigkeitsklage für unbegründet.
Die von der Klägerin für die mangelnde Neuheit und fehlende erfinderische Tätigkeit in Bezug auf Anspruch 1 des Streitpatents erörterten Schriften E3 und E3a beträfen nicht phototrophe Zellkulturen, sondern die Massenaufzucht von Pflanzen, wobei die E6 belege, dass die Aufzucht der Zellkulturen im Unterschied zu Pflanzen außerhalb des Organismus erfolge. Eine Zellkultur sei auch keine Gewebekultur. Die E3a betreffe die Verwendung von Pflanzen und Zellen in lebenden Organismen und nicht Zellkulturen. Auch sei das Merkmal M6 der gleichmäßigen Ausleuchtung nicht in E3a offenbart. Aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzung bestehe deshalb für den Fachmann keine Veranlassung, diese Schrift ohne rückschauende Betrachtung heranzuziehen.
Der Senat hat den Parteien einen frühen gerichtlichen Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG zugeleitet. Auf den Hinweis vom 24.02.2016 (Bl. 232 ff. der Akten) wird Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Die Klage ist zulässig und begründet, da sich der Gegenstand des Streitpatents im Umfang sämtlicher Ansprüche sowohl in den jeweiligen Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsantrag als auch in der hilfsweise verteidigten erteilten Fassung als nicht patentfähig erweist, so dass das Streitpatent im angegriffenen Umfang für nichtig zu erklären ist, §§ 21 Abs. 1 Ziff. 1, 22 PatG.
I.
Nach den Angaben in der Streitpatenschrift betrifft das Streitpatent eine Beleuchtungseinrichtung für Bioreaktoren, insbesondere für Inkubatoren zur Kultivierung von phototrophen Zellkulturen, im Wesentlichen bestehend aus einer Mehrzahl von ansteuerbaren Lichtquellen, die Licht unterschiedlicher Spektralbereiche abstrahlen (vgl. in der Streitpatentschrift den Absatz [0001]).
Die Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren zur variablen Beleuchtung für die Kultivierung von phototrophen Zellkulturen in Bioreaktoren, insbesondere in Inkubatoren, mit einer eine Mehrzahl von Licht unterschiedlicher Spektralbereiche abstrahlenden Lichtquellen aufweisenden Beleuchtungseinrichtung (vgl. den Absatz [0002]).
Neben den Umgebungsbedingungen, wie z. B. Temperatur, Feuchtigkeit, CO2, besitzt die Beleuchtung für das Wachstum von phototrophen Zellkulturen eine entscheidende Rolle. Zur Beleuchtung werden hier nur einfache Beleuchtungseinrichtungen aus herkömmlichen Lichtquellen, wie Glühlampen, Standard-Neonröhren oder Neonröhren mit angepasstem Wellenlängenbereich benutzt. Diese Lichtquellen bieten allerdings nur das jeweilige Spektrum an und lassen sich nur durch den Einbau anderer Röhren oder Glühlampen begrenzt variieren. Eine freie Einstellung oder Auswahl von spektralen Bereichen für die individuelle Beleuchtung von phototrophen Zellkulturen in Bioreaktoren bzw. Inkubatoren oder Inkubationsschränken ist bisher mit vertretbarem Aufwand nicht möglich (vgl. Absatz [0003]).
Aus der DE 102 35 138 B4 ist eine Beleuchtungseinrichtung für einen Inkubator zur lichtabhängigen Kultivierung von Phytoplankton bekannt. Mit der bekannten Beleuchtungseinrichtung werden Lichtgradienten und unterschiedliche Lichtfluktuationen simuliert. Dabei sind die Lichtquellen der Beleuchtung auswechselbar und als monochromatische Lichtquellen ausgestaltet. Die Lichtquellen der Beleuchtung sind dabei einzeln zuschaltbar (vgl. Absatz [0004]).
Nachteilig bei der bekannten Beleuchtungsvorrichtung sei, dass immer nur Lichtquellen des gleichen spektralen Bereiches verwendet würden und ein Auswechseln der Lichtquellen relativ aufwendig sei (vgl. den Absatz [0005]).
Weiterhin ist aus der DE 44 23 302 C1 eine Vorrichtung zur Einkopplung von Strahlungsenergie in einen Photoreaktor bekannt. Zum Einkoppeln von Licht in einen Bioraktor bzw. Photoreaktor wird dabei eine holographische Vorrichtung vorgeschlagen, die für unterschiedliche Wellenlängen unterschiedliche Brennweiten aufweist. Auf diese Weise kann ein Bioreaktor, der für die Photosynthese eine bestimmte ausgewählte Wellenlänge benötigt, in der betreffenden Distanz von der holographischen Vorrichtung angeordnet werden (vgl. Absatz [0006]).
Nachteilig bei dieser bekannten Beleuchtungseinrichtung sei, dass sie wegen ihrer holographischen Ausbildung relativ aufwendig und kostenintensiv ist. Zum anderen müsse bei unterschiedlichen Wellenlängen eine unterschiedliche Distanz verwendet werden, was sich zwangsläufig, je nach Abstand, in unterschiedlichen Beleuchtungsstärken bemerkbar mache (vgl. Absatz [0007]).
Aus der DE 44 16 069 C2 ist eine Beleuchtungseinrichtung für Bioreaktoren, insbesondere für Inkubatoren zur Kultivierung von phototrophen Zellkulturen bekannt. Die bekannte Beleuchtungsvorrichtung weist einen oder mehrere seitlich abstrahlende Lichtwellenleiter mit glatter Oberfläche in dem Behälter auf. Der Lichtwellenleiter ist aus dem Verschlussdeckel des Behälters herausgeführt und extern mit einem Leuchtkörper in Verbindung gebracht, dessen Licht in den Lichtwellenleiter eingekoppelt wird. Das Licht, die Lichtintensität sowie die Spektralverteilung des Lichtes, das in den Lichtwellenleiter eingekoppelt wird, sind variierbar (vgl. Absatz [0008]).
Nachteilig bei einer derartigen Beleuchtungseinrichtung sei, dass naturgemäß bei solchen seitlich abstrahlenden Lichtleitern die Abstrahlungsintensität sich über die Länge des Lichtleiters verringert (vgl. Absatz [0009]).
Weiterhin ist aus der DE 102 16 645 A1 eine Beleuchtungsanordnung, welche Lichtquellen aufweist, die Licht mit unterschiedlichen Spektraleigenschaften abgeben, bekannt [vgl. den Absatz [0010]).
Nachteilig bei der bekannten Beleuchtungsanordnung sei, dass zur Erzielung von Licht mit einer einheitlichen Lichtfarbe bzw. zur Vermeidung von Farbschatten eine Mischeinrichtung notwendig ist. Die Mischeinrichtung ist dabei als eine lichtreflektierende oder eine lichtbrechende Einrichtung ausgebildet, welche das Licht von verschiedenen Lichtquellen einander überlagert (vgl. Absatz [0011]).
Aus der DE 199 16 597 A1 ist ein Photobioreaktor bekannt, welcher einen Reaktorraum aufweist, der eine Oberflächenvergrößerung aufweist, die größer als eine gradflächige umhüllende Fläche eines Volumens ist. Die Oberflächenvergrößerung soll dabei zu einer besseren räumlichen Verteilung des Lichts über den Reaktorquerschnitt führen. Die Energiedichte in dem Reaktorraum soll dabei durch die Verwendung sogenannter Wellenlängenschieber erhöht werden. Der Wellenlängenschieber kann dabei zwischen einer Lichtquelle und dem Reaktorraum vorgesehen sein. Dieser Wellenlängenschieber umfasst beispielsweise Fluoreszenzstoffe. Fluoreszenzstoffe sind Stoffe, die nach Absorption von Licht wieder abstrahlen, wobei die Energie für das abgestrahlte Licht im Wesentlichen nicht dem Wärmeinhalt des Fluoreszenzstoffes entnommen wird, sondern aus der durch das absorbierte Licht zugeführten Anregungsenergie stammt. Das Fluoreszenzspektrum wird dabei gegenüber dem Absorptionsspektrum zu längeren Wellen hin verschoben, d.h. ein Farbstoff wandelt UV- und violettes Licht in blaues Licht um, ein anderer blaues Licht in grünes Licht usw. (vgl. Absatz [0012]).
Nachteilig dabei sei, dass es relativ schwierig ist, eine freie Einstellung oder Auswahl von spektralen Bereichen für die individuelle Beleuchtung von phototrophen Zellkulturen zu ermöglichen (vgl. Absatz [0013]).
Weiterhin ist aus der WO 01/88434 A1 eine Beleuchtungseinrichtung bekannt, die aus einer Mehrzahl von ansteuerbaren Lichtquellen besteht, die Licht unterschiedlicher Spektralbereiche abstrahlen. Die Intensität und Spektralzusammensetzung des von der Beleuchtungseinrichtung abgestrahlten Lichts wird von Sensoren erfasst, deren Signale von einem Computer ausgewertet und für die Ansteuerung der Lampen verwendet werden (vgl. Absatz [0014]).
Nachteilig dabei sei, dass eine derartige Vorrichtung nicht geeignet ist, um bei vorgegebener Spektralcharakteristik eine relativ gleichmäßige und großflächige Lichteinstrahlung in einem Bioreaktor zu ermöglichen (vgl. Absatz [0015]).
2. Als Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist in der Streitpatentschrift angegeben, eine einfache und kostengünstige Beleuchtungseinrichtung für phototrophe Zellkulturen in Bioreaktoren zu schaffen, die eine freie Einstellung oder Auswahl von spektralen Bereichen für die individuelle Beleuchtung von phototrophen Zellkulturen ermöglicht (vgl. Absatz [0016]).
3. Diese Aufgabe wird mit dem Vorrichtungsanspruch 1 und dem Verfahrensanspruch 5 dadurch gelöst, dass mindestens zwei Lichtquellen unterschiedlicher Spektralbereiche jeweils auf einem Beleuchtungselement angeordnet sind, dass eine Mehrzahl der Beleuchtungselemente eine Beleuchtungsmatrix mit den Lichtquellen bildet, und dass Gruppen von Lichtquellen gleicher Spektralbereiche über eine elektronische Ansteuerung gezielt ansteuerbar sind (vgl. Absatz [0017]).
Der mit Gliederungspunkten versehene erteilte Patentanspruch 1 lautet:
M1 Beleuchtungseinrichtung
M1a für Bioreaktoren,
M1b insbesondere für Inkubatoren zur Kultivierung von phototrophen Zellkulturen,
M2 im Wesentlichen bestehend aus einer Mehrzahl von ansteuerbaren Lichtquellen (3),
M2a die Licht unterschiedlicher Spektralbereiche abstrahlen, dadurch gekennzeichnet,
M3 dass mindestens zwei Lichtquellen (3) unterschiedlicher Spektralbereiche jeweils auf einem Beleuchtungselement (5) angeordnet sind,
M4 dass eine Mehrzahl der Beleuchtungselemente (5) eine Beleuchtungsmatrix (11, 11‘) mit den Lichtquellen (3) bildet, und
M5 dass Gruppen von Lichtquellen (3) gleicher Spektralbereiche über eine elektronische Ansteuerung (4) gezielt ansteuerbar sind.
Der mit Gliederungspunkten versehene erteilte Patentanspruch 5 lautet:
N1 Verfahren zur variablen Beleuchtung
N1a für die Kultivierung von phototrophen Zellkulturen in Bioreaktoren,
N1b insbesondere in Inkubatoren,
N2 mit einer eine Mehrzahl von Licht unterschiedlicher Spektralbereiche abstrahlenden Lichtquellen aufweisenden Beleuchtungseinrichtung, dadurch gekennzeichnet,
N3 dass auf Beleuchtungselementen(5) angeordnete Lichtquellen (3) mit unterschiedlichen Spektralbereichen
N4 eine Beleuchtungsmatrix (11, 11‘) aus den Beleuchtungselementen (5) bilden und
N5 als Teil der Mehrzahl von Lichtquellen (3) über eine elektronische Ansteuerung (4) in Gruppen von Lichtquellen gleicher Spektralbereiche angesteuert werden,
N6 und dass die phototrophen Zellkulturen (17) selektiv mit einem Spektralmodus und/oder verschiedenen Spektralmodi beleuchtet werden.
Hinsichtlich des Wortlauts der erteilten Unteransprüche 2 bis 4 und 6 bis 9 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
4. Fassungen des Streitpatents nach Haupt- und Hilfsanträgen
Die Beklagte verteidigt das Streitpatent nach Haupt- und Hilfsanträgen beschränkt.
4.1. Patentansprüche 1 und 5 gemäß Hauptantrag
Die Patentansprüche 1 und 5 gemäß Hauptantrag lauten (Änderungen gegenüber Patentanspruch 1 erteilter Fassung gekennzeichnet):
Patentanspruch 1
M1‘ Verwendung einer Beleuchtungseinrichtung
M1a für Bioreaktoren,
M1b‘ insbesondere für Inkubatoren zur Kultivierung von phototrophen Zellkulturen,
M2‘ wobei die Beleuchtungseinrichtung
im Wesentlichen bestehend aus einer Mehrzahl von ansteuerbaren Lichtquellen (3) besteht,
M2a die Licht unterschiedlicher Spektralbereiche abstrahlen, wobei:
M3 mindestens zwei Lichtquellen (3) unterschiedlicher Spektralbereiche jeweils auf einem Beleuchtungselement (5) angeordnet sind,
M4 dass eine Mehrzahl der Beleuchtungselemente (5) eine Beleuchtungsmatrix (11, 11‘) mit den Lichtquellen (3) bildet,
M4a die Beleuchtungsmatrix innerhalb des Bioreaktors angeordnet ist und
M5 die Gruppen von Lichtquellen (3) gleicher Spektralbereiche über eine elektronische Ansteuerung (4) gezielt ansteuerbar sind,
M6 so dass eine gleichmäßige Ausleuchtung erzielt wird.
Patentanspruch 5
N1 Verfahren zur variablen Beleuchtung
N1a für die Kultivierung von phototrophen Zellkulturen in Bioreaktoren,
N1b insbesondere in Inkubatoren,
N2 mit einer eine Mehrzahl von Licht unterschiedlicher Spektralbereiche abstrahlenden Lichtquellen aufweisenden Beleuchtungseinrichtung, dadurch gekennzeichnet,
N3 dass wobei auf Beleuchtungselementen(5) angeordnete Lichtquellen (3) mit unterschiedlichen Spektralbereichen
N4 eine Beleuchtungsmatrix (11, 11‘) aus den Beleuchtungselementen (5)bilden und
N5 als Teil der Mehrzahl von Lichtquellen (3) über eine elektronische Ansteuerung (4) in Gruppen von Lichtquellen gleicher Spektralbereiche angesteuert werden,
N8 so dass eine gleichmäßige Ausleuchtung erzielt wird.
N7 die Beleuchtungsmatrix (11‘) innerhalb des Bioreaktors angeordnet wird
N6 und dass die phototrophen Zellkulturen (17) selektiv mit einem Spektralmodus und/oder verschiedenen Spektralmodi beleuchtet werden.
Hinsichtlich des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 4 und 6 bis 9 gemäß dem geltenden Hauptantrag wird auf den Akteninhalt verwiesen.
4.2. Patentansprüche 1 und 5 nach Hilfsantrag 1
Die Patentansprüche 1 und 5 nach Hilfsantrag 1 weisen gegenüber den Patentansprüchen 1 und 5 gemäß Hauptantrag noch die zusätzlichen Merkmale M3a bzw. N5a auf, wonach die Lichtquellen (3) auch die Spektralbereiche rot und grün abbilden:
Die Patentansprüche 1 und 5 nach Hilfsantrag 1 lauten (Änderungen gegenüber Patentanspruch 1 erteilter Fassung und nach Hauptantrag gekennzeichnet):
Patentanspruch 1:
M1‘ Verwendung einer Beleuchtungseinrichtung
M1a für Bioreaktoren,
M1b ‘insbesondere für Inkubatoren zur Kultivierung von phototrophen Zellkulturen,
M2‘ wobei die Beleuchtungseinrichtung im Wesentlichen bestehend aus einer Mehrzahl von ansteuerbaren Lichtquellen (3) besteht,
M2a die Licht unterschiedlicher Spektralbereiche abstrahlen, wobei:
M3 mindestens zwei Lichtquellen (3) unterschiedlicher Spektralbereiche jeweils auf einem Beleuchtungselement (5) angeordnet sind,
M3a wobei die Lichtquellen (3) auch die Spektralbereiche rot und grün abbilden,
M4 dass eine Mehrzahl der Beleuchtungselemente (5) eine Beleuchtungsmatrix (11, 11‘) mit den Lichtquellen (3) bildet,
M4a die Beleuchtungsmatrix innerhalb des Bioreaktors angeordnet ist und
M5 die Gruppen von Lichtquellen (3) gleicher Spektralbereiche über eine elektronische Ansteuerung (4) gezielt ansteuerbar sind,
M6 so dass eine gleichmäßige Ausleuchtung erzielt wird.
Patentanspruch 5
N1 Verfahren zur variablen Beleuchtung
N1a für die Kultivierung von phototrophen Zellkulturen in Bioreaktoren,
N1b insbesondere in Inkubatoren,
N2 mit einer eine Mehrzahl von Licht unterschiedlicher Spektralbereiche abstrahlenden Lichtquellen aufweisenden Beleuchtungseinrichtung, dadurch gekennzeichnet,
N3 dass wobei auf Beleuchtungselementen(5) angeordnete Lichtquellen (3) mit unterschiedlichen Spektralbereichen
N4 eine Beleuchtungsmatrix (11, 11‘) aus den Beleuchtungselementen (5) bilden und
N5 als Teil der Mehrzahl von Lichtquellen (3) über eine elektronische Ansteuerung (4) in Gruppen von Lichtquellen gleicher Spektralbereiche angesteuert werden,
N8 so dass eine gleichmäßige Ausleuchtung erzielt wird,
N5a wobei die Lichtquellen (3) auch die Spektralbereiche rot und grün abbilden,
N7 die Beleuchtungsmatrix (11‘) innerhalb des Bioreaktors angeordnet wird
N6 und dass die phototrophen Zellkulturen (17) selektiv mit einem Spektralmodus und/oder verschiedenen Spektralmodi beleuchtet werden.
Hinsichtlich des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 4 und 6 bis 8 gemäß dem geltenden Hilfsantrag 1 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
4. Als Fachmann sieht der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung Lichttechnik mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Beleuchtungstechnik, der Beleuchtungsanlagen entwirft und der hinsichtlich der Anforderungen an einen Bioreaktor mit einem Ingenieur der Fachrichtung Bioingenieurswesen oder einem Biologen zusammenarbeitet. Dieser Fachmann/Team kennt die Bedeutung unterschiedlicher Spektralbereiche des in Bioreaktoren eingesetzten Lichts für phototrophe Zellkulturen und andere Kulturen.
II.
1. Hinsichtlich der stets gebotene Auslegung eines Patentanspruchs und seiner einzelnen Merkmale nach Art. 69 EPÜ sind insbesondere im Hinblick auf die zwischen den Parteien kontroverse Diskussion um das Verständnis der Merkmale folgende Anmerkungen veranlasst:
1. Die Streitpatentschrift hebt hervor, dass es durch die Verwendung von Lichtquellen mit unterschiedlichen Spektralbereichen möglich ist, die über eine elektronische Ansteuerung in Gruppen von Lichtquellen gleicher Spektralbereiche angesteuert werden, die phototrophen Zellkulturen mit Licht in vorgewählten Spektralbereichen zu beleuchten. Auch ist es möglich, bestimmte Spektralbereiche zu überlagern. Über die elektronische Ansteuerung werden dabei verschiedene Spektral-Modi (einzelne Farben bzw. Spektralbereiche und Farbkombinationen) und Lichtintensitäten erzeugt (Absatz [0024]). Hierbei ist die Beleuchtungseinrichtung in der Lage, spektral selektiv Licht in die interessierenden Bereiche abzustrahlen.
Den Kern der erfindungsgemäßen Lehre sieht der Senat in der räumlich körperlichen Ausgestaltung der Beleuchtungsvorrichtung, bei der der Beleuchtungszweck und damit auch die Farbauswahl in das Belieben des Fachmanns gestellt werden.
Die Beleuchtungsmatrix kann in ihrer Form und flächigen Anordnung einfach auf den verwendeten Bioreaktor abgestimmt werden. Durch die Matrixanordnung der einzelnen Beleuchtungselemente kann bei Bedarf und entsprechender Ansteuerung eine sehr gleichmäßige Ausleuchtung erzielt werden (Absatz [0018]).
Die nebenstehend wiedergegebene Figur 1 stammt aus der Streitpatentschrift und zeigt eine Draufsicht auf einen Bioreaktor (2) mit vorgelagerter Beleuchtungseinrichtung (5) - d. h. einem Mantel eines zylindrischen Bioreaktors benachbart vorgelagert (Absatz [0043]) - und elektronischem Ansteuergerät (4) als Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Vorrichtung.
Hierbei sind die Beleuchtungselemente 5 einander benachbart auf einem flächigen Beleuchtungsträger (10) angeordnet und bilden eine Beleuchtungsmatrix (11) (Absatz [0042]). Fig. 3 zeigt eine Aufsicht auf in einer Matrix angeordneten Beleuchtungselemente mit Lichtquellen.
Auch kann, wie Fig. 2 zeigt, die Beleuchtungsmatrix 11 innerhalb eines Inkubators 15 bzw. Inkubationsschrankes angeordnet sein.
Bevorzugt sind hierbei vier Lichtquellen unterschiedlicher Spektralbereiche auf dem Beleuchtungselement angeordnet, welche einzeln ansteuerbar sind und vier unterschiedliche Spektralbereiche aufweisen, wobei auch entsprechende Überlagerungen der einzelnen Spektralbereiche erzielt werden können (Absatz [0019- 0020]). Fig. 4 zeigt als Ausführungsbeispiel eine Draufsicht auf ein Beleuchtungselement mit vier Lichtquellen unterschiedlicher Spektralbereiche (Absatz [0036]).
2. Gemäß den Merkmalen M1 bzw. N1 handelt es sich bei der Erfindung um eine Beleuchtungseinrichtung bzw. um ein Verfahren zur variablen Beleuchtung.
2.1. Insoweit sieht der Senat den Begriff der Beleuchtungseinrichtung nach dem Verständnis des Fachmanns nicht nur im Sinne einer allgemeinen Lichtquelle, die Licht ausstrahlt, und zur Beleuchtung eines beliebigen Objekts geeignet ist, sondern zur aktiven Beleuchtung eingesetzt wird, wobei „Beleuchtungseinrichtung“ einen eigenständigen Begriff bildet, vergleichbar dem Begriff „Schraubenzieher“ oder „Maulschlüssel“, mit denen der Fachmann konkrete Werkzeuge verbindet, und nicht lediglich eine Einrichtung, welche zum Beleuchten geeignet ist und damit einem entsprechend weiten Verständnis unterliegt. Hierauf kommt es jedoch nicht an, da diese Frage allenfalls im Hinblick auf die Schrift E1 von Bedeutung ist, die der Senat jedoch wegen des weiteren StdT als wenig relevant ansieht.
2.2. Die Beleuchtungseinrichtung bzw. das Verfahren soll zur variablen Beleuchtung gemäß den Merkmalen M1a und M1b bzw. N1a und N1b für Biorektoren geeignet sein, insbesondere für Inkubatoren zur Kultivierung von phototrophen Zellkulturen bzw. für die Kultivierung von phototrophen Zellkulturen in Bioreaktoren, insbesondere in Inkubatoren. Anders als Anspruch 5 ist danach M1b „insbesondere…“ als fakultatives Merkmal nicht beschränkend, während die Zweckangabe M1a „für Bioreaktoren“ ein Geeignetheitskriterium bildet, dass insoweit den Anspruch ausbildet. Es ist jedoch in Anspruch 1 weder beansprucht, für welchen konkreten Zweck die Beleuchtungseinrichtung eingesetzt werden soll noch durch welche spezifischen technischen Eigenschaften der Beleuchtungseinrichtung die Eignung erreicht werden soll. Allgemein ist jedenfalls jede Beleuchtungseinrichtung geeignet, für Bioreaktoren eingesetzt zu werden, die Licht unterschiedlicher Spektralbereiche abstrahlt.
Erst gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 (jeweils Merkmale M1b‘ und N1a) dient die Beleuchtungseinrichtung für Bioreaktoren der Kultivierung von phototrophen Zellkulturen. Diese Zellkulturen nutzen Lichtenergie direkt für ihren Stoffwechsel. Die Beleuchtungseinrichtung muss somit Spektralbereiche abstrahlen, die solche Zellkulturen nutzen können. Dies gilt auch für den erteilten Nebenanspruch 5, der auf ein Verfahren zur variablen Beleuchtung gerichtet ist, das gemäß Merkmal N1a nach Hauptantrag „für die Kultivierung von phototrophen Zellkulturen in Bioreaktoren“ geeignet sein muss. Allerdings werden insoweit weder spezielle Anforderungen gelehrt noch beansprucht.
2.3. Weiterhin ist im Patentanspruch über die Lage und Anordnung der Beleuchtungseinrichtung relativ zum Bioreaktor und Inkubator in den Ansprüchen nichts angegeben. Aus dem Inhalt der Patentschrift liest der Fachmann mit, dass sich die Beleuchtungseinrichtung nicht innerhalb des Kulturgefäßes befindet, sondern innerhalb des Bioreaktors, der als Anlage zu verstehen ist, innerhalb derer sich das Kulturgefäß befindet. Insoweit ist der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung dargelegten Differenzierung zu folgen, dass die Offenbarung für das Inkubationsgefäß nach Fig. 2 nicht auf den Bioreaktor übertragbar ist und nur zum Inkubationsschrank eine Beleuchtungsmatrix innerhalb des Inkubators offenbart ist, nicht aber für den Bioreaktor nach Fig. 1 und auch nicht übertragbar ist, weil beim Bioreaktor im Ergebnis das Kulturgefäß bereits durch den Bioreaktor selbst dargestellt wird, während im Inkubationsschrank das Kulturgut sich in einem Gefäß befindet und beleuchtet wird. Im Ergebnis befindet sich deshalb die Beleuchtungseinrichtung niemals zusammen mit dem Kulturgut in einem Gefäß.
2.4. In den Merkmalen M2 und M2a bzw. N2 ist beansprucht, dass die Beleuchtungseinrichtung im Wesentlichen aus einer Mehrzahl von ansteuerbaren Lichtquellen besteht, die Licht unterschiedlicher Spektralbereiche abstrahlen bzw. dass die Beleuchtungseinrichtung eine Mehrzahl von Licht unterschiedlicher Spektralbereiche abstrahlende Lichtquellen aufweist. Damit ist also beansprucht, dass mehrere unterschiedliche Lichtquellen vorgesehen sind, die sich im abgestrahlten Licht-Spektrum unterscheiden. Hierbei versteht das Streitpatent unter Spektralmodi einzelne Farben bzw. Spektralbereiche und Farbkombinationen (Abs. [0024])
2.5. Gemäß den Merkmalen M3 bzw. N3 sind mindestens zwei Lichtquellen unterschiedlicher Spektralbereiche jeweils auf einem Beleuchtungselement angeordnet bzw. weisen auf Beleuchtungselementen angeordnete Lichtquellen unterschiedliche Spektralbereiche auf. Die Lichtquellen müssen dabei lediglich unterschiedliche Spektralbereiche aufweisen. Damit ist beansprucht, dass sich (jeweils) zwei Lichtquellen, die unterschiedliche Spektralbereiche aufweisen, gemeinsam auf einem Beleuchtungselement befinden sollen, nicht jedoch zugleich, dass die zwei Lichtquellen auch jeweils einzeln auf einem Beleuchtungselement angeordnet sein können.
Denn die Auslegung hat sich am technischen Sinngehalt der Merkmale des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit (st. Rspr., BGH GRUR 2011, 129 - Fentanyl-TTS; GRUR 2002, 515 Schneidmesser I, m. w. N.) unter Heranziehung der Patentbeschreibung zu orientieren (vgl. BGH - zipfelfreies Stahlband), wobei insbesondere der Sinngehalt eines einzelnen Merkmals im Kontext der Patentschrift und der Funktion zu sehen ist, die es für sich und im Zusammenwirken mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs bei der Herbeiführung des erfindungsgemäßen Erfolgs hat. Es ist deshalb maßgeblich, was der angesprochene Fachmann - auch unter Einziehung seines Vorverständnisses (BGH GRUR 2008, 878 - Momentanpol II) - danach bei unbefangener Betrachtung den Patentansprüchen als Erfindungsgegenstand entnimmt. Insofern ist der gesamte Offenbarungsgehalt des Streitpatents auf eine Anordnung von mindestens zwei Lichtquellen auf einem Beleuchtungselement gerichtet wie im Übrigen auch der Wortlaut keineswegs zu einem abweichenden Verständnis zwingt.
Insoweit ist auch im Hinblick auf die weitere Diskussion der Parteien um das Verständnis des Merkmals „Beleuchtungselement“ darauf hinzuweisen, dass das Verständnis der einzelnen Merkmale losgelöst vom Stand der Technik - oder vorliegend insbesondere nicht im Hinblick auf die Verletzungsform im Verletzungsstreit - zu erfolgen hat, sondern im Lichte der Gesamtoffenbarung der Patentschrift zu bestimmen ist (BGH GRUR 2012, 1124 - Polymerschaum I; GRUR 2015, 868 – Polymerschaum II).
Der Senat sieht danach eine Lehre nicht umfasst, die auf einer Interpretation dieses Merkmals im Sinne einer nicht körperlichen Ausgestaltung beruht und auch gedankliche Gruppierungen einschließt, auch wenn diese weite Auslegung derjenigen der Beklagten selbst entspricht. Denn sie steht nicht mit dem unbefangenen Verständnis des Wortlauts des Merkmals M3 „auf einem Beleuchtungselement“ in Einklang und findet sich auch nicht im Gesamtoffenbarungsgehalt des Streitpatents wieder, sondern widerspricht insbesondere der Lehre sämtlicher Ausführungsbeispiele. Denn der Patentanspruch ist im Zweifel so zu verstehen, dass sich keine Widersprüche zu den Ausführungen in der Beschreibung und den bildlichen Darstellungen in den Zeichnungen ergeben, wobei eine Auslegung, die zur Folge hätte, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents umfasst wäre, nur dann in Betracht kommt, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten, die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Anspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH GRUR 2015, 972 - Kreuzgestänge, m. w. H.). Für eine derartige Ausnahme finden sich aber keine Anhaltspunkte. Hierauf kommt es allerdings letztlich im Hinblick auf den Stand der Technik nicht entscheidungserheblich an.
2.6. Gemäß den Merkmalen M4 bzw. N4 bilden eine Mehrzahl der Beleuchtungselemente eine Beleuchtungsmatrix mit den Lichtquellen bzw. wird eine Beleuchtungsmatrix aus den Beleuchtungselementen gebildet. Was unter einer Beleuchtungsmatrix zu verstehen ist, wird im Streitpatent nicht näher ausgeführt. Allgemein versteht der Fachmann unter einer Matrix nur eine „festgelegte Anordnung“, mit der keine weiteren Eigenschaften, wie eine gleichmäßige Beleuchtung, eine flächige Anordnung, Anordnung nebeneinander oder eine Anordnung in Spalten und Zeilen, vorgegeben ist.
2.7. In den Merkmalen M5 bzw. N5 wird beansprucht, dass Gruppen von Lichtquellen gleicher Spektralbereiche über eine elektronische Ansteuerung gezielt ansteuerbar sind bzw. ein Teil der Mehrzahl von Lichtquellen über eine elektronische Ansteuerung in Gruppen von Lichtquellen gleicher Spektralbereiche angesteuert werden, worunter auch das Ein- und Ausschalten fällt. Über die Art und Weise der Ansteuerung der Gruppen ist auch hier nichts ausgesagt. Umfasst ist danach auch, wenn alle Lichtquellen einzeln elektronisch ansteuerbar sind, denn damit wird - je nach Steuerprogramm - auch eine Ansteuerung von Gruppen möglich, während ein Ein-/Ausschalten der gesamten Anlage nicht ausreicht.
Auch müssen die Gruppen von Lichtquellen nach dem Merkmal M5 lediglich „über eine elektronische Ansteuerung (4) gezielt ansteuerbar“ sein. Danach muss die elektronische Ansteuerung kein Teil der Beleuchtungseinrichtung sein.
2.8. Mit Merkmal N6 wird beansprucht, dass die phototrophen Zellkulturen selektiv mit einem Spektralmodus und/oder verschiedenen Spektralmodi beleuchtet werden. Dadurch wird lediglich der aus dem Merkmal N5 resultierende Effekt erläutert, wonach sich durch das gezielte Ansteuern bzw. Einschalten von Gruppen von Lichtquellen gleicher Spektralbereiche jeweils unterschiedliche Beleuchtungssituationen ergeben, die als Spektralmodus/ -modi bezeichnet werden. Insoweit kennzeichnet das Beleuchtungsobjekt „phototrophe Zellkulturen“ das Verfahren nur in Bezug auf die damit verbundenen Anforderungen an die Kultivierung, also soweit hierdurch das Verfahren gekennzeichnet wird. Der Senat folgt dabei der von der Beklagten vertretenen Auffassung, dass die Aufzucht von „phototropen Zellkulturen“ nicht die Massenaufzucht von Pflanzen umfasst und auch nicht einer „Gewebekultur“ gleichzusetzen ist.
Die in den Merkmalen M6 und N8 beanspruchte gleichmäßige Ausleuchtung wird erreicht durch die in den Merkmalen M5 und N5 beanspruchte elektronische Ansteuerung, durch welche die Gruppen von Lichtquellen gleicher Spektralbereiche gezielt ansteuerbar sind.
III.
1. Der Senat sieht den von der Klägerin auf den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Ausführbarkeit nach §§ 21 Abs. 1 Ziff. 2, 22 PatG gestützten Angriff als nicht erfolgreich an. Der Senat teilt insoweit bereits die Auffassung der Klägerin im Ansatz nicht, wonach es für die Beurteilung nicht nur auf eine Nacharbeitbarkeit als solche ankommt, sondern auf eine Bewertung des Schutzbereichs und einer insoweit möglichen Abgrenzbarkeit der beanspruchten Anspruchsbreite. Die Klägerin stellt im Übrigen insoweit auch auf die von der nationalen Rechtsprechung abweichende Rechtsauffassung der Beschwerdekammern des EPA ab, wonach eine Ausführbarkeit für erteilte Patente über die gesamte Anspruchsbreite gefordert wird (vgl. T 226/85 ABl 1988, 336; T 409/91 ABl 1994, 653; T 435/91 ABl 1995, 188; Singer/Stauder/Teschemacher, Europäisches Patentübereinkommen, 7. Aufl. 2016, Art. 83 Rn. 24), während eine solche nach nationaler Rechtsprechung nicht gefordert ist und eine Ausführbarkeit erst dann in Frage stehen kann, wenn eine Identifizierbarkeit der Erfindung trotz gebotener Auslegung nicht möglich ist (BGH GRUR 2009, 749 - Sicherheitssystem).
Hierauf kommt es aber letztlich nicht an. Denn für den Fachmann ist im Übrigen klar und ergibt sich aus Absatz [0042] und die Ansprüche 7 bis 9, dass die von den Lichtquellen abgestrahlten Spektralbereiche, das Spektrum, den Wellenlängenbereich bezeichnet, den die Lichtquellen abstrahlen. Als Spektralmodus/-modi ist dagegen das gezielte Ansteuern bzw. Einschalten mehrerer Lichtquellen mit gleichem oder unterschiedlichem Spektrum zu verstehen, wodurch sich ein bestimmter farblicher Effekt ergibt.
IV.
Der Senat sieht den Gegenstand des Streitpatents in den verteidigten Fassungen nach Haupt- und Hilfsanträgen auch nicht als gegenüber dem Inhalt der Anmeldung unzulässig geändert an. Deshalb ist sowohl der insoweit geführte Nichtigkeitsgriff nach §§ 21 Abs. 1 Nr. 4, 22 Abs. 1 PatG unbegründet wie auch die insoweit erhobenen Bedenken gegen die Zulässigkeit einer derart geänderten Anspruchsfassung zurückzuweisen sind. Die mit Haupt- und Hilfsanträgen verteidigten Anspruchssätze erweisen sich mithin auch insoweit als zulässig an.
1. Nach ständiger Rechtsprechung ist für den Inhalt der Anmeldung der Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung nur das, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen unmittelbar und eindeutig als zu der zum Patent angemeldeten Erfindung gehörend zu entnehmen ist. Entscheidend ist, was der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen als zur angemeldeten Erfindung gehörend zu entnehmen ist (GRUR 2014, 1026 - Analog-Digital-Wandler), wobei die Ermittlung dessen, was dem Fachmann als Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbart wird, wertenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der Voranmeldung vermeidet (BGH GRUR 2014, 542 - Kommunikationskanal).
Entscheidend ist deshalb auch bei einem geänderten Lösungsvorschlag, ob die ursprüngliche Gesamtoffenbarung der Stammanmeldung für den Fachmann objektiv erkennen ließ, dass dieser von vornherein von dem Schutzbegehren mit umfasst werden sollte (BGH GRUR 2010, 509 - Hubgliederungstor). Deshalb ist es grundsätzlich zulässig, das Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale in den Patentanspruch zu beschränken, sofern die beanspruchte Kombination in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellt, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann, wenn die Merkmale eines Ausführungsbeispiels, die zusammen, aber auch je für sich den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung dienen (BGH GRUR 2015, 249 - Schleifprodukt).
2. Wie bereits ausgeführt (II. 2.5.), sieht der Senat in dem in Anspruch 1 hinzugefügten Merkmal „jeweils“ lediglich eine Überbestimmung, aber keine ggü der K3 veränderte technische Lehre. Auch die Beleuchtungsmatrix ist im ursprünglichen Unteranspruch 6, der auch auf die Ansprüche 1 und 2 rückbezogen ist, ursprünglich offenbart. Eine Einschränkung der ursprünglichen Offenbarung auf ein Ausführungsbeispiel mit vier Lichtquellen unterschiedlicher Spektralbereiche existiert somit nicht. Ebenso schadet die Aufnahme der Beleuchtungsmatrix im Anspruch 5 nicht, da das Merkmal N4 das beanspruchte Verfahren nicht weiter ausbildet, sondern lediglich die für das Verfahren eingesetzte Beleuchtungseinrichtung. Eine Beleuchtungsmatrix, die lediglich die im Verfahren verwendete Vorrichtung weiter ausbildet, ist zudem im Abs. [0036] der Anmeldung genannt.
3. Es bestehen auch keine Bedenken an der Zulässigkeit der Änderung im Hinblick auf den Wechsel eines Vorrichtungsanspruchs in die Kategorie eines Verwendungsanspruchs (Merkmal M1‘), insbesondere da die konkrete Verwendung bereits Gegenstand als Zweckangabe war und ein derartiger Kategoriewechsel nach ständiger Rechtsprechung (BGH Urt. v. 2.11.2011, X ZR 23/09; GRUR 1988, 287 - Abschlussblende; dagegen zum Wechsel auf ein Herstellungsverfahren einschränkend BPatG Urt. v. 29.4.2014, 4 Ni 21/12 = BlPMZ 2015, 136- System zur Umpositionierung von Zähnen ) wegen der darin liegenden Beschränkung des Schutzgegenstandes als zulässig gesehen wird, ohne dass es weiterer Klärung bedürfte, welcher Kategorie - als Verfahrensanspruch oder zweckgebundener Sachschutz - der Verwendungsanspruch generell oder im Einzelfall zuzuordnen ist (hierzu Keukenschrijver/Busse PatG. 8. Aufl., § 1 Rn. 150).
4. Auch in der Verallgemeinerung nach Merkmal M1a in Verbindung mit Merkmal M1b‘ sowie M4a bzw. N1a in Verbindung mit N1b sowie N7, die sich auf den Bioreaktor und nicht auf den Inkubator bezieht, innerhalb dem die Beleuchtungsmatrix angeordnet ist, ist keine unzulässige Erweiterung der ursprünglichen Offenbarung zu sehen, sondern nur eine Verallgemeinerung, die der Fachmann bereits in der ursprünglichen Offenbarung als mögliche allgemeine Ausgestaltung der Erfindung mitliest; dies gilt insbesondere, da unter Bioreaktor nach dem Verständnis des Streitpatents nicht das Kulturgefäß, sondern die Anlage mit dem Kulturgefäß verstanden wird. Wie bereits ausgeführt (II. 2.3.), liest der Fachmann aus dem Inhalt der Patentschrift mit, dass sich die Beleuchtungseinrichtung nicht innerhalb des Kulturgefäßes befindet, sondern innerhalb des Bioreaktors, der als Anlage zu verstehen ist, innerhalb derer sich das Kulturgefäß befindet. An diesem Verständnis ändert auch die Umformulierung im Merkmal M2‘ und Aufnahme des Teilmerkmals „wobei die Beleuchtungseinrichtung…“ inhaltlich nichts.
5. Insoweit sieht der Senat auch hinsichtlich der Patentansprüche 1 und 5 gemäß Hilfsantrag 1 die technische Lehre nach den Merkmalen M3a bzw. N5a und der insoweit konkret beanspruchten Spektralbereiche „rot und grün“ als ursprünglich offenbart an durch die Absätze [0014] und [0023] der Offenlegungsschrift. Auch wenn dort nur allgemein die mögliche Kombination der Spektralbereiche von zwei, drei oder vier Lichtquellen auf einem Beleuchtungselement sowie die Spektralbereiche ultraviolett (UV), blau, grün und rot genannt sind, nicht jedoch die konkrete Auswahl, die auch „rot und grün“ umfassen soll, stellt dies im Hinblick auf die Beliebigkeit der Farbauswahl eine ausreichende ursprüngliche Offenbarung dieser im Anspruch konkretisierten Lehre dar.
Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Allgemeine eine spezielle Lehre oder eine getroffene Auswahl nicht offenbart und insbesondere das Erfordernis einer ohne Rückgriff auf das Fachwissen individualisierten Offenbarung (BGH GRUR 2010, 123 - Escitalopram; vgl. auch BGHZ 179, 168 - Olanzapin; BGHZ 198, 205 - Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren) nicht erfüllt, die zudem noch dem Erfordernis der Eindeutigkeit und Unmittelbarkeit untersteht (st. Rspr. BGHZ 200, 63 - Kommunikationskanal; BGHZ 148, 383, 389 - Luftverteiler; BGHZ 179, 168 - Olanzapin); andererseits darf nicht vernachlässigt werden, dass die Frage des Offenbarungsgehalts sich als Rechts- und nicht als Tatsachenfrage stellt und der - im Übrigen einheitliche - Offenbarungsbegriff (BGHZ 80, 323 - Etikettiermaschine) deshalb einer rechtlich normativen Bewertung unterliegt, mithin die Bedeutung des technischen Merkmals für die Erfindung in die Bewertung des Offenbarungsgehalts (hierzu und zum wertenden Charakter des Offenbarungsgehalts BGHZ 200, 63 - Kommunikationskanal; BGH Urt. v. 10.4.2014, X ZR 74/11) einzubeziehen ist. Für ein Merkmal, das im Hinblick auf die beanspruchte technische Lehre beliebig ist oder hierzu keinen wesentlichen Beitrag leistet, muss deshalb nicht zwangsläufig der Maßstab gefordert werden, wie für ein Merkmal, welches erfindungswesentlich ist oder gar eine Auswahlerfindung begründet.
So hat auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Teilreflektierende Folie“ (GRUR 2016, 50) zur Prioritätsfrage und fehlenden ursprünglichen Offenbarung ausgeführt, dass die Priorität einer Voranmeldung, die eine Bereichsangabe enthält, jedenfalls dann wirksam in Anspruch genommen werden kann, wenn der in der Nachanmeldung beanspruchte, innerhalb dieses Bereichs liegende einzelne Wert oder Teilbereich in der Voranmeldung als mögliche Ausführungsform der Erfindung offenbart ist. Dies hat der Bundesgerichtshof für die beanspruchte Fläche einer Folie von „mindestens 3m mal 4m“ aufgrund einer bildlichen Darstellung einer großen, eine Person und ein Auto darstellenden Folie angenommen, wobei die konkrete Größe der Folie erkennbar für die erfindungsgemäße technische Lehre der Verwendung großer teilreflektierender Folien keine erfindungswesentliche Auswahl begründete, sondern eine nur beispielhafte Bedeutung für eine „große“ und insoweit beliebige Bemaßung darstellte.
Dies entspricht im Übrigen im Ergebnis auch der st. Rspr. der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, welche es im Rahmen der Neuheitsprüfung bei einer Auswahl aus einem breiten Bereich oder aus verschiedenen Listen Neuheit nur dann bejahen, wenn die getroffene Auswahl sich als eine gezielte oder willkürliche Auswahl darstellt und für die getroffene Auswahl ein technischer Effekt nachgewiesen werden kann, die Auswahl zu einer neuen Erfindung führt (vgl Rspr. der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts 7. Aufl. 2013 S. 152 ff.). Diese Rspr. setzt deshalb ebenfalls voraus, dass die Bewertung der Offenbarung - dort des Standes der Technik für die Beurteilung der Neuheit - normativ zu erfolgen hat und die Anforderungen an die Offenbarung danach in Beziehung zur rechtlichen Bedeutung des beanspruchten, aber nicht so offenbarten Merkmals bzw. der getroffenen Auswahl stehen.
IV.
Die nach Haupt- und Hilfsanträgen verteidigte Lehre erweist sich als nicht patentfähig. Sofern die Beklagte diese gemäß Patentansprüchen 1 und 5 nach Hauptantrag verteidigt, ist sie bereits nicht neu i. S. V. § 3 PatG, im Übrigen durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nahegelegt und damit als nicht erfinderisch i. S. v. § 4 PatG, so dass der auf fehlender Patentfähigkeit i. S. v. §§ 21 Abs. 1 Nr. 1, 22 PatG gestützte Nichtigkeitsangriff Erfolg hat.
1. Patentansprüche 1 und 5 nach Hauptantrag
Der jeweilige Gegenstand der Patentansprüche 1 und 5 gemäß Hauptantrag erweist sich gegenüber der Schrift E3a als nicht neu.
1.1. Patentanspruch 1
So ist aus der E3a eine Beleuchtungseinrichtung (vgl. das Abstract: „A flexible light source, entitled LEDSet...“) bekannt, die auch für Bioreaktoren verwendet wird, wobei Bioreaktoren konkret auf Seite 601, linke Spalte in der Mitte: „algal photo-bioreactor“ erwähnt werden. Die Verwendung richtet sich entgegen der Auffassung der Beklagten dabei auch auf eine Kultvierung von „phototrophen Zellkulturen“ und nicht nur einer Massenaufzucht von Pflanzen, wie die Beklagte ausgeführt hat, wie aus Seite 607, rechte Spalte, letzter Absatz hervorgeht, wo ausdrücklich zum Anwendungsbereich der beschriebenen Beleuchtungseinrichtung „photobiological related research of cells“ erwähnt sind. Die Merkmale M1‘, M1a und M1b‘ sind somit aus der E3a bekannt.
Die Beleuchtungseinrichtung besteht dabei im Wesentlichen aus einer Mehrzahl von Lichtquellen (vgl. die Figur 3 mit Beschreibung Seite 602, rechte Spalte unten, bis Seite 603, linke Spalte) in Form von LED’s, die Licht unterschiedlicher Spektralbereiche, nämlich blau und rot (blue and red) abstrahlen und durch einen Driver ansteuerbar sind, wie aus den Seiten 604 und 605 und den Figuren 7 bis 11 hervorgeht (Driver Design) [= Merkmale M2‘, M2a ).
Es sind (vgl. die Figuren 3 und 6 mit Beschreibung) mindestens zwei Lichtquellen unterschiedlicher Spektralbereiche (blue LED, red LED) jeweils auf einem Beleuchtungselement in Form der LEDSets 12 angeordnet [= Merkmal M3].
Dabei bilden (vgl. die Figur 14 mit Beschreibung Seite 605, rechte Spalte unten, bis Seite 606, rechte Spalte oben) eine Mehrzahl der Beleuchtungselemente (LEDSets 12) eine Beleuchtungsmatrix mit den Lichtquellen, da sie in einer festgelegten Anordnung in mehreren Spalten und Zeilen angeordnet sind [= Merkmal M4].
Die Beleuchtungsmatrix ist dabei innerhalb eines Gehäuses (1) angeordnet, das auch ein Bioreaktor sein kann [= Merkmal M4a].
Die Gruppen von Lichtquellen gleicher Spektralbereiche (blue LEDs, red LEDs) sind über eine elektronische Ansteuerung (Driver) gezielt ansteuerbar (vgl. Seite 606, rechte Spalte oben: „adjust the forward current related knobs to adjust the intensity of red and/or blue light separately.“), so dass eine gleichmäßige Ausleuchtung erzielt wird [= Merkmale M5 und M6]. Dabei wird eine gleichmäßige Ausleuchtung wegen der unterschiedlichen Ansteuerung der verschiedenfarbenen und unterschiedlich hellen LEDs durch die individuelle Ansteuerung erreicht (vgl. E3a seitenübergreifender Abs. S. 605/606). Auch die gleichmäßige Anordnung der Beleuchtungselemente im Gehäuse 1 (vgl. Fig. 14 ) zeigt die Zielsetzung einer gleichmäßigen Beleuchtung.
Damit sind alle Merkmale des Gegenstandes gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag aus der E3a bekannt.
1.2. Patentanspruch 5
Gleiches gilt für den Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 5 gemäß Hauptantrag, der als Verfahrensanspruch gefasst inhaltlich eine reine Wiederholung des Gegenstands des Patentanspruchs 1 darstellt und der damit aus den oben genannten Gründen ebenfalls nicht neu gegenüber dem aus der E3a bekannten Stand der Technik ist. Dabei stellt die oben zum Merkmal M5 genannte spektralabhängige Ansteuerung den im Merkmal N6 beanspruchten Spektralmodus (Spektralmodi) dar, mit dem sich auch phototrophe Zellkulturen selektiv beleuchten lassen.
2. Patentansprüche 1 und 5 nach Hilfsantrag 1
Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 5 gemäß Hilfsantrag 1 beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns, da sie dem Fachmann im Prioritätszeitpunkt durch den Stand der Technik nach der Schrift E3a nahegelegt waren.
2.1. Die Patentansprüche 1 und 5 gemäß geltendem Hilfsantrag 1 weisen gegenüber den Patentansprüchen 1 und 5 gemäß geltendem Hauptantrag noch die zusätzlichen Merkmale M3a bzw. N5a auf, wonach die Lichtquellen (3) auch die Spektralbereiche „rot und grün abbilden“. Insoweit folgt der Senat aufgrund des gewählten Wortlauts des Merkmals und der Beschreibung des Streitpatents (Abs. 0041) der von der Beklagten vertretenen Auffassung, dass hiermit die ausgewählten einzelnen Spektralbereiche „rot“ und „grün“ als diskrete Bereiche ausgewählt sind, also gerade kein Weißlicht abstrahlenden LEDs umfasst, sondern einzelne LEDs, die auf den Spektralbereich „rot“ und „grün“ beschränkt sind.
2.2. Wie bereits ausgeführt wurde (II. 1.), sieht der Senat den Kern der Erfindung, also das, was diese gegenüber dem Stand der Technik leistet, in der räumlich körperlichen Ausgestaltung der Beleuchtungsvorrichtung, bei der der Beleuchtungszweck und damit auch die Farbauswahl in das Belieben des Fachmanns gestellt werden, und nicht in der Auswahl bestimmter Spektralbereiche „rot“ und „grün“, wie dies nach den Merkmalen M3a und N5a beansprucht ist. Hinzu kommt insoweit, dass durch die Formulierung „auch“ zusätzlich ohnehin auch noch beliebige andere Farben verwendet werden können.
Die getroffene Farbauswahl war deshalb für den Fachmann auch bei der Weiterbildung des Standes der Technik nicht das entscheidende Leitmotiv: Denn er wusste, was zwischen den Parteien auch nicht umstritten ist, dass auch der anspruchsgemäße Spektralbereich „rot“ und „grün“ Gegenstand von Beleuchtungsobjekten, wie den genannten Kolibakterien, sein kann und er die weitergebildete Beleuchtungseinrichtung je nach Zweck mit unterschiedlichen LED’s einrichten konnte. Außerdem besteht durch die Formulierung „…auch die Spektralbereiche rot und grün…“ auch keine Beschränkung auf diese zwei Farben, sondern es können noch beliebige zusätzliche Farben verwendet werden. Die Suche im Stand der Technik nach einer Problemlösung war deshalb nicht auf eine Farbauswahl ausgerichtet, sondern auf die aufgabengemäße Weiterbildung einer einfachen und kostengünstigen Beleuchtungseinrichtung für phototrophe Zellkulturen in Bioreaktoren und ein Verfahren zur variablen selektiven Beleuchtung.
2.3. Ausgangspunkt für den Fachmann auf der Suche nach einer Problemlösung war deshalb der in den Schriften E3, E3a und E6 jeweilig gelehrte Stand der Technik, insbesondere die Schrift E3a, auch wenn diese die beanspruchte Kombination der Spektralbereiche „rot und grün“ nicht ausdrücklich offenbart, weil sie die LED-Farbe „grün“ nicht erwähnt. Insoweit ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die erfindungsgemäße Weiterbildung insoweit keinen unterschiedlichen Konstruktionsaufwand für die Beleuchtungseinrichtung bedingt und aus den genannten Gründen auch die von Beklagten vertretene Auffassung nicht zutrifft, dass die E3a keine Kultivierung von phototrophen Zellkulturen anspreche, sondern nur die Massenaufzucht von Pflanzen, und deshalb wegen dieser unterschiedlichen Zielsetzung die E3a nicht ohne rückschauende Betrachtung herangezogen werden könne.
So sind in der Schrift E3a LED’s mit den Farben blau und rot konkret genannt. Der Fachmann kannte jedoch am Anmeldetag allgemein LED’s, die andere Farben, wie auch z. B. grün (oder gelb, weiss, UV, Infrarot), abstrahlen und wurde in der E3a auch ausdrücklich auf einen Einsatz zur Kultvierung von „phototrophen Zellkulturen“ hingewiesen. Dabei sucht der Fachmann für den gewünschten Zweck selbstverständlich diejenige Farbe aus, die er bebenötigt, wobei die einzelne Farben und ihre jeweilige Wirkung auf phototrophe Zellkulturen oder Pflanzen dem Fachmann grundsätzlich bekannt sind und auch unbestritten im Anmeldezeitpunkt bekannt waren. Die nach den Merkmalen M3a und N5a getroffene spezielle Auswahl der Farben „rot und grün“ stellt somit eine rein handwerkliche Maßnahme dar, die auch der Patentgegenstand nach Anspruch 1 erteilter Fassung dem Fachmann überläßt, ebenso wie in der Beschreibung des Streitpatents nur anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele einzelne Farbkombination konkret genannt sind und ihre mögliche Verwendung aufgezeigt wird (vgl. Streitpatent, Abs. [0025]-[0029]).
Außerdem sind in der Schrift E3a (vgl. Seite 601, linke Spalte) auch Algen als zu beleuchtende Objekte genannt, zu denen der Fachmann Rot-, Grün- und Braunalgen (entsprechend der Mischfarbe aus rot und grün) zählt und somit direkte Hinweise auf die Farben rot und grün erhält, die für diese Algen von Bedeutung sind.
3. Patentansprüche 1 und 5 erteilter Fassung
Auch die hilfsweise verteidigten Patentansprüche 1 und 5 erteilter Fassung erweisen sich nicht als patentfähig.
Die Merkmale der erteilten Patentansprüche 1 und 5 sind auch in den enger gefassten Patentansprüchen 1 und 5 gemäß Hauptantrag vollständig enthalten. Nachdem letztere, wie oben zum Hauptantrag ausgeführt, nicht neu im Vergleich mit dem Stand der Technik nach der Schrift E3a sind, trifft dies auch für die erteilten Patentansprüche 1 und 5 zu.
4. Verfahrensansprüche 5 bis 9 nach Hauptantrag:
Auch soweit die Beklagte das Streitpatent hilfsweise mit den Patentansprüchen 5 bis 9 erteilter Fassung verteidigt, erweisen sich diese als nicht patentfähig.
Der Verfahrensanspruch 5 gemäß Hauptantrag ist, wie bereits oben zum Hauptantrag abgehandelt wurde, nicht neu gegenüber dem aus der Schrift E3a bekannten Stand der Technik.
Weiterhin stellen die in den Unteransprüchen 6, 8 und 9 beanspruchten speziellen Farben der LED’s eine rein handwerkliche Maßnahme bzw. lediglich eine Materialauswahl dar, die der Fachmann nach Belieben zum jeweiligen Zweck ergreifen wird, wobei diese Farben allgemein bekannt sind (vgl. dazu auch die Ausführungen zum Hilfsantrag 1 und die in der E3a genannten Farben).
Die im Unteranspruch 7 beanspruchte Ansteuerung der LED’s in gleicher Intensität liegt ebenfalls im Fachwissen und Belieben des Fachmanns und kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen. Dies belegt auch die Schrift E3a, wonach bereits die Ansteuerung der Intensität der einzelne LED’s (light intensity) über einen Driver erfolgt (vgl. die Seiten 604 bis 606 rechte Spalte oben: „to adjust the intensity of red and/or blue light seperateley“) und der Fachmann jede Intensität der LED’s nach Belieben und dem jeweiligem Zweck entsprechend einstellen kann und wird.
Die auf den Nebenanspruch 5 rückbezogenen Gegenstände der Unteransprüche 6 bis 9 gemäß Hauptantrag beruhen somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns.
5. Verfahrensansprüche 5 bis 9 gemäß erteilter Fassung:
Das oben Gesagte gilt in entsprechender Weise auch für den erteilten Verfahrensanspruch 5, da dessen Merkmale auch im enger gefassten Verfahrensanspruch 5 gemäß Hauptantrag enthalten sind, und für die erteilten Unteransprüche 6 bis 9, da sie im Wortlaut den Unteransprüchen 6 bis 9 gemäß Hauptantrag entsprechen, aber ebenfalls auf den weiter gefassten Anspruch 1 erteilter Fassung rückbezogen sind.
V.
Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 1 Abs. 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 PatG, 709 ZPO.