Entscheidungsdatum: 05.06.2018
Die Antragsteller wenden sich gegen einen Bebauungsplan für ein Sondergebiet "Gastronomie".
Bei Erhebung des Normenkontrollantrags war der Antragsteller zu 2 Eigentümer des überplanten Grundstücks. Für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bezeichnet als "Obere B.str. 6 GbR" und bestehend aus den Gesellschaftern der Antragstellerin zu 1, war im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Während des Normenkontrollverfahrens erstand Herr O. K., einer der Gesellschafter der Antragstellerin zu 1, das Grundstück in einer Zwangsversteigerung. Seit dem Jahr 2016 weist das Grundbuch den neuen Eigentümer aus, die Auflassungsvormerkung ist gelöscht. Das Oberverwaltungsgericht hat die Anträge beider Antragsteller für zulässig gehalten und den Bebauungsplan für unwirksam erklärt.
Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
I. Die Beschwerde rügt als Verfahrensfehler nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, die Vorinstanz habe fehlerhaft die Lage des überplanten Grundstücks in einem Landschaftsschutzgebiet angenommen. Das Grundstück sei indes mit Inkrafttreten der Verordnung des Landratsamts Meißen zur Rechtsanpassung und Neuabgrenzung des Landschaftsschutzgebiets "Friedewald, Moritzburger Teichlandschaft und Lößnitz" vom 17. Dezember 2012 (SächsGVBl. 2013, 76) nicht mehr Teil des Landschaftsschutzgebiets. Das angegriffene Urteil verstoße damit gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO und als Überraschungsentscheidung gegen das Gebot aus § 108 Abs. 2 VwGO und Art. 103 Abs. 1 GG, rechtliches Gehör zu gewähren.
Die Verfahrensrüge bleibt erfolglos. Die angegriffene Entscheidung kann auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel nicht beruhen im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Das Oberverwaltungsgericht hat den Bebauungsplan für unwirksam erklärt, weil der am 21. Dezember 2011 beschlossene und im Amtsblatt vom 1. März 2012 bekannt gemachte Bebauungsplan von dem zwischen dem 2. Mai und dem 10. Juni 2011 öffentlich ausgelegten Planentwurf abweiche und es daher einer erneuten Auslegung des Planentwurfs nach § 4a Abs. 3 BauGB bedurft habe (UA Rn. 60). Der nach der öffentlichen Auslegung in die textlichen Festsetzungen aufgenommene Satz zur Vorlage eines Parkplatzkonzeptes sei keine bloße Klarstellung. Eine erneute Auslegung hätte auch noch zur Vervollständigung des Abwägungsmaterials beitragen können (UA Rn. 64). Die Erwähnung der Lage im Landschaftszusammenhang hat nach der insoweit maßgeblichen materiellen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 1996 - 11 B 150.95 - Buchholz 424.5 GrdstVG Nr. 1) insoweit keine tragende Bedeutung (UA Rn. 64 am Ende: "umso mehr"). Hiervon unabhängig zieht die Beschwerde nicht substantiiert in Zweifel, dass das Plangebiet in dem nach Auffassung der Vorinstanz für § 4a Abs. 3 BauGB maßgeblichen Zeitraum zwischen der öffentlichen Auslegung und dem Beschluss des Bebauungsplans innerhalb des Landschaftsschutzgebiets lag. Der Verweis der Beschwerde auf ein Baugenehmigungsverfahren aus dem Jahr 2005 genügt insoweit nicht den Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensfehlers.
Das Oberverwaltungsgericht hat den Bebauungsplan - selbständig tragend - wegen einer Verletzung des Gebots der Konfliktbewältigung für unwirksam erklärt (UA Rn. 67). Jedenfalls der Vorwurf einer Überraschungsentscheidung ist insoweit unbegründet, weil die Vorinstanz auf die Lage des Grundstücks im Landschaftsschutzgebiet und das Gebot der Konfliktbewältigung bereits in einem vorangehenden Normenkontrollurteil hingewiesen hatte (OVG Bautzen, Urteil vom 11. Juli 2013 - 1 C 11/12 - SächsVBl. 2014, 173 = juris Rn. 2, 84). Im Übrigen braucht der beschließende Senat dem Vorwurf eines Verfahrensfehlers nicht nachzugehen. Denn wenn ein Urteil in je selbständiger Weise mehrfach begründet ist, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder der Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht und gegeben ist (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
II. Auch die Rügen der Beschwerde gegen die Behandlung des Antrags der Antragstellerin zu 1 führen nicht zur Zulassung der Revision.
1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO legt die Beschwerde nicht dar.
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>).
Die Beschwerde möchte sinngemäß klären lassen,
unter welchen Voraussetzungen zwei Gesellschaften bürgerlichen Rechts identisch sein können, obwohl ihr Name und ihr Firmensitz voneinander abweichen.
Die Beschwerde legt indes die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dar. Sie bekämpft allein die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, es sei nicht nach jeglicher Betrachtungsweise auszuschließen, dass die Antragstellerin zu 1 mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "Obere B.straße 6 GbR" identisch sei, zu deren Gunsten eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen war. Im Übrigen könnte die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Identität von Gesellschaften des bürgerlichen Rechts anzunehmen ist, nur im Stile eines Kommentars beantwortet werden. Dies ist nicht Aufgabe eines Revisionsverfahrens (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 11. Februar 2016 - 4 B 1.16 - ZfBR 2016, 372 Rn. 2 und vom 21. März 2018 - 4 BN 2.18 - juris Rn. 2).
2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO
Das angegriffene Urteil weicht nicht in diesem Sinn von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Januar 1985 - 7 C 74.82 - (BVerwGE 70, 365 <368>) ab, da dieses nicht - wie das angegriffene Urteil - in Anwendung des § 47 Abs. 2 VwGO ergangen ist. Gleiches gilt für die Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Januar 1993 - 4 B 206.92 - (Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 188 S. 39 f.) und vom 9. Januar 2013 - 9 B 20.12 - (Buchholz 424.01 § 64 FlurbG Nr. 8).
3. Die Beschwerde macht in der Sache als Verfahrensfehler nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend, das Oberverwaltungsgericht habe für die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht die Möglichkeit genügen lassen dürfen, dass die Antragstellerin zu 1 mit der früheren Inhaberin der Auflassungsvormerkung identisch sei. Auch dies bleibt erfolglos. Für die Beschwerde fehlt insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis.
Das Oberverwaltungsgericht hat auf den Antrag des Antragstellers zu 2 die Unwirksamkeit des Bebauungsplans festgestellt. In Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. August 2001 - 4 BN 43.01 - Buchholz 303 § 265 ZPO Nr. 6 S. 3) hat es das Fortbestehen der Prozessführungsbefugnis nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO angenommen, nachdem der jetzige Eigentümer, Herr O. K., im Wege des Zuschlags nach § 90 Abs. 1 ZVG das Eigentum an dem Grundstück erlangt und den Rechtsstreit nicht nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 266 Abs. 1 Satz 1 ZPO übernommen hat (vgl. Becker-Eberhard, in: Münchner Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 265 Rn. 51; Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 265 Rn. 5). Die damit auf den Antrag des Antragstellers zu 2 ergangene Sachentscheidung ist nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO allgemein verbindlich. Sie bindet nach § 121 Nr. 1 VwGO die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger (BVerwG, Beschluss vom 25. November 1999 - 4 CN 17.98 - Buchholz 406.12 § 17 BauNVO Nr. 8 S. 4) und damit auch den jetzigen Eigentümer, Herrn O. K., als Rechtsnachfolger des Antragstellers zu 2.
Die Stattgabe des Normenkontrollantrags im Verhältnis zur Antragstellerin zu 1 beschwert die Antragsgegnerin nicht weitergehend. Unabhängig davon, ob die Antragstellerin zu 1 aus der früheren Auflassungsvormerkung berechtigt war, ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass im Verhältnis zwischen der Antragstellerin zu 1 selbst und der Antragsgegnerin der Bindung durch das Normenkontrollurteil nach § 121 Nr. 1 VwGO noch Bedeutung zukommen könnte. Denn die Auflassungsvormerkung ist zwischenzeitlich erloschen (UA Rn. 52).
Eine weitergehende Beschwer folgt auch nicht aus einer gegenüber einem Rechtsnachfolger nach § 121 Nr. 1 VwGO eintretenden Bindung. Rechtsnachfolger eines Vormerkungsberechtigten im Sinne des § 121 Nr. 1 VwGO ist nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts derjenige, der durch Zuschlag nach § 90 Abs. 1 ZVG Eigentümer eines Grundstücks wird. Dies erscheint zweifelhaft, wenn die Auflassungsvormerkung nicht auf einen Rechtsnachfolger übergeht, sondern erlischt, bedarf aber keiner Entscheidung. Denn allenfalls käme eine Bindung der Antragsgegnerin gegenüber Herrn O. K. nach § 121 Nr. 1 VwGO als Rechtsnachfolger der Antragstellerin zu 1 in Betracht. Darin läge aber keine zusätzliche Beschwer gegenüber der Sachentscheidung im Verhältnis zum Antragsteller zu 2. Das von der Beschwerde verfolgte Ziel einer Abweisung des Antrags der Antragstellerin zu 1 als unzulässig erschöpft sich damit in einem kostenrechtlichen Interesse. Dies genügt in entsprechender Anwendung des § 158 Abs. 1 VwGO nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2016 - 4 B 19.15 - Buchholz 310 § 158 VwGO Nr. 14 Rn. 4).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.