Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 15.04.2010


BVerwG 15.04.2010 - 4 BN 41/09

Antragsbefugnis einer BGB-Gesellschaft im Normenkontrollverfahren


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsdatum:
15.04.2010
Aktenzeichen:
4 BN 41/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OVG Lüneburg, 22. Juni 2009, Az: 1 KN 89/07, Urteil
Zitierte Gesetze
§§ 705ff BGB
§§ 741ff BGB

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 40 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

2

1. Die Beschwerde hält für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,

ob ein Gesellschafter einer im Grundbuch eingetragenen BGB-Gesellschaft, die als solche Allein- oder Miteigentümerin eines planbetroffenen Grundstücks ist, im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO selbst und allein antragsbefugt ist.

3

Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Sie ist, soweit entscheidungserheblich, nicht klärungsbedürftig. Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag der Antragstellerinnen (unter anderem) mangels Antragsbefugnis als unzulässig abgelehnt. Es hat sich hierbei darauf gestützt, dass das Eigentum an den planbetroffenen Grundstücken nicht den Antragstellerinnen, sondern der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zustehe, deren Gesellschafterinnen die Antragstellerinnen seien, und dass die Antragstellerinnen ihre Antragsbefugnis auch nicht aus anderen Belangen als dem Grundeigentum herleiten könnten.

4

Dass ein Grundstück, das zum Gesellschaftsvermögen einer GbR gehört, materiell-rechtlich stets Eigentum der Gesellschaft und nicht (gesamthänderisch gebundenes) Eigentum der Gesellschafter ist, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mittlerweile geklärt. Mit Urteil vom 29. Januar 2001 (- II ZR 331/00 - BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056) hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die (Teil-)Rechtsfähigkeit einer (Außen-)GbR anerkannt. Sie kann auch im Grundbuch eingetragen werden (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 - V ZB 74/08 - BGHZ 179, 102). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ferner geklärt, dass die Eigentümerstellung der GbR für den Rechtsverkehr unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht wird, wenn die Gesellschafter mit dem Zusatz "als Gesellschaft bürgerlichen Rechts" im Grundbuch eingetragen sind (BGH, Urteil vom 25. September 2006 - II ZR 218/05 - NJW 2006, 3716 Rn. 11). Geringfügige Unterschiede in der Formulierung - wie vorliegend "in Gesellschaft bürgerlichen Rechts" bzw. "in BGB-Gesellschaft" - sind insoweit ersichtlich ohne Belang. Es liegt deshalb auf der Hand, dass die Gesellschafter einer GbR, die Eigentümerin eines Grundstücks im Plangebiet ist, im Normenkontrollverfahren nicht gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geltend machen können, durch den Bebauungsplan in eigenen Rechten als Grundstückseigentümer verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Gegenteiliges behauptet auch die Beschwerde nicht; sie geht bei der Formulierung der Grundsatzfrage selbst davon aus, dass die GbR "Allein- oder Miteigentümerin eines planbetroffenen Grundstücks ist".

5

Die Beschwerde ist allerdings der Auffassung, dass ein Gesellschafter einer GbR im Normenkontrollverfahren aus anderen Gründen selbst und allein antragsbefugt sein kann. Soweit sie die Auffassung vertritt, dass ein Gesellschafter kraft Gesetzes ein Nutzungsrecht an den im Eigentum der Gesellschaft stehenden Grundstücken habe, bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um zu erkennen, dass diese Auffassung nicht zutrifft. Denn ein mit der Eigentümerposition (§ 903 Satz 1 BGB) verbundenes Nutzungsrecht steht ebenso wie das Eigentum an einem zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstück der Gesellschaft und nicht den einzelnen Gesellschaftern zu. Vertraglich übertragene Nutzungsrechte haben die Antragstellerinnen nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 13), an die der Senat in einem Revisionsverfahren gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden wäre, nicht geltend gemacht. Die Gesellschafter einer GbR können auch nicht verlangen, wie Bruchteilseigentümer behandelt zu werden, weil sich die Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB) von einer Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) gerade darin unterscheidet, dass das Gesellschaftsvermögen der Gesellschaft und nicht - wie bei der Gemeinschaft- deren Mitgliedern zusteht.

6

2. Die Beschwerde möchte außerdem rechtsgrundsätzlich klären lassen,

ob es für die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausreicht, dass ein Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft, die im Grundbuch als Eigentümerin eines planbetroffenen Grundstücks eingetragen ist, einen fristgerechten Normenkontrollantrag erhebt und die übrigen Gesellschafter diesem Normenkontrollantrag außerhalb der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO als weitere Antragsteller beitreten, so dass in der mündlichen Verhandlung über den Normenkontrollantrag ein Antrag aller Gesellschafter vorliegt.

7

Diese Frage ist, soweit möglicherweise klärungsbedürftig, nicht entscheidungserheblich. Das Oberverwaltungsgericht hat den "Beitritt" der Antragstellerin zu 2 dahin ausgelegt, dass dieser die Gesellschaft nicht habe "komplettieren" und in die Lage versetzen sollen, das Normenkontrollverfahren als solche fortzuführen.Hat die Vorinstanz das Vorliegen einer Sachurteilsvoraussetzung aufgrund einer fehlerhaften Auslegung einer Prozesshandlung verneint, kann darin ein Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen, auf dem das Urteil beruhen kann (Beschluss vom 30. Juni 2009 - BVerwG 4 BN 18.09 - juris Rn. 4). Ein solcher Verfahrensfehler muss jedoch ebenfalls in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt werden. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. Sie macht nicht einmal geltend, dass mit dem "Beitritt" der Antragstellerin zu 2 der Normenkontrollantrag auf die Gesellschaft habe umgestellt werden sollen. Ebenso wenig rügt sie eine Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO). Ein Beitritt der Antragstellerin zu 2 allein mit dem Ziel, ebenfalls im eigenen Namen einen Normenkontrollantrag zu stellen, verhilft weder dem rechtzeitig gestellten Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 1 noch dem Antrag der beitretenden Antragstellerin zu 2 zur Zulässigkeit, weil - wie dargelegt - vorliegend allein die GbR antragsbefugt ist; auf die Frage, ob der Beitritt der Antragstellerin zu 2 außerhalb der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erfolgen konnte, kommt es insoweit nicht an.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 7 GKG.