Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 29.06.2017


BVerwG 29.06.2017 - 4 BN 37/16

Ortsübliche Bekanntmachung und Auslegung; Zugänglichkeit des Planentwurfs


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsdatum:
29.06.2017
Aktenzeichen:
4 BN 37/16
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2017:290617B4BN37.16.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 21. September 2016, Az: 2 K 113/14, Urteil
Zitierte Gesetze

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragstellerin beimisst.

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Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, so bereits BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>). Daran fehlt es hier.

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1. Die Fragen,

welche Angaben gemäß § 3 Abs. 2 BauGB hinsichtlich des Ortes der Auslegung in der ortsüblichen Bekanntmachung der Auslegung zu finden sein müssen, namentlich dann, wenn die Auslegung in einem größeren, mehrgeschossigen Gebäude stattfindet, in dem Beschäftigte und/oder zufällig anzutreffende Bedienstete nicht in Kenntnis über die Auslegung und deren konkreten Ort sind,

insbesondere, ob es in einem großen, mehrgeschossigen Gebäude, bei dem die anzutreffenden Bediensteten im nennenswerten Umfang nicht in Kenntnis über die Einzelheiten der Auslegung, namentlich auch den Ort sind, für eine ordnungsgemäße Auslegungsbekanntmachung genügt, einfach nur das Gebäude ohne weitere Angaben zur Zugänglichkeit des Planentwurfes anzugeben,

führen nicht zur Zulassung der Revision. Sie lassen sich, soweit überhaupt einer rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich, auf der Grundlage bisheriger Rechtsprechung des Senats im Sinne des Oberverwaltungsgerichts beantworten. In dem Urteil vom 29. Januar 2009 - 4 C 16.07 - (BVerwGE 133, 98) ist ausgeführt, dass das in § 3 BauGB geregelte Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung u.a. den von der Planung Betroffenen die Möglichkeit geben soll, ihre Interessen und Rechte frühzeitig geltend zu machen und in den Entscheidungsprozess einzubringen. Um den Interessierten, an den sich die Bekanntmachung wendet, nicht in Wahrheit von einer Beteiligung abzuhalten oder die Beteiligung mindestens zu erschweren, sondern ihn im Gegenteil zu einer Beteiligung zu ermuntern, ordnet § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB an, dass Ort und Dauer der Auslegung der Planentwürfe ortsüblich bekannt zu machen sind. Die ortsübliche Bekanntmachung hat nicht den darüber hinausgehenden Zweck, den am Planungsprozess Interessierten jedwede Anstrengung zu ersparen, den Planentwurf ausfindig zu machen. Eigenständige Bemühungen, die den Betroffenen nicht überfordern, dürfen ihm zugemutet werden (BVerwG, Beschluss vom 8. September 1992 - 4 NB 17.92 - BRS 54 Nr. 27).

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Von diesen Maßstäben hat sich das Oberverwaltungsgericht leiten lassen (UA S. 11 f.). Nach den tatrichterlichen Feststellungen, an die der Senat gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO), wurde als Ort der öffentlichen Auslegung das Stadtplanungsamt der Antragsgegnerin (UA S. 4) mit der Adresse "A." (UA S. 6) genannt. Wie die Antragsgegnerin unwidersprochen vorgetragen hat, befinden sich in dem Gebäude "A." im Treppenhaus bzw. in den Fluren der einzelnen Stockwerke wegweisende Hinweise zu den einzelnen Ämtern bzw. Struktureinheiten. Damit war das Stadtplanungsamt ohne Weiteres auffindbar. Denn ein am Planentwurf Interessierter wusste nach der Lektüre der Bekanntmachung, welches Gebäude und welches Amt er aufsuchen musste. Zu Recht hat es das Oberverwaltungsgericht als nicht unzumutbar angesehen, wenn sich der Interessierte dort gegebenenfalls nach dem genauen Standort der Planunterlagen erkundigen muss. Es ist ein alltäglicher Vorgang bei Behördengängen, sich persönlich bei einer auskunftsbereiten Person zu erkundigen, wohin man sich mit seinem Anliegen zu wenden hat. Das Baugesetzbuch setzt voraus, dass die zur Beteiligung aufgerufenen Bürger und sonstigen Interessierten "mündig" und in der Lage sind, sich in einem Dienstgebäude durch Nachfragen zurechtzufinden (BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 - 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 = juris Rn. 35). Damit genügte die öffentliche Bekanntmachung der Antragsgegnerin den Anforderungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB. Von der Prämisse, die die Beschwerde ihrer Frage unterlegt, dass in dem großen, mehrgeschossigen Gebäude die anzutreffenden Bediensteten "in nennenswertem Umfang nicht in Kenntnis über die Einzelheiten der Auslegung, namentlich auch den Ort" der Auslegung gewesen seien, ist das Oberverwaltungsgericht nicht ausgegangen. Es hat sich im Gegenteil die Angaben der Antragsgegnerin zu eigen gemacht, dass der Pförtner des Gebäudes, hätte man ihn befragt, zutreffend auf die Schaukästen als Ort der Auslegung hingewiesen hätte. Die aufgeworfene Frage wäre deshalb in einem Revisionsverfahren auch nicht entscheidungserheblich. Im Übrigen schlüge eine nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB fehlerhafte Durchführung der öffentlichen Auslegung, etwa dadurch, dass die ausgelegten Unterlagen für die interessierte Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, nicht gleichsam automatisch auf die Rechtmäßigkeit der Auslegungsbekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB zurück. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

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2. Die Antragstellerin hält weiter für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob es dem am Planentwurf Interessierten nach § 3 Abs. 2 BauGB zumutbar ist, erstens unvollständige bzw. falsche Informationen der Bediensteten, auf deren Mithilfe der Betroffene zwecks Zugang zu den ausliegenden Unterlagen angewiesen ist, durch mehrfaches Insistieren richtigzustellen und zu überwinden,

und zweitens, ob es den Anforderungen an die öffentliche Auslegung genügt, wenn der Betroffene auf Nachfrage nicht die eigentlich ausliegenden Unterlagen erhält, sondern ersatzweise herbeigeschaffte Unterlagen.

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Auch diese auf die Rechtmäßigkeit der Auslegung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB zielenden Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision. Sie wären in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts war die öffentliche Auslegung nicht zu beanstanden. Soweit zum Teil gefordert werde, die auszulegenden Unterlagen müssten an dem in der Auslegungsbekanntmachung bezeichneten Ort vollständig, sichtbar und als zusammengehörig erkennbar zugänglich sein und jeder Interessierte müsse ohne Weiteres in die Unterlagen Einblick nehmen können, seien diese Anforderungen erfüllt. Die Planunterlagen nebst Begründung hätten in der Zeit vom 18. November 2013 bis 18. Dezember 2013 vollumfänglich in den Schaukästen des Baudezernats im Eingangsbereich neben dem Pförtnerbereich ausgehangen. Das sei - mittlerweile - unstreitig. Des Weiteren hat sich das Oberverwaltungsgericht - wie ausgeführt - den Angaben der Antragsgegnerin angeschlossen, dass der Pförtner des Gebäudes, hätte man ihn befragt, auf die Schaukästen als Ort der Auslegung hingewiesen hätte. Es sei der Antragstellerin daher ohne Weiteres möglich gewesen, am 5. Dezember 2013 zu den genannten Schaukästen zu gelangen und die Unterlagen dort einzusehen (UA S. 11). Die Annahme der Beschwerde, der Bevollmächtigte der Antragstellerin habe "erst durch vierfache Nachfrage/mehrfaches Insistieren Zugang zum Entwurf des Bebauungsplans und dem Entwurf seiner Begründung" erhalten können, geht deshalb an den Annahmen des Oberverwaltungsgerichts vorbei. Die weitere, selbständig tragende Begründung des Oberverwaltungsgerichts, selbst wenn berücksichtigt werde, dass der Antragstellerin der Aushang in den Schaukästen nicht bekannt gewesen sei und die im Haus angetroffenen Mitarbeiter - u.a. des Bauplanungsamtes - nicht auf den Aushang in den Schaukästen hingewiesen hätten, habe eine ordnungsgemäße Auslegung der Planunterlagen vorgelegen, kann deshalb hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (BVerwG, Beschluss vom 9. September 2009 - 4 BN 4.09 - ZfBR 2010, 67 = juris Rn. 5).

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3. Die Grundsatzrevision ist auch nicht zur Klärung der Frage zuzulassen,

ob eine erneute (Öffentlichkeits- oder zumindest Betroffenen-)Beteiligung nach Änderung des Planentwurfs auch dann wegen "Förmelei" unterbleiben kann, wenn die Änderung zwar einen Punkt betrifft, zu dem die betroffenen Bürger, Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange zuvor bereits Gelegenheit zur Stellungnahme hatten und der Dritte nicht abwägungsrelevant berührt, die Änderung aber einem Vorschlag des Betroffenen nicht (vollständig) Rechnung trägt.

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Sie kann auf der Grundlage geltenden Rechts und der bisherigen Rechtsprechung ohne Weiteres beantwortet werden. Nach § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB ist der Entwurf des Bebauungsplans erneut auszulegen und sind die Stellungnahmen erneut einzuholen, wenn er nach dem Verfahren nach § 3 Abs. 2 oder § 4 Abs. 2 BauGB geändert oder ergänzt wird. Damit löst im Grundsatz jede Änderung/Ergänzung des Entwurfs die Pflicht zur Wiederholung der Auslegung aus. In der Rechtsprechung des Senats ist allerdings anerkannt, dass das Beteiligungsverfahren nicht um seiner selbst willen zu betreiben ist (z.B. BVerwG, Beschluss vom 8. März 2010 - 4 BN 42.09 - Buchholz 406.11 § 4a BauGB Nr. 1 = juris Rn. 11). Hat eine nach öffentlicher Auslegung vorgenommene Ergänzung einer Festsetzung lediglich klarstellende Bedeutung, so besteht kein Anlass zu einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung oder einer erneuten Beteiligung von Behörden und Trägern öffentlicher Belange, denn inhaltlich ändert sich am Planentwurf nichts. Entsprechendes gilt, wenn der Entwurf nach der Auslegung in Punkten geändert worden ist, zu denen die betroffenen Bürger, Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange zuvor bereits Gelegenheit zur Stellungnahme hatten, die Änderungen auf einem ausdrücklichen Vorschlag eines Betroffenen beruhen und Dritte hierdurch nicht abwägungsrelevant berührt werden (BVerwG, Beschlüsse vom 18. Dezember 1987 - 4 NB 2.87 - NVwZ 1988, 822 = juris Rn. 21 und vom 18. April 2016 - 4 BN 9.16 - BauR 2016, 1269 = ZfBR 2016, 589 = juris Rn. 4). Das Oberverwaltungsgericht hat sich auch von diesen rechtlichen Maßstäben leiten lassen. Die Kritik der Beschwerde, die sich gegen die Anwendung dieser Maßstäbe richtet, betrifft den Einzelfall und verleiht der Rechtsfrage keine darüber hinausgehende Bedeutung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. November 2016 - 9 B 51.16 - juris Rn. 4).

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.