Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 11.10.2012


BVerwG 11.10.2012 - 4 C 9/11

Anforderungen an Art und Umfang eines landwirtschaftlichen (Nebenerwerbs-)Betriebs für die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsdatum:
11.10.2012
Aktenzeichen:
4 C 9/11
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 14. Juli 2011, Az: 14 B 09.2291, Urteilvorgehend VG Ansbach, 22. Oktober 2008, Az: AN 9 K 08.01189, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Der nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte landwirtschaftliche (Nebenerwerbs-)Betrieb muss nach Art und Umfang grundsätzlich geeignet sein, wirtschaftlich, d.h. mit Gewinnerzielungsabsicht geführt zu werden. Nachweise werden in Zweifelsfällen zu fordern sein, wenn nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dem Betrieb die Möglichkeit der Gewinnerzielung abzusprechen ist.

Tatbestand

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Der Kläger, der von Beruf Schlosser ist und seit mehr als 30 Jahren eine Schafzucht betreibt, begehrt eine Baugenehmigung für eine landwirtschaftliche Mehrzweckhalle, die auf einem in seinem Eigentum stehenden Grundstück errichtet werden soll. Das Grundstück liegt im Außenbereich sowie im Bereich der Verordnung über den "Naturpark A.". Die Mehrzweckhalle soll der Unterbringung der Maschinen, die der Kläger zur Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen benötigt, und der Lagerung des von ihm hergestellten Futters für seine Schafzucht dienen. Die Maschinen stehen derzeit im Freien oder sind in angemieteten Gebäuden untergebracht, deren baulicher Zustand teilweise sehr schlecht ist. Die Schafzucht umfasst ungefähr 45 Mutterschafe, soll in Zukunft aufgestockt werden und wird auf 2,5 ha Eigenflächen und 9,6 ha Pachtland ausgeübt. Die im Verfahren beteiligte Naturschutzabteilung erklärte, dass gegen das Vorhaben aus naturschutzfachlicher Sicht keine Einwände bestünden. Das Amt für Landwirtschaft und Forsten vertrat die Auffassung, bei dem klägerischen Betrieb handle es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb.

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Die Beklagte lehnte den Antrag unter anderem mit der Begründung ab, dem Betrieb des Klägers fehle die erforderliche Nachhaltigkeit eines privilegierten landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Als sonstiges Vorhaben widerspreche es den Darstellungen des Flächennutzungsplans, der für das Grundstück eine landwirtschaftliche Nutzung vorsehe.

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Mit Urteil vom 22. Oktober 2008 verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Mit Urteil vom 14. Juli 2011 hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Die Schafzucht des Klägers falle unter den Begriff der Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB. Es handele sich aber nicht um einen "Betrieb" im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Es fehle jedenfalls derzeit am Nachweis für ein nachhaltiges, ernsthaftes, auf Dauer angelegtes und lebensfähiges Unternehmen mit einer gewissen Organisation. Zwar sei die Betriebsnachfolge als gesichert anzusehen. Auch verfüge der Kläger über zahlreiche landwirtschaftliche Maschinen, die er zur Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen benötige. Der Tierbestand mit im Durchschnitt 45 Mutterschafen bewege sich im Rahmen eines regulären auf Schafzucht spezialisierten Betriebes. Gleichwohl könne nicht von einer für die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erforderlichen Nachhaltigkeit der Betätigung des Klägers ausgegangen werden. Mittels langfristiger Pacht könne zwar ein dauerhafter Zugriff auf die für den landwirtschaftlichen Betrieb erforderlichen Flächen sichergestellt werden. Das ändere aber nichts daran, dass der geringe Anteil an Eigenflächen jedenfalls ein gewisses Indiz gegen die Nachhaltigkeit der klägerischen Betätigung darstelle. Auf der Grundlage der vom Kläger im Verfahren gemachten Angaben sei derzeit nicht zu erkennen, ob die klägerische Schafhaltung rentabel sei. Der Kläger habe nicht überzeugend dargelegt, dass aus der Schafhaltung Einnahmen erzielt würden, die geeignet seien, seine Existenz zusätzlich wirtschaftlich abzusichern. Die vom Kläger vorgelegten "Betriebskonzepte" und "Rentabilitätsberechnungen" seien nicht aussagekräftig. Nicht auszuschließen sei, dass der Betrieb bei einer entsprechenden Erweiterung dauerhaft Gewinn erzielen werde und mit Blick auf die Tochter des Klägers als Betriebsnachfolgerin dann ein nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierter Betrieb gegeben sei. Auch hierfür bedürfe es aber konkreter Angaben. Als sonstiges Vorhaben beeinträchtige das Vorhaben öffentliche Belange; es sei nicht mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB vereinbar.

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Zur Begründung der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes und macht geltend, er habe den Nachweis der Rentabilität und Nachhaltigkeit seines landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes erbracht. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreter des öffentlichen Interesses im Revisionsverfahren beteiligt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht, weil ihm ein fehlerhaftes Verständnis des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zugrunde liegt. Der Verwaltungsgerichtshof überspannt die Anforderungen, die an einen "landwirtschaftlichen Betrieb" im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu stellen sind. Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung.

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Nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ist ein Vorhaben im Außenbereich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die Erschließung gesichert ist und wenn es einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt. Dass es sich bei der Schafzucht des Klägers um Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB handelt, ist unter den Beteiligten unstreitig. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich auch der Auffassung des Verwaltungsgerichts angeschlossen, dass dem Vorhaben eine dienende Funktion nicht abgesprochen werden könne und ihm am geplanten Standort öffentliche Belange nicht entgegenstünden, und ausgeführt, die wegemäßige Erschließung des Vorhabens werde als gesichert angesehen. Die Entscheidung über den Bauantrag des Klägers hängt damit allein von der Frage ab, ob das Vorhaben für einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bestimmt ist.

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1. Die landwirtschaftliche Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB setzt voraus, dass dem Eingriff in den zumeist naturhaft geprägten Außenbereich ein auf Dauer angelegter Betrieb gegenübersteht, dem das geplante Vorhaben zu dienen bestimmt ist. Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Senats, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb durch eine spezifisch betriebliche Organisation gekennzeichnet ist, dass er Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung erfordert und dass es sich um ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen handeln muss (Urteil vom 16. Dezember 2004 - BVerwG 4 C 7.04 - BVerwGE 122, 308 <310> m.w.N.). Auch eine landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle kann ein Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sein (Urteil vom 27. Januar 1967 - BVerwG 4 C 41.65 - BVerwGE 26, 121).

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1.1 Ob sich ein Betrieb auf Dauer als lebensfähig erweist, ist im Wege einer Prognose zu beantworten. Notwendig ist eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei sind die Umstände, die für oder gegen die Annahme der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit des Betriebes sprechen, ihrerseits zu gewichten und ins Verhältnis zueinander zu setzen. Es handelt sich um Hilfstatsachen, die im Rahmen einer Gesamtschau zu bewerten sind. Zu den Merkmalen zur Bestimmung der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs, denen indizielle Bedeutung zukommt, zählt auch die Möglichkeit der Gewinnerzielung. Der nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte landwirtschaftliche Betrieb muss nach Art und Umfang grundsätzlich geeignet sein, wirtschaftlich, d.h. mit Gewinnerzielungsabsicht geführt zu werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass stets und in allen Fällen die Betriebseigenschaft und damit die Privilegierung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu verneinen ist, wenn (bisher) ein Gewinn nicht erzielt und auch in absehbarer Zeit (noch) nicht zu erzielen ist (Urteil vom 11. April 1986 - BVerwG 4 C 67.82 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 234 - juris Rn. 17). Die Gewinnerzielung ist nur ein Indiz, dem allerdings bei kleiner Nutzfläche und geringem Tierbestand erhöhte Bedeutung zukommt. In diesem Fall wird mit besonderer Aufmerksamkeit zu prüfen sein, ob eine nicht privilegierte Hobbytierhaltung aus Liebhaberei vorliegt. Fehlt es an dem Nachweis eines Gewinns, können durchaus andere Indizien für die Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und damit für die Betriebseigenschaft im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sprechen. Hierzu zählen die Größe der landwirtschaftlichen Nutzflächen, der Bestand an Tieren und Maschinen sowie die Betriebsform und Betriebsorganisation. Auch eine geplante Vergrößerung der Betriebsflächen oder Erhöhung der Zahl der zu haltenden und verkaufenden Tiere kann Anhaltspunkt für die Dauerhaftigkeit des Betriebes sein. Darüber hinaus ist zu unterscheiden, ob es sich um eine bestehende Landwirtschaft oder eine Neugründung handelt. Geht es um die Erweiterung eines bereits seit etlichen Jahren bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes mit niedriger Rentabilität, hat die Gewinnerzielung einen geringeren Stellenwert als im Fall der beabsichtigten Neugründung einer Nebenerwerbsstelle (Urteil vom 16. Dezember 2004 a.a.O. S. 312 f.). Handelt es sich um eine Betätigung, der nach Art und Umfang von fachkundiger Stelle attestiert wird, dass es sich um einen "regulären", also generell lebensfähigen Betrieb handelt, indiziert bereits dieser Umstand, dass von einem nach erwerbswirtschaftlichen Grundsätzen geführten Betrieb auszugehen ist. In diesem Fall reduzieren sich die Nachweispflichten des mitwirkungspflichtigen Bauherrn (vgl. dazu Beschluss vom 17. November 1998 - BVerwG 4 B 100.98 - juris Rn. 13). Allein der Umstand, dass keine konkreten Zahlen zur Rentabilität vorgelegt werden, vermag die Annahme, dass der langjährig geführte Betrieb nach Art und Umfang generell lebensfähig und geeignet ist, Gewinn zu erzielen, nicht zu erschüttern. Nachweise werden in Zweifelsfällen zu fordern sein, wenn nachvollziehbare Anhaltspunkte vorliegen, dass dem Betrieb die Möglichkeit der Gewinnerzielung abzusprechen ist. So wird der Gewinnerzielung bei Neugründungen ein besonderes Gewicht zukommen. Die Missbrauchsgefahr ist bei Vorhaben, bei denen der Außenbereich erstmals für eine behauptete landwirtschaftliche Betätigung in Anspruch genommen werden soll, besonders hoch. In solchen Fällen sind an die Betriebseigenschaft strenge Anforderungen zu stellen. Aus diesem Grund hat der Senat die Gewinnerzielungsabsicht als ein für die Nachhaltigkeit "wichtiges" Indiz bezeichnet.

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1.2 Die in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Maßstäbe hat der Verwaltungsgerichtshof zwar abstrakt zutreffend wiedergegeben. Bei der Gewichtung wird jedoch offenbar, dass er Anforderungen stellt, die diesen Maßstäben widersprechen. Das Berufungsurteil wird erkennbar von der Vorstellung getragen, dass es zwingend eines Rentabilitätsnachweises an Hand konkreter Zahlen bedarf, um die für einen landwirtschaftlichen Betrieb geforderte Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit bejahen zu können. Der Verwaltungsgerichtshof stellt damit überzogene Anforderungen an die Nachweispflicht. Er verneint die Betriebseigenschaft allein deswegen, weil der Kläger nicht den Nachweis erbracht habe, dass sein Betrieb aktuell Gewinn erwirtschaftet. Die Annahme, dass es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB handelt, wird indes nicht dadurch erschüttert, dass der Kläger keine Rentabilitätsberechnung vorgelegt hat. Es bestand kein Anlass, konkrete Zahlen zur aktuellen Einnahmen- und Ausgabensituation zu fordern. Ein derartiger Nachweis mag in Zweifelsfällen veranlasst sein. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

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Soweit der Verwaltungsgerichtshof als "gewisses Indiz" gegen die Privilegierung auf den Umstand verweist, dass der Kläger nur über relativ geringe Eigenflächen verfüge, unterläuft ihm ein Gewichtungsfehler, der auf einer Verkennung des bundesrechtlichen Maßstabs beruht. Beständigkeit der Betätigung setzt voraus, dass der Zugriff auf die landwirtschaftlich nutzbare Fläche dauerhaft gesichert ist. Die vorausgesetzte planmäßige und eigenverantwortliche Bewirtschaftung darf nicht dadurch in Frage gestellt sein, dass dem Landwirt die für seine Ertragserzielung benötigte Fläche nicht dauernd zur Verfügung steht (Beschluss vom 22. Dezember 1993 - BVerwG 4 B 206.93 - juris Rn. 2). Der Senat hat aber nicht ausgeschlossen, dass die Dauerhaftigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes auch auf gepachteten Flächen gewährleistet sein kann (Beschluss vom 19. Juli 1994 - BVerwG 4 B 140.94 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 301 - juris Rn. 2). Liegen langfristige Pachtverhältnisse vor, kann davon ausgegangen werden, dass ein dauerhafter Zugriff auf die erforderlichen Flächen sichergestellt ist. Nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei dem Pachtland um langfristig gepachtete Flächen, die für die Schafhaltung geeignet sind (UA Rn. 45). Eine nachvollziehbare Begründung, warum dieser Umstand gleichwohl als "Indiz" gegen die Privilegierung in die Gesamtschau einzustellen ist, gibt der Verwaltungsgerichtshof nicht und ist auch nicht zu erkennen. Die Feststellung, dass der Zugriff langfristig gesichert ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht - etwa durch Angaben zur Laufzeit - relativiert. Ebenso wenig hat er festgestellt, dass die Dauerhaftigkeit der landwirtschaftlichen Nutzung bestimmter Flächen - z.B. aufgrund sich wandelnder Subventionsbedingungen - nicht mehr gesichert wäre (vgl. dazu Beschluss vom 19. Juli 1994 a.a.O. juris Rn. 4). Vor diesem Hintergrund vermag allein der Umfang des Pachtlands den gesicherten Zugriff darauf nicht in Frage zu stellen. Damit beruht die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs allein auf der unzutreffenden Annahme, der Kläger müsse einen Nachweis erbringen, dass der Betrieb derzeit mit Gewinn bewirtschaftet werde. Gründe dafür, von dem Kläger einen Nachweis der Rentabilität zu fordern, zeigt der Verwaltungsgerichtshof nicht auf.

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2. Das angefochtene Urteil erweist sich nicht im Sinne des § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig. Auf der Grundlage der für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs gibt es - abgesehen von dem zu Unrecht verlangten Rentabilitätsnachweis - keinen Anhaltspunkt dafür, dass der klägerische Betrieb nicht auf Dauer angelegt ist und ernsthaft mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird. Es liegen hinreichend gewichtige Umstände vor, die in der Gesamtschau die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB geforderte Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit der Betriebsführung belegen. Vor diesem Hintergrund kommt es auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Einnahmen aus der Mitarbeit der Tochter des Klägers in anderen landwirtschaftlichen Betrieben dem Betrieb des Klägers zugerechnet werden können, nicht an. Ebenso wenig ist der Aufklärungsrüge des Klägers nachzugehen.

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Bereits der Umstand, dass der Kläger die Schafzucht über mehr als 30 Jahre hat am Leben halten können, ist ein gewichtiges Indiz für Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Betätigung. Zwar wird nicht jede Schafhaltung das Merkmal eines landwirtschaftlichen Betriebes aufweisen. Insbesondere wird die Haltung weniger Schafe in der Regel nicht ausreichen, um die Betriebseigenschaft zu bejahen (Urteil vom 13. April 1983 - BVerwG 4 C 62.78 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 200 - juris Rn. 20). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs bewegt sich der Tierbestand mit im Durchschnitt 45 Mutterschafen nach der Stellungnahme u.a. des Landesverbandes B. Schafhalter e.V. aber im Rahmen eines regulären auf Schafzucht spezialisierten Betriebes. Der Umstand, dass es dem Kläger gelungen ist, über mehrere Jahrzehnte eine nach fachkundiger Einschätzung professionelle Schafzucht im Nebenerwerb zu betreiben, indiziert, dass es sich um einen lebensfähigen Betrieb handelt, dem die wirtschaftliche Grundlage nicht abgesprochen werden kann. Zu einem "regulären" Betrieb gehört - wie dargelegt - die Erwartung, dass der Betrieb auch Gewinn erwirtschaften wird. Das gilt jedenfalls dann, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die der Annahme entgegenstehen, es handele sich um einen herkömmlichen, wirtschaftlich funktionierenden Betrieb. Der Bestand soll zudem erweitert werden. Selbst der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass der Betrieb gewinnbringend geführt werden kann. Das zeigt der Hinweis, es sei nicht auszuschließen, dass der klägerische Betrieb bei einer entsprechenden Erweiterung dauerhaft Gewinn erzielen werde.

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Die Dauerhaftigkeit der klägerischen Betätigung wird durch den Umstand bestätigt, dass der Verwaltungsgerichtshof auch die Betriebsnachfolge in der Person der Tochter des Klägers als gesichert ansieht, der Betrieb also weiter geführt werden wird (vgl. dazu Urteil vom 3. November 1972 - BVerwG 4 C 9.70 - BVerwGE 41, 138 <145> - juris Rn. 26). Die Tochter, der der Verwaltungsgerichtshof fundierte Kenntnisse über den Betrieb attestiert, arbeitet zudem bereits derzeit in dem Betrieb des Klägers mit. Auch das belegt die Nachhaltigkeit der Schafzucht. Die Ernsthaftigkeit ihres Engagements mit Blick auf die Fortführung der Schafzucht offenbart sich auch darin, dass die Tochter nicht in einem landwirtschaftsfremden Beruf arbeitet, sondern sich - soweit es die Mitarbeit im klägerischen Betrieb erlaubt - auf Vermittlung des sog. Maschinenringes als Betriebshelferin in anderen landwirtschaftlichen Betrieben einsetzen lässt und damit ihr für die Betriebsnachfolge erforderliches Erfahrungswissen vertieft und erweitert. Auch damit zeigt sie, dass es ihr mit der landwirtschaftlichen Betätigung und der Betriebsnachfolge ernst ist.

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Mit einer Größe von insgesamt ca. 12 ha handelt es sich zudem um einen durchaus ansehnlichen Nebenerwerbsbetrieb. Die Größe der landwirtschaftlichen Nutzfläche steht auch in Relation zum Tierbestand. Der Kläger erzeugt das Futter für seine Tiere fast ausschließlich auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Flächen. Er verfügt zudem über zahlreiche landwirtschaftliche Maschinen, die er zur Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen benötigt. Darin zeigt sich der für die Nachhaltigkeit des Betriebes geforderte Kapitaleinsatz. Dabei ist hervorzuheben, dass der Verwaltungsgerichtshof von "zahlreichen" landwirtschaftlichen Maschinen spricht. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs stehen die Maschinen derzeit zum Teil im Freien, zum Teil sind sie in angemieteten Gebäuden untergebracht, deren baulicher Zustand teilweise sehr schlecht ist. Auch dieser Umstand spricht für das Bestreben des Klägers, seinen Betrieb funktionsfähig zu halten, weil - wie auch das Verwaltungsgericht ausgeführt hat (VG UA S. 10) - die Maschinen dringend einer geschützten Unterbringung bedürfen. Jeder vernünftige Landwirt wird unter diesen Umständen bemüht sein, das geplante Vorhaben zu verwirklichen.

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Nach den Feststellungen des Berufungsurteils liegt auch die Besorgnis fern, dass hier in rechtsmissbräuchlicher Weise unter dem Vorwand, Schafe zu züchten, in Wahrheit nur der Wunsch verwirklicht werden soll, im Außenbereich zu wohnen. Ebenso wenig hat der Verwaltungsgerichtshof Tatsachen festgestellt, aus denen sich Anhaltspunkte dafür ergeben könnten, dass der Bau der Mehrzweckhalle nur vorgeschoben wird, um eine nach § 35 Abs. 4 BauGB begünstigte Umnutzung zu nichtprivilegierten Zwecken zu erreichen.