Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 20.03.2013


BPatG 20.03.2013 - 4 Ni 25/09

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Kostenantrag bei streitgenössischer Nebenintervention" – Rücknahme der Nichtigkeitsklage – Möglichkeit der isolierten Kostenentscheidung unter Einbeziehung materiell-rechtlicher Billigkeitserwägungen – Rücknahme der Klage aufgrund vergleichsweiser Vereinbarung unter Verzicht auf Kostenerstattungsansprüche des Beklagten gegenüber der Klägerin – Zurückweisung des gegen die streitgenössische Nebenintervenientin gerichteten Kostenantrags auf anteilige Erstattung der außergerichtlichen Kosten


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsdatum:
20.03.2013
Aktenzeichen:
4 Ni 25/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Kostentragung bei streitgenössischer Nebenintervention

1. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG ermöglicht auch im Falle der nach Rücknahme der Nichtigkeitsklage entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO auf Antrag zu treffenden isolierten Kostenentscheidung die Einbeziehung materiell-rechtlicher Billigkeitserwägungen.

2. Wird die Nichtigkeitsklage aufgrund einer ausschließlich zwischen den Hauptparteien getroffenen vergleichsweisen Vereinbarung unter Verzicht auf Kostenerstattungsansprüche des Beklagten gegenüber der Klägerin zurückgenommen, so ist der gegen die streitgenössische Nebenintervenientin gerichtete Kostenantrag auf anteilige Erstattung der außergerichtlichen Kosten zurückzuweisen.

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das deutsche Patent 195 19 060

(hier: Feststellung und Kostenauferlegung)

hat der 4. Senat des Bundespatentgerichts am 20. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Engels, die Richterin Friehe und den Richter Dipl.-Ing. Rippel

beschlossen:

I. Der Rechtsstreit ist als nicht anhängig geworden anzusehen.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Fa. W… GmbH … (Klägerin) hatte mit Klageschrift vom 9. Februar 2009 Patentnichtigkeitsklage gegen den Beklagten erhoben mit dem Antrag, das deutsche Patent 195 19 060 für nichtig zu erklären. Hiergegen legte der Beklagte, der als Patentinhaber im Register eingetragen ist, Widerspruch ein und beantragte die Klageabweisung. Am 1. Mai 2009 eröffnete das AG W1… das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin und ernannte Herrn RA Dr. N… zum Insolvenzverwalter. Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2010 trat die Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin dem Rechtsstreit bei.

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Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2010 teilte der Beklagte mit, der Insolvenzverwalter und er hätten sich außergerichtlich geeinigt, dass die Klage zurückgenommen werde und der Beklagte gegen die Klägerin keinen Antrag auf Kostenerstattung stellen werde. Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2010 nahm der Insolvenzverwalter die Klage zurück.

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Der Beklagte hat unter Hinweis auf die Verpflichtung gegenüber der Klägerin, keinen Kostenantrag zu stellen, ausdrücklich Kostenantrag nur gegen die Nebenintervenientin gestellt und beantragt, auszusprechen, dass

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1. der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen ist und

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2. die Nebenintervenientin die Kosten des Rechtsstreits nach Kopfteilen zu tragen hat.

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Der Beklagte führt hierzu aus, da es sich um eine streitgenössische Nebenintervention handele, richte sich die Kostentragungspflicht nach §§ 101 Abs. 2, 100 Abs. 1 ZPO. Die Nebenintervenientin sei deshalb anteilig zur Kostenerstattung verpflichtet.

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Die Nebenintervenientin beantragt,

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den Kostenantrag zurückzuweisen.

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Sie beruft sich darauf, dass sie nicht für Kosten der Gegenseite im Innenverhältnis mit der Nichtigkeitsklägerin hafte.

II.

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1. Dem Antrag zu I. des Beklagten war stattzugeben, da nach § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 269 Abs. 4 ZPO auf Antrag über die durch die Klagerücknahme eingetretenen Wirkungen durch Beschluss zu entscheiden ist.

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Die von dem Beklagten wegen Verletzung des Streitpatents abgemahnte Nebenintervenientin ist mit Schriftsatz vom 16. Juni 2010 dem Rechtsstreit wirksam zur Unterstützung der Klägerin beigetreten. Sie ist damit nach der neueren Rechtsprechung als streitgenössische Nebenintervenienten i. S. v. § 69 ZPO anzusehen (BGH Urt. v. 16.10.2007 - X ZR 226/02, GRUR 2008, 60 - Sammelhefter II; BPatG Urt. v. 29.10.2008, 1 Ni 32/07 = GRUR 2010, 218 - Nebenintervention; vgl. auch zur Rechtskraftwirkung Keukenschrijver/Busse, PatG 7. Aufl., 2013, § 81 Rdn. 133; kritisch zur Gleichsetzung der allgemeinen Gestaltungswirkung mit der Rechtskraft BPatG GRUR 2010, 50 - Cetirizin; ebenso bereits Pietzcker, Anmerkung zu BGH Beschl. v. 22.12.1964, Ia ZR 237/63 = GRUR 1965, 297 - Nebenintervention) mit der Folge, dass sie als Streitgenossin der Klägerin anzusehen ist.

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Wie die Nebenintervenientin letztlich auch nicht mehr in Abrede stellt, sind auch ihr gegenüber durch die von Klägerin mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2010 erfolgte wirksame Klagerücknahme die prozessualen Wirkungen der Rechtshängigkeit rückwirkend entfallen und das Nichtigkeitsverfahren beendet worden (BGH, Beschl. v. 22.12.1964, Ia ZR 237/63 = GRUR 1965, 297 - Nebenintervention). Einer besonderen Feststellung bedurfte es deshalb nicht (BGH Beschl. v. 22.6.1993, X ZR 25/86 = GRUR 1993, 895 - Hartschaumplatten; Keukenschrijver/Busse, PatG 7. Aufl., 2013, § 82 Rdn. 28). Da die Klagerücknahme vor Beginn der mündlichen Verhandlung erfolgte und der Beklagte dieser auch nicht widersprochen hat, bedurfte es bereits deshalb nach § 269 Abs. 1, Abs. 2 Satz 4 ZPO auch keiner Einwilligung des Beklagten, unabhängig davon, dass nach ständiger Rechtsprechung die Rücknahme der Nichtigkeitsklage wegen des Popularcharakter dieser Einschränkung nicht unterliegen soll (BGH Beschl. v. 22.6.1993, X ZR 25/86 = GRUR 1993, 895 - Hartschaumplatten; Keukenschrijver/Busse, PatG 7. Aufl., 2013, § 82 Rdn. 28).

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2. Hingegen war der Antrag zu II. des Beklagten zurückzuweisen. Dieser ist dem erkennbaren Willen und - wegen des im Übrigen auch fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses - dem wohlverstandenen Interesse des Beklagten entsprechend (BGH Urt. v. 7.6.2001, I ZR 21/99 = GRUR 2001, 1036, 1037) dahingehend auszulegen, dass die Feststellung der Kostenlast bezüglich der auf die Nebenintervenientin entfallenen außergerichtlichen Kosten begehrt und nicht die Verteilung der gerichtlichen Kosten, mit den der Beklagte nicht belastet ist, und welche ausschließlich das Verhältnis der Klägerin und Nebenintervenientin betreffen (vgl. Becker-Eberhard in MK Bd. 1, 3. Aufl., 2008, Rdn. 69, zur Bindung an den Kostenantrag). Der insoweit auch zulässige Antrag ist jedoch unbegründet und zurückzuweisen, weil wegen der nach gem. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG in die Kostenentscheidung einzubeziehenden Billigkeitserwägungen eine anteilige Kostentragungspflicht der Nebenintervenientin gegenüber dem Beklagten hinsichtlich der Erstattung außergerichtlicher Kosten ausscheidet.

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a. Der streitgenössische Nebenintervenient wird gemäß §§ 101 Abs. 2, 100 ZPO kostenrechtlich uneingeschränkt einem Streitgenossen der Hauptpartei gleichstellt. Hieraus leitet sich die kostenrechtlichen Folge ab, dass der streitgenössische Nebenintervenient eigenständig und unabhängig von der unterstützten Hauptpartei für die Kosten entsprechend seinem persönlichen Obsiegen und Unterliegen im Verhältnis zum Gegner haftet, mithin nach § 100 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nach Kopfteilen. Die hierin zum Ausdruck kommende Unanwendbarkeit des Grundsatzes der Kostenparallelität im Verhältnis zwischen Hauptpartei und streitgenössischem Nebenintervenienten beruht auf dessen im Vergleich zu einem einfachen Streitgenossen rechtlich selbstständigen Stellung (BGH Beschl. v. 18.06.2007, II ZB 23/06 = NJW-RR 2007, 1577). Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten sind deshalb grundsätzlich der Klägerin und der Nebenintervenientin aufzuerlegen, die ihre eigenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen haben und im Falle des Unterliegens für die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten nach § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG bzw. § 99 Abs. 1 PatG, jeweils in Verbindung mit §§ 101 Abs. 2, 100 Abs. 1 ZPO nach Kopfteilen haften (zu § 121 Abs. 2 PatG BGH Beschl. v. 24.6.2008, X ZR 3/08).

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b. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt ausgehend hiervon und der nach der Zivilprozessordnung eindeutigen Gesetzeslage folgend (Beschl. v. 18.2.2007, II ZB 23/06 = NJW-RR 2007, 1577) diese Pflicht zur anteiligen Kostenerstattung gemäß §§ 101 Abs. 2, 100 ZPO auch im Falle der Klagerücknahme, wenn diese - wie vorliegend - auf einer durch Vergleich der Hauptparteien begründeten entsprechenden Verpflichtung beruht oder die Erklärung der Klagerücknahme Bestandteil eines entsprechenden Vergleichs ist, an dem die Nebenintervenientin nicht beteiligt ist (BGH Beschl. v. 14.6.2010, II ZB 15/09 = NJW-RR 2010, 1476) und welcher ihren Interessen widerspricht und auch keinen ihr gegenüber begünstigenden Verzicht auf Kostenerstattung enthält (vgl. auch Waclawik DRStR 2007, 12571258 ff.). Ein ergänzender Rückgriff auf §§ 101 Abs. 1, 98 ZPO gegenüber der streitgenössischen Nebenintervenientin ist danach wegen des insoweit nicht geltenden Grundsatzes der Kostenparallelität ausgeschlossen (BGH Beschl. v. 15.6.2009, II ZB 8/08 = WM 2009, 1572; Beschl. v. 18.6.2007, II ZB 23/06 = NJW-RR 2007, 1577) und geht der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO der hiervon nicht begünstigten Nebenintervenientin nicht vor.

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c. Dies gilt auch insoweit, als nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO - anders als Satz 3 - materielle Billigkeitserwägungen nicht zulässt (ebenso Roth in Stein/Jonas ZPO, 22. Aufl. (2008), Bd. 4, § 269 Rdn. 57; Greger in Zöller, ZPO, 29. Aufl., 2012, § 269 Rdn. 18a; a. A. Becker-Eberhard in MK Bd. 1, 3. Aufl., 2008, Rdn. 77). Auch die Einschränkung nach § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 ZPO „oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind“ dient allein dazu, prozessualen Besonderheiten Rechnung zu tragen, wie bei Säumniskosten nach § 344 ZPO oder einer abweichenden Regelung der prozessualen Kostenlast durch einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich, ohne dass dadurch die Prüfung materiell-rechtlicher Fragen zum Gegenstand der prozessualen Kostenentscheidung gemacht werden könnte (BGH Beschl. v. 14.6.2010, II ZB 15/09 = NJW-RR 2010, 1476; Beschl. v. 6. Juli 2005 = NJW-RR 2005, 1662, 1663, m. w. H. auf die Begründung des Regierungsentwurfs zum ZPO-Reformgesetz).

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3. Liegt danach im Hinblick auf die Vereinbarung der Hauptparteien zwar kein prozessualer Ausnahmetatbestand i. S. v. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO vor, auf den sich auch die Nebenintervenientin berufen könnte und der eine Abweichung der aus §§ 101 Abs. 2, 100 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 ZPO resultierenden eigenständigen Kostenverpflichtung der Nebenintervenientin infolge der Klagerücknahme rechtfertigt, insbesondere durch einen Rückgriff auf § 101 Abs. 1, 98 ZPO (BGH Beschl. v. 18.6.2007, II ZB 23/06 = NJW-RR 2007, 1577), wie die Nebenintervenientin meint, so ist jedoch zu berücksichtigen, dass nach § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kosten nur entsprechend anzuwenden sind, “soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung fordert“.

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a. Anders als § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO lässt § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG deshalb Raum auch für materielle Billigkeitserwägungen (vgl. Beispiele in Ahrens in Fitzner/Lutz/Bodewig, Patentrechtskommentar, 4. Aufl., 2012, PatG § 84 Rdn. 31; Kühnen/Schulte, PatG, 8. Aufl., 2008, § 84 Rdn. 50). Hierbei muss die von den Vorschriften der ZPO abweichende Regelung aus Gründen der Billigkeit im Einzelfall „erforderlich“ sein, d.h. die den Vorschriften der ZPO folgende Regelung sich im konkreten Fall als unbillig erweisen (BGH Urt. v. 23.9.1997, X ZR 64/96 = GRUR 1998, 138 - Staubfiltereinrichtung). Nicht ausreichend ist, dass die abweichende Anwendung nur Ausdruck billigen Ermessens ist (Rogge/Benkard, PatG 10. Aufl., 2006, § 84 Rdn. 15; so noch im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren BPatG Mitt.1966, 199), wie z. B. im Rahmen des § 91a ZPO (hierzu Keukenschrijver/Busse, PatG, 7. Aufl., 2013, § 82 Rdn. 41).

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b. Es ist in der Rechtsprechung und Literatur auch schon in anderem Zusammenhang anerkannt, dass die aus § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO resultierende Kostenverpflichtung des Klägers über die in § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG verankerte Billigkeitsklausel Ausnahmen auch aufgrund materieller Billigkeitserwägungen erfahren kann; so wenn das Streitpatent erstmals im Verlauf des Nichtigkeitsverfahrens mit neugefassten Patentansprüchen beschränkt verteidigt wird und sich der Kläger - der wegen des auf die erteilte Fassung zu richtenden, beschränkten Antragsrechts das Patent überschießend angegriffen hat - hiermit sofort einverstanden erklärt (vgl. Keukenschrijver/Busse, PatG, 7. Aufl., 2013, § 84 Rdn. 36, auf eine „großzügige“ Anwendung der Billigkeitsklausel hinweisend, § 82 Rdn. 28 Fußnote 86, unter Hinweis auf beachtliche Gründe). In diesem Fall trägt nicht der Kläger entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO für die teilweise Klagerücknahme die insoweit anfallenden Verfahrenskosten, sondern der Beklagte aufgrund der gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG heranzuziehenden Billigkeitsgründe (BPatG Urt. v. 29.4.2008, 3 Ni 48/06 = GRUR 2009, 46 - Ionenaustauschverfahren; BPatG Urt. v. 2.6.2009, 3 Ni 31/06 = GRUR 2009, 1195 - Kostenverteilung aus Billigkeitsgründen; BPatG Urt. v. 27.11.2012, 4 Ni 47/10 - Kosten bei Teilnichtigkeit, zur Veröffentlichung bestimmt). Dies gilt ebenso, wenn die Selbstbeschränkung und anschließende Klagerücknahme auf Basis eines außergerichtlichen Vergleichs beruht (BPatG Urt. v. 9.5.2011, 3 Ni 25/09). Von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO losgelöste Billigkeitserwägungen im Rahmen des § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG sind auch anerkannt worden im Falle des Fallenlassens einzelner Nichtigkeitsgründe, an deren Geltendmachung sich im Hinblick auf die Terminvorbereitung schwierige und grundsätzliche Fragen der Behandlung stellten (BPatG Urt. v. 19.10.1995, 3 Ni 42/94 = BPatGE 36, 75; gebilligt von BGH Urt. v. 5.5.1998, X ZR 57/96 = GRUR 1998, 895 - Regenbecken).

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c. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG ermöglicht insoweit eine Billigkeitskorrektur des Kostenausspruchs nicht nur im Urteil, sondern auch dann, wenn eine isolierte Kostenentscheidung zu treffen ist. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG gilt insoweit entsprechend (Rogge/Benkard, PatG, 10. Aufl., 2006, § 84 Rdn. 13). Der Senat sieht keine Gründe, weshalb die Vorschrift des § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG bei entsprechender Anwendung der Kostengrundsätze des ZPO-Verfahrens nicht losgelöst von § 84 Abs. 2 Satz 1 PatG auf Kostenentscheidungen anwendbar sein soll, die - wie vorliegend - im Zusammenhang mit § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO bei vollständiger Klagerücknahme eine isolierte und keine einheitliche Kostenentscheidung im Urteil fordern. Denn auch insoweit treffen dieselben Erwägungen zu, die wegen der kontradiktorischen Natur des Nichtigkeitsverfahren seit jeher zu der Orientierung am ZPO-Verfahren und den dort geltenden Kostengrundsätzen nach §§ 91 ff. ZPO (vgl. hierzu Rogge/Benkard, PatG, 10. Aufl., 2006, § 84 Rdn. 10 und Rdn. 13) geführt haben (a. A. BPatG Beschl. v. 17.5.1963, 3 Ni 18/61 = BPatGE 3, 170 = GRUR 1964, 553, zu § 40 Abs. 2 PatG 1936, wonach Billigkeitsentscheidungen nur im Rahmen eines Urteils möglich sind; i. E. auch ablehnend zur abweichenden Kostenentscheidung aus Billigkeitsgründen zu § 269 Abs. 3 Satz 2 Rogge/Benkard, PatG, 10. Aufl. 2006, § 81 Rdn. 32; Keukenschrijver/Busse, PatG, 7. Aufl., 2013, § 82 Rdn. 28).

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4. Im Ergebnis sieht es der Senat vorliegend aus Gründen der Billigkeit als erforderlich an, die aus § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO resultierende Kostenlast der Nebenintervenientin zur Tragung der außergerichtlichen Kosten des Beklagten dahingehend zu korrigieren, dass dieser Beklagte auch im Verhältnis zur Nebenintervenientin seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat, wie im Ergebnis auch die Klägerin und die Nebenintervenientin. Denn anders als § 101 Abs. 2 ZPO eröffnet jedenfalls das nach § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG einzubeziehende Billigkeitserfordernis eine Korrektur der Kostenentscheidung in Fallkonstellationen, in denen sich die prozessual unterschiedliche Stellung des streitgenössischen Nebenintervenienten gegenüber dem „einfachen“ Nebenintervenienten nicht in seiner rechtlich selbständigeren Stellung niederschlägt, welche in § 101 Abs. 2 ZPO ihren Ausdruck finden sollte (hierzu BGH Beschl. v. 18.6.2007, II ZB 23/06 = NJW-RR 2007, 1577).

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Insoweit war bereits nach der früheren, vom Bundesgerichtshof nicht gebilligten Rechtsprechung der Instanzgerichte zu § 101 Abs. 2 ZPO überwiegend anerkannt, dass kein Grund besteht, die strenge Haftung des streitgenössischen Nebenintervenientin in Fällen anzuwenden, in denen diesem gegenüber einem einfachen Nebenintervenienten keine erweiterten Befugnisse zustehen. Insbesondere in Fällen der vorliegenden Art bei Abschluss eines Vergleichs der Hauptparteien ohne Beteiligung der Nebenintervenientin und Klagerücknahme unter Kostenabsprache, welche der streitgenössische Nebenintervenient ebenso wenig verhindern kann wie der einfache Nebenintervenient, sollte deshalb kein Grund bestehen, den streitgenössischen Nebenintervenienten nicht nach dem Grundsatz der Kostenparallelität an der Vergleichsregelung teilhaben zu lassen (OLG Frankfurt Beschl. v. 18.9.2006, 21 W 44/05 = OLGR Frankfurt 2007, 382 m. w. N.; Waclawik DStR 2007, 1257, 1259; Herget in Zöller, ZPO, 29. Aufl., 2012, § 101 Rdn. 13; OLG Oldenburg Beschl. v. 2.3.2007, 1 W 79/06 = OLGR Oldenburg 2007, 832, zu Billigkeitserwägungen im Rahmen der § 91a ZPO zu treffenden Kostenentscheidung bei streitgenössischer Nebenintervention).

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Jedenfalls im Rahmen der nach § 84 Abs. 2 PatG zu treffenden Billigkeitskorrektur erscheint es zutreffend und steht nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesgerichts zur strikten Anwendung der §§ 101 Abs. 2, 100 ZPO, wenn der Beklagte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat und jedenfalls insoweit eine Kostenparallelität hergestellt wird. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass die Hauptparteien im Hinblick auf ihre Entscheidungsfreiheit, das Verfahren auch ohne Beteiligung der streitgenössischen Nebenintervenientin und gegen deren Willen vergleichsweise zu beenden, nicht beeinträchtigt werden; denn die verbleibende anteilige Kostenlast bezüglich der gerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin bleibt - anders als im Falle des § 101 Abs. 1 ZPO im Falle der einfachen Nebenintervenienten - unberührt, wie auch die freie Entscheidungsmöglichkeit des Beklagten erhalten bleibt, das Verfahren unter Verzicht auf Kostenerstattungsansprüche gegenüber der Klägerin vergleichsweise zu beenden. Insoweit erscheint es aus Billigkeitsgründen jedoch nicht gerechtfertigt, dass dies durch den Anreiz belohnt würde, dies teilweise auf Kosten der Nebenintervenientin tun zu können, obwohl dieser gegenüber eine vergleichsweise Gegenleistung nicht erbracht und die Nebenintervenientin nicht einmal am Vergleich beteiligt wurde.

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Der Antrag des Beklagten hinsichtlich der Kosten war daher zurückzuweisen.