Entscheidungsdatum: 19.06.2018
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das europäische Patent 2 402 268
(DE 50 2006 013 089)
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung am 19. Juni 2018 durch den Vorsitzenden Richter Engels, die Richterin Kopacek, die Richter Dr.-Ing. Krüger und Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder sowie den Richter Dipl.-Ing. Univ. Gruber
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 2 402 268 wird für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung hinausgeht:
1. Verwendung eines endlos ausgeführten Riemens in einer Transportiereinrichtung zum Transportieren von Gefäßen (5) in einer Gefäßinspektionsmaschine, der zusammen mit einem gegenüberliegenden weiteren Riemen Gefäße ohne Bodenberührung reibschlüssig klemmt und transportiert und der einen Treibriemen (11) und eine mit den Gefäßen in Eingriff bringbare Auflage (14) umfasst, wobei der Treibriemen (11) auf der von der Auflage wegweisenden Seite eine Antriebsverzahnung und einen vorzugsweise mittig verlaufenden Längssteg aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Auflage (14) aus einem elastischen Material mit geschlossener Oberfläche gebildet wird, und dass die Auflage und darauf erhaben ausgeformte Elemente (13) aus einem sterilisierbaren Material bestehen, dass die mit den Gefäßen (5) in Eingriff bringbare Oberfläche der Auflage (14) aus einer Vielzahl von sägezahnförmig geformten Elementen (13) gebildet wird, dass alle die Oberfläche der Auflage (14) bildenden Elemente (13) in ihrer Gesamtheit einstückig ausgebildet sind, dass die Elemente (13) mit gleichmäßigen Abständen in wenigstens einer längs zur Förderrichtung verlaufenden Reihe angeordnet sind, dass die Elemente (13) in mehreren, quer zur Förderrichtung versetzten Reihen angeordnet sind, und dass die Elemente (13) benachbarter Reihen längs zur Förderrichtung versetzt angeordnet sind.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte 4/5 und die Klägerin 1/5.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 2 402 268, deutsches Aktenzeichen DE 50 2006 013 089 (Streitpatent), das am 29. November 2006 unter Beanspruchung der Priorität DE 202005019111 U vom 6. Dezember 2005 angemeldet worden ist. Das Streitpatent mit der Bezeichnung „Riemen zum Transportieren von Gefässen“ umfasst 12 Patentansprüche, die sämtlich angegriffen sind.
Der erteilte Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Deutsch:
1. Transporteinrichtung zum Transportieren von Gefäßen (5) mit einem Riemen (6, 6´), der einen Treibriemen (11) und eine mit den Gefäßen in Eingriff bringbare Auflage (14) umfasst,
wobei der Treibriemen (11) auf der von der Auflage wegweisenden Seite eine Antriebsverzahnung und ggf. einen vorzugsweise mittig verlaufenden Längssteg aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Auflage (14) aus einem elastischen Material mit geschlossener Oberfläche gebildet wird, und dass die Auflage und darauf erhaben ausgeformte Elemente (13) aus einem sterilisierbaren Material bestehen.
Wegen des Wortlauts der ebenfalls eine Transportiereinrichtung betreffenden und auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 12 wird auf die Streitpatentschrift in der B1-Fassung verwiesen.
Die Klägerin hat in der Klageschrift geltend gemacht, der in den Patentansprüchen enthaltene Gegenstand sei gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. 52 bis Art. 57 EPÜ nicht patentfähig, d. h. nicht neu und nicht erfinderisch und damit in vollem Umfang für nichtig zu erklären. Bezüglich der nunmehr verteidigten Fassungen des Streitpatents gemäß neuem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 4 macht die Klägerin darüber hinaus geltend, dass diese auch unzulässige Erweiterungen aufwiesen und bereits deshalb die insoweit verteidigten Fassungen unzulässig seien.
Die Klägerin stützt ihr Vorbringen auf die folgenden Dokumente:
NK1 Streitpatentschrift EP 2 402 268 B1
NK2 Registerauszug DE 50 2006 013 089.0
NK3 Merkmalsgliederung Patentanspruch 1 des Streitpatents
NK4 Original-Transportriemen 50 T 10 / 4.800 V (Muster)
NK5 Kopien aus dem Katalog 2015/2016 der Klägerin, S. 402
NK6 Privatgutachten in Form eines „Expressgutachtens Premium zum Stand der Technik“ des Österreichischen Patentamts vom 23.09.2016
D1 DE 298 21 826 U1
D2 US 3,237,757
D3 GB 1 538 275
D4 US 3,245,518
D5 Katalog 2004 der O… GmbH, S. 206, 207
D6 Katalog 2005 der O… GmbH, S. 258, 259
D7 Anfrage, Angebote, Bestellung, Auftragsbestätigung, Lieferschein und Rechnung betreffend den Transportriemen Typ 4 gemäß Dokument D5, S. 207 bzw. Dokument D6, S. 259
D8 Fotos betreffend den Transportriemen Typ 4 gemäß Dokument D5, S. 207, bzw. Dokument D6, S. 259
D9 Bestellung, Auftragsbestätigung, Lieferschein und Rechnung betreffend den Transportriemen 50 T 10 / 4.800 V der N… GmbH
D10 Fotos betreffend den Transportriemen 50 T 10 / 4.800 V der N… GmbH
D11 Lieferschein und Rechnung der Druckerei K… GmbH betref- fend die Auslieferung von Katalogen an die O… GmbH (2004)
D12 Lieferschein und Rechnung der O… GmbH über den Versand u. a. eines Ersatzteilkatalogs an die Firma O1… GmbH & Co. KG in S… (2004);
UPS-Dokumentation zur Warenübernahme;
Lieferschein und Rechnung über den Versand eines Ersatzteilkatalogs an die Firma R… (2004);
UPS-Dokumentation zur Warenübernahme
D13 Fotos von der drinctec 2005 World Fair for Beverage Technology (12. bis 17.09.2005 in München)
D14 Schriftliche Versicherung von Herrn N1…
D15 Anlagenkonvolut zum Nachweis des Einsatzes von Transportriemen wie Typ 4 (s. D5) in Heuft-Inspektoren bei der Firma S1… GmbH & Co. KG
D16 Schriftliche Erklärung von Herrn S2…
D17 Vergrößerte Darstellung des Zahnriemens Typ 4, S. 207 des Katalogs gemäß D5
D18 Vergrößerte Darstellung des Fotos Nr. 3 aus Dokument D8
D19 Auszug aus dem Katalog der Firma R1… GmbH in R2… aus dem Jahr 1990
D20 Vergrößerung des Fotos Nr. 3 aus dem Dokument D10
D21 Anlagenkonvolut zum Nachweis der Bestellung eines Riemens 25 T 5 / 1.380 V der Beklagten bei der Firma N… vom 21.12.2004
D22 Schriftliche Versicherung von Herrn N1…
D23 Anlagenkonvolut u. a. mit einem Auszug aus dem Katalog der Firma S3… S.p.A., 1997, S. 3–5
D24 Eidesstattliche Versicherung von Herrn K1…
D25 Eidesstattliche Versicherung von Herrn K2…
D26 Ersatzteilliste aus Betriebsanleitung aus dem Jahr 2001
D27 Ausdruck vom 27.11.2017 betreffend Zahnriemenband 50 T 10 / 4.800 V.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, ausgehend von einer aus D1 bekannten Transportiereinrichtung, bei der der Riemen auf seiner zu den Gefäßen weisenden Seite eine Auflage habe, welche aus einem elastischen Schwammkörper mit Schwammblöcken gebildet sei und das Schwammmaterial als PUR-Integralschaum angegeben werde, sehe es das Streitpatent als nachteilig an, dass eine solche Schwammauflage aufgrund der weitgehend offenen Porenstruktur für eine aseptische Umgebung nicht geeignet sei. Dem Streitpatent liege daher die Aufgabe zugrunde, einen für erhöhte hygienische Anforderungen geeigneten Riemen anzugeben, d. h. ein Material auszuwählen, das für ein Arbeiten in aseptischer Umgebung geeignet sei. Eine aseptische Umgebung werde beispielsweise in Abgabelinien für Getränke und Lebensmittel benötigt.
Eine Transportiereinrichtung gemäß dem Anspruch 1 nach Hauptantrag sei nicht patentfähig, da diese Lehre für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents nahegelegen habe. Dies ergebe sich aus den Schriften D1 bis D4 sowie aufgrund der offenkundigen Vorbenutzungen (vgl. D5 bis D23). Insbesondere sei ein Haifisch-Profil, auch Sägezahnprofil genannt, bereits ein um 1990 auf dem Markt verfügbares Standardprofil für die Auflage von Transportbändern gewesen. Demgemäß sei das Haifisch-Profil als Beschichtungsmaterial zum Herstellen von Transportbändern verwendet worden, was auch der Beklagten zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents bekannt gewesen sei. Auch ein paarweises gegenüberliegendes Anordnen von Riemen als solches und zum bodenfreien Führen des zwischen den Riemen in Eingriff bringbaren Gefäßes sei seit langem Stand der Technik, wie beispielsweise in D1 (Fig. 1 mit Beschreibung S. 3 Mitte bis S. 4 oben) identisch beschrieben. Ferner sei aus den Dokumenten D15 und D16 bis D18 der offenkundige Einsatz eines sog. „Heuft-Riemens“ (HPK 022275 ST) nachgewiesen, welcher dem von der Nichtigkeitsklägerin gelieferten Riemen des Typs 4 entspreche (vgl. D5, S. 207; D7 und D9). Die von der Beklagten behauptete Erkenntnis der Eigenschaften eines Haifischzahnprofils im Hinblick auf den punktuellen Druck sei nicht überraschend. Dies gelte auch in Bezug auf die Verbindung eines Haifischzahn-Profils mit einem Antriebsriemen mit Längssteg. Dies begründe daher keine erfinderische Tätigkeit. Ferner sei weder die von der Beklagten angesprochene Drehung der Flasche eine Besonderheit, die mit dem Riemen verbunden sei, noch sei zutreffend, dass in Verbindung mit dem Schwammriemen weniger Flaschen zerbrochen würden.
Auch soweit das Streitpatent mit den Hilfsanträgen 1 bis 4 verteidigt werde, seien die jeweiligen Anspruchsfassungen nicht zulässig bzw. nicht patentfähig. Insbesondere habe sich für den Fachmann der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 aus D1 in Kombination mit D5 und in Kombination mit D10 und D23 naheliegend ergeben.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das europäische Patent 2 402 268 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent gemäß Hauptantrag vom 19. Juni 2018 verteidigt wird, hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 vom 19. Juni 2018 verteidigt wird.
Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
Transportiereinrichtung zum Transportieren von Gefäßen (5) mit einem endlos ausgeführten Riemen (6, 6‘), wobei die Transportiereinrichtung Gefäße durch paarweise gegenüberliegende Anordnung von Riemen in einer Gefäßinspektionsmaschine ohne Bodenberührung reibschlüssig klemmt und transportiert und,
der einen Treibriemen (11) und eine mit den Gefäßen in Eingriff bringbare Auflage (14) umfasst, wobei der Treibriemen (11) auf der von der Auflage wegweisenden Seite eine Antriebsverzahnung und ggf. einen vorzugsweise mittig verlaufenden Längssteg aufweist, dadurch gekennzeichnet,
dass die Auflage (14) aus einem elastischen Material mit geschlossener Oberfläche gebildet wird, und dass die Auflage und darauf erhaben ausgeformte Elemente (13) aus einem sterilisierbaren Material bestehen, dass die mit den Gefäßen (5) in Eingriff bringbare Oberfläche der Auflage (14) aus einer Vielzahl von sägezahnförmig geformten Elementen (13) gebildet wird, dass alle die Oberfläche der Auflage (14) bildenden Elemente (13) in ihrer Gesamtheit einstückig ausgebildet sind,
dass die Elemente (13) mit gleichmäßigen Abständen in wenigstens einer längs zur Förderrichtung verlaufenden Reihe angeordnet sind, dass die Elemente (13) in mehreren, quer zur Förderrichtung versetzten Reihen angeordnet sind, und dass die Elemente (13) benachbarter Reihen längs zur Förderrichtung versetzt angeordnet sind.
Hinsichtlich der Fassung nach Hilfsantrag 1 wird auf den Urteilsausspruch verwiesen, im Übrigen wird hinsichtlich des weiteren Anspruchswortlauts der Patentansprüche 2 bis 5 nach Hauptanspruch sowie der Fassungen nach den Hilfsanträgen 2 bis 4 auf die Anlage 2 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2018 verwiesen.
Die Beklagte tritt den Ausführungen entgegen und erachtet das Streitpatent in der ausschließlich beschränkt verteidigten Fassung gemäß neuem Hauptantrag mit den Ansprüchen 1 bis 5 bzw. gemäß dem einzigen Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 sowie in den nach den Hilfsanträgen 2 bis 4 verteidigten Fassungen für patentfähig.
Bezüglich des Vorwurfs der Unklarheit von Anspruch 1 und der Zulässigkeit der danach beanspruchten Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag vertritt die Beklagte die Auffassung, der Fachmann werde den Anspruchswortlaut so lesen, dass er sich nicht nur auf einen Riemen beziehe und das Wort „der“ durch das Wort „Riemen“ ergänzen.
Die Beklagte führt zum Angriff wegen fehlender Patentfähigkeit aus, dass weder der druckschriftliche Stand der Technik noch die behaupteten Vorbenutzungen einen Transportriemen gemäß Streitpatent offenbarten noch nahelegten. Zu den Dokumenten D2 bis D4 bestehe der wesentliche Unterschied zum erteilten Anspruch schon darin, dass alle dort beschriebenen Transportriemen zum liegenden Transport von Gegenständen ausgebildet seien und nicht in der Lage seien, im Sinne des Merkmals 1.2 (nachfolgender Gliederungspunkt M3) des Streitpatents mit Gefäßen in Eingriff gebracht zu werden. Auch aus der Zusammenschau der D2 bis D4 erhalte der Fachmann keine Hinweise auf die Ausgestaltung des Transportriemens gemäß Streitpatent. Zudem sei unabhängig davon, dass sich sowohl der Riemen Typ 4 (D5) als auch der Riemen 50 T 10 / 4.800 V (D10) vom beanspruchten Gegenstand deutlich unterschieden, der Vortrag zur Offenkundigkeit insgesamt nicht schlüssig und werde daher bestritten.
Der von der Klägerin gewählte Ausgangspunkt des sog. „Heuft-Squeezers“ sei schon deshalb ungeeignet, weil er nicht im Zusammenhang mit der Erfindung stehe, sondern einen Transport von befüllten Flaschen betreffe, die auf einem Boden stehend befördert würden, wobei die Bänder nur die Funktion hätten, die Flaschen anzudrücken. Als Ausgangspunkt sei daher die D1 zu wählen, welche die vergleichbare Problemstellung gehabt habe, nur beim hängenden Transport. Zur Problemlösung habe die D1 die glatte schwammartige Oberfläche mit kleinen Einschnitten gewählt. Außer dem im Patent angesprochenen Hygieneproblem habe auch das Problem einer ausreichenden Haftung bestanden, insbesondere wenn die schwammartige Oberfläche nass gewesen sei und deshalb weniger Transportsicherheit bestanden habe.
Die Erfindung habe sich die überraschende Erkenntnis zunutze gemacht, dass man mit dem erfindungsgemäßen Profil einerseits eine ausreichend flächige Verbindung zu den zu transportierenden Gefäßen schaffen könne, andererseits aber durch die punktuelle Berührung ausreichend Haltedruck erzeugen könne, damit die Flaschen zuverlässig in der Höhe geführt werden könnten. Es sei unbestritten, dass es die Haifischprofilauflagen im Stand der Technik bereits für alle möglichen Einsatzbereiche, auch für die Lebensmitteltechnologie, gegeben habe, jedoch nur für den liegenden Transport. Ferner sei beim Haifischzahnprofil nicht bekannt gewesen, dass ein Riemen mit Längssteg verwendet werde, da die gezeigten Profile nur einen liegenden Transport betroffen hätten. Der Längssteg mache das Haifischprofil erst geeignet für den hängenden Transport. Dem Fachmann habe ausgehend von der D1 der Hinweis auf die Verwendung eines Haifischzahnprofils gefehlt, zumal es eine besonders große Bandbreite von Profilen gegeben habe. Der Vorteil eines Haifischzahnprofils habe u. a. darin bestanden, dass trotz hoher Reibung wenig Verformung am Profil eingetreten sei und die Bänder deshalb sehr lange nutzbar gewesen seien. Die Integration des Führungsstegs in den Riemen durch Koextrusion bringe erhebliche Vorteile, weil sich zuvor nach gewisser Betriebszeit der Führungssteg gelöst habe und die Haltbarkeit des Riemens eingeschränkt gewesen sei. So habe beim Schwammriemen eine beschädigte Flasche ausgereicht, um den Riemen zu zerstören. Durch die Ausgestaltung der Zähne werde die Kraftrichtung bestimmt, was insbesondere wichtig für die Beförderung sei, aber auch für die Inspektion sowie für die Standzeit.
Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt allen Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2018 verwiesen.
Vor Erhebung der Nichtigkeitsklage hat die hiesige Beklagte beim Landgericht Mannheim am 11. Februar 2016 eine Verletzungsklage wegen einer vermeintlichen Verletzung des Streitpatents gegen die hiesige Klägerin eingereicht (Az. 2 O 35/16). Das Verfahren ist nach mündlicher Verhandlung am 25. Oktober 2016 im Einvernehmen mit den Parteien durch Beschluss ausgesetzt worden.
Der Senat hat den Parteien einen frühen qualifizierten Hinweis vom 27. September 2017 nach § 83 Abs. 1 PatG zugeleitet (vgl. Bl. 234 ff. d. A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
Die zulässige Klage hat insoweit Erfolg, als das Streitpatent für nichtig zu erklären ist, soweit es von der Beklagten nicht verteidigt worden ist und soweit es über die von der Beklagten mit Hilfsantrag 1 beschränkt verteidigte Fassung hinausgeht, denn der Gegenstand des Streitpatents in der mit dem Hauptantrag beschränkt verteidigten Fassung ist unzulässig erweitert (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG; Art. 138 Abs. 1 lit. c) und damit bereits in unzulässiger Weise geändert. Die weitergehende Klage ist hingegen unbegründet, denn in der Fassung nach Hilfsantrag 1 hat das Patent Bestand. Auf die Zulässigkeit und die Patentfähigkeit der weiteren Hilfsanträge 2 bis 4 kam es daher nicht mehr an.
I.
1. Gegenstand des erteilten Patents ist eine Transportiereinrichtung zum Transportieren von Gefäßen (Abs. 0001 PS). Absatz 0002 PS führt fort, dass entsprechende Riemen einer solchen Transportiereinrichtung zum Transportieren von Gefäßen oder dergleichen Gegenständen aus der D1 (DE 298 21 826 U1) bekannt sind und zum bodenfreien Transportieren von Flaschen in Inspektionsmaschinen oder anderen Gefäßbehandlungsmaschinen diese Riemen durch eine paarweise gegenüberliegende Anordnung zur Bildung eines Flaschenförderkanals verwendet werden. Ihr gegenseitiger Zwischenabstand ist zumindest geringfügig kleiner gewählt als der Außendurchmesser der Flaschen. Dadurch können in diesen Flaschenkanal eintretende Flaschen seitlich zwischen den elastischen Riemen eingeklemmt und im weiteren Verlauf reibschlüssig gefördert werden.
In der Streitpatentschrift wird ausgeführt, dass die hierfür bislang zum Einsatz kommenden Riemen aus einem Zahnriemen mit einer einseitig angeformten Verzahnung und einer auf der gegenüberliegenden Seite angeordneten elastischen Schwammauflage bestehen, die mit den Flaschen reibschlüssig in Eingriff gebracht wird (siehe Fig. 2). Um eine exakte vertikale Führung des auf einer geschlossenen Bahn in einer horizontalen Ebene umlaufenden endlosen Riemens zu gewährleisten, besitzt dieser auf seiner (antriebsseitig) verzahnten Seite eine in etwa in der Mitte der Zähne längs zur Transportrichtung durchgehend verlaufende Stegleiste (Abs. 0003 PS).
schematisch (Flaschen 5, Riemen 6)
Fig. 2 D1:
Senkrechter Schnitt durch einen Schwammriemen 6 gem. D1, Fig. 1
Die erwähnte Schwammauflage weist eine weitgehend offene Porenstruktur auf, in die Wasser, Reinigungsmittel, Bakterien, Hefesporen, Schmutz und andere unerwünschte Stoffe eindringen und verbleiben können. Die Streitpatentschrift weist darauf hin, dass dieser Umstand insbesondere in aseptisch arbeitenden Abfülllinien für Getränke oder Lebensmittel nicht tragbar sei, da hier keimfreie Gefäße wie Flaschen aus Glas oder Kunststoff einem dem Befüllungsprozess vorangehenden Inspektionsschritt zur Überprüfung der leeren Gefäße unterzogen würden und dabei vorkeimt werden könnten (Abs. 0004 PS).
2. Aufgabe der Erfindung sei es daher, einen für erhöhte hygienische Anforderungen geeigneten Riemen zum Transportieren von Gefäßen oder dgl. in Behandlungsmaschinen anzugeben (Abs. 0005 PS), der objektiv über weitere, bessere Eigenschaften (erhöhte Wirtschaftlichkeit durch gesteigerte Verschleißfestigkeit und geringere Herstellungskosten) verfüge als bekannte Riemen.
3. Die Aufgabe werde gelöst durch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 (Abs. 0006 PS).
Die Fig. 2 PS zeigt einen Riemen mit anspruchsgemäßer Treibriemenseite (Zahnriemen 11, Stegleiste 12), Fig. 3 PS zeigt dagegen eine anspruchsgemäße Auflage (elastische Elemente 13, Auflage 14).
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen
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In der Streitpatenschrift wird hierzu in den Abs. 0029–0030 ausgeführt, dass das Grundgerüst des Riemens nach Fig. 2 durch einen Zahnriemen 11 als Treibriemen gebildet wird, der auf halber Höhe eine in Längsrichtung verlaufende, elastische Stegleiste 12 zur Höhenführung des Riemens aufweist. An der von der Verzahnung wegweisenden Seite des Zahnriemens 11 ist eine elastische Auflage 14 angeordnet, die mehrere in gleichmäßigen Abständen längs zur Riemenerstreckung angeordnete sägezahnförmig ausgebildete elastische Elemente 13 aus PVC aufweist. Diese Sägezähne besitzen eine in Laufrichtung schräg nach vorne gerichtete Vorderflanke und weisen eine entgegengesetzt zur Laufrichtung weisende, rechtwinklig zum Treibriemen ausgerichtet verlaufende Hinterflanke auf.
Auch die Auflage 14 des Riemens nach Fig. 3 besitzt eine aus einer Vielzahl ebenfalls aus sägezahnartig geformten elastischen Elementen 13 gebildete, in sich einstückige und eine durchgehend geschlossene Oberfläche aufweisende Struktur. Die Elemente sind hier allerdings in drei übereinander liegenden Reihen angeordnet und in jeweils benachbarten Reihen mit einem dem halben Teilungsabstand des innerhalb einer Reihe von Elementen vorliegenden Teilungsrasters versetzt positioniert. Das Teilungsmaß T zwischen zwei aufeinanderfolgenden Sägezähnen in einer Reihe kann deren doppelter Breite entsprechen, d. h. es bestehen Zwischenräume mit der Breite eines Sägezahns. Das Teilungsmaß T liegt bevorzugt im Bereich von 20–30 mm.
Der auf eine Transportiereinrichtung mit einem entsprechenden Riemen gerichtete Anspruch 1 nach Hauptantrag (Abkürzung „Ha“) und der einzige, auf eine Verwendung eines solchen Riemens gerichtete Anspruch nach Hilfsantrag 1 (Abkürzung „Hi“) lauten in einer gegliederten Fassung wie folgt (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung durch Kennzeichnung hervorgehoben):
HaM1 Transportiereinrichtung zum Transportieren von Gefäßen (5) mit einem endlos ausgeführten Riemen (6, 6‘), HiM1 Verwendung eines endlos ausgeführten Riemens in einer Transportiereinrichtung zum Transportieren von Gefäßen (5) in einer Gefäßinspektionsmaschine,
HaM2 wobei die Transportiereinrichtung Gefäße durch paarweise gegenüberliegende Anordnung von Riemen in einer Gefäßinspektionsmaschine ohne Bodenberührung reibschlüssig klemmt und transportiert und , HiM2 der [Riemen] zusammen mit einem gegenüberliegenden weiteren Riemen Gefäße ohne Bodenberührung reibschlüssig klemmt und transportiert und
M3 der einen Treibriemen (11) und eine mit den Gefäßen in Eingriff bringbare Auflage (14) umfasst,
M4 wobei der Treibriemen (11) auf der von der Auflage wegweisenden Seite eine Antriebsverzahnung und
M5 ggf. einen vorzugsweise mittig verlaufenden Längssteg aufweist,
dadurch gekennzeichnet,
M6 dass die Auflage (14) aus einem elastischen Material mit geschlossener Oberfläche gebildet wird, und
M7 dass die Auflage und darauf erhaben ausgeformte Elemente (13) aus einem sterilisierbaren Material bestehen,
M8 dass die mit den Gefäßen (5) in Eingriff bringbare Oberfläche der Auflage (14) aus einer Vielzahl von sägezahnförmig geformten Elementen (13) gebildet wird,
M9 dass alle die Oberfläche der Auflage (14) bildenden Elemente (13) in ihrer Gesamtheit einstückig ausgebildet sind,
M10 dass die Elemente (13) mit gleichmäßigen Abständen in wenigstens einer längs zur Förderrichtung verlaufenden Reihe angeordnet sind,
M11 dass die Elemente (13) in mehreren, quer zur Förderrichtung versetzten Reihen angeordnet sind, und
M12 dass die Elemente (13) benachbarter Reihen längs zur Förderrichtung versetzt angeordnet sind.
4. Als für den vorliegenden Patentgegenstand sowohl nach Hauptantrag wie auch nach Hilfsantrag 1 berufenen Fachmann sieht der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau (Abschluss Diplom (FH) oder vergleichbar), der über eine mehrjährige Erfahrung im Bereich Konstruktion und Entwicklung von Förderanlagen verfügt.
II.
Aufgrund der nach Art. 69 Abs. 1 EPÜ maßgeblichen Auslegung des Inhalts der Patentansprüche und der sich am technischen Sinn- und Gesamtzusammenhang der Patentschrift orientierenden Betrachtung und Auslegung der Patentansprüche durch den angesprochenen Fachmann legt der Senat den nachfolgenden erläuterungsbedürftigen Merkmalen folgendes Verständnis zu Grunde:
1. Die erfindungsgemäß gelehrte Transportiereinrichtung zum Transportieren von Gefäßen (5) ist in der Streitpatentschrift nicht näher definiert, setzt aber zumindest das Vorhandensein eines Riemens voraus, der nach dem erteilten Anspruch 1 endlos ausgeführt sein muss und einen Treibriemen (11) und eine mit den Gefäßen in Eingriff bringbare Auflage (14) umfasst. Der Treibriemen kann z. B. ein Zahnriemen sein, also ein Riemen mit einer einseitig angeformten Verzahnung (Abs. 0003, 0007 PS).
2. Bei dem auf eine Transportiereinrichtung gerichteten Anspruch 1 nach Hauptantrag muss diese Transportiereinrichtung nach Merkmal HaM1 zum Transport von Gefäßen geeignet sein und zwingend einen endlos aufgeführten Riemen aufweisen.
Die weiter im Merkmal HaM2 aufgeführten gegenüberliegenden Riemen betreffen dabei offensichtlich nicht zwingend den zuvor im Merkmal HaM1 angegebenen und in den Merkmalen M3 bis M12 weiter spezifizierten Riemen, da im Merkmal HaM2 kein Bezug zu diesem Riemen des vorhergehenden Merkmals vorhanden ist.
Das Merkmal M3 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist als Relativsatz mit dem einleitenden Relativpronomen „der“ ausgeführt, das sich nur auf ein grammatikalisch maskulines Substantiv rückbeziehen kann. Hierfür kommt nur der im Merkmal HaM1 aufgeführte Riemen in Frage. Da das Merkmal HaM2 nicht zwingend diesen Riemen des Merkmals HaM1 weiterbildet, spezifizieren die weiteren Merkmale M3 bis M12 einen Riemen, der nach den vorerläuterten Ausführungen zwar Bestandteil einer Transportiereinrichtung ist, jedoch nicht zwingend identisch sein muss mit einem der beiden im Merkmal HaM2 aufgeführten Riemen.
Anders verhält es sich dagegen bei den Merkmalen HiM1 und HiM2 des Hilfsantrags 1. Das ebenfalls als Relativsatz ausgeführte Merkmal HiM2 bezieht sich eindeutig auf den im Merkmal HiM1 angeführten Riemen zurück, der dort (HiM1) in einer Transportiereinrichtung zum Transportieren von Gefäßen in einer Gefäßinspektionsmaschine verwendet werden soll. Nur dieser eine Riemen, der nach Merkmal HiM2 zusammen mit einem nicht weiter spezifizierten, ihm gegenüberliegenden Riemen Gefäße ohne Bodenberührung reibschlüssig klemmt und transportiert, wird in den folgenden Merkmalen M3 bis M12 weiter definiert.
Gemäß den Merkmalen M3 und M4 weist der Riemen zwei Seiten auf:
- eine Seite mit einer mit den Gefäßen in Eingriff bringbaren Auflage, die in den Merkmalen M6 bis M12 weiter beschrieben wird;
- eine andere Seite, die den Treibriemen darstellt und die mit den Merkmalen M4 und M5 weiter ausgebildet wird.
Gemäß den Merkmalen M4 und M5 weist der Treibriemen eine Antriebsverzahnung auf und zwingend zusätzlich einen Längssteg. Dieser verläuft anspruchsgemäß aber lediglich vorzugsweise mittig.
Die Merkmale der Merkmalsgruppe M6 bis M10 umfassen noch beide in Fig. 2 und Fig. 3 PS dargestellten Ausführungsformen. Durch die Merkmalsgruppe M11 und M12 ist die Auflage des im Anspruch 1 nach Hauptantrag wie auch Hilfsantrag 1 aufgeführten Riemens aber auf eine Riemenauflage nach Art der Fig. 3 PS (siehe auch oben) beschränkt.
Für die mit den Gefäßen „in Eingriff bringbare Auflage“ entsprechend Merkmal M3 aus einem „elastischem Material“ (Merkmal M6) genügt eine reibschlüssige Verbindung und damit eine geringe Verformung. Der Fachmann weiß, dass sich elastisches Material bei Krafteinwirkung verformt, aber wieder seine ursprüngliche Form annimmt, wenn keine Kraft mehr einwirkt. Unter der nach Merkmal M6 „geschlossenen Oberfläche“ der Auflage ist erfindungsgemäß eine porenfreie Oberfläche zu verstehen (vgl. Abs. 0007 PS).
Gemäß Merkmal M7 der verteidigten beschränkten Fassungen, wie auch nach Anspruch 1 erteilter Fassung, bestehen die Auflage und die darauf erhaben ausgeformte Elemente (13) aus einem sterilisierbaren Material. Abs. 0007 der Streitpatentschrift erläutert, dass ein sterilisierbares Material eine Behandlung mit Sterilisationsmitteln, wie Chemikalien, Dampf, UV-Bestrahlung oder Heißwasser ermöglicht, um überhaupt erst einen keimfreien, sterilen Zustand des Riemens herbeizuführen. Nach Abs. 0008 PS ist hierfür eine entsprechende chemische und thermische Beständigkeit für diese Aufgabe erforderlich. Grundsätzlich kommen aber alle entsprechenden Natur- und Kunstwerkstoffe in Betracht.
Merkmal M8 lehrt, ebenso wie der erteilte Anspruch 3 in einer der dortigen Alternativen, dass die mit den Gefäßen (5) in Eingriff bringbare Oberfläche der Auflage (14) aus einer Vielzahl von sägezahnförmig geformten Elementen (13) gebildet wird. Da das Ausführungsbeispiel nach PS, Fig. 3, nicht nur aus Sägezähnen besteht (anders als PS, Fig. 2), bedeutet „wird gebildet“, dass zumindest Lücken zwischen den Sägezähnen vorhanden sein können.
Merkmal M9 lehrt, wie bereits auch der erteilte Anspruch 4, dass alle die Oberfläche der Auflage (14) bildenden Elemente (13) in ihrer Gesamtheit einstückig ausgebildet sind. Was damit gemeint ist, gibt Abs. 0030 in Verbindung mit Fig. 3 der Streitpatentschrift wieder. Es sind alle Elemente der Auflage gemeint (nicht nur die Sägezähne).
Merkmal M10 fordert, wie bereits auch Anspruch 5 erteilter Fassung, dass die Elemente (13) mit gleichmäßigen Abständen in wenigstens einer längs zur Förderrichtung verlaufenden Reihe angeordnet sind.
Merkmal M11 konkretisiert dies dahingehend, ebenso wie der erteilte Anspruch 6, dass die Elemente (13) in mehreren, quer zur Förderrichtung versetzten Reihen angeordnet sind.
Merkmal M12 fordert schließlich, ebenso wie Anspruch 7 erteilter Fassung, dass die Elemente (13) benachbarter Reihen längs zur Förderrichtung versetzt angeordnet sind. Damit müssen die Elemente (sämtlicher quer) benachbarter Reihen versetzt angeordnet sein.
III.
Die auf den Klagegrund fehlender Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG; Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ) gestützte Klage hat teilweise Erfolg, soweit das Streitpatent im Hinblick auf die erteilte Fassung nicht verteidigt worden ist und deshalb ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären war. Soweit das Streitpatent in der Fassung nach Hilfsantrag 1 verteidigt worden ist, hat das zulässig beschränkte Streitpatent jedoch Bestand und die Klage war abzuweisen, während sich die beschränkte Verteidigung des Streitpatents nach Hauptantrag bereits im Hinblick auf die Unzulässigkeit dieser Fassung als nicht erfolgreich erwies.
1. Patentanspruch 1 nach Hauptantrag
Anspruch 1 des Hauptantrags erweist sich bereits als nicht zulässig geändert und damit einer zum möglichen Bestand führenden Sachprüfung nicht zugänglich, da der Patentgegenstand nach Anspruch 1 eine unzulässige Erweiterung des Inhalts der Anmeldung und damit den Nichtigkeitsgrund nach Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜbkG begründet sowie gegen Art. 123 Abs. 2 EPÜ verstößt.
1.1. Nach Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜbkG ist ein europäisches Patent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären, wenn sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Entsprechend darf nach Art. 123 Abs. 2 EPÜ das Patent nicht in der Weise geändert werden, dass der Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Der danach maßgebliche Inhalt der Anmeldung ist anhand der Gesamtheit der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu ermitteln.
1.2. Nach ständiger Rechtsprechung gehört zum Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung nur das, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen unmittelbar und eindeutig als zu der zum Patent angemeldeten Erfindung gehörend zu entnehmen ist (BGH GRUR 2015, 573 – Wundbehandlungsvorrichtung, GRUR 2016, 50 – Teilreflektierende Folie). Eine unzulässige Erweiterung liegt erst vor, wenn der Gegenstand des Patents sich für den Fachmann erst aufgrund eigener, von seinem Fachwissen getragener Überlegungen ergibt, nachdem er die ursprünglichen Unterlagen zur Kenntnis genommen hat, so wenn die Hinzufügung einen technischen Aspekt betrifft, der den ursprünglich eingereichten Unterlagen in seiner konkreten Ausgestaltung oder wenigstens in abstrakter Form nicht als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist (BGH GRUR 2013, 809 – Verschlüsselungsverfahren).
Zu berücksichtigen ist, dass das Erfordernis einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung dabei in einer Weise angewendet werden muss, die berücksichtigt, dass die Ermittlung dessen, was dem Fachmann als Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbart wird, wertenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der Voranmeldung vermeidet (BGH GRUR 2014, 542 – Kommunikationskanal). Innerhalb dieses Rahmens können deshalb – wie vorliegend – die Patentansprüche bis zur Erteilung weiter gefasst werden als in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen (BGH GRUR 2010, 910 – Fälschungssicheres Dokument, m. w. H.).
Zu beachten ist, dass der Fachmann sich nicht nur an dem Wortlaut der Unterlagen orientiert, sondern an dem mit der Erfindung im Hinblick auf die Nachteile des Standes der Technik verfolgten Zweck und an dem Lösungsvorschlag mit seinen Elementen (BGH GRUR 2008, 56 – Injizierbarer Mikroschaum) und dass die Anmeldungsunterlagen nach ihrem „objektiven“ Gehalt und dem darin unmittelbar und eindeutig offenbarten allgemeinsten Erfindungsgedanken auszulegen sind; die etwaigen subjektiven Vorstellungen des Erfinders bzw. Anmelders, wie sie in der Beschreibung oder in den Ausführungsbeispielen zum Ausdruck kommen, sind danach nicht entscheidend, selbst wenn sie abweichen sollten (siehe bereits Senat Urt. v. 19.6.2015, 4 Ni 4/14 (EP) unter Hinweis auf BGH GRUR 2008, 887 – Momentanpol II).
Deshalb ist es grundsätzlich zulässig, das Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale in den Patentanspruch zu beschränken, sofern die beanspruchte Kombination in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellt, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann, wenn die Merkmale eines Ausführungsbeispiels, die zusammen, aber auch je für sich den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung dienen (BGH GRUR 2016, 50 – Teilreflektierende Folie; GRUR 2015, 249 – Schleifprodukt; Senat Urt. v. 19.6.2015, 4 Ni 4/14 (EP)).
Auch ein „breit“ formulierter Anspruch kann deshalb als unbedenklich zu erachten sein, wenn sich ein in der ursprünglichen Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung – sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen – als zu der angemeldeten Erfindung gehörend zu entnehmen ist (BGH GRUR 2014, 970 – Stent; GRUR 2014, 542 – Kommunikationskanal; 2012, 1124 – Polymerschaum).
Unzulässig ist eine Verallgemeinerung hingegen insbesondere dann, wenn den ursprünglich eingereichten Unterlagen zu entnehmen ist, dass einzelne Merkmale in untrennbarem Zusammenhang miteinander stehen, der Patentanspruch diese Merkmale aber nicht in ihrer Gesamtheit vorsieht (BGH GRUR 2016, 1038 – Fahrzeugscheibe II; Beschl. v. 11. September 2001 – X ZB 18/00, GRUR 2002, 49 – Drehmomentübertragungseinrichtung).
1.3. So ist es vorliegend im Hinblick auf das Merkmal HaM2, wonach anspruchsgemäß bei der paarweisen gegenüberliegenden Anordnung von Riemen die zwei Riemen nicht mehr – und damit anders als in der Anmeldung und wie erteilt – zwingend in einer Umlaufebene liegen müssen.
Zwar führt das Merkmal HaM2 auf, dass Riemen paarweise gegenüberliegend angeordnet sind. Dies geht sowohl aus dem Anspruch 10 (OS/PS) hervor wie auch aus dem Abs. 0022 OS/PS und ist soweit in den Anmeldungsunterlagen wie auch im erteilten Patent offenbart.
Allerdings ist sowohl in der ursprünglichen Anmeldung (vgl. OS) wie auch im erteilten Patent (PS) ausschließlich offenbart, dass die wenigstens zwei mit Abstand gegenüberliegenden Riemen zwingend in einer Umlaufebene angeordnet sind (vgl. Abs. 0022 OS/PS sowie Anspruch 10 OS/PS). Denn durch die in der OS/PS ausschließlich in dieser Kombination vorliegende Angabe von gegenüberliegenden und in einer Umlaufebene liegenden Riemen kann der Fachmann auch nur von dieser Anordnung ausgehen, die diesbezüglich in einem engen funktionalen und untrennbaren Zusammenhang steht. Eine davon abweichende Variante, nämlich dass diese in der OS/PS offenbarten gegenüberliegenden Riemen nicht in einer Umlaufebene (sondern in unterschiedlichen Umlaufebenen) liegen könnten, ist für den Fachmann dagegen nicht erkennbar.
Anspruch 1 nach Hauptantrag umfasst dagegen mangels der Angabe, dass sich die zwei Riemen in einer Umlaufebene gegenüberliegen, auch eine Riemenanordnung, bei der sich die gegenüberliegenden Riemen nicht in einer Umlaufebene befinden, was zusätzlich dadurch verdeutlicht wird, dass die Forderung nach einer gemeinsamen Umlaufebene erstmals im Unteranspruch 3 (nach Hauptantrag) beansprucht wird. Da die vom Hauptantrag umfasste Variante von sich nicht gegenüberliegenden Riemen aber nicht ursprünglich offenbart ist, liegt mit der geltenden Anspruchsfassung – trotz Hinzunahme eines weiteren Merkmals zum erteilten Anspruch – eine nicht zulässige Zwischenverallgemeinerung vor (BGH, Beschl. v. 11. September 2001 – X ZB 18/00 – Drehmomentübertragungsvorrichtung).
IV.
In der gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 verteidigten Fassung hat das Streitpatent Bestand.
1. Der danach einzige Anspruch 1 ist zulässig, was die Klägerin auch nicht in Abrede gestellt hat. So stellt der vorliegende Kategoriewechsel von einer Vorrichtung („Transportiereinrichtung ...“) nach den erteilten Ansprüchen zu einer Verwendung eines anspruchsgemäßen Riemens eine in ständiger Rechtsprechung anerkannte beschränkende Änderung der Anspruchskategorie dar, dessen Gegenstand den bisherigen erteilten Patentgegenstand des Vorrichtungsanspruchs auf eine bestimmte Verwendung dieser Vorrichtung beschränkt.
Auch ist die Lehre einer Verwendung eines anspruchsgemäßen konkretisierten Riemens in einer Transportiermaschine mit den Merkmalen HiM1 und HiM2 sowohl in der Anmeldung als auch im Streitpatent als erfindungsgemäße Lehre offenbart, wie auch die nunmehr auf die Verwendung eines Riemens in einer Transportiermaschine gerichtete Lehre gegenüber der im erteilten Anspruch 1 gegenständlichen Transportiereinrichtung mit einem Riemen nicht auf eine andere technische Lehre oder einen gegenüber der erteilten Fassung erweiterten Erfindungsgegenstand gerichtet ist. Denn die Verwendung des Riemens ist zwingend auf eine solche (Verwendung) in einer Transportiereinheit zum Transportieren von Gefäßen gerichtet, welche (Transporteinheit) in der erteilten Fassung gleichfalls einen Riemen umfasste.
Die Merkmale dieser – bekannten – Transportiereinrichtung zum bodenfreien Transport von Flaschen in Inspektionsmaschinen sind im Merkmal HiM2 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 angegeben. Dass der im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 angeführte (erste) Riemen dabei endlos ausgeführt ist (Merkmal HiM1), lehrt Anspruch 9 erteilter Fassung. Die Merkmale M3 bis M7 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1, die die konkrete Ausgestaltung des Riemens angeben, sind ebenfalls bereits Gegenstand von Anspruch 1 erteilter Fassung. Die diesbezüglichen weiteren Merkmale M8 bis M12 gehen hervor aus den Ansprüchen 3 bis 7 der erteilten Fassung.
Das Argument der Klägerin, dass nicht klar sei, wie der gegenüberliegende Riemen ausgestaltet sei, z. B. ob dieser die gleiche Oberfläche wie der zuerst im Anspruch aufgeführte Riemen aufweisen müsse, berührt die Zulässigkeit des Anspruchs nicht, da auch jeweils im Anspruch 10 und 11 PS dieser gegenüberliegende Riemen nicht konkretisiert ist und hierdurch weder die Ausführbarkeit in Frage gestellt wird noch das insoweit weite Merkmal deshalb unklar i. S. v. Art. 84 EPÜ wäre.
2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 erweist sich auch als patentfähig.
2.1. Keine der im Verfahren befindlichen und von der Klägerin diesbezüglich vorgebrachten Druckschriften wie auch als offenkundig angeführten Vorbenutzungen zeigen einen Riemen, der den Merkmalen M3 bis M12 entspricht und sich damit als neuheitsschädlich erweist. Die Klägerin hat dies auch nicht geltend gemacht.
Auch führt der im Verfahren befindliche Stand der Technik den zur Problemlösung berufenen Fachmann ausgehend von der Aufgabe, einen für erhöhte hygienische Anforderungen geeigneten Riemen fortzubilden oder eine kostengünstigere Lösung zu entwickeln, nicht in naheliegender Weise zur erfindungsgemäßen Lehre nach Anspruch 1, weder in der Zusammenschau der Druckschriften oder der angeführten Vorbenutzungen noch in Verbindung mit Fachwissen.
Denn die Verwendung eines entsprechend den Merkmalen M3 bis M12 ausgestalteten Riemens in einer Vorrichtung entsprechend den Merkmalen HiM1 und HiM2, wonach der Riemen zusammen mit einem gegenüberliegenden weiteren Riemen Gefäße ohne Bodenberührung reibschlüssig klemmt und transportiert, findet sich weder in diesem Stand der Technik noch erhielt der Fachmann Hinweise oder Anregungen im Stand der Technik, welche eine derartige Lehre nahelegen konnten.
Insoweit kann deshalb dahinstehen, ob für den Fachmann jedenfalls eine im Stand der Technik nicht gelehrte Ausbildung des Riemens nach den Merkmalen M3 bis M12 nahelag, nämlich einer Kombination einer entsprechend den Merkmalen M3 bis M5 ausgeführten Antriebsverzahnung mit Längssteg mit einer den Merkmalen M6 bis M12 entsprechenden Auflage. Demnach ist es nicht entscheidungserheblich, ob sich diese Kombination ergeben könnte aus der auf S. 206 der D5 beim dortigen Riemen Typ 2 dargestellten Antriebsverzahnung mit anspruchsgemäßem Längssteg und dem aus der angeführten Vorbenutzung entsprechend D9/D10 i. V. m. der in D25 bis D27 darstellten Auflage eines Riemens (dort mit einer Antriebsverzahnung ohne Längssteg), weil sie jedenfalls nicht zu einer Verwendung eines solchen Riemens führt, der gemäß den Merkmalen HiM1 und HiM2 zusammen mit einem gegenüberliegenden weiteren Riemen in einer Transportiereinrichtung Gefäße ohne Bodenberührung reibschlüssig klemmt und transportiert.
Riemen Typ 2, S. 206 D5 Abb. 6 und 7 D10
2.2. Auch unter Berücksichtigung der klägerischen Argumentation und der danach maßgeblichen Schrift D1 als Ausgangspunkt und Sprungbrett zur Lösung in Kombination mit D5, D10 und D23 lag die Lehre für den Fachmann nicht nahe.
2.2.1. Wie bereits ausgeführt, lehrt die D1 eine Transportiereinrichtung zum Transportieren von Gefäßen mit einem endlos ausgeführten Riemen, der nach Fig. 1 als endloser Schwammriemen (6) ausgebildet ist und (vgl. Fig. 2 D1) einen Treibriemen (Zahnriemen 11) und eine mit den Gefäßen in Eingriff bringbare Auflage (S. 4, Abs. 2, Z. 6 D1: „elastischer Schwammkörper“) umfasst, wobei die Antriebsverzahnung (S. 4, Abs. 2, Z. 5 D1: „Verzahnung“) einen vorzugsweise mittig verlaufenden Längssteg (S. 4, Abs. 2 Z. 3 f.: „elastische Stegleiste 12“) aufweist.
Nicht offenbart ist in der D1 jedoch insbesondere eine den Merkmalen M5 bis M8 entsprechende Ausbildung der Auflage des Riemens mit einer Vielzahl von sägezahnförmig geformten Elementen. Vielmehr stellt die D1 den in Fig. 2 näher erkennbaren Aufbau der Auflage des Riemens durch einen elastischen Schwammkörper heraus, der aufgeklebt oder aufgeschäumt ist und durch mehrere Einschnitte in einzelne Schwammblöcke unterteilt ist (S. 4, Abs. 3 D1). Hiermit wird der Lehre der D1 folgend das Problem eines für eine Inspektionsmaschine für Flaschen verbesserten Riemens gelöst, bei dem sich die Flaschen wegen der vorhandenen Zwischenabstände der Transportfinger beim Einlaufen und Einspannen zwischen den beiden Riemen seitlich versetzen und schräg stellen können (S. 1, Abs. 2 f. D1).
2.2.2. Insoweit ist für die Frage der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit unter Berücksichtigung dessen, was für den Fachmann als Ausgangspunkt heranzuziehen war und welche objektive Problemstellung er lösen wollte, entscheidend, ob die erfindungsgegenständliche Lehre für den Fachmann nahelag. Hierbei ist die Frage von entscheidender Bedeutung, ob der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu ändern.
Insbesondere ist auch zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß die technische Entwicklung nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr oder weniger zwangsläufig darstellen und es – abgesehen von denjenigen Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist – in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür bedarf, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH GRUR 2009, 746 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung). Das Auffinden einer neuen Lehre zum technischen Handeln kann insbesondere nicht schon deshalb als nahegelegt bewertet werden, weil lediglich keine Hinderungsgründe zutage treten, von dem im Stand der Technik Bekannten zum Gegenstand dieser Lehre zu gelangen. Diese Wertung setzt vielmehr voraus, dass das Bekannte dem Fachmann Anlass oder Anregung gab, zu der vorgeschlagenen Lehre zu gelangen (BGH GRUR 2010, 487 – einteilige Öse).
2.2.3. Insoweit überzeugt bereits der Ansatz der Klägerin – einschließlich der über die Lehre der D5 führenden Argumentation – nicht, es habe für den Fachmann nahegelegen, bei einer Vorrichtung wie nach D1, bei der die Riemen bereits eine Antriebsverzahnung mit Längssteg aufweisen, anstelle der dortigen Schwammkörperauflage mit Einschnitten eine Auflage vorzusehen, wie sie nach der behaupteten Vorbenutzung D10 oder aus der D23 bekannt seien, und hierbei den Weg über die Lehre der D5 zu beschreiten, welche schon eine Ausbildung der Auflage mittels Zähnen zeigt, wie bei einem Riemen des auf der S. 207 der D5 dargestellten Typs 4 (siehe Abbildung unten), da auch bei einer der Inspektionsmaschine für Flaschen der D1 vergleichbaren Vorrichtung, wie sie aus der als vorbenutzt angeführten Vorbenutzung D15 („Heuft-Squeezer“) hervorginge, ein Riemen mit einer solchen Auflage eingesetzt würde.
Der hier zur Stützung ihrer Argumentation von der Klägerin vorgebrachte „Heuft-Squeezer“ entsprechend der D15 soll eine Gefäßprüfmaschine darstellen, bei der Flaschen zwischen zwei Riemen des Typs 4 D5 – aber offenbar mit Bodenberührung – senkrecht transportiert werden.
D5, D10 und D23 zeigen folgende Riemen:
Riemen Typ 4, S. 207 D5
Bild Nr. 3 D10
Auszug aus S. 4 D23: Profil H
2.2.4. Anders als von der Klägerin angeführt, lag für den Fachmann kein Anlass vor, bei einer Vorrichtung wie nach D1, Fig. 2, bei der die dortigen Riemen eine Antriebsverzahnung mit einem (mittig verlaufenden) Längssteg aufweisen, die Auflage – auch nicht über den Zwischenschritt einer Auflage wie nach Typ 4 der D5 – durch eine sägezahnförmige Auflage entsprechend den Merkmalen M6 bis M12 zu ersetzen, selbst wenn eine solche Auflage mit diesen Merkmalen grundsätzlich aus D10 oder D23 bekannt war. Stattdessen führt die Lehre der D1 von einer derartig gestalteten Auflage geradezu weg.
Denn wenn sich der Fachmann der Aufgabe annähme, diesen sich aus der Kombination aus Antriebsverzahnung wie nach D1 Fig. 2 in Verbindung mit einer Auflage wie nach Typ 4, S. 207 D5 ergebenden Riemen z. B. aus Kostengründen anders zu gestalten, dann läge das Vorsehen einer Auflage mit einem Profil, wie es die geltend gemachten Vorbenutzungen D10 oder die D23 (mit dem zur D10 offenbar identischen Profil H/L20H) zeigen, nicht nahe. Entscheidend ist nämlich, dass der Fachmann ausgehend von der Antriebsverzahnung wie nach D1 weder
a) diese (D1-Antriebsverzahnung) direkt mit einer Auflage wie nach D10/D23 noch
b) diese Antriebsverzahnung über den Zwischenschritt einer Auflage wie nach einem Riemen des Typs 4 der D5 mit einer Auflage wie nach D10/D23
kombiniert hätte, sondern stattdessen als kostengünstigeren Ersatz solche Profile verwendet hätte, die den zu ersetzenden Profilen ähnlich sind.
2.2.4.1. Zu a) Die Erfindung nach D1 lehrt für gegenüberliegende Riemen zum Transport von Flaschen ohne Bodenberührung (D1: Freiraum 4) eine Auflage mit schrägen (Anspruch 1 D1), sich in Längsrichtung möglichst ohne Zwischenabstand (Anspruch 5 D1) überlappenden V-/C-förmigen Einschnitten (Ansprüche 2 bis 4 D1). Diese bilden dabei eine im Wesentlichen unterbrechungsfreie, in Richtung der Riemenlängserstreckung ebene Oberfläche aus.
Selbst wenn der Fachmann dieses Profil aus wirtschaftlichen Gründen ersetzen wollte, würde er, um entsprechend der Lehre der D1 (vgl. S. 2, Abs. 3, 5) einen ruhigen und genauen Flaschentransport ohne Seitenversatz oder Schrägstellung zu erhalten, bei einem Riemen suchen, der sowohl in Quer- wie auch in Längsrichtung keine Unterbrechung aufweist. Ein solches Profil weist eine Auflage wie nach D10/D23 mit dortigem versetzten Sägezahnprofil nicht auf, da dieses durch die dortige Vielzahl der darauf angeordneten sägezahnförmigen Elemente, die in Reihen und dazu quer in Längsrichtung versetzt sind, in beiden Richtungen unterbrochen ist.
2.2.4.2. Zu b) Grundsätzlich hatte der Fachmann – entgegen der Behauptung der Klägerin – bereits keinen Anlass, bei einer Vorrichtung wie nach D1 und dortigem Riemen samt seiner Antriebsverzahnung eine Auflage wie nach Typ 4 D5 vorzusehen. Denn die D1 führt gerade weg von solchen Auflagen mit mehr oder weniger ausgeprägten Fingern, wie sie die D1 zum Stand der Technik als nachteilig beschreibt (vgl. hierzu den in D1, S. 1, Abs. 2 f., zum als zu verbessernden Stand der Technik angegebenen Riemen aus EP 0 415 154 A, an dem sich elastische Transportfinger befinden). Diese führen nämlich ausweislich D2, S. 1, Abs. 3 dazu, dass Flaschen wegen der Zwischenabstände der Transportfinger sich beim Einlaufen und Einspannen zwischen den beiden Riemen seitlich versetzen oder schräg stellen. Stattdessen lehrt die D1 die Verwendung von V-/C-förmigen Einschnitten, die dazu führen, dass eine Flasche, selbst wenn sie im Bereich zwischen zwei benachbarten, durch Einschnitte gebildeten Schwammblöcken in Eingriff gelangt, im Wesentlichen über die gesamte Höhe des Schwammriemens seitlich abstützbar ist, ohne die Gefahr eines seitlichen Versatzes oder einer Schrägstellung.
Aber selbst wenn der Fachmann eine solche Auflage wie nach Typ 4 D5 bei einem Zahnriemen wie nach D1 vorgesehen hätte, hätte er lediglich Anlass gehabt, diese Auflage (Auflage Typ 4 D5 auf Antriebsverzahnung wie nach Fig. 2 D1) zu ersetzen durch eine diesem Typ 4 D5 ähnliche Riemenauflage, die zwar in Längsrichtung voneinander beabstandete Querschlitze, ansonsten aber quer zur Längs-/ Transportrichtung keine weiteren Unterbrechungen aufweist.
Dies leistet der Riemen nach D10/D23 aufgrund der dortigen Vielzahl der darauf angeordneten sägezahnförmigen Elemente nicht. Denn diese sind in Reihen und dazu quer in Längsrichtung versetzt und damit in beiden Richtungen unterbrochen.
Auch fehlt insbesondere eine Lehre oder Anregung, dass sich eine Auflage wie nach D10 oder D23 überhaupt für einen klemmenden und bodenfreien Transport entsprechend Merkmal HiM2 eignen könnte. Die D10 und D23 vermitteln nämlich nur eine Verwendung dieser Auflagen für den liegenden oder schrägen Transport von Gütern. Daran ändert auch die von der Klägerin als Nachweis für den offenkundigen Einsatz eines Riemens vorgebrachte D10 und die Verwendung dieses Riemens bei der Herstellung von Paneelen nichts, denn auch hier ist von einem liegenden Gütertransport dieser Paneele auszugehen. Auch die S. 5 des Katalogs D23 beschreibt für die von der Klägerin angeführte Bandauflage des Typs L lediglich eine hauptsächliche Verwendung „für den ansteigenden und abfallenden Transport.“ Zusätzlich ist hier angegeben, dass die „spezielle Oberflächenstruktur“ (gemeint ist damit die Struktur, die sich durch die dort abgebildeten, in mehreren Reihen versetzt angeordneten sägezahnförmigen Elemente ergibt) „[sehr gut geeignet ist] für auf- oder niedergehende Transporte“.
Auszug aus S. 5 (linke Seite) D23
(Unterstreichungen diesseits)
Auszug aus S. 5 (rechte Seite) D23
zu Bandauflagen des Typs L
Damit ist der Gegenstand nach dem einzigen Anspruch des Hilfsantrags 1 nicht nur neu, sondern beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit. Weitere Entgegenhaltungen zur Lehre nach Hilfsantrag 1 wurden von der Klägerin nicht angeführt. Auch liegen die im Verfahren befindlichen weiteren Schriften aus der Sicht des Senats insgesamt weiter ab.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der nach Hilfsantrag 1 als schutzfähig verbleibende Patentgegenstand mit den Merkmalen HiM1, HiM2 sowie M3 bis M12 gegenüber dem erteilten Gegenstand mit im Wesentlichen den Merkmalen M3 bis M7, erheblich eingeschränkt ist.
Die Beschränkung gegenüber dem erteilten Gegenstand ergibt sich zum einen durch die im Anspruch des Hilfsantrags 1 (gegenüber der erteilten Fassung des Anspruchs 1) hinzugenommenen Merkmale M8 bis M12. Diese beschränken die Ausgestaltung des Riemens (gemäß der erteilten Fassung) durch weitere Ausbildungen der Struktur seiner Auflage.
Darüber hinaus wurde der ausgebildete Riemen noch weiter beschränkt, nämlich auf seine ausschließliche geschützte Verwendung in einer Transportiereinrichtung zum Transportieren von Gefäßen in einer Gefäßinspektionsmaschine, wobei der Riemen hier zusammen mit einem gegenüberliegenden weiteren Riemen Gefäße ohne Bodenberührung reibschlüssig klemmt und transportiert (Merkmale Hi1M1 und Hi1M2).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 709 ZPO.